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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Die polnischen volksbankcn in Gberschlesien

an die polnischen Interessen zu fesseln. Das wirksamste Mittel hierzu aber war
wiederum die Genossenschaft. Im Jahre 1895 wurde die erste Bank Ludowy
in Beuthen errichtet. Es folgten die Gründungen von Banken Ludowy 1898
in Oppeln, Kattowitz und Siemanowitz, 1900 in Ratibor, 1901 in Königshütte
und Gleiwitz, 1902 in Rybnik, 1903 in Kösel, 1904 in Zaborze und Pleß,
1908 in Groß-Strehlitz, 1909 in Lublinitz und Schwientochlowitz. Daneben
bestehen heut noch fünfzehn polnische Spar- und Darlehnskassen. Ferner wurde
1900 in Beuthen eine Spolka parcelacynia (Parzellierungsbank), 1903 eine
Strzecha spolka budowlana (Baubank) in Kattowitz und 1908 eine solche in
Ratibor errichtet. Letztere drei haben es aber noch zu keiner größeren
Bedeutung gebracht.

Das Stammkapital der polnischen Banken ist mühsam aus kleinsten
Beiträgen der Genossen zusammengetragen. Der Anteil des einzelnen Genossen
beträgt zwar 500 Mark, er darf aber in jährlichen Raten von 3 Mark ein¬
gezahlt werden. Auch die Reserven sind langsam und durch alle möglichen
Überweisungen gesammelt und vermehrt. Die Statuten bestimmen, daß zu dein
Reservefonds zu schlagen sind: Schenkungen, das in der Regel für jeden Genossen
3 Mark betragende Eintrittsgeld, Eingänge, die als verloren bereits abgeschrieben
waren, verjährte Depositen und Außenstände, die Zinsen des Reservefonds und
endlich ein Zehntel des Reingewinns. Die Bank Ludowy in Kattowitz z. B.
ist im Jahre 1898 von nur zwölf Genossen gegründet worden. Da der
Geschäftsanteil 500 Mark beträgt und die meisten dieser Gründer einfache Acker¬
bürger waren, die höchstens einen Anteil voll eingezahlt haben dürften, so
ist es schon reichlich gerechnet, wenn wir annehmen, daß diese Bank mit einem
eingezahlten Geschäftsguthaben von 6000 Mark ihren Betrieb begonnen hat.
Am Ende des Geschäftsjahres 1907 aber hatte sie bereits tausend Genossen,
das Geschäftsguthaben betrug einschließlich des Reservefonds rund 162000 Mark.
Am Ende des Geschäftsjahres 1908 belief sich die Zahl der Genossen auf 1029
und das eigene Vermögen der Kattowitzer Bank Ludowy auf rund 181000 Mark.

Die größte der polnischen Volksbanken, die in Beuthen, besaß am Schlüsse
des Geschäftsjahres 1907 an eigenem Vermögen (Geschäftsguthaben und
Reservefonds zusammengefaßt) 428000 Mark und Ende 1908 600000 Mark.
Es folgten der Größe nach

19071908
Ratibor . .mitM.75000107000
Oppeln . .6900087000
Gleiwitz . .4000044000
Rybnik . .3300041000
Königshütte3000037000
Zaborze . .900010000
Kösel . . .40006000
Siemanowitz18005300

Die polnischen volksbankcn in Gberschlesien

an die polnischen Interessen zu fesseln. Das wirksamste Mittel hierzu aber war
wiederum die Genossenschaft. Im Jahre 1895 wurde die erste Bank Ludowy
in Beuthen errichtet. Es folgten die Gründungen von Banken Ludowy 1898
in Oppeln, Kattowitz und Siemanowitz, 1900 in Ratibor, 1901 in Königshütte
und Gleiwitz, 1902 in Rybnik, 1903 in Kösel, 1904 in Zaborze und Pleß,
1908 in Groß-Strehlitz, 1909 in Lublinitz und Schwientochlowitz. Daneben
bestehen heut noch fünfzehn polnische Spar- und Darlehnskassen. Ferner wurde
1900 in Beuthen eine Spolka parcelacynia (Parzellierungsbank), 1903 eine
Strzecha spolka budowlana (Baubank) in Kattowitz und 1908 eine solche in
Ratibor errichtet. Letztere drei haben es aber noch zu keiner größeren
Bedeutung gebracht.

Das Stammkapital der polnischen Banken ist mühsam aus kleinsten
Beiträgen der Genossen zusammengetragen. Der Anteil des einzelnen Genossen
beträgt zwar 500 Mark, er darf aber in jährlichen Raten von 3 Mark ein¬
gezahlt werden. Auch die Reserven sind langsam und durch alle möglichen
Überweisungen gesammelt und vermehrt. Die Statuten bestimmen, daß zu dein
Reservefonds zu schlagen sind: Schenkungen, das in der Regel für jeden Genossen
3 Mark betragende Eintrittsgeld, Eingänge, die als verloren bereits abgeschrieben
waren, verjährte Depositen und Außenstände, die Zinsen des Reservefonds und
endlich ein Zehntel des Reingewinns. Die Bank Ludowy in Kattowitz z. B.
ist im Jahre 1898 von nur zwölf Genossen gegründet worden. Da der
Geschäftsanteil 500 Mark beträgt und die meisten dieser Gründer einfache Acker¬
bürger waren, die höchstens einen Anteil voll eingezahlt haben dürften, so
ist es schon reichlich gerechnet, wenn wir annehmen, daß diese Bank mit einem
eingezahlten Geschäftsguthaben von 6000 Mark ihren Betrieb begonnen hat.
Am Ende des Geschäftsjahres 1907 aber hatte sie bereits tausend Genossen,
das Geschäftsguthaben betrug einschließlich des Reservefonds rund 162000 Mark.
Am Ende des Geschäftsjahres 1908 belief sich die Zahl der Genossen auf 1029
und das eigene Vermögen der Kattowitzer Bank Ludowy auf rund 181000 Mark.

Die größte der polnischen Volksbanken, die in Beuthen, besaß am Schlüsse
des Geschäftsjahres 1907 an eigenem Vermögen (Geschäftsguthaben und
Reservefonds zusammengefaßt) 428000 Mark und Ende 1908 600000 Mark.
Es folgten der Größe nach

19071908
Ratibor . .mitM.75000107000
Oppeln . .6900087000
Gleiwitz . .4000044000
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[0255] Die polnischen volksbankcn in Gberschlesien an die polnischen Interessen zu fesseln. Das wirksamste Mittel hierzu aber war wiederum die Genossenschaft. Im Jahre 1895 wurde die erste Bank Ludowy in Beuthen errichtet. Es folgten die Gründungen von Banken Ludowy 1898 in Oppeln, Kattowitz und Siemanowitz, 1900 in Ratibor, 1901 in Königshütte und Gleiwitz, 1902 in Rybnik, 1903 in Kösel, 1904 in Zaborze und Pleß, 1908 in Groß-Strehlitz, 1909 in Lublinitz und Schwientochlowitz. Daneben bestehen heut noch fünfzehn polnische Spar- und Darlehnskassen. Ferner wurde 1900 in Beuthen eine Spolka parcelacynia (Parzellierungsbank), 1903 eine Strzecha spolka budowlana (Baubank) in Kattowitz und 1908 eine solche in Ratibor errichtet. Letztere drei haben es aber noch zu keiner größeren Bedeutung gebracht. Das Stammkapital der polnischen Banken ist mühsam aus kleinsten Beiträgen der Genossen zusammengetragen. Der Anteil des einzelnen Genossen beträgt zwar 500 Mark, er darf aber in jährlichen Raten von 3 Mark ein¬ gezahlt werden. Auch die Reserven sind langsam und durch alle möglichen Überweisungen gesammelt und vermehrt. Die Statuten bestimmen, daß zu dein Reservefonds zu schlagen sind: Schenkungen, das in der Regel für jeden Genossen 3 Mark betragende Eintrittsgeld, Eingänge, die als verloren bereits abgeschrieben waren, verjährte Depositen und Außenstände, die Zinsen des Reservefonds und endlich ein Zehntel des Reingewinns. Die Bank Ludowy in Kattowitz z. B. ist im Jahre 1898 von nur zwölf Genossen gegründet worden. Da der Geschäftsanteil 500 Mark beträgt und die meisten dieser Gründer einfache Acker¬ bürger waren, die höchstens einen Anteil voll eingezahlt haben dürften, so ist es schon reichlich gerechnet, wenn wir annehmen, daß diese Bank mit einem eingezahlten Geschäftsguthaben von 6000 Mark ihren Betrieb begonnen hat. Am Ende des Geschäftsjahres 1907 aber hatte sie bereits tausend Genossen, das Geschäftsguthaben betrug einschließlich des Reservefonds rund 162000 Mark. Am Ende des Geschäftsjahres 1908 belief sich die Zahl der Genossen auf 1029 und das eigene Vermögen der Kattowitzer Bank Ludowy auf rund 181000 Mark. Die größte der polnischen Volksbanken, die in Beuthen, besaß am Schlüsse des Geschäftsjahres 1907 an eigenem Vermögen (Geschäftsguthaben und Reservefonds zusammengefaßt) 428000 Mark und Ende 1908 600000 Mark. Es folgten der Größe nach 19071908 Ratibor . .mitM.75000107000 Oppeln . .6900087000 Gleiwitz . .4000044000 Rybnik . .3300041000 Königshütte3000037000 Zaborze . .900010000 Kösel . . .40006000 Siemanowitz18005300

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/255>, abgerufen am 26.06.2024.