Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
!>!>,' 2". Ausstellung deo ^erlüier i?L^ess>on

das Keinizeichen der Trübnerschen gesunde Kraft und ein ganz auf deutschem
Boden gewachsener, höchst eindrucksvoller Kolorismus. Was Monet in der
französischen Malerei, ist Trübner in der deutscheu: der redlichste Wahrheit¬
sucher mit einem Schönheitsideal in der Brust und der nationalste Vertreter
der künstlerischen Kultur seines Landes. Mit welcher unglaublichen Hingabe
ringt er um den malerischen Ausdruck dessen, was ihm in der Natur schön
erscheint! Kein Stück Wirklichkeit ist ihm zu unbedeutend, als daß er nicht
Schätze von Schönheit darin fände. Er glänzt hier vor allem als Landschafter.
Herrlich seine Bilder von: Starnberger See mit dem smaragdenen, von Sonnen¬
licht durchfunkelten Grün, mit dem köstlichen Blick auf die fernen Ufer, über den
schimmernden Wasserspiegel mit der durchsichtigen Luft darüber. Dieser
Frühstückstisch am Seeufer, diese "Drei Bäume", dieser "Abhang" -- wer in
Vergangenheit und Gegenwart hat Schöneres in dieser Art geschaffen? Dann
die prachtvollen Pfcrdebildnisse: welche Sicherheit in der Feststellung des
Wesentlichen, welche leuchtende, dem Wirklichkeitseindruck ganz nahekommende
Farbe! Die Akte im Grünen mit dein reizvollen Spiel des warmen und kalten
Lichts auf den Körpern. Wie erstaunlich diese Malerei, die bei aller Breite
doch so unendlich intim sein kann! Ein paar ältere Werke dazwischen geben
.Kunde von dein Wirken Trübners als großer Bildnismaler und bezeugen, daß
er auch in Kompositionen idealen Stils -- "Kampf der Zentauren und
Lapithen" -- ein Meister ist, dem von den Jüngeren noch keiner sich vergleichen
darf. Welch einen einzigen Maler der modernen Frau besitzt Deutschland in
Habermann, und wie wenig ist seine Stärke ausgenützt worden! Fünfunddreißig
Jahre einer reichen und interessanten künstlerischen Tätigkeit sind hier durch eine
Auswahl seiner Werke illustriert, beginnend mit kostbar malerischen Schöpfungen
fast strengen altmeisterlichen Charakters und endend in einer ganz individuellen
Art, Menschen und Dinge zu packen, in einen: bezaubernden Durchdringen von
Form und Farbe mit Geist. Wie billig, von Manier zu reden, wo es sich
um einen Stil handelt, den feine Nerven und eine Neigung zum seltenen und
Besonderen gebildet haben! Nicht in allem wird man Habermann zustimmen.
Es ist hier ein repräsentatives Frauenporträt, das entschieden kalt und hart
als Malerei wirkt; doch findet man nur wenige Sachen, in denen nicht
mindestens die geistvolle Absicht Teilnahme erweckte. Den entscheidenden Teil
der Vorführung aber bilden Porträts, Landschaften und Studien, die zweifellos
zu den feinsten und gediegensten malerischen Leistungen gehören, die seit
187i> in Deutschland entstanden sind und ihrem Urheber für immer Ehre
machen werden.

Welche überragende Kraft Habermann in der zeitgenössischen Kunst vorstellt,
wird man recht gewahr, wenn man von seiner Sonderausstelluug zu der des
so hochgeschätzten Schweden Anders Zorn kommt, die eigentlich eine einzige
Enttäuschung bildet. Nicht nur, daß man merkt, wie diese rasend geschickte
Hand auch nicht einmal unter einem Herzschlag zittert -- man findet auch die


!>!>,' 2». Ausstellung deo ^erlüier i?L^ess>on

das Keinizeichen der Trübnerschen gesunde Kraft und ein ganz auf deutschem
Boden gewachsener, höchst eindrucksvoller Kolorismus. Was Monet in der
französischen Malerei, ist Trübner in der deutscheu: der redlichste Wahrheit¬
sucher mit einem Schönheitsideal in der Brust und der nationalste Vertreter
der künstlerischen Kultur seines Landes. Mit welcher unglaublichen Hingabe
ringt er um den malerischen Ausdruck dessen, was ihm in der Natur schön
erscheint! Kein Stück Wirklichkeit ist ihm zu unbedeutend, als daß er nicht
Schätze von Schönheit darin fände. Er glänzt hier vor allem als Landschafter.
Herrlich seine Bilder von: Starnberger See mit dem smaragdenen, von Sonnen¬
licht durchfunkelten Grün, mit dem köstlichen Blick auf die fernen Ufer, über den
schimmernden Wasserspiegel mit der durchsichtigen Luft darüber. Dieser
Frühstückstisch am Seeufer, diese „Drei Bäume", dieser „Abhang" — wer in
Vergangenheit und Gegenwart hat Schöneres in dieser Art geschaffen? Dann
die prachtvollen Pfcrdebildnisse: welche Sicherheit in der Feststellung des
Wesentlichen, welche leuchtende, dem Wirklichkeitseindruck ganz nahekommende
Farbe! Die Akte im Grünen mit dein reizvollen Spiel des warmen und kalten
Lichts auf den Körpern. Wie erstaunlich diese Malerei, die bei aller Breite
doch so unendlich intim sein kann! Ein paar ältere Werke dazwischen geben
.Kunde von dein Wirken Trübners als großer Bildnismaler und bezeugen, daß
er auch in Kompositionen idealen Stils — „Kampf der Zentauren und
Lapithen" — ein Meister ist, dem von den Jüngeren noch keiner sich vergleichen
darf. Welch einen einzigen Maler der modernen Frau besitzt Deutschland in
Habermann, und wie wenig ist seine Stärke ausgenützt worden! Fünfunddreißig
Jahre einer reichen und interessanten künstlerischen Tätigkeit sind hier durch eine
Auswahl seiner Werke illustriert, beginnend mit kostbar malerischen Schöpfungen
fast strengen altmeisterlichen Charakters und endend in einer ganz individuellen
Art, Menschen und Dinge zu packen, in einen: bezaubernden Durchdringen von
Form und Farbe mit Geist. Wie billig, von Manier zu reden, wo es sich
um einen Stil handelt, den feine Nerven und eine Neigung zum seltenen und
Besonderen gebildet haben! Nicht in allem wird man Habermann zustimmen.
Es ist hier ein repräsentatives Frauenporträt, das entschieden kalt und hart
als Malerei wirkt; doch findet man nur wenige Sachen, in denen nicht
mindestens die geistvolle Absicht Teilnahme erweckte. Den entscheidenden Teil
der Vorführung aber bilden Porträts, Landschaften und Studien, die zweifellos
zu den feinsten und gediegensten malerischen Leistungen gehören, die seit
187i> in Deutschland entstanden sind und ihrem Urheber für immer Ehre
machen werden.

Welche überragende Kraft Habermann in der zeitgenössischen Kunst vorstellt,
wird man recht gewahr, wenn man von seiner Sonderausstelluug zu der des
so hochgeschätzten Schweden Anders Zorn kommt, die eigentlich eine einzige
Enttäuschung bildet. Nicht nur, daß man merkt, wie diese rasend geschickte
Hand auch nicht einmal unter einem Herzschlag zittert — man findet auch die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0232" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315871"/>
          <fw type="header" place="top"> !&gt;!&gt;,' 2». Ausstellung deo ^erlüier i?L^ess&gt;on</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1220" prev="#ID_1219"> das Keinizeichen der Trübnerschen gesunde Kraft und ein ganz auf deutschem<lb/>
Boden gewachsener, höchst eindrucksvoller Kolorismus. Was Monet in der<lb/>
französischen Malerei, ist Trübner in der deutscheu: der redlichste Wahrheit¬<lb/>
sucher mit einem Schönheitsideal in der Brust und der nationalste Vertreter<lb/>
der künstlerischen Kultur seines Landes. Mit welcher unglaublichen Hingabe<lb/>
ringt er um den malerischen Ausdruck dessen, was ihm in der Natur schön<lb/>
erscheint! Kein Stück Wirklichkeit ist ihm zu unbedeutend, als daß er nicht<lb/>
Schätze von Schönheit darin fände. Er glänzt hier vor allem als Landschafter.<lb/>
Herrlich seine Bilder von: Starnberger See mit dem smaragdenen, von Sonnen¬<lb/>
licht durchfunkelten Grün, mit dem köstlichen Blick auf die fernen Ufer, über den<lb/>
schimmernden Wasserspiegel mit der durchsichtigen Luft darüber. Dieser<lb/>
Frühstückstisch am Seeufer, diese &#x201E;Drei Bäume", dieser &#x201E;Abhang" &#x2014; wer in<lb/>
Vergangenheit und Gegenwart hat Schöneres in dieser Art geschaffen? Dann<lb/>
die prachtvollen Pfcrdebildnisse: welche Sicherheit in der Feststellung des<lb/>
Wesentlichen, welche leuchtende, dem Wirklichkeitseindruck ganz nahekommende<lb/>
Farbe! Die Akte im Grünen mit dein reizvollen Spiel des warmen und kalten<lb/>
Lichts auf den Körpern. Wie erstaunlich diese Malerei, die bei aller Breite<lb/>
doch so unendlich intim sein kann! Ein paar ältere Werke dazwischen geben<lb/>
.Kunde von dein Wirken Trübners als großer Bildnismaler und bezeugen, daß<lb/>
er auch in Kompositionen idealen Stils &#x2014; &#x201E;Kampf der Zentauren und<lb/>
Lapithen" &#x2014; ein Meister ist, dem von den Jüngeren noch keiner sich vergleichen<lb/>
darf. Welch einen einzigen Maler der modernen Frau besitzt Deutschland in<lb/>
Habermann, und wie wenig ist seine Stärke ausgenützt worden! Fünfunddreißig<lb/>
Jahre einer reichen und interessanten künstlerischen Tätigkeit sind hier durch eine<lb/>
Auswahl seiner Werke illustriert, beginnend mit kostbar malerischen Schöpfungen<lb/>
fast strengen altmeisterlichen Charakters und endend in einer ganz individuellen<lb/>
Art, Menschen und Dinge zu packen, in einen: bezaubernden Durchdringen von<lb/>
Form und Farbe mit Geist. Wie billig, von Manier zu reden, wo es sich<lb/>
um einen Stil handelt, den feine Nerven und eine Neigung zum seltenen und<lb/>
Besonderen gebildet haben! Nicht in allem wird man Habermann zustimmen.<lb/>
Es ist hier ein repräsentatives Frauenporträt, das entschieden kalt und hart<lb/>
als Malerei wirkt; doch findet man nur wenige Sachen, in denen nicht<lb/>
mindestens die geistvolle Absicht Teilnahme erweckte. Den entscheidenden Teil<lb/>
der Vorführung aber bilden Porträts, Landschaften und Studien, die zweifellos<lb/>
zu den feinsten und gediegensten malerischen Leistungen gehören, die seit<lb/>
187i&gt; in Deutschland entstanden sind und ihrem Urheber für immer Ehre<lb/>
machen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1221" next="#ID_1222"> Welche überragende Kraft Habermann in der zeitgenössischen Kunst vorstellt,<lb/>
wird man recht gewahr, wenn man von seiner Sonderausstelluug zu der des<lb/>
so hochgeschätzten Schweden Anders Zorn kommt, die eigentlich eine einzige<lb/>
Enttäuschung bildet. Nicht nur, daß man merkt, wie diese rasend geschickte<lb/>
Hand auch nicht einmal unter einem Herzschlag zittert &#x2014; man findet auch die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0232] !>!>,' 2». Ausstellung deo ^erlüier i?L^ess>on das Keinizeichen der Trübnerschen gesunde Kraft und ein ganz auf deutschem Boden gewachsener, höchst eindrucksvoller Kolorismus. Was Monet in der französischen Malerei, ist Trübner in der deutscheu: der redlichste Wahrheit¬ sucher mit einem Schönheitsideal in der Brust und der nationalste Vertreter der künstlerischen Kultur seines Landes. Mit welcher unglaublichen Hingabe ringt er um den malerischen Ausdruck dessen, was ihm in der Natur schön erscheint! Kein Stück Wirklichkeit ist ihm zu unbedeutend, als daß er nicht Schätze von Schönheit darin fände. Er glänzt hier vor allem als Landschafter. Herrlich seine Bilder von: Starnberger See mit dem smaragdenen, von Sonnen¬ licht durchfunkelten Grün, mit dem köstlichen Blick auf die fernen Ufer, über den schimmernden Wasserspiegel mit der durchsichtigen Luft darüber. Dieser Frühstückstisch am Seeufer, diese „Drei Bäume", dieser „Abhang" — wer in Vergangenheit und Gegenwart hat Schöneres in dieser Art geschaffen? Dann die prachtvollen Pfcrdebildnisse: welche Sicherheit in der Feststellung des Wesentlichen, welche leuchtende, dem Wirklichkeitseindruck ganz nahekommende Farbe! Die Akte im Grünen mit dein reizvollen Spiel des warmen und kalten Lichts auf den Körpern. Wie erstaunlich diese Malerei, die bei aller Breite doch so unendlich intim sein kann! Ein paar ältere Werke dazwischen geben .Kunde von dein Wirken Trübners als großer Bildnismaler und bezeugen, daß er auch in Kompositionen idealen Stils — „Kampf der Zentauren und Lapithen" — ein Meister ist, dem von den Jüngeren noch keiner sich vergleichen darf. Welch einen einzigen Maler der modernen Frau besitzt Deutschland in Habermann, und wie wenig ist seine Stärke ausgenützt worden! Fünfunddreißig Jahre einer reichen und interessanten künstlerischen Tätigkeit sind hier durch eine Auswahl seiner Werke illustriert, beginnend mit kostbar malerischen Schöpfungen fast strengen altmeisterlichen Charakters und endend in einer ganz individuellen Art, Menschen und Dinge zu packen, in einen: bezaubernden Durchdringen von Form und Farbe mit Geist. Wie billig, von Manier zu reden, wo es sich um einen Stil handelt, den feine Nerven und eine Neigung zum seltenen und Besonderen gebildet haben! Nicht in allem wird man Habermann zustimmen. Es ist hier ein repräsentatives Frauenporträt, das entschieden kalt und hart als Malerei wirkt; doch findet man nur wenige Sachen, in denen nicht mindestens die geistvolle Absicht Teilnahme erweckte. Den entscheidenden Teil der Vorführung aber bilden Porträts, Landschaften und Studien, die zweifellos zu den feinsten und gediegensten malerischen Leistungen gehören, die seit 187i> in Deutschland entstanden sind und ihrem Urheber für immer Ehre machen werden. Welche überragende Kraft Habermann in der zeitgenössischen Kunst vorstellt, wird man recht gewahr, wenn man von seiner Sonderausstelluug zu der des so hochgeschätzten Schweden Anders Zorn kommt, die eigentlich eine einzige Enttäuschung bildet. Nicht nur, daß man merkt, wie diese rasend geschickte Hand auch nicht einmal unter einem Herzschlag zittert — man findet auch die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/232
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/232>, abgerufen am 29.06.2024.