Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
t".,s Reichs-Raligescy

unwirtschaftlich unecht, also praktisch ilahezil vereitelt; er beschränkt auch in
gewissem Grade die neu entstehenden Werke, indem er ihnen die volle Beteiligungs¬
ziffer, die ganze Quote, erst nach einer dreijährigen Karenzzeit zubilligt.

Das Gesetz normiert aber auch Preise für die Roh- und Düngesalze
und Fabrikate, Höchstpreise für das Inland, Mindestpreise für das Ausland,
die nicht niedriger sein dürfen als die gesetzlich festgelegten Jnlcmds-
Höchstpreise. In den Höchstpreisen ist man nicht unberechtigten agrarischen
Wünschen gefolgt. Durch die Mindestpreise hat man der "Verschleuderung ins
Allsland", Unterbietungspreisen im Stile Schmidtmanns, einen wirksamen Riegel
vorgeschoben. Nun haben aber Maximalpreise, wenn kein Syndikat besteht und der
freie Wettbewerb herrscht, in der Praxis den Nachteil, daß sie nie erreicht werden;
dadurch wird auch die Spannung gegen die Auslandspreise herabgedrückt und
die Minimalprcise für das Ausland werden dann in der Regel zu Maximal-
preisen. Das bedeutet für die Gesamtheit der Kali-Industrie zweifellos eine
schwere Schädigung, zumal die Inlandspreise dank den angedeuteten Einflüssen
durch Parlamentsbeschluß gegenüber den bisher geltenden so herabgesetzt
worden sind, daß das Syndikat daraus einen Ausfall von jährlich 10 Millionen
Mark berechnet. Aber ganz abgesehen davon erscheint die gesetzliche Fest¬
legung von Verkaufspreisen für eine aufblühende, in der Entwicklung
begriffene Industrie nicht bloß als eine lästige Fessel und Einschränkung der
notwendigen Aktionsfreiheit, sondern auch im Hinblick auf andere große
Industrien als ein höchst bedenklicher und gefährlicher gesetzgeberischer Präzedenzfall,
der nicht geschaffen werden dürfte.

An diesen Entwurf hat sich begreiflicherweise ein ungemein lebhafter Kampf
der Meinungen geknipst, der sich nur zu oft -- es ist ja ein Kampf schwer-
schwiegender materieller Interessen, der da ausgefochten wird! -..... bemühte,
den Schwerpunkt der ganzen Frage zu verschieben und ihren Kern zu verdunkeln.
Ist die Überproduktion, die Tatsache, daß große und leistungsfähige Werke
ihren vollen Betrieb durch den Andrang neuer Werke nicht mehr ausnutzen
können, die Ursache der Schmidtmann-Aktion und die Triebfeder des neuen
Kaligesetzes? Hervorragende Vertreter der Kali-Industrie, denen gewiß genane
Sachkenntnis nicht abgesprochen werden kann, wie Emil Sauer und l)r. Wilhelm
Sauer, bestreikn mit aller Entschiedenheit die angebliche Überproduktion in
der Kali-Industrie; sie gehen von der sicherlich berechtigten Auffassung aus, daß
der Absatz -- eine ungestörte, ruhige Syndikntsarbeit vorausgesetzt, die durch
keine Außenseiterkämpfe, durch keine Erschütterung der Auslandsmärkte getrübt
wird -- sich in kurzer Zeit uach Analogie der bisherigen Entwicklung derart steigern
muß, daß die neuen Werke bequem versorgt werden können. Andere Autoritäten
wieder, wie Herr Oberbergrat Dr. Wachler, sind der gegenteiligen Überzeugung und
glauben, daß etwa die Hälfte der heutigen Werke genügen würde, den gesamten gegen¬
wärtigen Kalibedarf zu decken. Bei der Beurteilung dieser Streitpunkte wird man
aber nicht zu übersehen haben, daß ein großer Teil der Werke, die angeblich die


t«.,s Reichs-Raligescy

unwirtschaftlich unecht, also praktisch ilahezil vereitelt; er beschränkt auch in
gewissem Grade die neu entstehenden Werke, indem er ihnen die volle Beteiligungs¬
ziffer, die ganze Quote, erst nach einer dreijährigen Karenzzeit zubilligt.

Das Gesetz normiert aber auch Preise für die Roh- und Düngesalze
und Fabrikate, Höchstpreise für das Inland, Mindestpreise für das Ausland,
die nicht niedriger sein dürfen als die gesetzlich festgelegten Jnlcmds-
Höchstpreise. In den Höchstpreisen ist man nicht unberechtigten agrarischen
Wünschen gefolgt. Durch die Mindestpreise hat man der „Verschleuderung ins
Allsland", Unterbietungspreisen im Stile Schmidtmanns, einen wirksamen Riegel
vorgeschoben. Nun haben aber Maximalpreise, wenn kein Syndikat besteht und der
freie Wettbewerb herrscht, in der Praxis den Nachteil, daß sie nie erreicht werden;
dadurch wird auch die Spannung gegen die Auslandspreise herabgedrückt und
die Minimalprcise für das Ausland werden dann in der Regel zu Maximal-
preisen. Das bedeutet für die Gesamtheit der Kali-Industrie zweifellos eine
schwere Schädigung, zumal die Inlandspreise dank den angedeuteten Einflüssen
durch Parlamentsbeschluß gegenüber den bisher geltenden so herabgesetzt
worden sind, daß das Syndikat daraus einen Ausfall von jährlich 10 Millionen
Mark berechnet. Aber ganz abgesehen davon erscheint die gesetzliche Fest¬
legung von Verkaufspreisen für eine aufblühende, in der Entwicklung
begriffene Industrie nicht bloß als eine lästige Fessel und Einschränkung der
notwendigen Aktionsfreiheit, sondern auch im Hinblick auf andere große
Industrien als ein höchst bedenklicher und gefährlicher gesetzgeberischer Präzedenzfall,
der nicht geschaffen werden dürfte.

An diesen Entwurf hat sich begreiflicherweise ein ungemein lebhafter Kampf
der Meinungen geknipst, der sich nur zu oft — es ist ja ein Kampf schwer-
schwiegender materieller Interessen, der da ausgefochten wird! -..... bemühte,
den Schwerpunkt der ganzen Frage zu verschieben und ihren Kern zu verdunkeln.
Ist die Überproduktion, die Tatsache, daß große und leistungsfähige Werke
ihren vollen Betrieb durch den Andrang neuer Werke nicht mehr ausnutzen
können, die Ursache der Schmidtmann-Aktion und die Triebfeder des neuen
Kaligesetzes? Hervorragende Vertreter der Kali-Industrie, denen gewiß genane
Sachkenntnis nicht abgesprochen werden kann, wie Emil Sauer und l)r. Wilhelm
Sauer, bestreikn mit aller Entschiedenheit die angebliche Überproduktion in
der Kali-Industrie; sie gehen von der sicherlich berechtigten Auffassung aus, daß
der Absatz — eine ungestörte, ruhige Syndikntsarbeit vorausgesetzt, die durch
keine Außenseiterkämpfe, durch keine Erschütterung der Auslandsmärkte getrübt
wird — sich in kurzer Zeit uach Analogie der bisherigen Entwicklung derart steigern
muß, daß die neuen Werke bequem versorgt werden können. Andere Autoritäten
wieder, wie Herr Oberbergrat Dr. Wachler, sind der gegenteiligen Überzeugung und
glauben, daß etwa die Hälfte der heutigen Werke genügen würde, den gesamten gegen¬
wärtigen Kalibedarf zu decken. Bei der Beurteilung dieser Streitpunkte wird man
aber nicht zu übersehen haben, daß ein großer Teil der Werke, die angeblich die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315866"/>
          <fw type="header" place="top"> t«.,s Reichs-Raligescy</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1208" prev="#ID_1207"> unwirtschaftlich unecht, also praktisch ilahezil vereitelt; er beschränkt auch in<lb/>
gewissem Grade die neu entstehenden Werke, indem er ihnen die volle Beteiligungs¬<lb/>
ziffer, die ganze Quote, erst nach einer dreijährigen Karenzzeit zubilligt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1209"> Das Gesetz normiert aber auch Preise für die Roh- und Düngesalze<lb/>
und Fabrikate, Höchstpreise für das Inland, Mindestpreise für das Ausland,<lb/>
die nicht niedriger sein dürfen als die gesetzlich festgelegten Jnlcmds-<lb/>
Höchstpreise. In den Höchstpreisen ist man nicht unberechtigten agrarischen<lb/>
Wünschen gefolgt. Durch die Mindestpreise hat man der &#x201E;Verschleuderung ins<lb/>
Allsland", Unterbietungspreisen im Stile Schmidtmanns, einen wirksamen Riegel<lb/>
vorgeschoben. Nun haben aber Maximalpreise, wenn kein Syndikat besteht und der<lb/>
freie Wettbewerb herrscht, in der Praxis den Nachteil, daß sie nie erreicht werden;<lb/>
dadurch wird auch die Spannung gegen die Auslandspreise herabgedrückt und<lb/>
die Minimalprcise für das Ausland werden dann in der Regel zu Maximal-<lb/>
preisen. Das bedeutet für die Gesamtheit der Kali-Industrie zweifellos eine<lb/>
schwere Schädigung, zumal die Inlandspreise dank den angedeuteten Einflüssen<lb/>
durch Parlamentsbeschluß gegenüber den bisher geltenden so herabgesetzt<lb/>
worden sind, daß das Syndikat daraus einen Ausfall von jährlich 10 Millionen<lb/>
Mark berechnet. Aber ganz abgesehen davon erscheint die gesetzliche Fest¬<lb/>
legung von Verkaufspreisen für eine aufblühende, in der Entwicklung<lb/>
begriffene Industrie nicht bloß als eine lästige Fessel und Einschränkung der<lb/>
notwendigen Aktionsfreiheit, sondern auch im Hinblick auf andere große<lb/>
Industrien als ein höchst bedenklicher und gefährlicher gesetzgeberischer Präzedenzfall,<lb/>
der nicht geschaffen werden dürfte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1210" next="#ID_1211"> An diesen Entwurf hat sich begreiflicherweise ein ungemein lebhafter Kampf<lb/>
der Meinungen geknipst, der sich nur zu oft &#x2014; es ist ja ein Kampf schwer-<lb/>
schwiegender materieller Interessen, der da ausgefochten wird! -..... bemühte,<lb/>
den Schwerpunkt der ganzen Frage zu verschieben und ihren Kern zu verdunkeln.<lb/>
Ist die Überproduktion, die Tatsache, daß große und leistungsfähige Werke<lb/>
ihren vollen Betrieb durch den Andrang neuer Werke nicht mehr ausnutzen<lb/>
können, die Ursache der Schmidtmann-Aktion und die Triebfeder des neuen<lb/>
Kaligesetzes? Hervorragende Vertreter der Kali-Industrie, denen gewiß genane<lb/>
Sachkenntnis nicht abgesprochen werden kann, wie Emil Sauer und l)r. Wilhelm<lb/>
Sauer, bestreikn mit aller Entschiedenheit die angebliche Überproduktion in<lb/>
der Kali-Industrie; sie gehen von der sicherlich berechtigten Auffassung aus, daß<lb/>
der Absatz &#x2014; eine ungestörte, ruhige Syndikntsarbeit vorausgesetzt, die durch<lb/>
keine Außenseiterkämpfe, durch keine Erschütterung der Auslandsmärkte getrübt<lb/>
wird &#x2014; sich in kurzer Zeit uach Analogie der bisherigen Entwicklung derart steigern<lb/>
muß, daß die neuen Werke bequem versorgt werden können. Andere Autoritäten<lb/>
wieder, wie Herr Oberbergrat Dr. Wachler, sind der gegenteiligen Überzeugung und<lb/>
glauben, daß etwa die Hälfte der heutigen Werke genügen würde, den gesamten gegen¬<lb/>
wärtigen Kalibedarf zu decken. Bei der Beurteilung dieser Streitpunkte wird man<lb/>
aber nicht zu übersehen haben, daß ein großer Teil der Werke, die angeblich die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0227] t«.,s Reichs-Raligescy unwirtschaftlich unecht, also praktisch ilahezil vereitelt; er beschränkt auch in gewissem Grade die neu entstehenden Werke, indem er ihnen die volle Beteiligungs¬ ziffer, die ganze Quote, erst nach einer dreijährigen Karenzzeit zubilligt. Das Gesetz normiert aber auch Preise für die Roh- und Düngesalze und Fabrikate, Höchstpreise für das Inland, Mindestpreise für das Ausland, die nicht niedriger sein dürfen als die gesetzlich festgelegten Jnlcmds- Höchstpreise. In den Höchstpreisen ist man nicht unberechtigten agrarischen Wünschen gefolgt. Durch die Mindestpreise hat man der „Verschleuderung ins Allsland", Unterbietungspreisen im Stile Schmidtmanns, einen wirksamen Riegel vorgeschoben. Nun haben aber Maximalpreise, wenn kein Syndikat besteht und der freie Wettbewerb herrscht, in der Praxis den Nachteil, daß sie nie erreicht werden; dadurch wird auch die Spannung gegen die Auslandspreise herabgedrückt und die Minimalprcise für das Ausland werden dann in der Regel zu Maximal- preisen. Das bedeutet für die Gesamtheit der Kali-Industrie zweifellos eine schwere Schädigung, zumal die Inlandspreise dank den angedeuteten Einflüssen durch Parlamentsbeschluß gegenüber den bisher geltenden so herabgesetzt worden sind, daß das Syndikat daraus einen Ausfall von jährlich 10 Millionen Mark berechnet. Aber ganz abgesehen davon erscheint die gesetzliche Fest¬ legung von Verkaufspreisen für eine aufblühende, in der Entwicklung begriffene Industrie nicht bloß als eine lästige Fessel und Einschränkung der notwendigen Aktionsfreiheit, sondern auch im Hinblick auf andere große Industrien als ein höchst bedenklicher und gefährlicher gesetzgeberischer Präzedenzfall, der nicht geschaffen werden dürfte. An diesen Entwurf hat sich begreiflicherweise ein ungemein lebhafter Kampf der Meinungen geknipst, der sich nur zu oft — es ist ja ein Kampf schwer- schwiegender materieller Interessen, der da ausgefochten wird! -..... bemühte, den Schwerpunkt der ganzen Frage zu verschieben und ihren Kern zu verdunkeln. Ist die Überproduktion, die Tatsache, daß große und leistungsfähige Werke ihren vollen Betrieb durch den Andrang neuer Werke nicht mehr ausnutzen können, die Ursache der Schmidtmann-Aktion und die Triebfeder des neuen Kaligesetzes? Hervorragende Vertreter der Kali-Industrie, denen gewiß genane Sachkenntnis nicht abgesprochen werden kann, wie Emil Sauer und l)r. Wilhelm Sauer, bestreikn mit aller Entschiedenheit die angebliche Überproduktion in der Kali-Industrie; sie gehen von der sicherlich berechtigten Auffassung aus, daß der Absatz — eine ungestörte, ruhige Syndikntsarbeit vorausgesetzt, die durch keine Außenseiterkämpfe, durch keine Erschütterung der Auslandsmärkte getrübt wird — sich in kurzer Zeit uach Analogie der bisherigen Entwicklung derart steigern muß, daß die neuen Werke bequem versorgt werden können. Andere Autoritäten wieder, wie Herr Oberbergrat Dr. Wachler, sind der gegenteiligen Überzeugung und glauben, daß etwa die Hälfte der heutigen Werke genügen würde, den gesamten gegen¬ wärtigen Kalibedarf zu decken. Bei der Beurteilung dieser Streitpunkte wird man aber nicht zu übersehen haben, daß ein großer Teil der Werke, die angeblich die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/227
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/227>, abgerufen am 29.06.2024.