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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Die Geschichte des Kunstgewerbes

gezogen worden wären, um eine Welt-Enzyklopädie des Kunstgewerbes zu haben.
Vielleicht aber entschließen sich Herausgeber und Verlag, einen Ergänzungsband
ethnographischer Kunst anzuhängen, die heute von außerordentlichen? Interesse
ist und Entwicklungskeime birgt, die gerade den älteren Kunstepochen zugute
kamen. Dann wäre freilich der Gipfel der Wünsche erreicht. Indessen müssen
wir für das Gebotene dankbar sein. Hervorragende Kenner und Gelehrte,
wie Erich Pernice, Georg Swarzenski, Otto von Falke, Wilhelm Behüte.
Moritz Dreger, Josef Folnesics, Edmund Wilhelm Braun, Otto Kümmel, Museums¬
leute, haben sich unter der Redaktion des bewährten Georg Lehnert zu diesem
Ltsncwrcl-xvorli vereinigt. Mit der ihm eigenen ruhigen, geschäftlich nüchternen
Sachlichkeit legt Lehnert in dem Anfangskapitel die Grundlagen und Ziele des
Kunstgewerbes sowie dessen Geschichte auseinander und schildert in den Schlu߬
kapiteln des Werkes die Entwicklung des neuen Stils seitderMittedesneuuzehntcnJahr-
hunderts. UnPersönlichkeit war hier Verdienst. Mit dem stärkeren Temperament
des Liebhabers behandelt Folnesics die Empirezeit; wir verdanken ihm auf diesem
seinem Spezialgebiet andere interessante Arbeiten, die ihn als Kenner und Forscher
auszeichnen. Dreger untersucht mit der diesen Wiener auszeichnenden wissenschaft¬
lichen Gründlichkeit das Kunstgewerbe im Barock und Rokoko, Swarzenski, Pernice,
Otto von Falke und Behüte bestellen Mittelalter und Renaissance-, und die wert¬
vollen Anhänge des Islams und des ostaseatischen Kunstgewerbes sind von Braun
und Kümmel bearbeitet. So ist ein übersichtliches Nachschlagewerk entstanden,
das seine Vollständigkeit darin sucht, daß es aus allen Zeiten das Charakteristische
bringt und sich daher unentbehrlich für den Künstler, den Kunstgewerbler, den
Geschichts- und Kulturfreund macht. Denn eine Kimstgewerbegeschichte ist recht
eigentlich eine Kulturgeschichte. Durch keine andere Äußerung der Kunst könne"
wir so tief in das persönliche Leben, in die Ideale, den Geschmack, die künstlerischen
Ansprüche und die Wirtschaftsformen einer Zeit und einer Nation blicken, als
durch das Kunstgewerbe. Hohe Kunst ist dem Alltag und daher dem Wechsel seiner
Formen und Wünsche entrückt, sie hat es mit den letzten übermenschlichen Fragen und
Forderungen zu tun, das Gewerbe steckt zu tief im Mechanischen und in der
genieinen Notdurft; im Kunstgewerbe aber vereinigt sich beides, dieses Materielle
und jenes Geistige, eine Mischung, die Kulturverfassung heißt. Wir haben daher
keinen besseren Gradmesser für die Kultur und ihre Wandlungen als das Kunst¬
gewerbe, und darum ist uns diese neue Geschichte ein sehr willkommener Berater.

Wir können die Zuverlässigkeit dieser Beobachtung feststellen, indem wir die
Probe auf unsere Gegenwart machen. Wir sehen, wie sich hier auf unserem so
leicht kontrollierbaren Beobachtungsfeld die Ansprüche seit den letzten zehn, fünfzehn
Jahren im großen Publikum außerordentlich verfeinert haben. Das bürgerliche
Heim, der Möbelmarkt, alle kunstgewerblichen Produktionszweige haben eine neue
Physiognomie empfangen. Der Geschmack der siebziger und achtziger Jahre, darin
sich unsere Elterngeneration ausdrückte, kann uns heute, wo wir ihn antreffen, nur
mit leidenschaftlicher Unzufriedenheit erfüllen. Die neuen Ideen, von modernen
Künstlern dein Kunstgewerbe zugeführt, ich erwähne nur die wichtigsten, van de Velde,
Pcmkok, Behrens, Olbrich, Bruno Paul, Riemerschmid, Schultze-Naumburg, Obrist,
der Künstlerkreis der Wiener Werkstätte mit Josef Hoffmann, Koko Moser und
Otto Wagner, haben in dieser kurzen Spanne Zeit eine außerordentliche Kulwr-
verfeinernng mit sich gebracht. Nichtige, unzweckmäßige, falsche, protzenhafte
Dekorationsmacherei wird heute wieder als Merkmal der Unbildung angesehen;
die häusliche Umgebung kaun mit vollem Recht als Maßstab für die persönliche
Kultur angesehen werden. Wir haben gelernt, in allen diesen Dingen wieder das


Die Geschichte des Kunstgewerbes

gezogen worden wären, um eine Welt-Enzyklopädie des Kunstgewerbes zu haben.
Vielleicht aber entschließen sich Herausgeber und Verlag, einen Ergänzungsband
ethnographischer Kunst anzuhängen, die heute von außerordentlichen? Interesse
ist und Entwicklungskeime birgt, die gerade den älteren Kunstepochen zugute
kamen. Dann wäre freilich der Gipfel der Wünsche erreicht. Indessen müssen
wir für das Gebotene dankbar sein. Hervorragende Kenner und Gelehrte,
wie Erich Pernice, Georg Swarzenski, Otto von Falke, Wilhelm Behüte.
Moritz Dreger, Josef Folnesics, Edmund Wilhelm Braun, Otto Kümmel, Museums¬
leute, haben sich unter der Redaktion des bewährten Georg Lehnert zu diesem
Ltsncwrcl-xvorli vereinigt. Mit der ihm eigenen ruhigen, geschäftlich nüchternen
Sachlichkeit legt Lehnert in dem Anfangskapitel die Grundlagen und Ziele des
Kunstgewerbes sowie dessen Geschichte auseinander und schildert in den Schlu߬
kapiteln des Werkes die Entwicklung des neuen Stils seitderMittedesneuuzehntcnJahr-
hunderts. UnPersönlichkeit war hier Verdienst. Mit dem stärkeren Temperament
des Liebhabers behandelt Folnesics die Empirezeit; wir verdanken ihm auf diesem
seinem Spezialgebiet andere interessante Arbeiten, die ihn als Kenner und Forscher
auszeichnen. Dreger untersucht mit der diesen Wiener auszeichnenden wissenschaft¬
lichen Gründlichkeit das Kunstgewerbe im Barock und Rokoko, Swarzenski, Pernice,
Otto von Falke und Behüte bestellen Mittelalter und Renaissance-, und die wert¬
vollen Anhänge des Islams und des ostaseatischen Kunstgewerbes sind von Braun
und Kümmel bearbeitet. So ist ein übersichtliches Nachschlagewerk entstanden,
das seine Vollständigkeit darin sucht, daß es aus allen Zeiten das Charakteristische
bringt und sich daher unentbehrlich für den Künstler, den Kunstgewerbler, den
Geschichts- und Kulturfreund macht. Denn eine Kimstgewerbegeschichte ist recht
eigentlich eine Kulturgeschichte. Durch keine andere Äußerung der Kunst könne»
wir so tief in das persönliche Leben, in die Ideale, den Geschmack, die künstlerischen
Ansprüche und die Wirtschaftsformen einer Zeit und einer Nation blicken, als
durch das Kunstgewerbe. Hohe Kunst ist dem Alltag und daher dem Wechsel seiner
Formen und Wünsche entrückt, sie hat es mit den letzten übermenschlichen Fragen und
Forderungen zu tun, das Gewerbe steckt zu tief im Mechanischen und in der
genieinen Notdurft; im Kunstgewerbe aber vereinigt sich beides, dieses Materielle
und jenes Geistige, eine Mischung, die Kulturverfassung heißt. Wir haben daher
keinen besseren Gradmesser für die Kultur und ihre Wandlungen als das Kunst¬
gewerbe, und darum ist uns diese neue Geschichte ein sehr willkommener Berater.

Wir können die Zuverlässigkeit dieser Beobachtung feststellen, indem wir die
Probe auf unsere Gegenwart machen. Wir sehen, wie sich hier auf unserem so
leicht kontrollierbaren Beobachtungsfeld die Ansprüche seit den letzten zehn, fünfzehn
Jahren im großen Publikum außerordentlich verfeinert haben. Das bürgerliche
Heim, der Möbelmarkt, alle kunstgewerblichen Produktionszweige haben eine neue
Physiognomie empfangen. Der Geschmack der siebziger und achtziger Jahre, darin
sich unsere Elterngeneration ausdrückte, kann uns heute, wo wir ihn antreffen, nur
mit leidenschaftlicher Unzufriedenheit erfüllen. Die neuen Ideen, von modernen
Künstlern dein Kunstgewerbe zugeführt, ich erwähne nur die wichtigsten, van de Velde,
Pcmkok, Behrens, Olbrich, Bruno Paul, Riemerschmid, Schultze-Naumburg, Obrist,
der Künstlerkreis der Wiener Werkstätte mit Josef Hoffmann, Koko Moser und
Otto Wagner, haben in dieser kurzen Spanne Zeit eine außerordentliche Kulwr-
verfeinernng mit sich gebracht. Nichtige, unzweckmäßige, falsche, protzenhafte
Dekorationsmacherei wird heute wieder als Merkmal der Unbildung angesehen;
die häusliche Umgebung kaun mit vollem Recht als Maßstab für die persönliche
Kultur angesehen werden. Wir haben gelernt, in allen diesen Dingen wieder das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/155>, abgerufen am 29.06.2024.