Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.Die neuere Kolomalxolitik kanzler (Reichskolonialamt) zugewiesen werden. Aber man darf wohl annehmen, Das Vorgehen der Bevölkerung von Südwestafrika hat auch die Landsleute Togo ist die einzige Kolonie, in der der Gouvernementsrat praktische Desto mehr in Kamerun. Auch dort haben sich, wie in Ostafrika, Zweck¬ Die Neigung der Kolonialverwaltung, bei wichtigen Maßnahmen sich der Neuerdings sind auch auf Samoa die Selbstündigkeitsbestrebungen wieder Die neuere Kolomalxolitik kanzler (Reichskolonialamt) zugewiesen werden. Aber man darf wohl annehmen, Das Vorgehen der Bevölkerung von Südwestafrika hat auch die Landsleute Togo ist die einzige Kolonie, in der der Gouvernementsrat praktische Desto mehr in Kamerun. Auch dort haben sich, wie in Ostafrika, Zweck¬ Die Neigung der Kolonialverwaltung, bei wichtigen Maßnahmen sich der Neuerdings sind auch auf Samoa die Selbstündigkeitsbestrebungen wieder <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315752"/> <fw type="header" place="top"> Die neuere Kolomalxolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_612" prev="#ID_611"> kanzler (Reichskolonialamt) zugewiesen werden. Aber man darf wohl annehmen,<lb/> daß die Südwestafrikaner Mittel und Wege finden werden, um bald auch in<lb/> andern Dingen entscheidend mitzusprechen.</p><lb/> <p xml:id="ID_613"> Das Vorgehen der Bevölkerung von Südwestafrika hat auch die Landsleute<lb/> in den andern Kolonien auf den Plan gerufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_614"> Togo ist die einzige Kolonie, in der der Gouvernementsrat praktische<lb/> Bedeutung gewonnen hat. Es herrscht dort seltene Einigkeit zwischen Behörden<lb/> und Ansiedlern und infolgedessen macht sich auch kein Bedürfnis nach einer<lb/> Änderung der Verhältnisse geltend.</p><lb/> <p xml:id="ID_615"> Desto mehr in Kamerun. Auch dort haben sich, wie in Ostafrika, Zweck¬<lb/> verbände gebildet, die der weißen Bevölkerung einen gewissen Einfluß auf die<lb/> Verwaltung und Erschließung des Landes sichern wollen. Leider wird seitens<lb/> der Regierungs versucht, diesem Streben entgegenzuarbeiten. Z. B. versagt<lb/> man der Handelskammer in Kribi die Rechtsfähigkeit, weil der Vorsitzende<lb/> nicht Kaufmann sei. Die Sache hat insofern einen üblen Beigeschmack, als der<lb/> von den Mitgliedern einstimmig gewählte Vorsitzende, ein Rechtsanwalt, persönlich<lb/> beim Gouvernement nicht beliebt ist. Sachlich kann der Einwand nicht verfangen,<lb/> weil, wie das Gouvernement wohl weiß, aus geschäftlichen Gründen keiner der<lb/> im Südbezirk ansässigen Kaufleute in der Lage ist, den Vorsitz zu übernehmen.<lb/> Der springende Punkt ist der, daß der Vorsitzende, solange die Kammer die<lb/> Rechtsfähigkeit nicht hat, nicht in den Gouvernementsrat zugelassen wird, also<lb/> der Südbezirk in dieser Vertretung der weißen Bevölkerung unvertreten bleibt.<lb/> Daß die Ansiedler des Südbezirks von Kamerun, vorwiegend Kaufleute, genügende<lb/> Fähigkeiten zur Mitwirkung an der Verwaltung besitzen, dürfte nebenbei die<lb/> Tatsache beweisen, daß sie vor Jahresfrist selbst die Mittel zur Trassierung<lb/> einer Eisenbahn, der „Südbahn", aufgebracht haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_616"> Die Neigung der Kolonialverwaltung, bei wichtigen Maßnahmen sich der<lb/> unbequemen Mitwirkung der Vertretung der weißen Ansiedler zu entziehen, hat,<lb/> wie erinnerlich, auch in Neu-Guinea zu scharfen Konflikten zwischen dem<lb/> Gouverneur und dem Gouvernementsrat geführt. Da die Angelegenheit damals<lb/> an dieser Stelle (1909. Ur. 24, 27 und 42) eingehend erörtert worden ist, so können<lb/> wir uns darauf beschränken, die erfreuliche Tatsache festzustellen, daß der Friede<lb/> wieder hergestellt ist. Allerdings sind die berechtigten Forderungen der Ansiedler<lb/> nur zum Teil erfüllt worden. Der Hauptbeschwerdepunkt, der vom Kolonialamt<lb/> der Kolonie aufgezwungene Ausfuhrzoll auf Plantagenprodukte, ein volks¬<lb/> wirtschaftlich unverständliches Gebilde, ist nicht beseitigt worden. Da sich die<lb/> Leute aber damit abgefunden haben, so liegt keine Veranlassung vor, sich<lb/> weiter mit der Sache zu beschäftigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_617" next="#ID_618"> Neuerdings sind auch auf Samoa die Selbstündigkeitsbestrebungen wieder<lb/> erwacht. Das ist dort kein Wunder, wenn man bedenkt, daß die alten Ansiedler<lb/> vor der Flaggenhissung durch das Deutsche Reich, als Samoa unter deutsch¬<lb/> amerikanisch-englischem Schutz stand, bereits unter einer Art von Selbstverwaltung,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0113]
Die neuere Kolomalxolitik
kanzler (Reichskolonialamt) zugewiesen werden. Aber man darf wohl annehmen,
daß die Südwestafrikaner Mittel und Wege finden werden, um bald auch in
andern Dingen entscheidend mitzusprechen.
Das Vorgehen der Bevölkerung von Südwestafrika hat auch die Landsleute
in den andern Kolonien auf den Plan gerufen.
Togo ist die einzige Kolonie, in der der Gouvernementsrat praktische
Bedeutung gewonnen hat. Es herrscht dort seltene Einigkeit zwischen Behörden
und Ansiedlern und infolgedessen macht sich auch kein Bedürfnis nach einer
Änderung der Verhältnisse geltend.
Desto mehr in Kamerun. Auch dort haben sich, wie in Ostafrika, Zweck¬
verbände gebildet, die der weißen Bevölkerung einen gewissen Einfluß auf die
Verwaltung und Erschließung des Landes sichern wollen. Leider wird seitens
der Regierungs versucht, diesem Streben entgegenzuarbeiten. Z. B. versagt
man der Handelskammer in Kribi die Rechtsfähigkeit, weil der Vorsitzende
nicht Kaufmann sei. Die Sache hat insofern einen üblen Beigeschmack, als der
von den Mitgliedern einstimmig gewählte Vorsitzende, ein Rechtsanwalt, persönlich
beim Gouvernement nicht beliebt ist. Sachlich kann der Einwand nicht verfangen,
weil, wie das Gouvernement wohl weiß, aus geschäftlichen Gründen keiner der
im Südbezirk ansässigen Kaufleute in der Lage ist, den Vorsitz zu übernehmen.
Der springende Punkt ist der, daß der Vorsitzende, solange die Kammer die
Rechtsfähigkeit nicht hat, nicht in den Gouvernementsrat zugelassen wird, also
der Südbezirk in dieser Vertretung der weißen Bevölkerung unvertreten bleibt.
Daß die Ansiedler des Südbezirks von Kamerun, vorwiegend Kaufleute, genügende
Fähigkeiten zur Mitwirkung an der Verwaltung besitzen, dürfte nebenbei die
Tatsache beweisen, daß sie vor Jahresfrist selbst die Mittel zur Trassierung
einer Eisenbahn, der „Südbahn", aufgebracht haben.
Die Neigung der Kolonialverwaltung, bei wichtigen Maßnahmen sich der
unbequemen Mitwirkung der Vertretung der weißen Ansiedler zu entziehen, hat,
wie erinnerlich, auch in Neu-Guinea zu scharfen Konflikten zwischen dem
Gouverneur und dem Gouvernementsrat geführt. Da die Angelegenheit damals
an dieser Stelle (1909. Ur. 24, 27 und 42) eingehend erörtert worden ist, so können
wir uns darauf beschränken, die erfreuliche Tatsache festzustellen, daß der Friede
wieder hergestellt ist. Allerdings sind die berechtigten Forderungen der Ansiedler
nur zum Teil erfüllt worden. Der Hauptbeschwerdepunkt, der vom Kolonialamt
der Kolonie aufgezwungene Ausfuhrzoll auf Plantagenprodukte, ein volks¬
wirtschaftlich unverständliches Gebilde, ist nicht beseitigt worden. Da sich die
Leute aber damit abgefunden haben, so liegt keine Veranlassung vor, sich
weiter mit der Sache zu beschäftigen.
Neuerdings sind auch auf Samoa die Selbstündigkeitsbestrebungen wieder
erwacht. Das ist dort kein Wunder, wenn man bedenkt, daß die alten Ansiedler
vor der Flaggenhissung durch das Deutsche Reich, als Samoa unter deutsch¬
amerikanisch-englischem Schutz stand, bereits unter einer Art von Selbstverwaltung,
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