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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Die Barbarina

Lange zögerte der König diesmal mit der Antwort. Erst drei Wochen später
gab er Bescheid. Auf die Bitte des Großkanzlers, den Weg "Rechtens" beschreiten
zu dürfen, ging er gar nicht ein, erklärte sich aber mit der Versetzung des Geheimen
Rates einverstanden, doch müsse dieser dasselbe "Tractement", d. h. das bisher
bezogene Gehalt und seinen Titel, behalten. Der König unterschied hier also genau
zwischen den amtlichen und außeramtlichen Verhältnissen. Zum Schlüsse schreibt er:
"Ihr werdet leicht einsehen, daß Alles, was Ich hierunter thue, aus einer toiblesse
von Mir gegen Euch geschiehet, indem sonsten mehr angeführter Euer Sohn, so
lange er in meinen Diensten nichts versiehet, auch nicht von Mir zu bestrafen sein
würde, da dessen unbesonnene Heirath eigentlich Meinen Dienst nicht afficiret. Ich
werde demnach Eure weiteren Vorschläge deshalb vorstehendermaßen erwarten und
bin übrigens


Ew. wohlaffectionirter
Friedrich." gez.

Der Geheime Rat v. Cocceji muß von seiner bevorstehenden Versetzung Kenntnis
erhalten haben, denn schon am 31. Mai, also zwei Tage nach der Antwort Friedrichs
an den Großkanzler, richtete er an den König ein Schreiben, worin er sich über
die Feindseligkeiten, denen er von neuem durch seine Familie ausgesetzt sei, beklagt
und gegen seine Versetzung Verwahrung einlegt, weil seine Gattin mit königlicher
Erlaubnis -- es ist interessant, das hier nebenbei zu erfahren -- ein Haus in
Berlin angekauft habe und er selbst eben damit beschäftigt sei, das übrige Vermögen
seiner Frau sicherzustellen. Der König erwiderte dieses Schreiben schon am folgenden
Tage in französischer Sprache und erteilte darin, obwohl in durchaus gütigem und
väterlichem Tone, dem Herrn Geheimen Rat die folgende, recht tüchtige Lektion:

"Euer Schreiben vom 31. vorigen Monats habe Ich erhalten. Vergeht nicht, wie
gröblich Ihr Euren Vater beleidigt habt, indem Ihr ohne seine Zustimmung, ja gegen
seinen Willen ein Mädchen geheiratet habt, das in keiner Weise für Euch patzt. Da er
aber seinerseits Euch in gerechter und verdienter Weise mit Entziehung Eures Erbteils
und Ausschließung von seiner Geschlechtsnachfolge bestraft hat, so habt Ihr Euer
gebührendes Teil erhalten. Übrigens habt Ihr die Landesgesetze offenbar verletzt durch
Eingehung einer heimlichen Ehe, die von ihnen unbedingt verboten, ja sogar für völlig
ungültig erklärt wird. Außerdem muß ich Euch ins Gedächtnis rufen, wie gröblich Ihr
Mich selbst getäuscht habt, indem Ihr dem Grafen v. Podewils vorgelogen und selbst
auf Euer Ehrenwort versichert habt, daß Ihr weder verheiratet noch Willens wäret,
Euch zu verheiraten. Allen gegen Eure Eltern verübten Beleidigungen habt Ihr die
Krone aufgesetzt, indem Ihr Eurer Mutter einen unverschämten Brief geschrieben habt,
welcher der von jedem anständigen Menschen seinen Eltern gezollten Rücksicht und
Verehrung gänzlich entbehrt, eine Niederträchtigkeit, für die allein Ihr verdient hättet,
von Eurem Bater in irgendeine Festung gesteckt zu werden. Aus diesem ganzen
unbesonnenen Benehmen hättet Ihr selber Wohl schließen können, daß Ihr ganz ver¬
geblich Meinen Schutz gegen Eure Eltern nachsucht, und daß Ich Euch niemals auf
gleiche Linie mit Eurem Vater stellen würde, einem so ehrwürdigen Manne, dessen
ganzes Leben durch große und erhabene Dienste ausgezeichnet ist, die er Mir und
Meinem Staate geleistet hat. Da aber Euer Vater so nachsichtig gewesen ist. Euch
nicht, wie er hätte tun sollen, in eine Festung zu stecken, da er außerdem Mich nicht
ersucht hat, Euch zu einer Trennung und Scheidung von der gesetzwidrig von Euch
geehelichten Person anzuhalten, sondern seinen gerechten Unwillen gegen Euch bis zu
dem bescheidenen Wunsche gemäßigt hat, einen Menschen, der der Schandfleck seiner
Familie ist, nicht mehr vor Angen zu haben und von dem Anblick eines widerspenstigen
Sohnes befreit zu werden, der, um seine Schuld voll zu machen, die Frechheit hat,
ihm auf seinen Spaziergängen trotzig gegenüberzutreten, der außerdem die seiner
Mutter gebührende Rücksicht so gröblich vergessen kann -- da, sage ich, Euer Bater
nichts weiter von Mir verlangt, als Euch für die kurze Zeit, die er noch zu leben hat,


Die Barbarina

Lange zögerte der König diesmal mit der Antwort. Erst drei Wochen später
gab er Bescheid. Auf die Bitte des Großkanzlers, den Weg „Rechtens" beschreiten
zu dürfen, ging er gar nicht ein, erklärte sich aber mit der Versetzung des Geheimen
Rates einverstanden, doch müsse dieser dasselbe „Tractement", d. h. das bisher
bezogene Gehalt und seinen Titel, behalten. Der König unterschied hier also genau
zwischen den amtlichen und außeramtlichen Verhältnissen. Zum Schlüsse schreibt er:
„Ihr werdet leicht einsehen, daß Alles, was Ich hierunter thue, aus einer toiblesse
von Mir gegen Euch geschiehet, indem sonsten mehr angeführter Euer Sohn, so
lange er in meinen Diensten nichts versiehet, auch nicht von Mir zu bestrafen sein
würde, da dessen unbesonnene Heirath eigentlich Meinen Dienst nicht afficiret. Ich
werde demnach Eure weiteren Vorschläge deshalb vorstehendermaßen erwarten und
bin übrigens


Ew. wohlaffectionirter
Friedrich." gez.

Der Geheime Rat v. Cocceji muß von seiner bevorstehenden Versetzung Kenntnis
erhalten haben, denn schon am 31. Mai, also zwei Tage nach der Antwort Friedrichs
an den Großkanzler, richtete er an den König ein Schreiben, worin er sich über
die Feindseligkeiten, denen er von neuem durch seine Familie ausgesetzt sei, beklagt
und gegen seine Versetzung Verwahrung einlegt, weil seine Gattin mit königlicher
Erlaubnis — es ist interessant, das hier nebenbei zu erfahren — ein Haus in
Berlin angekauft habe und er selbst eben damit beschäftigt sei, das übrige Vermögen
seiner Frau sicherzustellen. Der König erwiderte dieses Schreiben schon am folgenden
Tage in französischer Sprache und erteilte darin, obwohl in durchaus gütigem und
väterlichem Tone, dem Herrn Geheimen Rat die folgende, recht tüchtige Lektion:

„Euer Schreiben vom 31. vorigen Monats habe Ich erhalten. Vergeht nicht, wie
gröblich Ihr Euren Vater beleidigt habt, indem Ihr ohne seine Zustimmung, ja gegen
seinen Willen ein Mädchen geheiratet habt, das in keiner Weise für Euch patzt. Da er
aber seinerseits Euch in gerechter und verdienter Weise mit Entziehung Eures Erbteils
und Ausschließung von seiner Geschlechtsnachfolge bestraft hat, so habt Ihr Euer
gebührendes Teil erhalten. Übrigens habt Ihr die Landesgesetze offenbar verletzt durch
Eingehung einer heimlichen Ehe, die von ihnen unbedingt verboten, ja sogar für völlig
ungültig erklärt wird. Außerdem muß ich Euch ins Gedächtnis rufen, wie gröblich Ihr
Mich selbst getäuscht habt, indem Ihr dem Grafen v. Podewils vorgelogen und selbst
auf Euer Ehrenwort versichert habt, daß Ihr weder verheiratet noch Willens wäret,
Euch zu verheiraten. Allen gegen Eure Eltern verübten Beleidigungen habt Ihr die
Krone aufgesetzt, indem Ihr Eurer Mutter einen unverschämten Brief geschrieben habt,
welcher der von jedem anständigen Menschen seinen Eltern gezollten Rücksicht und
Verehrung gänzlich entbehrt, eine Niederträchtigkeit, für die allein Ihr verdient hättet,
von Eurem Bater in irgendeine Festung gesteckt zu werden. Aus diesem ganzen
unbesonnenen Benehmen hättet Ihr selber Wohl schließen können, daß Ihr ganz ver¬
geblich Meinen Schutz gegen Eure Eltern nachsucht, und daß Ich Euch niemals auf
gleiche Linie mit Eurem Vater stellen würde, einem so ehrwürdigen Manne, dessen
ganzes Leben durch große und erhabene Dienste ausgezeichnet ist, die er Mir und
Meinem Staate geleistet hat. Da aber Euer Vater so nachsichtig gewesen ist. Euch
nicht, wie er hätte tun sollen, in eine Festung zu stecken, da er außerdem Mich nicht
ersucht hat, Euch zu einer Trennung und Scheidung von der gesetzwidrig von Euch
geehelichten Person anzuhalten, sondern seinen gerechten Unwillen gegen Euch bis zu
dem bescheidenen Wunsche gemäßigt hat, einen Menschen, der der Schandfleck seiner
Familie ist, nicht mehr vor Angen zu haben und von dem Anblick eines widerspenstigen
Sohnes befreit zu werden, der, um seine Schuld voll zu machen, die Frechheit hat,
ihm auf seinen Spaziergängen trotzig gegenüberzutreten, der außerdem die seiner
Mutter gebührende Rücksicht so gröblich vergessen kann — da, sage ich, Euer Bater
nichts weiter von Mir verlangt, als Euch für die kurze Zeit, die er noch zu leben hat,


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[0139] Die Barbarina Lange zögerte der König diesmal mit der Antwort. Erst drei Wochen später gab er Bescheid. Auf die Bitte des Großkanzlers, den Weg „Rechtens" beschreiten zu dürfen, ging er gar nicht ein, erklärte sich aber mit der Versetzung des Geheimen Rates einverstanden, doch müsse dieser dasselbe „Tractement", d. h. das bisher bezogene Gehalt und seinen Titel, behalten. Der König unterschied hier also genau zwischen den amtlichen und außeramtlichen Verhältnissen. Zum Schlüsse schreibt er: „Ihr werdet leicht einsehen, daß Alles, was Ich hierunter thue, aus einer toiblesse von Mir gegen Euch geschiehet, indem sonsten mehr angeführter Euer Sohn, so lange er in meinen Diensten nichts versiehet, auch nicht von Mir zu bestrafen sein würde, da dessen unbesonnene Heirath eigentlich Meinen Dienst nicht afficiret. Ich werde demnach Eure weiteren Vorschläge deshalb vorstehendermaßen erwarten und bin übrigens Ew. wohlaffectionirter Friedrich." gez. Der Geheime Rat v. Cocceji muß von seiner bevorstehenden Versetzung Kenntnis erhalten haben, denn schon am 31. Mai, also zwei Tage nach der Antwort Friedrichs an den Großkanzler, richtete er an den König ein Schreiben, worin er sich über die Feindseligkeiten, denen er von neuem durch seine Familie ausgesetzt sei, beklagt und gegen seine Versetzung Verwahrung einlegt, weil seine Gattin mit königlicher Erlaubnis — es ist interessant, das hier nebenbei zu erfahren — ein Haus in Berlin angekauft habe und er selbst eben damit beschäftigt sei, das übrige Vermögen seiner Frau sicherzustellen. Der König erwiderte dieses Schreiben schon am folgenden Tage in französischer Sprache und erteilte darin, obwohl in durchaus gütigem und väterlichem Tone, dem Herrn Geheimen Rat die folgende, recht tüchtige Lektion: „Euer Schreiben vom 31. vorigen Monats habe Ich erhalten. Vergeht nicht, wie gröblich Ihr Euren Vater beleidigt habt, indem Ihr ohne seine Zustimmung, ja gegen seinen Willen ein Mädchen geheiratet habt, das in keiner Weise für Euch patzt. Da er aber seinerseits Euch in gerechter und verdienter Weise mit Entziehung Eures Erbteils und Ausschließung von seiner Geschlechtsnachfolge bestraft hat, so habt Ihr Euer gebührendes Teil erhalten. Übrigens habt Ihr die Landesgesetze offenbar verletzt durch Eingehung einer heimlichen Ehe, die von ihnen unbedingt verboten, ja sogar für völlig ungültig erklärt wird. Außerdem muß ich Euch ins Gedächtnis rufen, wie gröblich Ihr Mich selbst getäuscht habt, indem Ihr dem Grafen v. Podewils vorgelogen und selbst auf Euer Ehrenwort versichert habt, daß Ihr weder verheiratet noch Willens wäret, Euch zu verheiraten. Allen gegen Eure Eltern verübten Beleidigungen habt Ihr die Krone aufgesetzt, indem Ihr Eurer Mutter einen unverschämten Brief geschrieben habt, welcher der von jedem anständigen Menschen seinen Eltern gezollten Rücksicht und Verehrung gänzlich entbehrt, eine Niederträchtigkeit, für die allein Ihr verdient hättet, von Eurem Bater in irgendeine Festung gesteckt zu werden. Aus diesem ganzen unbesonnenen Benehmen hättet Ihr selber Wohl schließen können, daß Ihr ganz ver¬ geblich Meinen Schutz gegen Eure Eltern nachsucht, und daß Ich Euch niemals auf gleiche Linie mit Eurem Vater stellen würde, einem so ehrwürdigen Manne, dessen ganzes Leben durch große und erhabene Dienste ausgezeichnet ist, die er Mir und Meinem Staate geleistet hat. Da aber Euer Vater so nachsichtig gewesen ist. Euch nicht, wie er hätte tun sollen, in eine Festung zu stecken, da er außerdem Mich nicht ersucht hat, Euch zu einer Trennung und Scheidung von der gesetzwidrig von Euch geehelichten Person anzuhalten, sondern seinen gerechten Unwillen gegen Euch bis zu dem bescheidenen Wunsche gemäßigt hat, einen Menschen, der der Schandfleck seiner Familie ist, nicht mehr vor Angen zu haben und von dem Anblick eines widerspenstigen Sohnes befreit zu werden, der, um seine Schuld voll zu machen, die Frechheit hat, ihm auf seinen Spaziergängen trotzig gegenüberzutreten, der außerdem die seiner Mutter gebührende Rücksicht so gröblich vergessen kann — da, sage ich, Euer Bater nichts weiter von Mir verlangt, als Euch für die kurze Zeit, die er noch zu leben hat,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/139>, abgerufen am 24.07.2024.