Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

gediegnen Geschmacks und künstlerischen Fortschritts zugute zu kommen, wie wir es
heute verlangen, und wie es den sächsischen Produzenten so dringend not tut. um
auf dem Weltmarkt ebenbürtig aufzutreten. Gibt es denn keine sachverständigen
Berater der Krone, die gehört werden müssen, wenn es sich um eine so ernste
Frage fernern Gedeihens handelt wie hier?

Doch nicht genug mit dem bevorstehenden Verlust eines leitenden Fachvertreters
wie Woermann -- jetzt verbreitet sich das Gerücht, daß man drauf und dran sei,
ihn durch einen Ansauger zu ersetzen, einen jungen Neuling, der den vorgesetzten
Behörden gefügig, keine unbequemen Forderungen stelle, die man dem langbewährten
und weitbekannten Kunsthistoriker doch auf die Dauer nicht abschlagen kann, zumal
da sie nur allzu berechtigt sind und von jedem Sachkundigen als dringend aner¬
kannt werden.

Ein junger Anfänger als Nachfolger Woermanns in Dresden! der Gedanke
schon wird nicht allein die Gesamtheit der Fachgenossen empören, sondern auch alle
Besucher der herrlichen Sammlung, die sie jemals mit Woermanns Katalog in der
Hand durchwandert haben. Was aufopfernde Hingebung hier zusammengetragen hat
an Ergebnissen unausgesetzter Forschung, soll unerfahrnen Händen ausgeliefert werden,
die nichts Eiligeres zu tun haben, als die reifen Früchte des Vorgängers preiszu¬
geben. Denn -- da ein Jahrzehnt unbeweglicher Beschränkung bevorsteht -- wo
soll sich die junge Kraft sonst betätigen? -- sie verfällt auf Neuerungen im vor-
handnen Bestände und stürzt die bewährten Erkenntnisse über den Haufen, wie wir
das anderswo erlebt haben. Das nennt sich dann Großtaten und Verdienste der
neuen Generation. Woermanns Rücktritt bedeutet einen unersetzlichen Verlust an
Kennerschaft und Wissen, die sich unter besonders günstigen Lebensumständen in ihm
zusammenfanden, da er wie selten einer Gelegenheit gehabt und genommen hat, alle
öffentlichen Sammlungen Europas zu durchforschen, mit allem irgend zugänglichen
Privatbesitz den Verkehr immer wieder zu erneuen. Meint man denn wirklich, seine
Stelle sei durch einen beliebigen andern Beamten auszufüllen, der wohl die technischen
Arbeiten der Katalogisierung und die Obliegenheiten des Galeriedienstes allesamt
erlernt haben mag, aber von solcher Kennerschaft und solchem Wissen unmöglich
schon viel besitzen kann? Es reicht auch nicht aus, wenn sich jemand in irgendeinem
deutschen Wirkungskreise, einer Provinzialverwaltung oder einem unsrer Kleinstaaten
sonst ehrlich und eifrig umgetan hat, die Denkmäler kennen zu lernen und die
Kunstsammlungen zu organisieren. Gerade die Dresdner Galerie stellt andre An¬
sprüche und verlangt nach der Herkunft ihrer Schätze und der Art ihrer Zusammen¬
setzung ganz andre Eigenschaften von ihrem wissenschaftlichen Leiter. Da genügt
nicht die notdürftige erste Weihe durch flüchtige Besuche im Ausland; da hilft kein
Handauslegen eines andern noch so gerühmten Museumsdirektors, kein noch so
kräftiger Segen eines fremden Oberhirten. Die Anschauung will selber erworben,
die Erfahrung des Blickes selber gesammelt sein. Mit dem Nachplappern eines
Kennerjargons ist es ebensowenig getan wie mit dem Einblick in den Bilderhandel
und die Fälscherkünste. Wer noch nicht Jahrzehnte hindurch in unserm internationalen
Kunstbesitz zu Hause ist und viele Pilgerfahrten an die Hauptsammelstätten hinter
sich hat, der ist für Dresden nicht der rechte Mann. Wie sollte er sonst wohl
Woermanns Spuren einigermaßen nachzugehn vermögen oder seine Wege weiter zu
verfolgen imstande sein? Und erst auf Grund einer umfassenden Bekanntschaft solcher
Art wird sich auch die organisatorische Tätigkeit zugunsten einer Galerie entwickeln
lassen, deren ausgeprägt internationaler Charakter so weltbekannt dasteht. Wer unsre
Dresdner Gemälde richtig aufstellen und in das beste, für sie erreichbare Licht setzen
will, der muß mit der Atmosphäre vertraut sein, ans der sie herstammen, das heißt
mit den Raum- und Licht- und Luftverhältnissen der verschiedensten Länder, ihrer
Kirchen und Paläste, ihrer Rathäuser und Wohnungen. Er muß vor allen Dingen
die heimischen Bedingungen der vlämischen und holländischen Kunst ebenso an sich


Maßgebliches und Unmaßgebliches

gediegnen Geschmacks und künstlerischen Fortschritts zugute zu kommen, wie wir es
heute verlangen, und wie es den sächsischen Produzenten so dringend not tut. um
auf dem Weltmarkt ebenbürtig aufzutreten. Gibt es denn keine sachverständigen
Berater der Krone, die gehört werden müssen, wenn es sich um eine so ernste
Frage fernern Gedeihens handelt wie hier?

Doch nicht genug mit dem bevorstehenden Verlust eines leitenden Fachvertreters
wie Woermann — jetzt verbreitet sich das Gerücht, daß man drauf und dran sei,
ihn durch einen Ansauger zu ersetzen, einen jungen Neuling, der den vorgesetzten
Behörden gefügig, keine unbequemen Forderungen stelle, die man dem langbewährten
und weitbekannten Kunsthistoriker doch auf die Dauer nicht abschlagen kann, zumal
da sie nur allzu berechtigt sind und von jedem Sachkundigen als dringend aner¬
kannt werden.

Ein junger Anfänger als Nachfolger Woermanns in Dresden! der Gedanke
schon wird nicht allein die Gesamtheit der Fachgenossen empören, sondern auch alle
Besucher der herrlichen Sammlung, die sie jemals mit Woermanns Katalog in der
Hand durchwandert haben. Was aufopfernde Hingebung hier zusammengetragen hat
an Ergebnissen unausgesetzter Forschung, soll unerfahrnen Händen ausgeliefert werden,
die nichts Eiligeres zu tun haben, als die reifen Früchte des Vorgängers preiszu¬
geben. Denn — da ein Jahrzehnt unbeweglicher Beschränkung bevorsteht — wo
soll sich die junge Kraft sonst betätigen? — sie verfällt auf Neuerungen im vor-
handnen Bestände und stürzt die bewährten Erkenntnisse über den Haufen, wie wir
das anderswo erlebt haben. Das nennt sich dann Großtaten und Verdienste der
neuen Generation. Woermanns Rücktritt bedeutet einen unersetzlichen Verlust an
Kennerschaft und Wissen, die sich unter besonders günstigen Lebensumständen in ihm
zusammenfanden, da er wie selten einer Gelegenheit gehabt und genommen hat, alle
öffentlichen Sammlungen Europas zu durchforschen, mit allem irgend zugänglichen
Privatbesitz den Verkehr immer wieder zu erneuen. Meint man denn wirklich, seine
Stelle sei durch einen beliebigen andern Beamten auszufüllen, der wohl die technischen
Arbeiten der Katalogisierung und die Obliegenheiten des Galeriedienstes allesamt
erlernt haben mag, aber von solcher Kennerschaft und solchem Wissen unmöglich
schon viel besitzen kann? Es reicht auch nicht aus, wenn sich jemand in irgendeinem
deutschen Wirkungskreise, einer Provinzialverwaltung oder einem unsrer Kleinstaaten
sonst ehrlich und eifrig umgetan hat, die Denkmäler kennen zu lernen und die
Kunstsammlungen zu organisieren. Gerade die Dresdner Galerie stellt andre An¬
sprüche und verlangt nach der Herkunft ihrer Schätze und der Art ihrer Zusammen¬
setzung ganz andre Eigenschaften von ihrem wissenschaftlichen Leiter. Da genügt
nicht die notdürftige erste Weihe durch flüchtige Besuche im Ausland; da hilft kein
Handauslegen eines andern noch so gerühmten Museumsdirektors, kein noch so
kräftiger Segen eines fremden Oberhirten. Die Anschauung will selber erworben,
die Erfahrung des Blickes selber gesammelt sein. Mit dem Nachplappern eines
Kennerjargons ist es ebensowenig getan wie mit dem Einblick in den Bilderhandel
und die Fälscherkünste. Wer noch nicht Jahrzehnte hindurch in unserm internationalen
Kunstbesitz zu Hause ist und viele Pilgerfahrten an die Hauptsammelstätten hinter
sich hat, der ist für Dresden nicht der rechte Mann. Wie sollte er sonst wohl
Woermanns Spuren einigermaßen nachzugehn vermögen oder seine Wege weiter zu
verfolgen imstande sein? Und erst auf Grund einer umfassenden Bekanntschaft solcher
Art wird sich auch die organisatorische Tätigkeit zugunsten einer Galerie entwickeln
lassen, deren ausgeprägt internationaler Charakter so weltbekannt dasteht. Wer unsre
Dresdner Gemälde richtig aufstellen und in das beste, für sie erreichbare Licht setzen
will, der muß mit der Atmosphäre vertraut sein, ans der sie herstammen, das heißt
mit den Raum- und Licht- und Luftverhältnissen der verschiedensten Länder, ihrer
Kirchen und Paläste, ihrer Rathäuser und Wohnungen. Er muß vor allen Dingen
die heimischen Bedingungen der vlämischen und holländischen Kunst ebenso an sich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0633" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314980"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2752" prev="#ID_2751"> gediegnen Geschmacks und künstlerischen Fortschritts zugute zu kommen, wie wir es<lb/>
heute verlangen, und wie es den sächsischen Produzenten so dringend not tut. um<lb/>
auf dem Weltmarkt ebenbürtig aufzutreten. Gibt es denn keine sachverständigen<lb/>
Berater der Krone, die gehört werden müssen, wenn es sich um eine so ernste<lb/>
Frage fernern Gedeihens handelt wie hier?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2753"> Doch nicht genug mit dem bevorstehenden Verlust eines leitenden Fachvertreters<lb/>
wie Woermann &#x2014; jetzt verbreitet sich das Gerücht, daß man drauf und dran sei,<lb/>
ihn durch einen Ansauger zu ersetzen, einen jungen Neuling, der den vorgesetzten<lb/>
Behörden gefügig, keine unbequemen Forderungen stelle, die man dem langbewährten<lb/>
und weitbekannten Kunsthistoriker doch auf die Dauer nicht abschlagen kann, zumal<lb/>
da sie nur allzu berechtigt sind und von jedem Sachkundigen als dringend aner¬<lb/>
kannt werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2754" next="#ID_2755"> Ein junger Anfänger als Nachfolger Woermanns in Dresden! der Gedanke<lb/>
schon wird nicht allein die Gesamtheit der Fachgenossen empören, sondern auch alle<lb/>
Besucher der herrlichen Sammlung, die sie jemals mit Woermanns Katalog in der<lb/>
Hand durchwandert haben. Was aufopfernde Hingebung hier zusammengetragen hat<lb/>
an Ergebnissen unausgesetzter Forschung, soll unerfahrnen Händen ausgeliefert werden,<lb/>
die nichts Eiligeres zu tun haben, als die reifen Früchte des Vorgängers preiszu¬<lb/>
geben. Denn &#x2014; da ein Jahrzehnt unbeweglicher Beschränkung bevorsteht &#x2014; wo<lb/>
soll sich die junge Kraft sonst betätigen? &#x2014; sie verfällt auf Neuerungen im vor-<lb/>
handnen Bestände und stürzt die bewährten Erkenntnisse über den Haufen, wie wir<lb/>
das anderswo erlebt haben.  Das nennt sich dann Großtaten und Verdienste der<lb/>
neuen Generation.  Woermanns Rücktritt bedeutet einen unersetzlichen Verlust an<lb/>
Kennerschaft und Wissen, die sich unter besonders günstigen Lebensumständen in ihm<lb/>
zusammenfanden, da er wie selten einer Gelegenheit gehabt und genommen hat, alle<lb/>
öffentlichen Sammlungen Europas zu durchforschen, mit allem irgend zugänglichen<lb/>
Privatbesitz den Verkehr immer wieder zu erneuen. Meint man denn wirklich, seine<lb/>
Stelle sei durch einen beliebigen andern Beamten auszufüllen, der wohl die technischen<lb/>
Arbeiten der Katalogisierung und die Obliegenheiten des Galeriedienstes allesamt<lb/>
erlernt haben mag, aber von solcher Kennerschaft und solchem Wissen unmöglich<lb/>
schon viel besitzen kann? Es reicht auch nicht aus, wenn sich jemand in irgendeinem<lb/>
deutschen Wirkungskreise, einer Provinzialverwaltung oder einem unsrer Kleinstaaten<lb/>
sonst ehrlich und eifrig umgetan hat, die Denkmäler kennen zu lernen und die<lb/>
Kunstsammlungen zu organisieren. Gerade die Dresdner Galerie stellt andre An¬<lb/>
sprüche und verlangt nach der Herkunft ihrer Schätze und der Art ihrer Zusammen¬<lb/>
setzung ganz andre Eigenschaften von ihrem wissenschaftlichen Leiter.  Da genügt<lb/>
nicht die notdürftige erste Weihe durch flüchtige Besuche im Ausland; da hilft kein<lb/>
Handauslegen eines andern noch so gerühmten Museumsdirektors, kein noch so<lb/>
kräftiger Segen eines fremden Oberhirten. Die Anschauung will selber erworben,<lb/>
die Erfahrung des Blickes selber gesammelt sein.  Mit dem Nachplappern eines<lb/>
Kennerjargons ist es ebensowenig getan wie mit dem Einblick in den Bilderhandel<lb/>
und die Fälscherkünste. Wer noch nicht Jahrzehnte hindurch in unserm internationalen<lb/>
Kunstbesitz zu Hause ist und viele Pilgerfahrten an die Hauptsammelstätten hinter<lb/>
sich hat, der ist für Dresden nicht der rechte Mann.  Wie sollte er sonst wohl<lb/>
Woermanns Spuren einigermaßen nachzugehn vermögen oder seine Wege weiter zu<lb/>
verfolgen imstande sein? Und erst auf Grund einer umfassenden Bekanntschaft solcher<lb/>
Art wird sich auch die organisatorische Tätigkeit zugunsten einer Galerie entwickeln<lb/>
lassen, deren ausgeprägt internationaler Charakter so weltbekannt dasteht. Wer unsre<lb/>
Dresdner Gemälde richtig aufstellen und in das beste, für sie erreichbare Licht setzen<lb/>
will, der muß mit der Atmosphäre vertraut sein, ans der sie herstammen, das heißt<lb/>
mit den Raum- und Licht- und Luftverhältnissen der verschiedensten Länder, ihrer<lb/>
Kirchen und Paläste, ihrer Rathäuser und Wohnungen. Er muß vor allen Dingen<lb/>
die heimischen Bedingungen der vlämischen und holländischen Kunst ebenso an sich</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0633] Maßgebliches und Unmaßgebliches gediegnen Geschmacks und künstlerischen Fortschritts zugute zu kommen, wie wir es heute verlangen, und wie es den sächsischen Produzenten so dringend not tut. um auf dem Weltmarkt ebenbürtig aufzutreten. Gibt es denn keine sachverständigen Berater der Krone, die gehört werden müssen, wenn es sich um eine so ernste Frage fernern Gedeihens handelt wie hier? Doch nicht genug mit dem bevorstehenden Verlust eines leitenden Fachvertreters wie Woermann — jetzt verbreitet sich das Gerücht, daß man drauf und dran sei, ihn durch einen Ansauger zu ersetzen, einen jungen Neuling, der den vorgesetzten Behörden gefügig, keine unbequemen Forderungen stelle, die man dem langbewährten und weitbekannten Kunsthistoriker doch auf die Dauer nicht abschlagen kann, zumal da sie nur allzu berechtigt sind und von jedem Sachkundigen als dringend aner¬ kannt werden. Ein junger Anfänger als Nachfolger Woermanns in Dresden! der Gedanke schon wird nicht allein die Gesamtheit der Fachgenossen empören, sondern auch alle Besucher der herrlichen Sammlung, die sie jemals mit Woermanns Katalog in der Hand durchwandert haben. Was aufopfernde Hingebung hier zusammengetragen hat an Ergebnissen unausgesetzter Forschung, soll unerfahrnen Händen ausgeliefert werden, die nichts Eiligeres zu tun haben, als die reifen Früchte des Vorgängers preiszu¬ geben. Denn — da ein Jahrzehnt unbeweglicher Beschränkung bevorsteht — wo soll sich die junge Kraft sonst betätigen? — sie verfällt auf Neuerungen im vor- handnen Bestände und stürzt die bewährten Erkenntnisse über den Haufen, wie wir das anderswo erlebt haben. Das nennt sich dann Großtaten und Verdienste der neuen Generation. Woermanns Rücktritt bedeutet einen unersetzlichen Verlust an Kennerschaft und Wissen, die sich unter besonders günstigen Lebensumständen in ihm zusammenfanden, da er wie selten einer Gelegenheit gehabt und genommen hat, alle öffentlichen Sammlungen Europas zu durchforschen, mit allem irgend zugänglichen Privatbesitz den Verkehr immer wieder zu erneuen. Meint man denn wirklich, seine Stelle sei durch einen beliebigen andern Beamten auszufüllen, der wohl die technischen Arbeiten der Katalogisierung und die Obliegenheiten des Galeriedienstes allesamt erlernt haben mag, aber von solcher Kennerschaft und solchem Wissen unmöglich schon viel besitzen kann? Es reicht auch nicht aus, wenn sich jemand in irgendeinem deutschen Wirkungskreise, einer Provinzialverwaltung oder einem unsrer Kleinstaaten sonst ehrlich und eifrig umgetan hat, die Denkmäler kennen zu lernen und die Kunstsammlungen zu organisieren. Gerade die Dresdner Galerie stellt andre An¬ sprüche und verlangt nach der Herkunft ihrer Schätze und der Art ihrer Zusammen¬ setzung ganz andre Eigenschaften von ihrem wissenschaftlichen Leiter. Da genügt nicht die notdürftige erste Weihe durch flüchtige Besuche im Ausland; da hilft kein Handauslegen eines andern noch so gerühmten Museumsdirektors, kein noch so kräftiger Segen eines fremden Oberhirten. Die Anschauung will selber erworben, die Erfahrung des Blickes selber gesammelt sein. Mit dem Nachplappern eines Kennerjargons ist es ebensowenig getan wie mit dem Einblick in den Bilderhandel und die Fälscherkünste. Wer noch nicht Jahrzehnte hindurch in unserm internationalen Kunstbesitz zu Hause ist und viele Pilgerfahrten an die Hauptsammelstätten hinter sich hat, der ist für Dresden nicht der rechte Mann. Wie sollte er sonst wohl Woermanns Spuren einigermaßen nachzugehn vermögen oder seine Wege weiter zu verfolgen imstande sein? Und erst auf Grund einer umfassenden Bekanntschaft solcher Art wird sich auch die organisatorische Tätigkeit zugunsten einer Galerie entwickeln lassen, deren ausgeprägt internationaler Charakter so weltbekannt dasteht. Wer unsre Dresdner Gemälde richtig aufstellen und in das beste, für sie erreichbare Licht setzen will, der muß mit der Atmosphäre vertraut sein, ans der sie herstammen, das heißt mit den Raum- und Licht- und Luftverhältnissen der verschiedensten Länder, ihrer Kirchen und Paläste, ihrer Rathäuser und Wohnungen. Er muß vor allen Dingen die heimischen Bedingungen der vlämischen und holländischen Kunst ebenso an sich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/633
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/633>, abgerufen am 28.06.2024.