Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.Der Hansalmnd, seine Ziele und Gegner Es ist erwiesne Tatsache, daß gerade das Großkapital unaufhaltsam an Zufrieden mit den bestehenden Verhältnissen sind nur wenige, nämlich jene, Mit Rücksicht darauf, daß eine gerechte Würdigung der Interessen des Weitaus am eifrigsten in der Agitation (für den Hansabund) sind die Die absolute Einkommenssumme ist gestiegen, aber abgesehen davon, daß Alfred Lansburgh begeht mit seinen düstern Äußerungen denselben Fehler, Der Hansalmnd, seine Ziele und Gegner Es ist erwiesne Tatsache, daß gerade das Großkapital unaufhaltsam an Zufrieden mit den bestehenden Verhältnissen sind nur wenige, nämlich jene, Mit Rücksicht darauf, daß eine gerechte Würdigung der Interessen des Weitaus am eifrigsten in der Agitation (für den Hansabund) sind die Die absolute Einkommenssumme ist gestiegen, aber abgesehen davon, daß Alfred Lansburgh begeht mit seinen düstern Äußerungen denselben Fehler, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0362" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314065"/> <fw type="header" place="top"> Der Hansalmnd, seine Ziele und Gegner</fw><lb/> <p xml:id="ID_1652"> Es ist erwiesne Tatsache, daß gerade das Großkapital unaufhaltsam an<lb/> der Beseitigung der kleinern und mittlern selbständigen Existenzen, also des<lb/> Mittelstandes, arbeitet. Darum muß Mittelstand und Großkapital im Hansa¬<lb/> bund anmuten wie ein Bündnis zwischen Wolf und Lamm. (Hotel-Revue,<lb/> 24. Juni 1909.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1653"> Zufrieden mit den bestehenden Verhältnissen sind nur wenige, nämlich jene,<lb/> die die Herrschaft in der Hand haben, jene Kreise, die Raum finden, sich zu<lb/> entfalten, wie sie wollen, und vergessen haben, daß Millionen tüchtiger Menschen<lb/> vom selben Willen beseelt sind, aber keinen Raum finden. Jene Kreise haben<lb/> nicht ohne Schuld wenig Sympathien. Sie haben durchweg jedes Verständnis<lb/> für die Klagen des Mittelstandes verloren, sie haben hochmütig jede Verbindung<lb/> mit ihm abgebrochen. Vergebens sind tausende Versuche gemacht worden, alle<lb/> gütererzeugenden Betriebe, gleichgiltig ob groß oder klein, zur gemeinschaftlichen<lb/> Handelsvertretung zusammenzuschließen. Solange nicht Garantien vorliegen, daß<lb/> die Großindustrie den oben skizzierten Standpunkt zum Handwerk radikal ver¬<lb/> läßt, erscheint es im höchsten Grade bedenklich, daß das Handwerk Vvrspann-<lb/> dienste einem Systeme leistet, das der Grund zu seinem Niedergange geworden<lb/> ist. (Tischlergewerk Ur. 25, 1909.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1654"> Mit Rücksicht darauf, daß eine gerechte Würdigung der Interessen des<lb/> Mittelstandes infolge seiner volkswirtschaftlichen wie nationalen Bedeutung die<lb/> gemeinsame Aufgabe aller staatserhaltenden Parteien in den deutschen Par¬<lb/> lamenten sein muß und in letzter Zeit auch gewesen ist, lehnt der geschäfts¬<lb/> führende Ausschuß des deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages jede ein¬<lb/> seitige Wirtschafts- oder parteipolitische Stellungnahme ein für allemal ab.<lb/> (Erklärung vom 9. Juli 1909 zu Wiesbaden.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1655"> Weitaus am eifrigsten in der Agitation (für den Hansabund) sind die<lb/> großkapitalistischen Freihändler, während sich die industriellen Schutzzöllner zurück¬<lb/> halten. Man darf begierig sein, ob die schutzzöllnerischen Vorstandsmitglieder<lb/> des neuen Hansabundes Arm in Arm marschieren werden mit ihren freihänd¬<lb/> lerischen Kollegen, die in jeder Beziehung das Übergewicht haben. Wenn es<lb/> dem neuen Hansabund auf die Dauer gelingt, Freihändler und Schutzzöllner in<lb/> seinem Schoß zu vereinigen, dann wird man seinem Programm eine noch nicht<lb/> dagewesne Versalität nachsagen müssen. (Kreuzzeitung Ur. 338, 22. Juli 1909.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1656"> Die absolute Einkommenssumme ist gestiegen, aber abgesehen davon, daß<lb/> das Quantum wirtschaftlicher Selbstbestimmung sich fortgesetzt vermindert, steigt<lb/> in ungleich schnellerer Progression als das absolute Einkommen der verhältnis¬<lb/> mäßige Abstand zwischen Mittelstand und denen, die ihre Hand dem Beutel der<lb/> nationalen Ersparnisse nahebringen können. Es entsteht ein instinktiver Haß<lb/> gegen die Macht, die mit so logischer Gewalt zur Proletarisierung führt, und<lb/> schlägt die Richtung gegen Bank, Börse und Großkapital ein. Was will der<lb/> Gegensatz zwischen Landwirtschaft und Industrie gegen diese Summe von Er¬<lb/> bitterung sagen, die sich zwischen die Großen und die Kleinen in Handel und<lb/> Industrie drängt, und die den Mittelstand schon längst zur Sozialdemokratie<lb/> geführt hätte, wenn diese nicht auch in ihm noch eine von der kapitalistischen<lb/> Wirtschaftsordnung begünstigte Klasse bekämpfen würde? (Alfred Lansburgh in<lb/> der Halbmonatsschrift Die Bank. Heft 7, Juli 1909.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1657" next="#ID_1658"> Alfred Lansburgh begeht mit seinen düstern Äußerungen denselben Fehler,<lb/> den die sozialistischen Wirtschaftstheoretiker gemacht haben; er konstruiert sich<lb/> eine Verelendungstheorie für den Mittelstand, die eben Konstruktion ist und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0362]
Der Hansalmnd, seine Ziele und Gegner
Es ist erwiesne Tatsache, daß gerade das Großkapital unaufhaltsam an
der Beseitigung der kleinern und mittlern selbständigen Existenzen, also des
Mittelstandes, arbeitet. Darum muß Mittelstand und Großkapital im Hansa¬
bund anmuten wie ein Bündnis zwischen Wolf und Lamm. (Hotel-Revue,
24. Juni 1909.)
Zufrieden mit den bestehenden Verhältnissen sind nur wenige, nämlich jene,
die die Herrschaft in der Hand haben, jene Kreise, die Raum finden, sich zu
entfalten, wie sie wollen, und vergessen haben, daß Millionen tüchtiger Menschen
vom selben Willen beseelt sind, aber keinen Raum finden. Jene Kreise haben
nicht ohne Schuld wenig Sympathien. Sie haben durchweg jedes Verständnis
für die Klagen des Mittelstandes verloren, sie haben hochmütig jede Verbindung
mit ihm abgebrochen. Vergebens sind tausende Versuche gemacht worden, alle
gütererzeugenden Betriebe, gleichgiltig ob groß oder klein, zur gemeinschaftlichen
Handelsvertretung zusammenzuschließen. Solange nicht Garantien vorliegen, daß
die Großindustrie den oben skizzierten Standpunkt zum Handwerk radikal ver¬
läßt, erscheint es im höchsten Grade bedenklich, daß das Handwerk Vvrspann-
dienste einem Systeme leistet, das der Grund zu seinem Niedergange geworden
ist. (Tischlergewerk Ur. 25, 1909.)
Mit Rücksicht darauf, daß eine gerechte Würdigung der Interessen des
Mittelstandes infolge seiner volkswirtschaftlichen wie nationalen Bedeutung die
gemeinsame Aufgabe aller staatserhaltenden Parteien in den deutschen Par¬
lamenten sein muß und in letzter Zeit auch gewesen ist, lehnt der geschäfts¬
führende Ausschuß des deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages jede ein¬
seitige Wirtschafts- oder parteipolitische Stellungnahme ein für allemal ab.
(Erklärung vom 9. Juli 1909 zu Wiesbaden.)
Weitaus am eifrigsten in der Agitation (für den Hansabund) sind die
großkapitalistischen Freihändler, während sich die industriellen Schutzzöllner zurück¬
halten. Man darf begierig sein, ob die schutzzöllnerischen Vorstandsmitglieder
des neuen Hansabundes Arm in Arm marschieren werden mit ihren freihänd¬
lerischen Kollegen, die in jeder Beziehung das Übergewicht haben. Wenn es
dem neuen Hansabund auf die Dauer gelingt, Freihändler und Schutzzöllner in
seinem Schoß zu vereinigen, dann wird man seinem Programm eine noch nicht
dagewesne Versalität nachsagen müssen. (Kreuzzeitung Ur. 338, 22. Juli 1909.)
Die absolute Einkommenssumme ist gestiegen, aber abgesehen davon, daß
das Quantum wirtschaftlicher Selbstbestimmung sich fortgesetzt vermindert, steigt
in ungleich schnellerer Progression als das absolute Einkommen der verhältnis¬
mäßige Abstand zwischen Mittelstand und denen, die ihre Hand dem Beutel der
nationalen Ersparnisse nahebringen können. Es entsteht ein instinktiver Haß
gegen die Macht, die mit so logischer Gewalt zur Proletarisierung führt, und
schlägt die Richtung gegen Bank, Börse und Großkapital ein. Was will der
Gegensatz zwischen Landwirtschaft und Industrie gegen diese Summe von Er¬
bitterung sagen, die sich zwischen die Großen und die Kleinen in Handel und
Industrie drängt, und die den Mittelstand schon längst zur Sozialdemokratie
geführt hätte, wenn diese nicht auch in ihm noch eine von der kapitalistischen
Wirtschaftsordnung begünstigte Klasse bekämpfen würde? (Alfred Lansburgh in
der Halbmonatsschrift Die Bank. Heft 7, Juli 1909.)
Alfred Lansburgh begeht mit seinen düstern Äußerungen denselben Fehler,
den die sozialistischen Wirtschaftstheoretiker gemacht haben; er konstruiert sich
eine Verelendungstheorie für den Mittelstand, die eben Konstruktion ist und
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