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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Der rote Hahn

Assessor Imsen hatte sich selbst zu einer soliden und guten Stellung durch¬
gekämpft ohne andre Hilfsmittel als seine Arbeitstüchtigkeit und Zuverlässigkeit, und
deshalb machte es ihm Spaß, diesen wilden Kopenhagner kennen zu lernen, der sich
nie auch nur eine Stunde lang nützlich gemacht hatte. Er bekreuzte sich -- dann
lachte er, und dann tat er die Arbeit, wie sie getan werden mußte.

Er hatte immer Zeit und immer Lust, niemals Eile und immer vollauf zu
tun, aber seine Arbeit war ebenso lautlos, wie sie sicher war, und Kaj wurde ihm
ein Kamerad, der ihn zerstreuen und ihm an der richtigen Stelle auch nützen konnte.

Imsen war unverheiratet und wohnte ebenfalls bei Fräulein Petersen. Muhme
Rilke hieß sie, eine freundliche ältere Jungfer, die ihre Verantwortung für die beiden
Kostgänger empfand und im stillen daran arbeitete, sie in Harmonie zusammen¬
zuführen.

Wenn sie zu Imsen über Kaj sprach, sprach sie nachsichtig, wie man von einem
lieben, aber etwas wilden Knaben spricht; sie betonte alle seine guten Seiten und
hoffte auf Besserung der schlechten. Und wenn sie mit Kaj über Imsen sprach, wurde
ihr gutes rundes Gesicht bewundernd ernsthaft. Sie verweilte bei seiner großen
Tüchtigkeit, seiner unbestechlichen Ehrlichkeit, seinem gleichmütigen Wesen.

Kurz und gut, die beiden Pensionäre lernten durch Muhme Rilke einander
ausgezeichnet kennen und befreundeten sich schnell. Kaj sah zu Imsen empor in-^
folge seiner Tüchtigkeit, und Imsen bewunderte Kajs Hauptstadtmanieren und Welt¬
erfahrung.

Muhme Rilke und der Bürgermeister rieben sich die Hände und fanden alles
ganz famos.

Assessor Imsen pflegte zu sagen, daß Muhme Rilke als ein lebendiger Protest
gegen eines der HauPtdogMen der christlichen Kirche umherliefe, und das ärgerte
Muhme Rilke, weil sie sehr fromm war und alle Sonntage in die Kirche ging.
Aber Imsen behauptete, daß er recht hätte. Und er konnte es beweisen. Das Dogma,
gegen das Muhme Rilke einen lebendigen Protest bildete, war das Dogma von der
Erbsünde, denn -- es war wirklich keine Übertreibung -- Muhme Rilke war voll¬
ständig chemisch rein von Sünde. Nicht allein, daß sie nie eine sündige Handlung
begangen hatte, sie stahl nicht, sie tötete nicht, sie begehrte weder Ochsen noch Esel,
sie hatte keinen sündigen Gedanken. Sie sprach von niemand schlecht, sie beneidete
keinen, sie tat keinem Unrecht, aber ihre Sündenfreiheit war nicht allein negativ
bestimmt, sie lebte nur für andre und opferte sich nur für andre. Als Kind hatte
sie Dienstbotenarbeit verrichtet, und als sie heranwuchs, wurde sie die Kranken¬
pflegerin ihrer Mutter. Sie vernachlässigte ihre eignen Chancen, obgleich sie ein
frisches und nettes Mädchen war. Nachdem sie ihre Mutter begraben hatte, über¬
nahm sie eine alte Tante, Und als diese starb, gründete sie eine Schule für arme
Kinder. So ging es nicht, und die bessern Einwohner der Stadt mußten sie über¬
reden, gegen Bezahlung einen Kindergarten für ihre Kleinsten zu gründen. Das
tat sie, wenn auch mit dem Gefühl, daß sie die Eltern um das Schulgeld betrüge.
Ihr ganzes Leben verstrich mit der Arbeit für andre, aber sie selbst wurde dabei
rund und wohlbeleibt, immer fröhlich und vergnügt und immer bereit, zu trösten
und zu helfen.

Dann bekam sie also den Imsen zum Pensionär und opferte ihm ihre freie
Zeit, und jetzt, wo Seydewitz ihr bestes Zimmer gegen eine lächerlich geringe Be¬
zahlung in Besitz nahm, die noch dazu höchst unregelmäßig einging, machte Muhme
Rilke sich Skrupeln, ob sie nicht etwa den hübschen, jungen Kopenhagner auf Kosten
des braven Imsen begünstige.

Sie verzog sie alle beide gründlich. Sie wollte, daß sie bei ihr zu Hause
sitzen sollten. Sie, die niemals so recht ein Heim gehabt hatte, wollte die beiden


Der rote Hahn

Assessor Imsen hatte sich selbst zu einer soliden und guten Stellung durch¬
gekämpft ohne andre Hilfsmittel als seine Arbeitstüchtigkeit und Zuverlässigkeit, und
deshalb machte es ihm Spaß, diesen wilden Kopenhagner kennen zu lernen, der sich
nie auch nur eine Stunde lang nützlich gemacht hatte. Er bekreuzte sich — dann
lachte er, und dann tat er die Arbeit, wie sie getan werden mußte.

Er hatte immer Zeit und immer Lust, niemals Eile und immer vollauf zu
tun, aber seine Arbeit war ebenso lautlos, wie sie sicher war, und Kaj wurde ihm
ein Kamerad, der ihn zerstreuen und ihm an der richtigen Stelle auch nützen konnte.

Imsen war unverheiratet und wohnte ebenfalls bei Fräulein Petersen. Muhme
Rilke hieß sie, eine freundliche ältere Jungfer, die ihre Verantwortung für die beiden
Kostgänger empfand und im stillen daran arbeitete, sie in Harmonie zusammen¬
zuführen.

Wenn sie zu Imsen über Kaj sprach, sprach sie nachsichtig, wie man von einem
lieben, aber etwas wilden Knaben spricht; sie betonte alle seine guten Seiten und
hoffte auf Besserung der schlechten. Und wenn sie mit Kaj über Imsen sprach, wurde
ihr gutes rundes Gesicht bewundernd ernsthaft. Sie verweilte bei seiner großen
Tüchtigkeit, seiner unbestechlichen Ehrlichkeit, seinem gleichmütigen Wesen.

Kurz und gut, die beiden Pensionäre lernten durch Muhme Rilke einander
ausgezeichnet kennen und befreundeten sich schnell. Kaj sah zu Imsen empor in-^
folge seiner Tüchtigkeit, und Imsen bewunderte Kajs Hauptstadtmanieren und Welt¬
erfahrung.

Muhme Rilke und der Bürgermeister rieben sich die Hände und fanden alles
ganz famos.

Assessor Imsen pflegte zu sagen, daß Muhme Rilke als ein lebendiger Protest
gegen eines der HauPtdogMen der christlichen Kirche umherliefe, und das ärgerte
Muhme Rilke, weil sie sehr fromm war und alle Sonntage in die Kirche ging.
Aber Imsen behauptete, daß er recht hätte. Und er konnte es beweisen. Das Dogma,
gegen das Muhme Rilke einen lebendigen Protest bildete, war das Dogma von der
Erbsünde, denn — es war wirklich keine Übertreibung — Muhme Rilke war voll¬
ständig chemisch rein von Sünde. Nicht allein, daß sie nie eine sündige Handlung
begangen hatte, sie stahl nicht, sie tötete nicht, sie begehrte weder Ochsen noch Esel,
sie hatte keinen sündigen Gedanken. Sie sprach von niemand schlecht, sie beneidete
keinen, sie tat keinem Unrecht, aber ihre Sündenfreiheit war nicht allein negativ
bestimmt, sie lebte nur für andre und opferte sich nur für andre. Als Kind hatte
sie Dienstbotenarbeit verrichtet, und als sie heranwuchs, wurde sie die Kranken¬
pflegerin ihrer Mutter. Sie vernachlässigte ihre eignen Chancen, obgleich sie ein
frisches und nettes Mädchen war. Nachdem sie ihre Mutter begraben hatte, über¬
nahm sie eine alte Tante, Und als diese starb, gründete sie eine Schule für arme
Kinder. So ging es nicht, und die bessern Einwohner der Stadt mußten sie über¬
reden, gegen Bezahlung einen Kindergarten für ihre Kleinsten zu gründen. Das
tat sie, wenn auch mit dem Gefühl, daß sie die Eltern um das Schulgeld betrüge.
Ihr ganzes Leben verstrich mit der Arbeit für andre, aber sie selbst wurde dabei
rund und wohlbeleibt, immer fröhlich und vergnügt und immer bereit, zu trösten
und zu helfen.

Dann bekam sie also den Imsen zum Pensionär und opferte ihm ihre freie
Zeit, und jetzt, wo Seydewitz ihr bestes Zimmer gegen eine lächerlich geringe Be¬
zahlung in Besitz nahm, die noch dazu höchst unregelmäßig einging, machte Muhme
Rilke sich Skrupeln, ob sie nicht etwa den hübschen, jungen Kopenhagner auf Kosten
des braven Imsen begünstige.

Sie verzog sie alle beide gründlich. Sie wollte, daß sie bei ihr zu Hause
sitzen sollten. Sie, die niemals so recht ein Heim gehabt hatte, wollte die beiden


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[0246] Der rote Hahn Assessor Imsen hatte sich selbst zu einer soliden und guten Stellung durch¬ gekämpft ohne andre Hilfsmittel als seine Arbeitstüchtigkeit und Zuverlässigkeit, und deshalb machte es ihm Spaß, diesen wilden Kopenhagner kennen zu lernen, der sich nie auch nur eine Stunde lang nützlich gemacht hatte. Er bekreuzte sich — dann lachte er, und dann tat er die Arbeit, wie sie getan werden mußte. Er hatte immer Zeit und immer Lust, niemals Eile und immer vollauf zu tun, aber seine Arbeit war ebenso lautlos, wie sie sicher war, und Kaj wurde ihm ein Kamerad, der ihn zerstreuen und ihm an der richtigen Stelle auch nützen konnte. Imsen war unverheiratet und wohnte ebenfalls bei Fräulein Petersen. Muhme Rilke hieß sie, eine freundliche ältere Jungfer, die ihre Verantwortung für die beiden Kostgänger empfand und im stillen daran arbeitete, sie in Harmonie zusammen¬ zuführen. Wenn sie zu Imsen über Kaj sprach, sprach sie nachsichtig, wie man von einem lieben, aber etwas wilden Knaben spricht; sie betonte alle seine guten Seiten und hoffte auf Besserung der schlechten. Und wenn sie mit Kaj über Imsen sprach, wurde ihr gutes rundes Gesicht bewundernd ernsthaft. Sie verweilte bei seiner großen Tüchtigkeit, seiner unbestechlichen Ehrlichkeit, seinem gleichmütigen Wesen. Kurz und gut, die beiden Pensionäre lernten durch Muhme Rilke einander ausgezeichnet kennen und befreundeten sich schnell. Kaj sah zu Imsen empor in-^ folge seiner Tüchtigkeit, und Imsen bewunderte Kajs Hauptstadtmanieren und Welt¬ erfahrung. Muhme Rilke und der Bürgermeister rieben sich die Hände und fanden alles ganz famos. Assessor Imsen pflegte zu sagen, daß Muhme Rilke als ein lebendiger Protest gegen eines der HauPtdogMen der christlichen Kirche umherliefe, und das ärgerte Muhme Rilke, weil sie sehr fromm war und alle Sonntage in die Kirche ging. Aber Imsen behauptete, daß er recht hätte. Und er konnte es beweisen. Das Dogma, gegen das Muhme Rilke einen lebendigen Protest bildete, war das Dogma von der Erbsünde, denn — es war wirklich keine Übertreibung — Muhme Rilke war voll¬ ständig chemisch rein von Sünde. Nicht allein, daß sie nie eine sündige Handlung begangen hatte, sie stahl nicht, sie tötete nicht, sie begehrte weder Ochsen noch Esel, sie hatte keinen sündigen Gedanken. Sie sprach von niemand schlecht, sie beneidete keinen, sie tat keinem Unrecht, aber ihre Sündenfreiheit war nicht allein negativ bestimmt, sie lebte nur für andre und opferte sich nur für andre. Als Kind hatte sie Dienstbotenarbeit verrichtet, und als sie heranwuchs, wurde sie die Kranken¬ pflegerin ihrer Mutter. Sie vernachlässigte ihre eignen Chancen, obgleich sie ein frisches und nettes Mädchen war. Nachdem sie ihre Mutter begraben hatte, über¬ nahm sie eine alte Tante, Und als diese starb, gründete sie eine Schule für arme Kinder. So ging es nicht, und die bessern Einwohner der Stadt mußten sie über¬ reden, gegen Bezahlung einen Kindergarten für ihre Kleinsten zu gründen. Das tat sie, wenn auch mit dem Gefühl, daß sie die Eltern um das Schulgeld betrüge. Ihr ganzes Leben verstrich mit der Arbeit für andre, aber sie selbst wurde dabei rund und wohlbeleibt, immer fröhlich und vergnügt und immer bereit, zu trösten und zu helfen. Dann bekam sie also den Imsen zum Pensionär und opferte ihm ihre freie Zeit, und jetzt, wo Seydewitz ihr bestes Zimmer gegen eine lächerlich geringe Be¬ zahlung in Besitz nahm, die noch dazu höchst unregelmäßig einging, machte Muhme Rilke sich Skrupeln, ob sie nicht etwa den hübschen, jungen Kopenhagner auf Kosten des braven Imsen begünstige. Sie verzog sie alle beide gründlich. Sie wollte, daß sie bei ihr zu Hause sitzen sollten. Sie, die niemals so recht ein Heim gehabt hatte, wollte die beiden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/246>, abgerufen am 22.12.2024.