Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.Sie Sezessionsausstellung !M9 all die lieben Weisen wieder: Johann der muntre Seifensieder; Morgen, Die Hezessionsausstellung jW9 urch die Säle der Sezession tönt wieder hier und da fröhliches Die Sezession besteht jetzt zehn Jahre. Wie ihre Gründer behaupten, hat Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit dieses Programm verwirklicht worden Man darf ohne Übertreibung sagen, daß die Sezession die Protektorin der Sie Sezessionsausstellung !M9 all die lieben Weisen wieder: Johann der muntre Seifensieder; Morgen, Die Hezessionsausstellung jW9 urch die Säle der Sezession tönt wieder hier und da fröhliches Die Sezession besteht jetzt zehn Jahre. Wie ihre Gründer behaupten, hat Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit dieses Programm verwirklicht worden Man darf ohne Übertreibung sagen, daß die Sezession die Protektorin der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0182" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/313885"/> <fw type="header" place="top"> Sie Sezessionsausstellung !M9</fw><lb/> <p xml:id="ID_713" prev="#ID_712"> all die lieben Weisen wieder: Johann der muntre Seifensieder; Morgen,<lb/> Kinder, wirds was geben; Als ich noch im Flügelkleide; Wer wollte sich mit<lb/> Grillen Plagen? und so fort. Im ganzen sinds dreiundzwanzig Stücke in<lb/> einem hübschen Bändchen, das ohne die heut so beliebte ältelnde Koketterie doch<lb/> dem Geschmack der Zeiten Rechnung trägt, wo jene einfachen Verse noch in<lb/> den deutschen Bürgerhäusern gesungen wurden. Leider fehlt es uns dafür<lb/> völlig an Ersatz. Als ich jüngst in der Abenddämmerung an einem kleinen<lb/> Vorstadthause vorüberging, sah ich zwei blonde junge Mädchen sich über ein<lb/> Klavier neigen, zwischen ihnen saß eine ältere Frau und suchte sich nach einem<lb/> Notenheft eine Melodie zusammen. Das reizende Bild zwang mich, stehn zu<lb/> bleiben und zu lauschen. Nun hatte die Mutter das Gesuchte anscheinend gefunden,<lb/> und der Gesang begann; es war der Walzer aus der „Luftiger Witwe".</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Hezessionsausstellung jW9</head><lb/> <p xml:id="ID_714"> urch die Säle der Sezession tönt wieder hier und da fröhliches<lb/> Lachen: das Publikum amüsiert sich. Zwei Damen stehn vor einem<lb/> Bilde und streiten sich darüber, ob das, was sie vor sich haben,<lb/> eine Windmühle oder eine Kuh sei! Man beschließt, die Meinung<lb/> des Saaldieners anzurufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_715"> Die Sezession besteht jetzt zehn Jahre. Wie ihre Gründer behaupten, hat<lb/> sie „frei und allein auf sich selbst gestellt, die Pflege der Kunst verfolgt. Der<lb/> Verein hat sich die Aufgabe gestellt, Bilder, welche als die Blüten der Malerei<lb/> anerkannt sind, für seine Ausstellungen zu gewinnen, um dadurch einerseits den<lb/> Künstlern eine Richtschnur für eignes Schaffen zu geben und sie andernteils als<lb/> Gradmesser zur Aburteilung andrer Werke hinzustellen."</p><lb/> <p xml:id="ID_716"> Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit dieses Programm verwirklicht worden<lb/> ist, oder wieweit seine Durchführung überhaupt angestrebt wurde. Zweifellos<lb/> hat der Verein im Laufe der Jahre vortreffliche Künstler zur Ausstellung gebracht,<lb/> darunter auch solche, die ohne diese Möglichkeit vielleicht nicht zur Anerkennung<lb/> gekommen wären. Daneben aber hat man eine Fülle von Unverdaulichem ver¬<lb/> dauen, von Unverständlichen, Unfertigen und — Unkünstlerischem in den Kauf<lb/> nehmen müssen, das weder die künstlerische Entwicklung noch das Urteil des<lb/> Beschauers zu fördern geeignet war.</p><lb/> <p xml:id="ID_717"> Man darf ohne Übertreibung sagen, daß die Sezession die Protektorin der<lb/> Skizze gewesen ist. Was sonst als erste Untermalung galt, und was der Künstler<lb/> auch vor den Augen des Kenners verbarg, das prangte und prangt in der Sezession<lb/> mit dem Anspruch, als fertige Arbeit genommen zu werden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0182]
Sie Sezessionsausstellung !M9
all die lieben Weisen wieder: Johann der muntre Seifensieder; Morgen,
Kinder, wirds was geben; Als ich noch im Flügelkleide; Wer wollte sich mit
Grillen Plagen? und so fort. Im ganzen sinds dreiundzwanzig Stücke in
einem hübschen Bändchen, das ohne die heut so beliebte ältelnde Koketterie doch
dem Geschmack der Zeiten Rechnung trägt, wo jene einfachen Verse noch in
den deutschen Bürgerhäusern gesungen wurden. Leider fehlt es uns dafür
völlig an Ersatz. Als ich jüngst in der Abenddämmerung an einem kleinen
Vorstadthause vorüberging, sah ich zwei blonde junge Mädchen sich über ein
Klavier neigen, zwischen ihnen saß eine ältere Frau und suchte sich nach einem
Notenheft eine Melodie zusammen. Das reizende Bild zwang mich, stehn zu
bleiben und zu lauschen. Nun hatte die Mutter das Gesuchte anscheinend gefunden,
und der Gesang begann; es war der Walzer aus der „Luftiger Witwe".
Die Hezessionsausstellung jW9
urch die Säle der Sezession tönt wieder hier und da fröhliches
Lachen: das Publikum amüsiert sich. Zwei Damen stehn vor einem
Bilde und streiten sich darüber, ob das, was sie vor sich haben,
eine Windmühle oder eine Kuh sei! Man beschließt, die Meinung
des Saaldieners anzurufen.
Die Sezession besteht jetzt zehn Jahre. Wie ihre Gründer behaupten, hat
sie „frei und allein auf sich selbst gestellt, die Pflege der Kunst verfolgt. Der
Verein hat sich die Aufgabe gestellt, Bilder, welche als die Blüten der Malerei
anerkannt sind, für seine Ausstellungen zu gewinnen, um dadurch einerseits den
Künstlern eine Richtschnur für eignes Schaffen zu geben und sie andernteils als
Gradmesser zur Aburteilung andrer Werke hinzustellen."
Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit dieses Programm verwirklicht worden
ist, oder wieweit seine Durchführung überhaupt angestrebt wurde. Zweifellos
hat der Verein im Laufe der Jahre vortreffliche Künstler zur Ausstellung gebracht,
darunter auch solche, die ohne diese Möglichkeit vielleicht nicht zur Anerkennung
gekommen wären. Daneben aber hat man eine Fülle von Unverdaulichem ver¬
dauen, von Unverständlichen, Unfertigen und — Unkünstlerischem in den Kauf
nehmen müssen, das weder die künstlerische Entwicklung noch das Urteil des
Beschauers zu fördern geeignet war.
Man darf ohne Übertreibung sagen, daß die Sezession die Protektorin der
Skizze gewesen ist. Was sonst als erste Untermalung galt, und was der Künstler
auch vor den Augen des Kenners verbarg, das prangte und prangt in der Sezession
mit dem Anspruch, als fertige Arbeit genommen zu werden.
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