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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die japanische Armee im Frieden Und auf Kriegsfuß

Bis zum Jahre 1907 waren im Frieden alle Divisionen auf drei Armee-
inspcktionen in der Art verteilt, daß je vier Divisionen eine Armeeinspektion
bildeten. Nur die Gardedivision war für sich und wurde vom Kaiser direkt
befehligt. Die drei Inspektionen hatten ihren Sitz in Tokio, Osaka und
Hiroshima. Nach Vermehrung der Divisionen hat auch eine Neuverteilung auf
die Armeeinspekrionen stattgefunden, doch soll sie noch nicht endgiltig sein.
Vermutlich wird das erst geschehen, wenn ausgangs dieses Jahres die neuen
Divisionen (13 bis 18) vollzählig sein werden. Die Zusammensetzung der
Divisionen in Armeeinspektionen hat aber nichts mit der Kriegsgliederung des
Heeres in Armeen zu tun.

Was den Ofsizierersatz anlangt, so ergänzen sich die Offiziere in Friedens¬
zeiten ausschließlich aus der Kriegsschule in Tokio. In Kriegszeiten können
auch Unteroffiziere zu Offizieren ernannt werden, doch findet ihre Weiter¬
beförderung meist beim Hauptmannsrang ihren Abschluß. Die Zulassung zur
Kriegsschule in Tokio hängt von einer Prüfung ab, für die fast die gleichen
Vorschriften gelten, die bei uns festgelegt sind. Es sind hauptsächlich zwei
Kategorien junger Leute, die die Kriegsschule besuchen: die ehemaligen Zög¬
linge der Kadetteua"statten und die Einjährigfreiwilligen, die als Ofsizier-
anwärter angenommen sind.

Japan hat sechs Kadettenkorps, jedes nimmt Knaben auf im Alter von
dreizehn bis vierzehn Jahren und behält sie drei Jahre im Unterricht. Alsdann
werden die jungen Leute für zwei Jahre auf die Zentralmilitärschule nach
Tokio geschickt, absolvieren in dieser Zeit eine sechsmonatige militärische Aus¬
bildung bei einem Truppenteil und können dann zum Besuch der Kriegsschule
zugelassen werden.

Wer zum Einjährigfreiwilligendienst und als Offiziercmwürter von einem
Regimentskommandeur angenommen werden will, muß dazu den Nachweis
wissenschaftlicher Befähigung und eines bestandnen Examens beibringen. Während
des Dienstjahres genießen die Aspiranten gewisse Vorrechte, so dürfen sie zum
Beispiel an dem Mittagstisch des Offizierkorps teilnehmen. Nach erfolgter
Beförderung zum Unteroffizier, die in der Regel gegen Schluß des Jahres
erfolgt, werden die jungen Leute wie die Kadetten auf Kriegsschule geschickt.
Der Unterricht beginnt hier in der Regel am I.Dezember jedes Jahres und
dauert ein Jahr. Den Abschluß bildet ein mehrtägiges Examen, worauf die
jungen Offizieranwärter wieder zu ihren Regimentern zurückgeschickt und ein
halbes Jahr später nach Wahl von feiten des Offizierkorps durch kaiserlichen
Befehl zu Unterleutnants ernannt werden.

Die Beförderung der Offiziere in die nächst höhere Charge erfolgt nach
der Anciennität oder nach Wahl; bei dieser werden hauptsächlich die aus der
Kriegsakademie hervorgegcmgnen Offiziere berücksichtigt. Die Reserveoffiziere
ergänzen sich genau so wie beim deutschen Heere aus ehemaligen aktiven Offi¬
zieren und solchen Einjährigfreiwilligen, die nach Ablauf ihres Dienstjahres


Die japanische Armee im Frieden Und auf Kriegsfuß

Bis zum Jahre 1907 waren im Frieden alle Divisionen auf drei Armee-
inspcktionen in der Art verteilt, daß je vier Divisionen eine Armeeinspektion
bildeten. Nur die Gardedivision war für sich und wurde vom Kaiser direkt
befehligt. Die drei Inspektionen hatten ihren Sitz in Tokio, Osaka und
Hiroshima. Nach Vermehrung der Divisionen hat auch eine Neuverteilung auf
die Armeeinspekrionen stattgefunden, doch soll sie noch nicht endgiltig sein.
Vermutlich wird das erst geschehen, wenn ausgangs dieses Jahres die neuen
Divisionen (13 bis 18) vollzählig sein werden. Die Zusammensetzung der
Divisionen in Armeeinspektionen hat aber nichts mit der Kriegsgliederung des
Heeres in Armeen zu tun.

Was den Ofsizierersatz anlangt, so ergänzen sich die Offiziere in Friedens¬
zeiten ausschließlich aus der Kriegsschule in Tokio. In Kriegszeiten können
auch Unteroffiziere zu Offizieren ernannt werden, doch findet ihre Weiter¬
beförderung meist beim Hauptmannsrang ihren Abschluß. Die Zulassung zur
Kriegsschule in Tokio hängt von einer Prüfung ab, für die fast die gleichen
Vorschriften gelten, die bei uns festgelegt sind. Es sind hauptsächlich zwei
Kategorien junger Leute, die die Kriegsschule besuchen: die ehemaligen Zög¬
linge der Kadetteua«statten und die Einjährigfreiwilligen, die als Ofsizier-
anwärter angenommen sind.

Japan hat sechs Kadettenkorps, jedes nimmt Knaben auf im Alter von
dreizehn bis vierzehn Jahren und behält sie drei Jahre im Unterricht. Alsdann
werden die jungen Leute für zwei Jahre auf die Zentralmilitärschule nach
Tokio geschickt, absolvieren in dieser Zeit eine sechsmonatige militärische Aus¬
bildung bei einem Truppenteil und können dann zum Besuch der Kriegsschule
zugelassen werden.

Wer zum Einjährigfreiwilligendienst und als Offiziercmwürter von einem
Regimentskommandeur angenommen werden will, muß dazu den Nachweis
wissenschaftlicher Befähigung und eines bestandnen Examens beibringen. Während
des Dienstjahres genießen die Aspiranten gewisse Vorrechte, so dürfen sie zum
Beispiel an dem Mittagstisch des Offizierkorps teilnehmen. Nach erfolgter
Beförderung zum Unteroffizier, die in der Regel gegen Schluß des Jahres
erfolgt, werden die jungen Leute wie die Kadetten auf Kriegsschule geschickt.
Der Unterricht beginnt hier in der Regel am I.Dezember jedes Jahres und
dauert ein Jahr. Den Abschluß bildet ein mehrtägiges Examen, worauf die
jungen Offizieranwärter wieder zu ihren Regimentern zurückgeschickt und ein
halbes Jahr später nach Wahl von feiten des Offizierkorps durch kaiserlichen
Befehl zu Unterleutnants ernannt werden.

Die Beförderung der Offiziere in die nächst höhere Charge erfolgt nach
der Anciennität oder nach Wahl; bei dieser werden hauptsächlich die aus der
Kriegsakademie hervorgegcmgnen Offiziere berücksichtigt. Die Reserveoffiziere
ergänzen sich genau so wie beim deutschen Heere aus ehemaligen aktiven Offi¬
zieren und solchen Einjährigfreiwilligen, die nach Ablauf ihres Dienstjahres


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[0112] Die japanische Armee im Frieden Und auf Kriegsfuß Bis zum Jahre 1907 waren im Frieden alle Divisionen auf drei Armee- inspcktionen in der Art verteilt, daß je vier Divisionen eine Armeeinspektion bildeten. Nur die Gardedivision war für sich und wurde vom Kaiser direkt befehligt. Die drei Inspektionen hatten ihren Sitz in Tokio, Osaka und Hiroshima. Nach Vermehrung der Divisionen hat auch eine Neuverteilung auf die Armeeinspekrionen stattgefunden, doch soll sie noch nicht endgiltig sein. Vermutlich wird das erst geschehen, wenn ausgangs dieses Jahres die neuen Divisionen (13 bis 18) vollzählig sein werden. Die Zusammensetzung der Divisionen in Armeeinspektionen hat aber nichts mit der Kriegsgliederung des Heeres in Armeen zu tun. Was den Ofsizierersatz anlangt, so ergänzen sich die Offiziere in Friedens¬ zeiten ausschließlich aus der Kriegsschule in Tokio. In Kriegszeiten können auch Unteroffiziere zu Offizieren ernannt werden, doch findet ihre Weiter¬ beförderung meist beim Hauptmannsrang ihren Abschluß. Die Zulassung zur Kriegsschule in Tokio hängt von einer Prüfung ab, für die fast die gleichen Vorschriften gelten, die bei uns festgelegt sind. Es sind hauptsächlich zwei Kategorien junger Leute, die die Kriegsschule besuchen: die ehemaligen Zög¬ linge der Kadetteua«statten und die Einjährigfreiwilligen, die als Ofsizier- anwärter angenommen sind. Japan hat sechs Kadettenkorps, jedes nimmt Knaben auf im Alter von dreizehn bis vierzehn Jahren und behält sie drei Jahre im Unterricht. Alsdann werden die jungen Leute für zwei Jahre auf die Zentralmilitärschule nach Tokio geschickt, absolvieren in dieser Zeit eine sechsmonatige militärische Aus¬ bildung bei einem Truppenteil und können dann zum Besuch der Kriegsschule zugelassen werden. Wer zum Einjährigfreiwilligendienst und als Offiziercmwürter von einem Regimentskommandeur angenommen werden will, muß dazu den Nachweis wissenschaftlicher Befähigung und eines bestandnen Examens beibringen. Während des Dienstjahres genießen die Aspiranten gewisse Vorrechte, so dürfen sie zum Beispiel an dem Mittagstisch des Offizierkorps teilnehmen. Nach erfolgter Beförderung zum Unteroffizier, die in der Regel gegen Schluß des Jahres erfolgt, werden die jungen Leute wie die Kadetten auf Kriegsschule geschickt. Der Unterricht beginnt hier in der Regel am I.Dezember jedes Jahres und dauert ein Jahr. Den Abschluß bildet ein mehrtägiges Examen, worauf die jungen Offizieranwärter wieder zu ihren Regimentern zurückgeschickt und ein halbes Jahr später nach Wahl von feiten des Offizierkorps durch kaiserlichen Befehl zu Unterleutnants ernannt werden. Die Beförderung der Offiziere in die nächst höhere Charge erfolgt nach der Anciennität oder nach Wahl; bei dieser werden hauptsächlich die aus der Kriegsakademie hervorgegcmgnen Offiziere berücksichtigt. Die Reserveoffiziere ergänzen sich genau so wie beim deutschen Heere aus ehemaligen aktiven Offi¬ zieren und solchen Einjährigfreiwilligen, die nach Ablauf ihres Dienstjahres

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/112>, abgerufen am 22.12.2024.