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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

heute nicht, wie man in dem durchdringenden Scharfblick und dem nüchternen Wirk¬
lichkeitssinn der Moltkeschen Strategie Genialität finden kann. Aber es kommt
im Kriege nicht darauf an, geistreich zu sein, sondern das Richtige unter Um¬
ständen zu treffen, unter denen Verstand und Willenskraft des Durchschnitts¬
menschen zu versagen pflegen.

Wir werden hoffentlich eine Lehre daraus ziehen, daß uns das überflüssige
Hinaustragen von Vorgängen, die sich gar nicht in der Öffentlichkeit abgespielt
haben und gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, wieder einmal im Urteil
des Auslandes viel geschadet hat. Es würde aber ungerecht sein, zu verkennen,
daß bei dieser ganzen Angelegenheit auch ein erfreulicher Zug hervorgetreten ist,
nämlich das sichtliche Bestreben, dem Kaiser mehr als früher gerecht zu werden.
Die Novemberkrisis hat wirklich luftreinigend gewirkt, und man fühlt auch in
demokratischen Kreisen die Notwendigkeit, den Bogen nicht zu überspannen und dem
gesunden monarchischen Gefühl sein Recht zu wahren. Abseits stehen wiederum
Sozialdemokratie und Zentrum. Hinsichtlich der erstgenannten Partei wird niemand
darüber erstaunt sein. Diese Haltung entspricht ja dem Parteikatechismus. Mit¬
unter artet sie in unfreiwillige Komik aus. So spricht der Vorwärts von dem
"Pronunciamento" der Generale. Was er sich darunter vorstellt, ist nicht ganz
leicht zu verstehn; das Denken des gewöhnlichen Menschen muß dabei einige be¬
sondre Schraubenbewegungen vollziehen. Man weiß nicht recht, ob den Leuten
vom Vorwärts, seit sie etwas von der "Kamarilla" gehört haben, alle Dinge, die
mit dem Kaiserhofe zusammenhängen, spanisch vorkommen, oder ob Vorwärts-
Egmont seinem Partei-Klärchen aus einem andern Grunde versprochen hat, einmal
spanisch zu kommen. Jedenfalls würde als Mittel gegen Begriffsverwechslungen
auf diesem Gebiete die Anschaffung eines richtiggehenden spanischen Lexikons und
eines Leitfadens über die neuere Geschichte Spaniens dem Gelehrten des Vorwärts
wohl zu empfehlen sein.

Was das Zentrum betrifft, so benutzt es freilich diese Gelegenheit nicht etwa
zu Angriffen gegen den Kaiser. Die Sache wird natürlich anders gewendet. Die
Neujahrsansprache muß als eine Kundgebung der persönlichen Politik des Kaisers
dargestellt werden, damit daraus gefolgert werden kann, der Herrscher habe das
ihm vom Kanzler auferlegte "Joch" wieder abgeschüttelt. Wir erwähnten schon neulich
die eifrige Minierarbeit der demagogischen Zentrumspresse gegen den Reichskanzler.
Das Treiben wird mit ungeschwächten Kräften fortgesetzt, und inzwischen haben sich
ihm noch gefährlichere Versuche beigesellt, die in der Absicht, dem Kanzler zu schaden
und ihm die Führung der Politik zu erschweren, nicht einmal die Grenzen respektieren,
die jeder Beurteilung auswärtiger Politik schon durch Rücksichtnahme auf leicht er¬
kennbare vaterländische Interessen gezogen sind. Und diesen Treibereien steht nicht
einmal die Entschuldigung zur Seite, daß die Schädigung vaterländischer Interessen
einem ungezügelten Wahrheitsdrang entspringe. Denn die Behauptungen, die dabei
aufgestellt wurden, sind zu alledem noch objektiv unwahr. Wenn man nun in Betracht
zieht, wie leicht diese Unwahrheit zu erkennen und festzustellen war, und wie nahe
es lag, ihre schädliche Wirkung vorauszusehen, so wird es schwer, bei der Kenn¬
zeichnung der Behauptungen als objektiver Unwahrheit stehn zu bleiben; man ist
vielmehr versucht, darin alle Merkmale einer bewußten, böswilligen Erfindung zu
sehen. Es wird nämlich nichts geringeres unternommen als die Verdächtigung der
Bundestreue und der Ehrlichkeit der deutschen Politik gegenüber Österreich-Ungarn.
Man erklärt wahrheitswidrig, Fürst Bülow habe sich nur zögernd und unter
Schwankungen zu der von ihm jetzt verkündeten Politik entschlossen; in Österreich-
Ungarn habe man mehr erwartet, und deshalb herrsche dort Enttäuschung und
Unzufriedenheit. Ein Artikel der Wiener Reichspost, der aus Berlin stammen sollte


Maßgebliches und Unmaßgebliches

heute nicht, wie man in dem durchdringenden Scharfblick und dem nüchternen Wirk¬
lichkeitssinn der Moltkeschen Strategie Genialität finden kann. Aber es kommt
im Kriege nicht darauf an, geistreich zu sein, sondern das Richtige unter Um¬
ständen zu treffen, unter denen Verstand und Willenskraft des Durchschnitts¬
menschen zu versagen pflegen.

Wir werden hoffentlich eine Lehre daraus ziehen, daß uns das überflüssige
Hinaustragen von Vorgängen, die sich gar nicht in der Öffentlichkeit abgespielt
haben und gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, wieder einmal im Urteil
des Auslandes viel geschadet hat. Es würde aber ungerecht sein, zu verkennen,
daß bei dieser ganzen Angelegenheit auch ein erfreulicher Zug hervorgetreten ist,
nämlich das sichtliche Bestreben, dem Kaiser mehr als früher gerecht zu werden.
Die Novemberkrisis hat wirklich luftreinigend gewirkt, und man fühlt auch in
demokratischen Kreisen die Notwendigkeit, den Bogen nicht zu überspannen und dem
gesunden monarchischen Gefühl sein Recht zu wahren. Abseits stehen wiederum
Sozialdemokratie und Zentrum. Hinsichtlich der erstgenannten Partei wird niemand
darüber erstaunt sein. Diese Haltung entspricht ja dem Parteikatechismus. Mit¬
unter artet sie in unfreiwillige Komik aus. So spricht der Vorwärts von dem
„Pronunciamento" der Generale. Was er sich darunter vorstellt, ist nicht ganz
leicht zu verstehn; das Denken des gewöhnlichen Menschen muß dabei einige be¬
sondre Schraubenbewegungen vollziehen. Man weiß nicht recht, ob den Leuten
vom Vorwärts, seit sie etwas von der „Kamarilla" gehört haben, alle Dinge, die
mit dem Kaiserhofe zusammenhängen, spanisch vorkommen, oder ob Vorwärts-
Egmont seinem Partei-Klärchen aus einem andern Grunde versprochen hat, einmal
spanisch zu kommen. Jedenfalls würde als Mittel gegen Begriffsverwechslungen
auf diesem Gebiete die Anschaffung eines richtiggehenden spanischen Lexikons und
eines Leitfadens über die neuere Geschichte Spaniens dem Gelehrten des Vorwärts
wohl zu empfehlen sein.

Was das Zentrum betrifft, so benutzt es freilich diese Gelegenheit nicht etwa
zu Angriffen gegen den Kaiser. Die Sache wird natürlich anders gewendet. Die
Neujahrsansprache muß als eine Kundgebung der persönlichen Politik des Kaisers
dargestellt werden, damit daraus gefolgert werden kann, der Herrscher habe das
ihm vom Kanzler auferlegte „Joch" wieder abgeschüttelt. Wir erwähnten schon neulich
die eifrige Minierarbeit der demagogischen Zentrumspresse gegen den Reichskanzler.
Das Treiben wird mit ungeschwächten Kräften fortgesetzt, und inzwischen haben sich
ihm noch gefährlichere Versuche beigesellt, die in der Absicht, dem Kanzler zu schaden
und ihm die Führung der Politik zu erschweren, nicht einmal die Grenzen respektieren,
die jeder Beurteilung auswärtiger Politik schon durch Rücksichtnahme auf leicht er¬
kennbare vaterländische Interessen gezogen sind. Und diesen Treibereien steht nicht
einmal die Entschuldigung zur Seite, daß die Schädigung vaterländischer Interessen
einem ungezügelten Wahrheitsdrang entspringe. Denn die Behauptungen, die dabei
aufgestellt wurden, sind zu alledem noch objektiv unwahr. Wenn man nun in Betracht
zieht, wie leicht diese Unwahrheit zu erkennen und festzustellen war, und wie nahe
es lag, ihre schädliche Wirkung vorauszusehen, so wird es schwer, bei der Kenn¬
zeichnung der Behauptungen als objektiver Unwahrheit stehn zu bleiben; man ist
vielmehr versucht, darin alle Merkmale einer bewußten, böswilligen Erfindung zu
sehen. Es wird nämlich nichts geringeres unternommen als die Verdächtigung der
Bundestreue und der Ehrlichkeit der deutschen Politik gegenüber Österreich-Ungarn.
Man erklärt wahrheitswidrig, Fürst Bülow habe sich nur zögernd und unter
Schwankungen zu der von ihm jetzt verkündeten Politik entschlossen; in Österreich-
Ungarn habe man mehr erwartet, und deshalb herrsche dort Enttäuschung und
Unzufriedenheit. Ein Artikel der Wiener Reichspost, der aus Berlin stammen sollte


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[0167] Maßgebliches und Unmaßgebliches heute nicht, wie man in dem durchdringenden Scharfblick und dem nüchternen Wirk¬ lichkeitssinn der Moltkeschen Strategie Genialität finden kann. Aber es kommt im Kriege nicht darauf an, geistreich zu sein, sondern das Richtige unter Um¬ ständen zu treffen, unter denen Verstand und Willenskraft des Durchschnitts¬ menschen zu versagen pflegen. Wir werden hoffentlich eine Lehre daraus ziehen, daß uns das überflüssige Hinaustragen von Vorgängen, die sich gar nicht in der Öffentlichkeit abgespielt haben und gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, wieder einmal im Urteil des Auslandes viel geschadet hat. Es würde aber ungerecht sein, zu verkennen, daß bei dieser ganzen Angelegenheit auch ein erfreulicher Zug hervorgetreten ist, nämlich das sichtliche Bestreben, dem Kaiser mehr als früher gerecht zu werden. Die Novemberkrisis hat wirklich luftreinigend gewirkt, und man fühlt auch in demokratischen Kreisen die Notwendigkeit, den Bogen nicht zu überspannen und dem gesunden monarchischen Gefühl sein Recht zu wahren. Abseits stehen wiederum Sozialdemokratie und Zentrum. Hinsichtlich der erstgenannten Partei wird niemand darüber erstaunt sein. Diese Haltung entspricht ja dem Parteikatechismus. Mit¬ unter artet sie in unfreiwillige Komik aus. So spricht der Vorwärts von dem „Pronunciamento" der Generale. Was er sich darunter vorstellt, ist nicht ganz leicht zu verstehn; das Denken des gewöhnlichen Menschen muß dabei einige be¬ sondre Schraubenbewegungen vollziehen. Man weiß nicht recht, ob den Leuten vom Vorwärts, seit sie etwas von der „Kamarilla" gehört haben, alle Dinge, die mit dem Kaiserhofe zusammenhängen, spanisch vorkommen, oder ob Vorwärts- Egmont seinem Partei-Klärchen aus einem andern Grunde versprochen hat, einmal spanisch zu kommen. Jedenfalls würde als Mittel gegen Begriffsverwechslungen auf diesem Gebiete die Anschaffung eines richtiggehenden spanischen Lexikons und eines Leitfadens über die neuere Geschichte Spaniens dem Gelehrten des Vorwärts wohl zu empfehlen sein. Was das Zentrum betrifft, so benutzt es freilich diese Gelegenheit nicht etwa zu Angriffen gegen den Kaiser. Die Sache wird natürlich anders gewendet. Die Neujahrsansprache muß als eine Kundgebung der persönlichen Politik des Kaisers dargestellt werden, damit daraus gefolgert werden kann, der Herrscher habe das ihm vom Kanzler auferlegte „Joch" wieder abgeschüttelt. Wir erwähnten schon neulich die eifrige Minierarbeit der demagogischen Zentrumspresse gegen den Reichskanzler. Das Treiben wird mit ungeschwächten Kräften fortgesetzt, und inzwischen haben sich ihm noch gefährlichere Versuche beigesellt, die in der Absicht, dem Kanzler zu schaden und ihm die Führung der Politik zu erschweren, nicht einmal die Grenzen respektieren, die jeder Beurteilung auswärtiger Politik schon durch Rücksichtnahme auf leicht er¬ kennbare vaterländische Interessen gezogen sind. Und diesen Treibereien steht nicht einmal die Entschuldigung zur Seite, daß die Schädigung vaterländischer Interessen einem ungezügelten Wahrheitsdrang entspringe. Denn die Behauptungen, die dabei aufgestellt wurden, sind zu alledem noch objektiv unwahr. Wenn man nun in Betracht zieht, wie leicht diese Unwahrheit zu erkennen und festzustellen war, und wie nahe es lag, ihre schädliche Wirkung vorauszusehen, so wird es schwer, bei der Kenn¬ zeichnung der Behauptungen als objektiver Unwahrheit stehn zu bleiben; man ist vielmehr versucht, darin alle Merkmale einer bewußten, böswilligen Erfindung zu sehen. Es wird nämlich nichts geringeres unternommen als die Verdächtigung der Bundestreue und der Ehrlichkeit der deutschen Politik gegenüber Österreich-Ungarn. Man erklärt wahrheitswidrig, Fürst Bülow habe sich nur zögernd und unter Schwankungen zu der von ihm jetzt verkündeten Politik entschlossen; in Österreich- Ungarn habe man mehr erwartet, und deshalb herrsche dort Enttäuschung und Unzufriedenheit. Ein Artikel der Wiener Reichspost, der aus Berlin stammen sollte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/167>, abgerufen am 23.07.2024.