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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Bertha von Suttner

erwähnen), jeder in der gegenseitigen Liebe und in gemeinsamer geistiger Arbeit
volles Genüge findet, Kinder also nur stören könnten; ihre in kindlichem und
kindischem Spiel sich äußernde Verliebtheit hielt ungeschwächt bis zum Tode
des Gatten an. Dieser begann nach der Feier der Silberhochzeit zu kränkeln
und konnte im April 1902 nicht mit nach Monaco fahren. Es war das
erstemal, daß sie allein reifte, überhaupt das erstemal seit ihrer Verheiratung,
daß sie ein paar Wochen getrennt voneinander lebten. Am 10. Dezember starb
er. In seinem Testamente stand: "Und nun, Meine, noch ein Wort dir:
Dank! Du hast mich glücklich gemacht, Du hast mir geholfen, dem Leben die
schönsten Seiten abzugewinnen, mich desselben zu freuen. Keine Sekunde der
Unzufriedenheit hat es zwischen uns gegeben, und das danke ich Deinem großen
Verstände, Deinem großen Herzen, Deiner großen Liebe. Du weißt, daß wir
in uns die Pflicht fühlten, zum Besserwerden der Welt beizutragen, für das
Gute, für das unvergängliche Licht der Wahrheit zu arbeiten, zu ringen. Mit
meinem Heimgange ist für Dich diese Pflicht nicht erloschen. Das gute An¬
denken an Deinen Gefährten muß Dich aufrechterhalten. Du mußt in unsern
Intentionen weiterarbeiten, um der guten Sache willen die Arbeit fortsetzen,
bis auch Du am Ende der kurzen Lebensstation anlangst. Mut also! Kein
Verzagen! In dem, was wir leisten, sind wir einig, und darum mußt Du
trachten, noch viel zu leisten."

Bertha von Suttner hatte fünf große Kriege erlebt, ohne bei den Kriegs¬
nachrichten, die sie kaum beachtete, etwas zu denken und zu empfinden. Im
Jahre 1887 erzählte ihr in Paris Dr. Wilhelm Löwenthal von der Ivter-
national ?"zg.<zö ana ^rbitration ^LsooiÄtivu, an deren Spitze außer dem
Gründer Hodgson Pratt der Herzog von Westminster, der Earl of Ripon und
der Bischof von Durham standen. Das zündete. Bertha unterrichtete sich über
den Krieg durch das Studium von Geschichtswerken und Kriegsberichten, schrieb
ihren Roman "Die Waffen nieder" und war von da an die Führerin der
Friedensbewegung. Aus deu brieflichen und mündlichen Äußerungen über diese
und über ihren Fortgang wollen wir einiges anführen, was entweder für die
Sache oder für die sich Äußernden charakteristisch ist. nobel überreichte ihr
2000 Franken. Er tue dies mehr aus Liebenswürdigkeit als aus Überzeugung,
meinte sie. "An der Sache und ihrer Berechtigung -- nein, daran zweifle
ich nicht, nur daran, ob sie durchgesetzt werden kann. Auch weiß ich noch
nicht, wie Ihre Vereine und Kongresse das Werk anpacken wollen. Belehren
Sie mich, überzeugen Sie mich, und dann will ich für die Bewegung etwas
Großes tun. . . Meine Fabriken werden vielleicht dem Kriege noch früher
ein Ende machen als Ihre Kongresse. An dem Tage, da zwei Armeekorps sich
gegenseitig in einer Sekunde werden vernichten können, werden wohl alle zivi¬
lisierten Nationen zurückschaudern und ihre Truppen verabschieden." Im Jahre
1892 betrieb sie die Gründung eines Zweigvereins in Berlin und fand sich
durch die Nachrichten von dort veranlaßt, an ihren Verleger A. H. Fried zu


Bertha von Suttner

erwähnen), jeder in der gegenseitigen Liebe und in gemeinsamer geistiger Arbeit
volles Genüge findet, Kinder also nur stören könnten; ihre in kindlichem und
kindischem Spiel sich äußernde Verliebtheit hielt ungeschwächt bis zum Tode
des Gatten an. Dieser begann nach der Feier der Silberhochzeit zu kränkeln
und konnte im April 1902 nicht mit nach Monaco fahren. Es war das
erstemal, daß sie allein reifte, überhaupt das erstemal seit ihrer Verheiratung,
daß sie ein paar Wochen getrennt voneinander lebten. Am 10. Dezember starb
er. In seinem Testamente stand: „Und nun, Meine, noch ein Wort dir:
Dank! Du hast mich glücklich gemacht, Du hast mir geholfen, dem Leben die
schönsten Seiten abzugewinnen, mich desselben zu freuen. Keine Sekunde der
Unzufriedenheit hat es zwischen uns gegeben, und das danke ich Deinem großen
Verstände, Deinem großen Herzen, Deiner großen Liebe. Du weißt, daß wir
in uns die Pflicht fühlten, zum Besserwerden der Welt beizutragen, für das
Gute, für das unvergängliche Licht der Wahrheit zu arbeiten, zu ringen. Mit
meinem Heimgange ist für Dich diese Pflicht nicht erloschen. Das gute An¬
denken an Deinen Gefährten muß Dich aufrechterhalten. Du mußt in unsern
Intentionen weiterarbeiten, um der guten Sache willen die Arbeit fortsetzen,
bis auch Du am Ende der kurzen Lebensstation anlangst. Mut also! Kein
Verzagen! In dem, was wir leisten, sind wir einig, und darum mußt Du
trachten, noch viel zu leisten."

Bertha von Suttner hatte fünf große Kriege erlebt, ohne bei den Kriegs¬
nachrichten, die sie kaum beachtete, etwas zu denken und zu empfinden. Im
Jahre 1887 erzählte ihr in Paris Dr. Wilhelm Löwenthal von der Ivter-
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Gründer Hodgson Pratt der Herzog von Westminster, der Earl of Ripon und
der Bischof von Durham standen. Das zündete. Bertha unterrichtete sich über
den Krieg durch das Studium von Geschichtswerken und Kriegsberichten, schrieb
ihren Roman „Die Waffen nieder" und war von da an die Führerin der
Friedensbewegung. Aus deu brieflichen und mündlichen Äußerungen über diese
und über ihren Fortgang wollen wir einiges anführen, was entweder für die
Sache oder für die sich Äußernden charakteristisch ist. nobel überreichte ihr
2000 Franken. Er tue dies mehr aus Liebenswürdigkeit als aus Überzeugung,
meinte sie. „An der Sache und ihrer Berechtigung — nein, daran zweifle
ich nicht, nur daran, ob sie durchgesetzt werden kann. Auch weiß ich noch
nicht, wie Ihre Vereine und Kongresse das Werk anpacken wollen. Belehren
Sie mich, überzeugen Sie mich, und dann will ich für die Bewegung etwas
Großes tun. . . Meine Fabriken werden vielleicht dem Kriege noch früher
ein Ende machen als Ihre Kongresse. An dem Tage, da zwei Armeekorps sich
gegenseitig in einer Sekunde werden vernichten können, werden wohl alle zivi¬
lisierten Nationen zurückschaudern und ihre Truppen verabschieden." Im Jahre
1892 betrieb sie die Gründung eines Zweigvereins in Berlin und fand sich
durch die Nachrichten von dort veranlaßt, an ihren Verleger A. H. Fried zu


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[0149] Bertha von Suttner erwähnen), jeder in der gegenseitigen Liebe und in gemeinsamer geistiger Arbeit volles Genüge findet, Kinder also nur stören könnten; ihre in kindlichem und kindischem Spiel sich äußernde Verliebtheit hielt ungeschwächt bis zum Tode des Gatten an. Dieser begann nach der Feier der Silberhochzeit zu kränkeln und konnte im April 1902 nicht mit nach Monaco fahren. Es war das erstemal, daß sie allein reifte, überhaupt das erstemal seit ihrer Verheiratung, daß sie ein paar Wochen getrennt voneinander lebten. Am 10. Dezember starb er. In seinem Testamente stand: „Und nun, Meine, noch ein Wort dir: Dank! Du hast mich glücklich gemacht, Du hast mir geholfen, dem Leben die schönsten Seiten abzugewinnen, mich desselben zu freuen. Keine Sekunde der Unzufriedenheit hat es zwischen uns gegeben, und das danke ich Deinem großen Verstände, Deinem großen Herzen, Deiner großen Liebe. Du weißt, daß wir in uns die Pflicht fühlten, zum Besserwerden der Welt beizutragen, für das Gute, für das unvergängliche Licht der Wahrheit zu arbeiten, zu ringen. Mit meinem Heimgange ist für Dich diese Pflicht nicht erloschen. Das gute An¬ denken an Deinen Gefährten muß Dich aufrechterhalten. Du mußt in unsern Intentionen weiterarbeiten, um der guten Sache willen die Arbeit fortsetzen, bis auch Du am Ende der kurzen Lebensstation anlangst. Mut also! Kein Verzagen! In dem, was wir leisten, sind wir einig, und darum mußt Du trachten, noch viel zu leisten." Bertha von Suttner hatte fünf große Kriege erlebt, ohne bei den Kriegs¬ nachrichten, die sie kaum beachtete, etwas zu denken und zu empfinden. Im Jahre 1887 erzählte ihr in Paris Dr. Wilhelm Löwenthal von der Ivter- national ?«zg.<zö ana ^rbitration ^LsooiÄtivu, an deren Spitze außer dem Gründer Hodgson Pratt der Herzog von Westminster, der Earl of Ripon und der Bischof von Durham standen. Das zündete. Bertha unterrichtete sich über den Krieg durch das Studium von Geschichtswerken und Kriegsberichten, schrieb ihren Roman „Die Waffen nieder" und war von da an die Führerin der Friedensbewegung. Aus deu brieflichen und mündlichen Äußerungen über diese und über ihren Fortgang wollen wir einiges anführen, was entweder für die Sache oder für die sich Äußernden charakteristisch ist. nobel überreichte ihr 2000 Franken. Er tue dies mehr aus Liebenswürdigkeit als aus Überzeugung, meinte sie. „An der Sache und ihrer Berechtigung — nein, daran zweifle ich nicht, nur daran, ob sie durchgesetzt werden kann. Auch weiß ich noch nicht, wie Ihre Vereine und Kongresse das Werk anpacken wollen. Belehren Sie mich, überzeugen Sie mich, und dann will ich für die Bewegung etwas Großes tun. . . Meine Fabriken werden vielleicht dem Kriege noch früher ein Ende machen als Ihre Kongresse. An dem Tage, da zwei Armeekorps sich gegenseitig in einer Sekunde werden vernichten können, werden wohl alle zivi¬ lisierten Nationen zurückschaudern und ihre Truppen verabschieden." Im Jahre 1892 betrieb sie die Gründung eines Zweigvereins in Berlin und fand sich durch die Nachrichten von dort veranlaßt, an ihren Verleger A. H. Fried zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/149>, abgerufen am 12.12.2024.