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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Militärische Rückblicke auf das Zahr 4903

zuHeben. Allerdings werden ja hier und da Stimmen laut, die über die
neuen Feldgeschütze Klagen führen und namentlich an dem Bronzematerial
Ausstellungen zu machen haben, aber das sind alles unkontrollierbare Ge¬
rüchte, die nicht ohne weiteres ernst genommen werden können. Ganz durch¬
geführt wird die Ausrüstung der Armee mit den neuen Geschützen erst im
Jahre 1910 sein, denn von dem Gesamterfordernis von 165 Millionen Kronen
wurden bisher erst 130 Millionen verwandt; weitere 15 Millionen sind im
Etat für 1909 gefordert, der Rest von 20 Millionen verbleibt für 1910.
Hand in Hand mit dieser Neubewaffnung konnte im Herbst vorigen Jahres
auch mit der lange erstrebten Neuorganisation der Feldartillerie begonnen
werden. Nach den erlassenen Bestimmungen wurden die Korpsartillerie¬
regimenter abgeschafft und die Formationen der Feldhaubitzen in Divisions¬
verbände gegliedert, die den Abteilungen in andern Heeren entsprechen. So
soll in Zukunft jede Jnfanterietruvpendivision als Divisionsartillerie ein Feld"
kanonenregiment zu vier Batterien und eine Feldhaubitzdivision zu zwei
Batterien haben. Diese gesamte Feldartillerie ist einem Oberst oder General¬
major als Artilleriebrigadier unterstellt, der unmittelbar unter dem Divisions¬
kommandeur steht. Diesem bleibt es überlassen, inwieweit er im Gefecht eine
Artilleriereserve ausscheiden will. An wichtigen organisatorischen Neuerungen
bei der Armee unsers Nachbarn sind sonst noch zu nennen: Die Reformen bei
den 39 Landsturmbezirken, in die die Monarchie zur Durchführung des Land¬
sturmwesens eingeteilt worden ist. Die Neuerungen waren notwendig, um die
vielfachen Arbeiten ordnungsgemäß erledigen zu können, die heutzutage nötig
sind, wenn im Kriegsfalle bei Aufbietung und Einberufung des Landsturms
in jedem der 39 Bezirke "Auszugs"- und "Territorialbataillone" und berittne
"Landsturmabteilungen" errichtet werden müssen. Weiter ist aufzuführen die
Vermehrung der Maschinengewehrformationen dergestalt, daß 50 Jnfanterie-
maschinengewehrabteilungen (davon 39 zu je 2 und 11 jfür die Landwehr) zu
je 4 Gewehren) und 2 Kavalleriemaschinengewehrabteilungen zu 4 Gewehren
geschaffen wurden. Hier sei eingeschoben, daß die österreichisch-ungarische
Heeresverwaltung in Erkenntnis der hohen Bedeutung der Maschinengewehre
am 1. Januar d. I. 55 neue derartige Formationen bei der Infanterie, 6 bei
den Jägern und 1 bei der Kavallerie aufgestellt hat, und daß zum 1. Februar
eine weitere Errichtung von 24 Abteilungen bei der Infanterie und von
14 bei den Jägern vorgesehen ist, sodaß die Armee samt der Landwehr zu
diesem Zeitpunkt über 155 Maschinengewehrabteilungen verfügen wird, davon
152 bei den Fußtruppen. 3 bei der Kavallerie.

Es ist ferner zu erwähnen die Bildung eines Freiwilligenkorps aus dem
schon seit 1906 bestandnen Freiwilligen Automobilkorps und dem erst kürzlich
ins Leben gerufnen Motozyklistenkorps. Nach den organischen Bestimmungen
soll das Korps zur Unterstützung der Armee im Felde, vornehmlich für
den Befehls- und Meldedienst dienen und im Kriege einen Bestandteil der


Militärische Rückblicke auf das Zahr 4903

zuHeben. Allerdings werden ja hier und da Stimmen laut, die über die
neuen Feldgeschütze Klagen führen und namentlich an dem Bronzematerial
Ausstellungen zu machen haben, aber das sind alles unkontrollierbare Ge¬
rüchte, die nicht ohne weiteres ernst genommen werden können. Ganz durch¬
geführt wird die Ausrüstung der Armee mit den neuen Geschützen erst im
Jahre 1910 sein, denn von dem Gesamterfordernis von 165 Millionen Kronen
wurden bisher erst 130 Millionen verwandt; weitere 15 Millionen sind im
Etat für 1909 gefordert, der Rest von 20 Millionen verbleibt für 1910.
Hand in Hand mit dieser Neubewaffnung konnte im Herbst vorigen Jahres
auch mit der lange erstrebten Neuorganisation der Feldartillerie begonnen
werden. Nach den erlassenen Bestimmungen wurden die Korpsartillerie¬
regimenter abgeschafft und die Formationen der Feldhaubitzen in Divisions¬
verbände gegliedert, die den Abteilungen in andern Heeren entsprechen. So
soll in Zukunft jede Jnfanterietruvpendivision als Divisionsartillerie ein Feld»
kanonenregiment zu vier Batterien und eine Feldhaubitzdivision zu zwei
Batterien haben. Diese gesamte Feldartillerie ist einem Oberst oder General¬
major als Artilleriebrigadier unterstellt, der unmittelbar unter dem Divisions¬
kommandeur steht. Diesem bleibt es überlassen, inwieweit er im Gefecht eine
Artilleriereserve ausscheiden will. An wichtigen organisatorischen Neuerungen
bei der Armee unsers Nachbarn sind sonst noch zu nennen: Die Reformen bei
den 39 Landsturmbezirken, in die die Monarchie zur Durchführung des Land¬
sturmwesens eingeteilt worden ist. Die Neuerungen waren notwendig, um die
vielfachen Arbeiten ordnungsgemäß erledigen zu können, die heutzutage nötig
sind, wenn im Kriegsfalle bei Aufbietung und Einberufung des Landsturms
in jedem der 39 Bezirke „Auszugs"- und „Territorialbataillone" und berittne
„Landsturmabteilungen" errichtet werden müssen. Weiter ist aufzuführen die
Vermehrung der Maschinengewehrformationen dergestalt, daß 50 Jnfanterie-
maschinengewehrabteilungen (davon 39 zu je 2 und 11 jfür die Landwehr) zu
je 4 Gewehren) und 2 Kavalleriemaschinengewehrabteilungen zu 4 Gewehren
geschaffen wurden. Hier sei eingeschoben, daß die österreichisch-ungarische
Heeresverwaltung in Erkenntnis der hohen Bedeutung der Maschinengewehre
am 1. Januar d. I. 55 neue derartige Formationen bei der Infanterie, 6 bei
den Jägern und 1 bei der Kavallerie aufgestellt hat, und daß zum 1. Februar
eine weitere Errichtung von 24 Abteilungen bei der Infanterie und von
14 bei den Jägern vorgesehen ist, sodaß die Armee samt der Landwehr zu
diesem Zeitpunkt über 155 Maschinengewehrabteilungen verfügen wird, davon
152 bei den Fußtruppen. 3 bei der Kavallerie.

Es ist ferner zu erwähnen die Bildung eines Freiwilligenkorps aus dem
schon seit 1906 bestandnen Freiwilligen Automobilkorps und dem erst kürzlich
ins Leben gerufnen Motozyklistenkorps. Nach den organischen Bestimmungen
soll das Korps zur Unterstützung der Armee im Felde, vornehmlich für
den Befehls- und Meldedienst dienen und im Kriege einen Bestandteil der


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[0123] Militärische Rückblicke auf das Zahr 4903 zuHeben. Allerdings werden ja hier und da Stimmen laut, die über die neuen Feldgeschütze Klagen führen und namentlich an dem Bronzematerial Ausstellungen zu machen haben, aber das sind alles unkontrollierbare Ge¬ rüchte, die nicht ohne weiteres ernst genommen werden können. Ganz durch¬ geführt wird die Ausrüstung der Armee mit den neuen Geschützen erst im Jahre 1910 sein, denn von dem Gesamterfordernis von 165 Millionen Kronen wurden bisher erst 130 Millionen verwandt; weitere 15 Millionen sind im Etat für 1909 gefordert, der Rest von 20 Millionen verbleibt für 1910. Hand in Hand mit dieser Neubewaffnung konnte im Herbst vorigen Jahres auch mit der lange erstrebten Neuorganisation der Feldartillerie begonnen werden. Nach den erlassenen Bestimmungen wurden die Korpsartillerie¬ regimenter abgeschafft und die Formationen der Feldhaubitzen in Divisions¬ verbände gegliedert, die den Abteilungen in andern Heeren entsprechen. So soll in Zukunft jede Jnfanterietruvpendivision als Divisionsartillerie ein Feld» kanonenregiment zu vier Batterien und eine Feldhaubitzdivision zu zwei Batterien haben. Diese gesamte Feldartillerie ist einem Oberst oder General¬ major als Artilleriebrigadier unterstellt, der unmittelbar unter dem Divisions¬ kommandeur steht. Diesem bleibt es überlassen, inwieweit er im Gefecht eine Artilleriereserve ausscheiden will. An wichtigen organisatorischen Neuerungen bei der Armee unsers Nachbarn sind sonst noch zu nennen: Die Reformen bei den 39 Landsturmbezirken, in die die Monarchie zur Durchführung des Land¬ sturmwesens eingeteilt worden ist. Die Neuerungen waren notwendig, um die vielfachen Arbeiten ordnungsgemäß erledigen zu können, die heutzutage nötig sind, wenn im Kriegsfalle bei Aufbietung und Einberufung des Landsturms in jedem der 39 Bezirke „Auszugs"- und „Territorialbataillone" und berittne „Landsturmabteilungen" errichtet werden müssen. Weiter ist aufzuführen die Vermehrung der Maschinengewehrformationen dergestalt, daß 50 Jnfanterie- maschinengewehrabteilungen (davon 39 zu je 2 und 11 jfür die Landwehr) zu je 4 Gewehren) und 2 Kavalleriemaschinengewehrabteilungen zu 4 Gewehren geschaffen wurden. Hier sei eingeschoben, daß die österreichisch-ungarische Heeresverwaltung in Erkenntnis der hohen Bedeutung der Maschinengewehre am 1. Januar d. I. 55 neue derartige Formationen bei der Infanterie, 6 bei den Jägern und 1 bei der Kavallerie aufgestellt hat, und daß zum 1. Februar eine weitere Errichtung von 24 Abteilungen bei der Infanterie und von 14 bei den Jägern vorgesehen ist, sodaß die Armee samt der Landwehr zu diesem Zeitpunkt über 155 Maschinengewehrabteilungen verfügen wird, davon 152 bei den Fußtruppen. 3 bei der Kavallerie. Es ist ferner zu erwähnen die Bildung eines Freiwilligenkorps aus dem schon seit 1906 bestandnen Freiwilligen Automobilkorps und dem erst kürzlich ins Leben gerufnen Motozyklistenkorps. Nach den organischen Bestimmungen soll das Korps zur Unterstützung der Armee im Felde, vornehmlich für den Befehls- und Meldedienst dienen und im Kriege einen Bestandteil der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/123>, abgerufen am 03.07.2024.