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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die Grenzvölker im Nordmesten Indiens und die Expedition gegen die Jalta Adels

Mit der Eroberung des Tals war die Aufgabe der Expedition erledigt,
und schon wenige Tage darauf erfolgte der sogenannte Friedensschluß, über
den der Staatssekretär Morley am 2. März dem Parlament das Nähere be¬
richtete. Danach hatte am 27. Februar eine Versammlung der Häuptlinge
aller Afridistämme samt den Zakka Khels stattgefunden und hatte durch Ab¬
gesandte dem General Willcocks eine Petition überreichen lassen. In der
Petition erklärten die Häuptlinge, daß sie sich für das zukünftige gute Ver¬
halten der Zakka Khels verbürgten. Sie würden, wenn aufgefordert, einander
helfen, diese schlechten Charaktere zu strafen, und wenn sie es nicht täten,
möge die Regierung sie dafür mit Geld bestrafen oder vom britischen Terri¬
torium ausschließen. In bezug auf die Vergangenheit bäten sie, daß die
Negierung die Lage der Zakka Khels in Rücksicht ziehen möge, ihre Verluste
durch die Entziehung der Subsidien sowie durch den Krieg und sie nicht
wegen der Verbrechen eines Teiles von ihnen sämtlich ruinieren möge. Sie
würden im Verein mit den Ältesten der Zakka Khels dafür sorgen, daß die
Führer der Diebe, die in britisches Gebiet eingefallen wären, bestraft würden.
Zur Genugtuung der Regierung und als Pfand deponierten sie 53 Gewehre.
Die Häuptlinge der Zakka Khels fügten dann noch ihr Einverständnis hinzu
sowie ihre Hoffnung auf Gnade und Gunst der Negierung.

Diese eigenartige Erledigung des Feldzugs, insbesondre die Versprechungen
wurden im Parlament mit ironischem Gelächter aufgenommen, hingegen der
Abmarsch der Truppen mit Hochrufen begrüßt. Daß ein ähnliches Gefühl des
Mißtrauens gegen die Versprechungen der Häuptlinge auch an Ort und Stelle
vorhanden war, geht daraus hervor, daß trotz des sogenannten Friedens¬
schlusses die Truppen bei Nacht und Nebel abgezogen sind. Bisher hatten
nämlich alle noch so siegreichen Expeditionen damit geendet, daß die ab¬
marschierenden Truppen jedesmal von Schwärmen des besiegten Feindes be¬
sonders in der Nacht beunruhigt, nach Ansicht des Feindes verfolgt, worden
waren. Um sich dieser gefürchteten Situation zu entziehen, hatten die Eng¬
länder am Tage vor dem Abmarsch noch Verschanzungen aufzuwerfen be¬
gonnen, die den Feind glauben machen sollten, daß sie sich auf einen längern
Aufenthalt einzurichten beabsichtigten. Die List soll auch gelungen sein. Die
^rin^ iwä Mvx (Z^ödes bemerkte dazu sehr richtig, daß die Maßnahme
nicht den Eindruck mache, als ob die Expedition das gewünschte Ergebnis ge¬
habt Hütte.

Wir sehen aus alledem, wie bescheiden die Engländer sein können, sobald
sie sich in einer Zwangslage befinden. Wie bei den frühern lokalen Auf¬
ständen oder Strafexpeditionen hatte anch in diesem Falle die eminente Ge¬
fahr vorgelegen, daß sich eine allgemeine Erhebung aus der Expedition ent¬
wickeln würde, anstatt dessen ist eine Loyalitütserklürung der Stämme erfolgt.
Da dieses gegen früher immerhin einen Fortschritt bedeutet, so war die Freude
über den glücklichen Abschluß wohl erklärlich. Man schreibt ihn übrigens


Die Grenzvölker im Nordmesten Indiens und die Expedition gegen die Jalta Adels

Mit der Eroberung des Tals war die Aufgabe der Expedition erledigt,
und schon wenige Tage darauf erfolgte der sogenannte Friedensschluß, über
den der Staatssekretär Morley am 2. März dem Parlament das Nähere be¬
richtete. Danach hatte am 27. Februar eine Versammlung der Häuptlinge
aller Afridistämme samt den Zakka Khels stattgefunden und hatte durch Ab¬
gesandte dem General Willcocks eine Petition überreichen lassen. In der
Petition erklärten die Häuptlinge, daß sie sich für das zukünftige gute Ver¬
halten der Zakka Khels verbürgten. Sie würden, wenn aufgefordert, einander
helfen, diese schlechten Charaktere zu strafen, und wenn sie es nicht täten,
möge die Regierung sie dafür mit Geld bestrafen oder vom britischen Terri¬
torium ausschließen. In bezug auf die Vergangenheit bäten sie, daß die
Negierung die Lage der Zakka Khels in Rücksicht ziehen möge, ihre Verluste
durch die Entziehung der Subsidien sowie durch den Krieg und sie nicht
wegen der Verbrechen eines Teiles von ihnen sämtlich ruinieren möge. Sie
würden im Verein mit den Ältesten der Zakka Khels dafür sorgen, daß die
Führer der Diebe, die in britisches Gebiet eingefallen wären, bestraft würden.
Zur Genugtuung der Regierung und als Pfand deponierten sie 53 Gewehre.
Die Häuptlinge der Zakka Khels fügten dann noch ihr Einverständnis hinzu
sowie ihre Hoffnung auf Gnade und Gunst der Negierung.

Diese eigenartige Erledigung des Feldzugs, insbesondre die Versprechungen
wurden im Parlament mit ironischem Gelächter aufgenommen, hingegen der
Abmarsch der Truppen mit Hochrufen begrüßt. Daß ein ähnliches Gefühl des
Mißtrauens gegen die Versprechungen der Häuptlinge auch an Ort und Stelle
vorhanden war, geht daraus hervor, daß trotz des sogenannten Friedens¬
schlusses die Truppen bei Nacht und Nebel abgezogen sind. Bisher hatten
nämlich alle noch so siegreichen Expeditionen damit geendet, daß die ab¬
marschierenden Truppen jedesmal von Schwärmen des besiegten Feindes be¬
sonders in der Nacht beunruhigt, nach Ansicht des Feindes verfolgt, worden
waren. Um sich dieser gefürchteten Situation zu entziehen, hatten die Eng¬
länder am Tage vor dem Abmarsch noch Verschanzungen aufzuwerfen be¬
gonnen, die den Feind glauben machen sollten, daß sie sich auf einen längern
Aufenthalt einzurichten beabsichtigten. Die List soll auch gelungen sein. Die
^rin^ iwä Mvx (Z^ödes bemerkte dazu sehr richtig, daß die Maßnahme
nicht den Eindruck mache, als ob die Expedition das gewünschte Ergebnis ge¬
habt Hütte.

Wir sehen aus alledem, wie bescheiden die Engländer sein können, sobald
sie sich in einer Zwangslage befinden. Wie bei den frühern lokalen Auf¬
ständen oder Strafexpeditionen hatte anch in diesem Falle die eminente Ge¬
fahr vorgelegen, daß sich eine allgemeine Erhebung aus der Expedition ent¬
wickeln würde, anstatt dessen ist eine Loyalitütserklürung der Stämme erfolgt.
Da dieses gegen früher immerhin einen Fortschritt bedeutet, so war die Freude
über den glücklichen Abschluß wohl erklärlich. Man schreibt ihn übrigens


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[0606] Die Grenzvölker im Nordmesten Indiens und die Expedition gegen die Jalta Adels Mit der Eroberung des Tals war die Aufgabe der Expedition erledigt, und schon wenige Tage darauf erfolgte der sogenannte Friedensschluß, über den der Staatssekretär Morley am 2. März dem Parlament das Nähere be¬ richtete. Danach hatte am 27. Februar eine Versammlung der Häuptlinge aller Afridistämme samt den Zakka Khels stattgefunden und hatte durch Ab¬ gesandte dem General Willcocks eine Petition überreichen lassen. In der Petition erklärten die Häuptlinge, daß sie sich für das zukünftige gute Ver¬ halten der Zakka Khels verbürgten. Sie würden, wenn aufgefordert, einander helfen, diese schlechten Charaktere zu strafen, und wenn sie es nicht täten, möge die Regierung sie dafür mit Geld bestrafen oder vom britischen Terri¬ torium ausschließen. In bezug auf die Vergangenheit bäten sie, daß die Negierung die Lage der Zakka Khels in Rücksicht ziehen möge, ihre Verluste durch die Entziehung der Subsidien sowie durch den Krieg und sie nicht wegen der Verbrechen eines Teiles von ihnen sämtlich ruinieren möge. Sie würden im Verein mit den Ältesten der Zakka Khels dafür sorgen, daß die Führer der Diebe, die in britisches Gebiet eingefallen wären, bestraft würden. Zur Genugtuung der Regierung und als Pfand deponierten sie 53 Gewehre. Die Häuptlinge der Zakka Khels fügten dann noch ihr Einverständnis hinzu sowie ihre Hoffnung auf Gnade und Gunst der Negierung. Diese eigenartige Erledigung des Feldzugs, insbesondre die Versprechungen wurden im Parlament mit ironischem Gelächter aufgenommen, hingegen der Abmarsch der Truppen mit Hochrufen begrüßt. Daß ein ähnliches Gefühl des Mißtrauens gegen die Versprechungen der Häuptlinge auch an Ort und Stelle vorhanden war, geht daraus hervor, daß trotz des sogenannten Friedens¬ schlusses die Truppen bei Nacht und Nebel abgezogen sind. Bisher hatten nämlich alle noch so siegreichen Expeditionen damit geendet, daß die ab¬ marschierenden Truppen jedesmal von Schwärmen des besiegten Feindes be¬ sonders in der Nacht beunruhigt, nach Ansicht des Feindes verfolgt, worden waren. Um sich dieser gefürchteten Situation zu entziehen, hatten die Eng¬ länder am Tage vor dem Abmarsch noch Verschanzungen aufzuwerfen be¬ gonnen, die den Feind glauben machen sollten, daß sie sich auf einen längern Aufenthalt einzurichten beabsichtigten. Die List soll auch gelungen sein. Die ^rin^ iwä Mvx (Z^ödes bemerkte dazu sehr richtig, daß die Maßnahme nicht den Eindruck mache, als ob die Expedition das gewünschte Ergebnis ge¬ habt Hütte. Wir sehen aus alledem, wie bescheiden die Engländer sein können, sobald sie sich in einer Zwangslage befinden. Wie bei den frühern lokalen Auf¬ ständen oder Strafexpeditionen hatte anch in diesem Falle die eminente Ge¬ fahr vorgelegen, daß sich eine allgemeine Erhebung aus der Expedition ent¬ wickeln würde, anstatt dessen ist eine Loyalitütserklürung der Stämme erfolgt. Da dieses gegen früher immerhin einen Fortschritt bedeutet, so war die Freude über den glücklichen Abschluß wohl erklärlich. Man schreibt ihn übrigens

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/606>, abgerufen am 21.06.2024.