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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Studienfahrten in der römischen Lampagna

Vertiefungen vom Meere bedeckt. Später, am Ende der Tertiärzeit, traten
dann wieder die Senkungsfelder mit dem vom Meere abgelagerten Ton, Sand
und Muscheln aus den Fluten hervor. Auf dem Seegrunde bildete sich nun eine
mit Sümpfen bedeckte Ebene, die in der Folgezeit viele Jahrhunderte hindurch
mit den Auswurfsstoffen der umliegenden Vulkane bedeckt wurde. An der West¬
küste Mittelitaliens zog sich eine Reihe von Vulkanen hin. Aus den südetruskischen,
deren crloschne Krater Seen geworden sind (Lago Bolsena, Lago Vico, Logo
Brcicciano), ergoß sich die Aschen- und Schlackenmasse in die Ebene und bildete
mit Wasser vermischt eine bis 80 Meter mächtige, bald feste, bald bröcklige Schicht,
die des rotbraunen und schwarzen Tuffs. Später flössen dann wieder neue
Lavaströme über diesen hinweg. Im Laufe der Zeit traten dann noch neue
Vulkane im Albanergebirge in Tätigkeit, die ebenfalls das Gebiet mit einzelnen
Lavaströmen überzogen und weite Flächen bedeckten. Aus den vulkanischen
Ablagerungen erheben sich die ältern Massen, die zu unterst aus graugelbem
sandigem oder mergeligem Ton und reinem Ton und darüber aus ver¬
steinerungsreichen gelbem Mergelsande bestehn. Diese sind vielfach mit Ton
durchsetzt und zu einem kalksandigen Gestein (Breccia) verkittet. Eine solche
vom Meere abgesetzte Lagerung findet'sich auf dem rechten Tiberufer; sie
bildet ferner den Monte Mario und den Monte Verde. Auch hat der Tiber
an seinen Ufern und seiner Mündung Boden gebildet, indem er ungeheure
Schlammassen zur Zeit der Herbstregen und der Schneeschmelze mitführe
und damit das nahe Gelände bedeckt. Zahlreiche Wasserlüufe. aus den um¬
liegenden Seen kommend, haben in der spätern Zeit an dem Tuff und dem
sich darunter befindenden Mergel genagt und so die heutigen Täter und Hügel
der römischen Campagna geschaffen. An Stelle geschlossener oberirdischer
Wasserlüufe treten teils unterirdisch verlaufende Grundwasserströme, die zur
Quellen- und Sumpfbildung Veranlassung gegeben haben. Auch im Sommer
führen sowohl oberirdische wie unterirdische Wasserlüufe bedeutende Wasser¬
mengen. Die Sümpfe in der Nähe des Meeres, die von Maccarese und
Ostia. die nun entwässert worden sind, entstanden dadurch, daß einmal die
Brandung des Meeres das Küstenland mehr und mehr abtrug und das zer-
riebne Gestein vor die Küste lagerte, daß zum andern der Tiber ungeheure
Schlammassen mit fortführte und hier ablagerte.

Die römische Campagna ist eben oder doch wenig geneigt, sodaß der größte
Teil mit dem Pfluge bearbeitet werden kann. Nur ein verschwindend kleiner
Teil ist wegen starker Neigung der Bearbeitung mit dem Pfluge nicht zu¬
gänglich. So beträgt zum Beispiel der Umfang des stark geneigten Bodens
in einem Umkreise von 10 Kilometern um Rom etwa 10 Prozent. Die
Tiefe der Ackerkrume ist, wie ich beobachtet habe, recht verschieden. Böden
N"t flacher Ackerkrume und steiniger Beschaffenheit sind vorhanden, doch sind
solche mit einer tiefen, der Pflugkultur zugänglichen Ackerkrume vorherrschend.
Vielfach läßt sich die seichte Ackerkrume vertiefen, da der Untergrund meist zu


Studienfahrten in der römischen Lampagna

Vertiefungen vom Meere bedeckt. Später, am Ende der Tertiärzeit, traten
dann wieder die Senkungsfelder mit dem vom Meere abgelagerten Ton, Sand
und Muscheln aus den Fluten hervor. Auf dem Seegrunde bildete sich nun eine
mit Sümpfen bedeckte Ebene, die in der Folgezeit viele Jahrhunderte hindurch
mit den Auswurfsstoffen der umliegenden Vulkane bedeckt wurde. An der West¬
küste Mittelitaliens zog sich eine Reihe von Vulkanen hin. Aus den südetruskischen,
deren crloschne Krater Seen geworden sind (Lago Bolsena, Lago Vico, Logo
Brcicciano), ergoß sich die Aschen- und Schlackenmasse in die Ebene und bildete
mit Wasser vermischt eine bis 80 Meter mächtige, bald feste, bald bröcklige Schicht,
die des rotbraunen und schwarzen Tuffs. Später flössen dann wieder neue
Lavaströme über diesen hinweg. Im Laufe der Zeit traten dann noch neue
Vulkane im Albanergebirge in Tätigkeit, die ebenfalls das Gebiet mit einzelnen
Lavaströmen überzogen und weite Flächen bedeckten. Aus den vulkanischen
Ablagerungen erheben sich die ältern Massen, die zu unterst aus graugelbem
sandigem oder mergeligem Ton und reinem Ton und darüber aus ver¬
steinerungsreichen gelbem Mergelsande bestehn. Diese sind vielfach mit Ton
durchsetzt und zu einem kalksandigen Gestein (Breccia) verkittet. Eine solche
vom Meere abgesetzte Lagerung findet'sich auf dem rechten Tiberufer; sie
bildet ferner den Monte Mario und den Monte Verde. Auch hat der Tiber
an seinen Ufern und seiner Mündung Boden gebildet, indem er ungeheure
Schlammassen zur Zeit der Herbstregen und der Schneeschmelze mitführe
und damit das nahe Gelände bedeckt. Zahlreiche Wasserlüufe. aus den um¬
liegenden Seen kommend, haben in der spätern Zeit an dem Tuff und dem
sich darunter befindenden Mergel genagt und so die heutigen Täter und Hügel
der römischen Campagna geschaffen. An Stelle geschlossener oberirdischer
Wasserlüufe treten teils unterirdisch verlaufende Grundwasserströme, die zur
Quellen- und Sumpfbildung Veranlassung gegeben haben. Auch im Sommer
führen sowohl oberirdische wie unterirdische Wasserlüufe bedeutende Wasser¬
mengen. Die Sümpfe in der Nähe des Meeres, die von Maccarese und
Ostia. die nun entwässert worden sind, entstanden dadurch, daß einmal die
Brandung des Meeres das Küstenland mehr und mehr abtrug und das zer-
riebne Gestein vor die Küste lagerte, daß zum andern der Tiber ungeheure
Schlammassen mit fortführte und hier ablagerte.

Die römische Campagna ist eben oder doch wenig geneigt, sodaß der größte
Teil mit dem Pfluge bearbeitet werden kann. Nur ein verschwindend kleiner
Teil ist wegen starker Neigung der Bearbeitung mit dem Pfluge nicht zu¬
gänglich. So beträgt zum Beispiel der Umfang des stark geneigten Bodens
in einem Umkreise von 10 Kilometern um Rom etwa 10 Prozent. Die
Tiefe der Ackerkrume ist, wie ich beobachtet habe, recht verschieden. Böden
N"t flacher Ackerkrume und steiniger Beschaffenheit sind vorhanden, doch sind
solche mit einer tiefen, der Pflugkultur zugänglichen Ackerkrume vorherrschend.
Vielfach läßt sich die seichte Ackerkrume vertiefen, da der Untergrund meist zu


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[0435] Studienfahrten in der römischen Lampagna Vertiefungen vom Meere bedeckt. Später, am Ende der Tertiärzeit, traten dann wieder die Senkungsfelder mit dem vom Meere abgelagerten Ton, Sand und Muscheln aus den Fluten hervor. Auf dem Seegrunde bildete sich nun eine mit Sümpfen bedeckte Ebene, die in der Folgezeit viele Jahrhunderte hindurch mit den Auswurfsstoffen der umliegenden Vulkane bedeckt wurde. An der West¬ küste Mittelitaliens zog sich eine Reihe von Vulkanen hin. Aus den südetruskischen, deren crloschne Krater Seen geworden sind (Lago Bolsena, Lago Vico, Logo Brcicciano), ergoß sich die Aschen- und Schlackenmasse in die Ebene und bildete mit Wasser vermischt eine bis 80 Meter mächtige, bald feste, bald bröcklige Schicht, die des rotbraunen und schwarzen Tuffs. Später flössen dann wieder neue Lavaströme über diesen hinweg. Im Laufe der Zeit traten dann noch neue Vulkane im Albanergebirge in Tätigkeit, die ebenfalls das Gebiet mit einzelnen Lavaströmen überzogen und weite Flächen bedeckten. Aus den vulkanischen Ablagerungen erheben sich die ältern Massen, die zu unterst aus graugelbem sandigem oder mergeligem Ton und reinem Ton und darüber aus ver¬ steinerungsreichen gelbem Mergelsande bestehn. Diese sind vielfach mit Ton durchsetzt und zu einem kalksandigen Gestein (Breccia) verkittet. Eine solche vom Meere abgesetzte Lagerung findet'sich auf dem rechten Tiberufer; sie bildet ferner den Monte Mario und den Monte Verde. Auch hat der Tiber an seinen Ufern und seiner Mündung Boden gebildet, indem er ungeheure Schlammassen zur Zeit der Herbstregen und der Schneeschmelze mitführe und damit das nahe Gelände bedeckt. Zahlreiche Wasserlüufe. aus den um¬ liegenden Seen kommend, haben in der spätern Zeit an dem Tuff und dem sich darunter befindenden Mergel genagt und so die heutigen Täter und Hügel der römischen Campagna geschaffen. An Stelle geschlossener oberirdischer Wasserlüufe treten teils unterirdisch verlaufende Grundwasserströme, die zur Quellen- und Sumpfbildung Veranlassung gegeben haben. Auch im Sommer führen sowohl oberirdische wie unterirdische Wasserlüufe bedeutende Wasser¬ mengen. Die Sümpfe in der Nähe des Meeres, die von Maccarese und Ostia. die nun entwässert worden sind, entstanden dadurch, daß einmal die Brandung des Meeres das Küstenland mehr und mehr abtrug und das zer- riebne Gestein vor die Küste lagerte, daß zum andern der Tiber ungeheure Schlammassen mit fortführte und hier ablagerte. Die römische Campagna ist eben oder doch wenig geneigt, sodaß der größte Teil mit dem Pfluge bearbeitet werden kann. Nur ein verschwindend kleiner Teil ist wegen starker Neigung der Bearbeitung mit dem Pfluge nicht zu¬ gänglich. So beträgt zum Beispiel der Umfang des stark geneigten Bodens in einem Umkreise von 10 Kilometern um Rom etwa 10 Prozent. Die Tiefe der Ackerkrume ist, wie ich beobachtet habe, recht verschieden. Böden N"t flacher Ackerkrume und steiniger Beschaffenheit sind vorhanden, doch sind solche mit einer tiefen, der Pflugkultur zugänglichen Ackerkrume vorherrschend. Vielfach läßt sich die seichte Ackerkrume vertiefen, da der Untergrund meist zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/435>, abgerufen am 24.07.2024.