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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

geschraubt und bewickelten Worten die Beklagten überredet haben. Andre Fälle,
in denen man die Unholde mit falschem Betrug und Lügen angeführt habe,
berichte Sxerxeins quasst,. 14 as male-k.; man habe nämlich Personen in das
Gefängnis gelassen, von denen die Gefangnen überredet worden seien, ihnen
Zaubereisachen zu lehren; ein Gefangner habe gefragt, ob er "Hagel und
Kieselwetter" machen solle oder zeigen, wie es mit der "Bulschafft" zugehe;
da hätten die betrügenden Vertrauenspersonen die Finger in eine Schüssel und
Wasser halten müssen, und als der gefangene Unhold zauberische Worte dazu
geredet, sei ein großes Wetter und Hagel gefallen wie seit Jahren nicht. Em
solcher Betrug sei aber mit Nichten zugelassen, denn der Apostel spreche
Kön. 3: Last uns Übels thun, damit Guts darauß komme, und sei uns von
Gott verbotten. Weil sich ein Mensch durch zweideutige Reden von Schaden
entledigen könne, werde dies auch von hochverständigen rdsolo^ für kein
Sünd. sonder für ein gut. nützlich und recht ding gehalten. Im allgemeinen
habe der Richter die durch Betrug erreichten Geständnisse für ungiltig zu halten
und dürfe daraufhin nicht zum Tode verurteilen. w°si aber hielten viele
Doktoren dies für zulässig, wenn der so Geständige den Betrug d^und sich ihm nicht widersetzt habe. Wenn em Richter einem Beklagten vor
oder nach dem Geständnis verheißt, ihn loszugehen wofern er eben zu Ge allen
..etwa ein Wetter mache oder einen blinden Zauberdantz repräsentire so könne
er mit gutem Gewissen das Leben nit schenken denn die Rech e gestatteten d in
Richter nicht, einen der Verletzung der göttlichen oder menschlichen Majestät
Angeklagten beliebig zu behandeln. < . .

^",
Nach diesem wichtigen Kapitel wird das Thema behandelt ob em Richter
den Beklagten zum Tode verurteilen kann, von dem er gewiß weiß daß er
unschuldig ist Ein Teil der Doktoren halte es für geboten, andre acht; ime
beriefen sich auf LxoSus 23 und meinten, die Richter müßten ihre Meinung
"so steiff halten, daß sie eher ihr Ampt und Leben aufgeben als den Unschuldigen
nach der Rechten Ordnung hinrichten lassen", nur müsse dem Richter die Un¬
schuld nicht Zweifelhaft sein, er dürfe sich durch die Unholde nicht perplex machen
lassen und die Angeklagten nicht gleich für heilig halten, wenn sie die Finger
zum Schwören ausstrecken, denn daß sie ihre Seligkeit verschmerzten, sei kein
Wunder, da sie sich ja vielleicht längst dem Teufel verkauft hätten, oder als
ob keine Unholde gefunden würden, die Gott verspeyen und einen anderen
Abgott erwöhlten. Die Nichtachtung solcher Schwüre werde den Richtern zu¬
weilen vorgeworfen, als wenn sie damit sagen wollten, sie hielten es mit den
Heiden oder Türken, und daß kein Teuffel oder Höll mehr sei. Im Jahre 14o3
habe ein ,ausgesprungener Mönch" namens ^oäslin durch Fußfall sogar ge¬
standen. Sathan habe ihm geboten zu predigen, daß Seetirerei und Aberglauben
ein Verblendung sei. Auch ein fürnehmer Chursürstl. Trierischer Naht sei.
nachdem er sich ebenso habe verführen lassen, verbrannt worden. Denn was
ist das (also der Zug zur Humanität) anders, sagt der gelehrte Verfasser, als


Grenzboten II 1908
Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

geschraubt und bewickelten Worten die Beklagten überredet haben. Andre Fälle,
in denen man die Unholde mit falschem Betrug und Lügen angeführt habe,
berichte Sxerxeins quasst,. 14 as male-k.; man habe nämlich Personen in das
Gefängnis gelassen, von denen die Gefangnen überredet worden seien, ihnen
Zaubereisachen zu lehren; ein Gefangner habe gefragt, ob er „Hagel und
Kieselwetter" machen solle oder zeigen, wie es mit der „Bulschafft" zugehe;
da hätten die betrügenden Vertrauenspersonen die Finger in eine Schüssel und
Wasser halten müssen, und als der gefangene Unhold zauberische Worte dazu
geredet, sei ein großes Wetter und Hagel gefallen wie seit Jahren nicht. Em
solcher Betrug sei aber mit Nichten zugelassen, denn der Apostel spreche
Kön. 3: Last uns Übels thun, damit Guts darauß komme, und sei uns von
Gott verbotten. Weil sich ein Mensch durch zweideutige Reden von Schaden
entledigen könne, werde dies auch von hochverständigen rdsolo^ für kein
Sünd. sonder für ein gut. nützlich und recht ding gehalten. Im allgemeinen
habe der Richter die durch Betrug erreichten Geständnisse für ungiltig zu halten
und dürfe daraufhin nicht zum Tode verurteilen. w°si aber hielten viele
Doktoren dies für zulässig, wenn der so Geständige den Betrug d^und sich ihm nicht widersetzt habe. Wenn em Richter einem Beklagten vor
oder nach dem Geständnis verheißt, ihn loszugehen wofern er eben zu Ge allen
..etwa ein Wetter mache oder einen blinden Zauberdantz repräsentire so könne
er mit gutem Gewissen das Leben nit schenken denn die Rech e gestatteten d in
Richter nicht, einen der Verletzung der göttlichen oder menschlichen Majestät
Angeklagten beliebig zu behandeln. < . .

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Nach diesem wichtigen Kapitel wird das Thema behandelt ob em Richter
den Beklagten zum Tode verurteilen kann, von dem er gewiß weiß daß er
unschuldig ist Ein Teil der Doktoren halte es für geboten, andre acht; ime
beriefen sich auf LxoSus 23 und meinten, die Richter müßten ihre Meinung
»so steiff halten, daß sie eher ihr Ampt und Leben aufgeben als den Unschuldigen
nach der Rechten Ordnung hinrichten lassen", nur müsse dem Richter die Un¬
schuld nicht Zweifelhaft sein, er dürfe sich durch die Unholde nicht perplex machen
lassen und die Angeklagten nicht gleich für heilig halten, wenn sie die Finger
zum Schwören ausstrecken, denn daß sie ihre Seligkeit verschmerzten, sei kein
Wunder, da sie sich ja vielleicht längst dem Teufel verkauft hätten, oder als
ob keine Unholde gefunden würden, die Gott verspeyen und einen anderen
Abgott erwöhlten. Die Nichtachtung solcher Schwüre werde den Richtern zu¬
weilen vorgeworfen, als wenn sie damit sagen wollten, sie hielten es mit den
Heiden oder Türken, und daß kein Teuffel oder Höll mehr sei. Im Jahre 14o3
habe ein ,ausgesprungener Mönch" namens ^oäslin durch Fußfall sogar ge¬
standen. Sathan habe ihm geboten zu predigen, daß Seetirerei und Aberglauben
ein Verblendung sei. Auch ein fürnehmer Chursürstl. Trierischer Naht sei.
nachdem er sich ebenso habe verführen lassen, verbrannt worden. Denn was
ist das (also der Zug zur Humanität) anders, sagt der gelehrte Verfasser, als


Grenzboten II 1908
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/141>, abgerufen am 24.07.2024.