Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

oder Verblendung der Augen beruhten. Diese möchten dann wohl an Phanta-
seyen glauben oder als "heimliche getrewe Hexen-xatrom die Sache gern
disputirlich machen und vertuschen". Wie unglücklich aber solche Eyfferer diesen
Handel führen, habe man öfter bei?ribuvMbus gesehen. Von diesen Richtern
werde solche wichtige Sache nicht anders versehen, als wenn es sich nicht um
Gottes Ehr oder der Seelen höchstes Gut, sondern nur um den Pfennig zu
tun wäre, wobei es ihnen gleich viel sei, ob dieses Laster ausgereutet oder
fortgepflanzt werde. "Daher dann etliche Richter gefunden werden, welche mit
den Hexen eben wie ein Katz mit der Mauß spielen und lassen sie auff den
stecken fahren oder wider kauften oder übergeben eine dem Heneter zu ver¬
brennen." "Solchen Fürwitz, wiewohl aus guter Meynung", habe mit einem
Zauberer einmal der Groß Hertzog in Reussen geübt, wie Garzonus schreibe:
Dieser König habe einen Gefangenen Namens Lycaon gefragt, ob es wahr sei,
daß er sich in einen Wolf verändern könne. Aus die Bejahung habe er dies,
auf Wunsch des Königs, in einem besonder Gemach vermöge der Kunst, die
er vom Teufel gelernt habe, getan "und ist auf stundt alsbald zum Wolff
worden und mit feurigen Augen und blückender Zän, grausamen auffsperrung
deß Schlunds und auffgespreusten Brüsten ging er bei den Hütern umb".
Darauf seien "zween Docken auf dieß cibschewlich nionstrum gehetzt, so ihn
zerrissen haben". In diesem Falle, so entwickelt der gelehrte Professor, sei der
König noch gut weggekommen, aber, wie Jesus sprach sage, wer die Gefahr
liebt, werde darin umkommen; das hätten vor etlichen Jahren luZioos in
Weltschland erfahren, als sie der Bekenntniß einer Zauberin wenig glauben
geben wolten, sie Hütten dann die Wunder selbst mit Augen gesehen. Es schreibe
nämlich "der berümbte scribere Oninarms, was sich in dem Flecken Mendristo
hab zugetragen: Vor 50 Jahren habe sich der Richter mit einem Notar von
einer Zauberin an einem Donnerstag abend auf ihren Zauberdäntz oder platz
führen lassen; dort hätten sie viele Leute um einen "gleichfalls sehr grossen
Herrn getroffen (es war der Teuffel in ein Böckh gestalt)", auf dessen Geheiß
die vielen Leute jene beiden "dermassen gebrügelt und zerschmissen" hätten, daß
sie in 15 Tagen gestorben seien. Diese Wunder und schröckliche History sollte
anderen iuynisitMibus zur Warnung seyn, daß sie sich in ihrem Nefihr halten."
Das den Leuten würdigern Standes zustehende Privileg milder Torquierung
wollten ihnen einige Skribenten "abzwacken".

Ein besondrer Titel befaßt sich mit der Frage, ob ein Bekenntnis für
giltig angesehen werden soll, wenn es durch des Richters falsche Verheißung
hervorgerufen ist. Sie werde von einigen, darunter v. Bodinus, der rühmliche
von Hexerei handelnde Bücher geschrieben habe, bejaht; aber diese Lehre sei
smAularis. neu und falsch, und dieses Buch sei vom Tridentiner Concil den
Catholischen verboten, denn wer Lügen redet, komme dabei um. Nicht lügen
heiße aber, durch zweideutige Worte einem fürwitzigen oder bösen Menschen die
Wahrheit verbergen; von etlichen würden die Richter entschuldigt, die mit


Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

oder Verblendung der Augen beruhten. Diese möchten dann wohl an Phanta-
seyen glauben oder als „heimliche getrewe Hexen-xatrom die Sache gern
disputirlich machen und vertuschen". Wie unglücklich aber solche Eyfferer diesen
Handel führen, habe man öfter bei?ribuvMbus gesehen. Von diesen Richtern
werde solche wichtige Sache nicht anders versehen, als wenn es sich nicht um
Gottes Ehr oder der Seelen höchstes Gut, sondern nur um den Pfennig zu
tun wäre, wobei es ihnen gleich viel sei, ob dieses Laster ausgereutet oder
fortgepflanzt werde. „Daher dann etliche Richter gefunden werden, welche mit
den Hexen eben wie ein Katz mit der Mauß spielen und lassen sie auff den
stecken fahren oder wider kauften oder übergeben eine dem Heneter zu ver¬
brennen." „Solchen Fürwitz, wiewohl aus guter Meynung", habe mit einem
Zauberer einmal der Groß Hertzog in Reussen geübt, wie Garzonus schreibe:
Dieser König habe einen Gefangenen Namens Lycaon gefragt, ob es wahr sei,
daß er sich in einen Wolf verändern könne. Aus die Bejahung habe er dies,
auf Wunsch des Königs, in einem besonder Gemach vermöge der Kunst, die
er vom Teufel gelernt habe, getan „und ist auf stundt alsbald zum Wolff
worden und mit feurigen Augen und blückender Zän, grausamen auffsperrung
deß Schlunds und auffgespreusten Brüsten ging er bei den Hütern umb".
Darauf seien „zween Docken auf dieß cibschewlich nionstrum gehetzt, so ihn
zerrissen haben". In diesem Falle, so entwickelt der gelehrte Professor, sei der
König noch gut weggekommen, aber, wie Jesus sprach sage, wer die Gefahr
liebt, werde darin umkommen; das hätten vor etlichen Jahren luZioos in
Weltschland erfahren, als sie der Bekenntniß einer Zauberin wenig glauben
geben wolten, sie Hütten dann die Wunder selbst mit Augen gesehen. Es schreibe
nämlich „der berümbte scribere Oninarms, was sich in dem Flecken Mendristo
hab zugetragen: Vor 50 Jahren habe sich der Richter mit einem Notar von
einer Zauberin an einem Donnerstag abend auf ihren Zauberdäntz oder platz
führen lassen; dort hätten sie viele Leute um einen »gleichfalls sehr grossen
Herrn getroffen (es war der Teuffel in ein Böckh gestalt)«, auf dessen Geheiß
die vielen Leute jene beiden »dermassen gebrügelt und zerschmissen« hätten, daß
sie in 15 Tagen gestorben seien. Diese Wunder und schröckliche History sollte
anderen iuynisitMibus zur Warnung seyn, daß sie sich in ihrem Nefihr halten."
Das den Leuten würdigern Standes zustehende Privileg milder Torquierung
wollten ihnen einige Skribenten „abzwacken".

Ein besondrer Titel befaßt sich mit der Frage, ob ein Bekenntnis für
giltig angesehen werden soll, wenn es durch des Richters falsche Verheißung
hervorgerufen ist. Sie werde von einigen, darunter v. Bodinus, der rühmliche
von Hexerei handelnde Bücher geschrieben habe, bejaht; aber diese Lehre sei
smAularis. neu und falsch, und dieses Buch sei vom Tridentiner Concil den
Catholischen verboten, denn wer Lügen redet, komme dabei um. Nicht lügen
heiße aber, durch zweideutige Worte einem fürwitzigen oder bösen Menschen die
Wahrheit verbergen; von etlichen würden die Richter entschuldigt, die mit


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0140" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311827"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_530" prev="#ID_529"> oder Verblendung der Augen beruhten. Diese möchten dann wohl an Phanta-<lb/>
seyen glauben oder als &#x201E;heimliche getrewe Hexen-xatrom die Sache gern<lb/>
disputirlich machen und vertuschen". Wie unglücklich aber solche Eyfferer diesen<lb/>
Handel führen, habe man öfter bei?ribuvMbus gesehen. Von diesen Richtern<lb/>
werde solche wichtige Sache nicht anders versehen, als wenn es sich nicht um<lb/>
Gottes Ehr oder der Seelen höchstes Gut, sondern nur um den Pfennig zu<lb/>
tun wäre, wobei es ihnen gleich viel sei, ob dieses Laster ausgereutet oder<lb/>
fortgepflanzt werde. &#x201E;Daher dann etliche Richter gefunden werden, welche mit<lb/>
den Hexen eben wie ein Katz mit der Mauß spielen und lassen sie auff den<lb/>
stecken fahren oder wider kauften oder übergeben eine dem Heneter zu ver¬<lb/>
brennen." &#x201E;Solchen Fürwitz, wiewohl aus guter Meynung", habe mit einem<lb/>
Zauberer einmal der Groß Hertzog in Reussen geübt, wie Garzonus schreibe:<lb/>
Dieser König habe einen Gefangenen Namens Lycaon gefragt, ob es wahr sei,<lb/>
daß er sich in einen Wolf verändern könne. Aus die Bejahung habe er dies,<lb/>
auf Wunsch des Königs, in einem besonder Gemach vermöge der Kunst, die<lb/>
er vom Teufel gelernt habe, getan &#x201E;und ist auf stundt alsbald zum Wolff<lb/>
worden und mit feurigen Augen und blückender Zän, grausamen auffsperrung<lb/>
deß Schlunds und auffgespreusten Brüsten ging er bei den Hütern umb".<lb/>
Darauf seien &#x201E;zween Docken auf dieß cibschewlich nionstrum gehetzt, so ihn<lb/>
zerrissen haben". In diesem Falle, so entwickelt der gelehrte Professor, sei der<lb/>
König noch gut weggekommen, aber, wie Jesus sprach sage, wer die Gefahr<lb/>
liebt, werde darin umkommen; das hätten vor etlichen Jahren luZioos in<lb/>
Weltschland erfahren, als sie der Bekenntniß einer Zauberin wenig glauben<lb/>
geben wolten, sie Hütten dann die Wunder selbst mit Augen gesehen. Es schreibe<lb/>
nämlich &#x201E;der berümbte scribere Oninarms, was sich in dem Flecken Mendristo<lb/>
hab zugetragen: Vor 50 Jahren habe sich der Richter mit einem Notar von<lb/>
einer Zauberin an einem Donnerstag abend auf ihren Zauberdäntz oder platz<lb/>
führen lassen; dort hätten sie viele Leute um einen »gleichfalls sehr grossen<lb/>
Herrn getroffen (es war der Teuffel in ein Böckh gestalt)«, auf dessen Geheiß<lb/>
die vielen Leute jene beiden »dermassen gebrügelt und zerschmissen« hätten, daß<lb/>
sie in 15 Tagen gestorben seien. Diese Wunder und schröckliche History sollte<lb/>
anderen iuynisitMibus zur Warnung seyn, daß sie sich in ihrem Nefihr halten."<lb/>
Das den Leuten würdigern Standes zustehende Privileg milder Torquierung<lb/>
wollten ihnen einige Skribenten &#x201E;abzwacken".</p><lb/>
          <p xml:id="ID_531" next="#ID_532"> Ein besondrer Titel befaßt sich mit der Frage, ob ein Bekenntnis für<lb/>
giltig angesehen werden soll, wenn es durch des Richters falsche Verheißung<lb/>
hervorgerufen ist. Sie werde von einigen, darunter v. Bodinus, der rühmliche<lb/>
von Hexerei handelnde Bücher geschrieben habe, bejaht; aber diese Lehre sei<lb/>
smAularis. neu und falsch, und dieses Buch sei vom Tridentiner Concil den<lb/>
Catholischen verboten, denn wer Lügen redet, komme dabei um. Nicht lügen<lb/>
heiße aber, durch zweideutige Worte einem fürwitzigen oder bösen Menschen die<lb/>
Wahrheit verbergen; von etlichen würden die Richter entschuldigt, die mit</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0140] Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen oder Verblendung der Augen beruhten. Diese möchten dann wohl an Phanta- seyen glauben oder als „heimliche getrewe Hexen-xatrom die Sache gern disputirlich machen und vertuschen". Wie unglücklich aber solche Eyfferer diesen Handel führen, habe man öfter bei?ribuvMbus gesehen. Von diesen Richtern werde solche wichtige Sache nicht anders versehen, als wenn es sich nicht um Gottes Ehr oder der Seelen höchstes Gut, sondern nur um den Pfennig zu tun wäre, wobei es ihnen gleich viel sei, ob dieses Laster ausgereutet oder fortgepflanzt werde. „Daher dann etliche Richter gefunden werden, welche mit den Hexen eben wie ein Katz mit der Mauß spielen und lassen sie auff den stecken fahren oder wider kauften oder übergeben eine dem Heneter zu ver¬ brennen." „Solchen Fürwitz, wiewohl aus guter Meynung", habe mit einem Zauberer einmal der Groß Hertzog in Reussen geübt, wie Garzonus schreibe: Dieser König habe einen Gefangenen Namens Lycaon gefragt, ob es wahr sei, daß er sich in einen Wolf verändern könne. Aus die Bejahung habe er dies, auf Wunsch des Königs, in einem besonder Gemach vermöge der Kunst, die er vom Teufel gelernt habe, getan „und ist auf stundt alsbald zum Wolff worden und mit feurigen Augen und blückender Zän, grausamen auffsperrung deß Schlunds und auffgespreusten Brüsten ging er bei den Hütern umb". Darauf seien „zween Docken auf dieß cibschewlich nionstrum gehetzt, so ihn zerrissen haben". In diesem Falle, so entwickelt der gelehrte Professor, sei der König noch gut weggekommen, aber, wie Jesus sprach sage, wer die Gefahr liebt, werde darin umkommen; das hätten vor etlichen Jahren luZioos in Weltschland erfahren, als sie der Bekenntniß einer Zauberin wenig glauben geben wolten, sie Hütten dann die Wunder selbst mit Augen gesehen. Es schreibe nämlich „der berümbte scribere Oninarms, was sich in dem Flecken Mendristo hab zugetragen: Vor 50 Jahren habe sich der Richter mit einem Notar von einer Zauberin an einem Donnerstag abend auf ihren Zauberdäntz oder platz führen lassen; dort hätten sie viele Leute um einen »gleichfalls sehr grossen Herrn getroffen (es war der Teuffel in ein Böckh gestalt)«, auf dessen Geheiß die vielen Leute jene beiden »dermassen gebrügelt und zerschmissen« hätten, daß sie in 15 Tagen gestorben seien. Diese Wunder und schröckliche History sollte anderen iuynisitMibus zur Warnung seyn, daß sie sich in ihrem Nefihr halten." Das den Leuten würdigern Standes zustehende Privileg milder Torquierung wollten ihnen einige Skribenten „abzwacken". Ein besondrer Titel befaßt sich mit der Frage, ob ein Bekenntnis für giltig angesehen werden soll, wenn es durch des Richters falsche Verheißung hervorgerufen ist. Sie werde von einigen, darunter v. Bodinus, der rühmliche von Hexerei handelnde Bücher geschrieben habe, bejaht; aber diese Lehre sei smAularis. neu und falsch, und dieses Buch sei vom Tridentiner Concil den Catholischen verboten, denn wer Lügen redet, komme dabei um. Nicht lügen heiße aber, durch zweideutige Worte einem fürwitzigen oder bösen Menschen die Wahrheit verbergen; von etlichen würden die Richter entschuldigt, die mit

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/140
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/140>, abgerufen am 24.07.2024.