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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

gebraucht werden. Übrigens pflegten "die Zauberer "dier^oteres, Zeichen,
Wurtzeln und dergleichen Lumpensachen, die sie von dem Bösen überkommen,
in den Haaren und andern örthern des Leibs verborgen zu halten, welche
bisweilen, jedoch nicht allzeit, ihnen durchhelffen".

Von einem solchen, der "Zauberische odar^otörss und Buchstaben bey ihme
hatte", schreibe Le-ini^ins lib. 2 äasinon. <z. 4: "Daß zu der zeit, als Lilsrius,
der Königin in Dennemark Christiana führnehmer Rast, war heimblicher weiß
umbgebracht, als balt ein fleissiges nachfragen erfolget, ist einer auß denen,
die umb die Sach Wissenschaft trugen, LeiÜAvus mit namen von freyen Stücken
dem IncMsitori oder denen die in suchten, entgegen gangen, dieweil er sich aufs
etliche Teufflische buchstaben, so er von einem Marckkrämer oder Stöhrer über¬
kommen hat, Verliese: und hat ihm auch der Anschlag wenig gefehlt, dann die
Folter Instrumenten feinde eher zerbrochen, als er bekannt hat. Zuletzt, weil
ihn sein Gewissen beängstiget und die That lenger nicht verbergen kundt, hat
er selbst freywillig bekannt und ist enthaupt worden."

Was die Vernehmung der der Zauberei Angeklagten betrifft, so seien
bestimmte Fragen vorgeschrieben, namentlich was für eine "Eydpslicht" sie dem
verdampten Geist leisten, mit welcher Feierlichkeit dies zugehe, wie sie hinaus
"auf die Zauberischen Dcmtzplätz gebracht werden", "ob sie wachend zu den
zauberischen Zusammenkünften und durch die Lufft leibhafftig fahren, mit was
Gelegenheit sie hin und her kommen, ob es ihnen vielleicht bißweilen geträumt
habe, ob sie ihre Mitgespielen und böse Geister an solchen Orthen durch eine
Verblendung oder aber wesentlich mit äugen gesehen haben, was für Opffer
und Diensten sie ihrem Abgott erzeigen müssen, wie vit und welche Zauberische
Leut mit ihnen aufs den Hexeplätzen und bey den Geistern gewesen seyen, wie
lang sie sich pflegen auffzuhalten, an was örther, in der Wiltnuß in Bergen
oder fremden Hausiern".

Die Frage, ob ein der Zauberei Angeklagter mehrmals gefoltert werden
dürfe, wird sehr ausführlich behandelt. Solange der Richter noch in Zweifel
ist, ob genügende Ursache dazu vorliegt, soll er davon absehen, ebenso wenn
der Beklagte nicht "leibsstarck" genug ist, im allgemeinen aber sei es in Rechten
erlaubt. Die Gründe der Wiederholung sind: wenn neue, wichtige Anzeichen
vorliegen, sodann weil der rhus in der ersten Tortur wegen Krankheit "nicht
ganz oder complet gefoltert war und wegen der milderen Applicirung der
Instrumente zu geringe Peyn ausgestanden" habe, sodaß er sich nun "durch
völlig angetragene Tortur recht purgiren" müsse. Es sollen aber wenigstens
zwei oder drei Tage zwischen beiden Torturen liegen. Ferner wird die Folter
wiederholt, "wann rsug oder rsa sein oomMoss und Zauberische Mitgespielen
nicht nennen wil, dann sie wird selten ohn Geselschafft angefangen, wie man
in IribunaliduL jederzeit erfahren hat. Und wirdt dieses in allen Gerichts¬
stätten ungezweifelt observirt." Der vierte Grund zur Wiederholung der Folter
ist, wenn rhus oder rsg, von dem bei der ersten Folter abgelegten Bekennnis


Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

gebraucht werden. Übrigens pflegten „die Zauberer «dier^oteres, Zeichen,
Wurtzeln und dergleichen Lumpensachen, die sie von dem Bösen überkommen,
in den Haaren und andern örthern des Leibs verborgen zu halten, welche
bisweilen, jedoch nicht allzeit, ihnen durchhelffen".

Von einem solchen, der „Zauberische odar^otörss und Buchstaben bey ihme
hatte", schreibe Le-ini^ins lib. 2 äasinon. <z. 4: „Daß zu der zeit, als Lilsrius,
der Königin in Dennemark Christiana führnehmer Rast, war heimblicher weiß
umbgebracht, als balt ein fleissiges nachfragen erfolget, ist einer auß denen,
die umb die Sach Wissenschaft trugen, LeiÜAvus mit namen von freyen Stücken
dem IncMsitori oder denen die in suchten, entgegen gangen, dieweil er sich aufs
etliche Teufflische buchstaben, so er von einem Marckkrämer oder Stöhrer über¬
kommen hat, Verliese: und hat ihm auch der Anschlag wenig gefehlt, dann die
Folter Instrumenten feinde eher zerbrochen, als er bekannt hat. Zuletzt, weil
ihn sein Gewissen beängstiget und die That lenger nicht verbergen kundt, hat
er selbst freywillig bekannt und ist enthaupt worden."

Was die Vernehmung der der Zauberei Angeklagten betrifft, so seien
bestimmte Fragen vorgeschrieben, namentlich was für eine „Eydpslicht" sie dem
verdampten Geist leisten, mit welcher Feierlichkeit dies zugehe, wie sie hinaus
„auf die Zauberischen Dcmtzplätz gebracht werden", „ob sie wachend zu den
zauberischen Zusammenkünften und durch die Lufft leibhafftig fahren, mit was
Gelegenheit sie hin und her kommen, ob es ihnen vielleicht bißweilen geträumt
habe, ob sie ihre Mitgespielen und böse Geister an solchen Orthen durch eine
Verblendung oder aber wesentlich mit äugen gesehen haben, was für Opffer
und Diensten sie ihrem Abgott erzeigen müssen, wie vit und welche Zauberische
Leut mit ihnen aufs den Hexeplätzen und bey den Geistern gewesen seyen, wie
lang sie sich pflegen auffzuhalten, an was örther, in der Wiltnuß in Bergen
oder fremden Hausiern".

Die Frage, ob ein der Zauberei Angeklagter mehrmals gefoltert werden
dürfe, wird sehr ausführlich behandelt. Solange der Richter noch in Zweifel
ist, ob genügende Ursache dazu vorliegt, soll er davon absehen, ebenso wenn
der Beklagte nicht „leibsstarck" genug ist, im allgemeinen aber sei es in Rechten
erlaubt. Die Gründe der Wiederholung sind: wenn neue, wichtige Anzeichen
vorliegen, sodann weil der rhus in der ersten Tortur wegen Krankheit „nicht
ganz oder complet gefoltert war und wegen der milderen Applicirung der
Instrumente zu geringe Peyn ausgestanden" habe, sodaß er sich nun „durch
völlig angetragene Tortur recht purgiren" müsse. Es sollen aber wenigstens
zwei oder drei Tage zwischen beiden Torturen liegen. Ferner wird die Folter
wiederholt, „wann rsug oder rsa sein oomMoss und Zauberische Mitgespielen
nicht nennen wil, dann sie wird selten ohn Geselschafft angefangen, wie man
in IribunaliduL jederzeit erfahren hat. Und wirdt dieses in allen Gerichts¬
stätten ungezweifelt observirt." Der vierte Grund zur Wiederholung der Folter
ist, wenn rhus oder rsg, von dem bei der ersten Folter abgelegten Bekennnis


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[0138] Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen gebraucht werden. Übrigens pflegten „die Zauberer «dier^oteres, Zeichen, Wurtzeln und dergleichen Lumpensachen, die sie von dem Bösen überkommen, in den Haaren und andern örthern des Leibs verborgen zu halten, welche bisweilen, jedoch nicht allzeit, ihnen durchhelffen". Von einem solchen, der „Zauberische odar^otörss und Buchstaben bey ihme hatte", schreibe Le-ini^ins lib. 2 äasinon. <z. 4: „Daß zu der zeit, als Lilsrius, der Königin in Dennemark Christiana führnehmer Rast, war heimblicher weiß umbgebracht, als balt ein fleissiges nachfragen erfolget, ist einer auß denen, die umb die Sach Wissenschaft trugen, LeiÜAvus mit namen von freyen Stücken dem IncMsitori oder denen die in suchten, entgegen gangen, dieweil er sich aufs etliche Teufflische buchstaben, so er von einem Marckkrämer oder Stöhrer über¬ kommen hat, Verliese: und hat ihm auch der Anschlag wenig gefehlt, dann die Folter Instrumenten feinde eher zerbrochen, als er bekannt hat. Zuletzt, weil ihn sein Gewissen beängstiget und die That lenger nicht verbergen kundt, hat er selbst freywillig bekannt und ist enthaupt worden." Was die Vernehmung der der Zauberei Angeklagten betrifft, so seien bestimmte Fragen vorgeschrieben, namentlich was für eine „Eydpslicht" sie dem verdampten Geist leisten, mit welcher Feierlichkeit dies zugehe, wie sie hinaus „auf die Zauberischen Dcmtzplätz gebracht werden", „ob sie wachend zu den zauberischen Zusammenkünften und durch die Lufft leibhafftig fahren, mit was Gelegenheit sie hin und her kommen, ob es ihnen vielleicht bißweilen geträumt habe, ob sie ihre Mitgespielen und böse Geister an solchen Orthen durch eine Verblendung oder aber wesentlich mit äugen gesehen haben, was für Opffer und Diensten sie ihrem Abgott erzeigen müssen, wie vit und welche Zauberische Leut mit ihnen aufs den Hexeplätzen und bey den Geistern gewesen seyen, wie lang sie sich pflegen auffzuhalten, an was örther, in der Wiltnuß in Bergen oder fremden Hausiern". Die Frage, ob ein der Zauberei Angeklagter mehrmals gefoltert werden dürfe, wird sehr ausführlich behandelt. Solange der Richter noch in Zweifel ist, ob genügende Ursache dazu vorliegt, soll er davon absehen, ebenso wenn der Beklagte nicht „leibsstarck" genug ist, im allgemeinen aber sei es in Rechten erlaubt. Die Gründe der Wiederholung sind: wenn neue, wichtige Anzeichen vorliegen, sodann weil der rhus in der ersten Tortur wegen Krankheit „nicht ganz oder complet gefoltert war und wegen der milderen Applicirung der Instrumente zu geringe Peyn ausgestanden" habe, sodaß er sich nun „durch völlig angetragene Tortur recht purgiren" müsse. Es sollen aber wenigstens zwei oder drei Tage zwischen beiden Torturen liegen. Ferner wird die Folter wiederholt, „wann rsug oder rsa sein oomMoss und Zauberische Mitgespielen nicht nennen wil, dann sie wird selten ohn Geselschafft angefangen, wie man in IribunaliduL jederzeit erfahren hat. Und wirdt dieses in allen Gerichts¬ stätten ungezweifelt observirt." Der vierte Grund zur Wiederholung der Folter ist, wenn rhus oder rsg, von dem bei der ersten Folter abgelegten Bekennnis

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/138>, abgerufen am 24.07.2024.