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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

brauch, daß ein Reu8 nicht über ein Stund und in eim Tag nit mehr als
einmal gefoltert sol werden". .

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Was andre Arten zu foltern betrifft, so "als man zur Prob die Unholden
in tieffe Wässer sencket oder aufs Kohlen oder glüend Eyssen tretten last", so
seien sie vom "Bapst Honorio III verbotten. weil nicht allein viel abergläubische
8axer8tit,iov.o8 mit einschleichen, sondern auch ungewisse xrowt-ioiiös seyn, wie
dan auch der Almächtig Gott nicht einem jeden seine Wunder zeygen wil.
Solches aber von Gott zu begeren oder bei der y^lion zu erfahren, heist aus
grobem Verstande mit Sünd Gott versuchen. Diese Prob ist von deß bösen
Satans Listigkeit eingeführt worden." Ms aber der Richter dennoch jemand
auf diese Weise zum Bekennen gebracht hat. so könne dieser, wie viele Doktoren
lehren, nicht mit Recht zum Tode verurteilt werden. Nun gebe es noch eine
"newe und Leichte Manier, die Reo8 zur Bekanntnuß zu bringen": Marsilms
rede nämlich aä I. 1 as auaest,. von einem "untrüglichen Folter der Unschläffig-
keit oder embsiges Wachens; der Reu" werde auff ein Bauet gesetzt und zween
darzu bestelle Knecht werden ihme zugesellet, diese verHuten fleißig daß er
nimmer einschläffe, weder deß Nachts noch am Tag. und wann der Leu" das
Haupt auff ein Seht hencken läst und Wässerig ist. stoßt ihn der Knecht so
auff derselben Sester sitzt und hebt ihm den Kopff wider aussi Desgleichen
thut der ander Knecht wann er auff der ander Seht hencken ""d schlaffen w:l
Wann aber die Knecht müde seindt. s°l man zween andere wachsame Knech^herbeiwringen." Dies Weise, sage Marsilius. se. oft gluck ich versucht, und sie
empfehle sich als lind, weil sie "dem Leib nit wehe thut". Sie werde auch
jetzt an etlichen Orten angewandt, wiewohl etwan ein Krankheit daraus zu
besorgen sei. wie man infolgedessen auch "leicht von sinnen" komme oder in
Sinn dermaßen verändert" werde, daß man "Weiß für Schwartz zur Antwort
giebt". Derowegen werde fürs beste gehalten, daß an Ma Orte die gebräuch¬
lichen Instrumente und Tortur beibehalten werden; die Akademie in Freiburg
freilich gestatte auch neue Arten. Übrigens nasse da es bisweilen in Flecken
und Dörfern schlechte Leute gebe, die zu diesem Gerichte zugezogen werden,
den Folterknechten auf die Finger gesehen werden. sonst konnte em Fehl be¬
gangen werden weil solche Leute "nit auff die Menschen, sondern allein auff
das Gelt sehen"; alsdann müsse ein verständiger Richter mit andern weisen
Leuten, die durch Examen wohl verordnet und gezogen seien, neue Knechte
heranziehen

Daß man dem Angeklagten das Haar abschneiden lasse, ihm einen Sack
anlege und mit dergleichen ihn zur Tortur präpariere, könne ohne Sund und
aus guter Meinung wohl geschehen; auch damit er kein verbottene Such oder
Kunststück bei ihm verborgen halte und die Verbundnuß mit dem bösen Geist
leichtlicher entdecket werde, wird diese Ceremoni in Iribuua1ihn8 für gut erkant ;
wenn aber einer glauben sollte, der Rhus müsse nach abgeschnittenen Haaren
gleich bekennen, so sei dies "ein Mißglaub" und solle zu diesem Ende acht


Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

brauch, daß ein Reu8 nicht über ein Stund und in eim Tag nit mehr als
einmal gefoltert sol werden". .

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Was andre Arten zu foltern betrifft, so „als man zur Prob die Unholden
in tieffe Wässer sencket oder aufs Kohlen oder glüend Eyssen tretten last", so
seien sie vom „Bapst Honorio III verbotten. weil nicht allein viel abergläubische
8axer8tit,iov.o8 mit einschleichen, sondern auch ungewisse xrowt-ioiiös seyn, wie
dan auch der Almächtig Gott nicht einem jeden seine Wunder zeygen wil.
Solches aber von Gott zu begeren oder bei der y^lion zu erfahren, heist aus
grobem Verstande mit Sünd Gott versuchen. Diese Prob ist von deß bösen
Satans Listigkeit eingeführt worden." Ms aber der Richter dennoch jemand
auf diese Weise zum Bekennen gebracht hat. so könne dieser, wie viele Doktoren
lehren, nicht mit Recht zum Tode verurteilt werden. Nun gebe es noch eine
„newe und Leichte Manier, die Reo8 zur Bekanntnuß zu bringen": Marsilms
rede nämlich aä I. 1 as auaest,. von einem „untrüglichen Folter der Unschläffig-
keit oder embsiges Wachens; der Reu« werde auff ein Bauet gesetzt und zween
darzu bestelle Knecht werden ihme zugesellet, diese verHuten fleißig daß er
nimmer einschläffe, weder deß Nachts noch am Tag. und wann der Leu« das
Haupt auff ein Seht hencken läst und Wässerig ist. stoßt ihn der Knecht so
auff derselben Sester sitzt und hebt ihm den Kopff wider aussi Desgleichen
thut der ander Knecht wann er auff der ander Seht hencken »"d schlaffen w:l
Wann aber die Knecht müde seindt. s°l man zween andere wachsame Knech^herbeiwringen." Dies Weise, sage Marsilius. se. oft gluck ich versucht, und sie
empfehle sich als lind, weil sie „dem Leib nit wehe thut". Sie werde auch
jetzt an etlichen Orten angewandt, wiewohl etwan ein Krankheit daraus zu
besorgen sei. wie man infolgedessen auch „leicht von sinnen" komme oder in
Sinn dermaßen verändert" werde, daß man „Weiß für Schwartz zur Antwort
giebt". Derowegen werde fürs beste gehalten, daß an Ma Orte die gebräuch¬
lichen Instrumente und Tortur beibehalten werden; die Akademie in Freiburg
freilich gestatte auch neue Arten. Übrigens nasse da es bisweilen in Flecken
und Dörfern schlechte Leute gebe, die zu diesem Gerichte zugezogen werden,
den Folterknechten auf die Finger gesehen werden. sonst konnte em Fehl be¬
gangen werden weil solche Leute „nit auff die Menschen, sondern allein auff
das Gelt sehen"; alsdann müsse ein verständiger Richter mit andern weisen
Leuten, die durch Examen wohl verordnet und gezogen seien, neue Knechte
heranziehen

Daß man dem Angeklagten das Haar abschneiden lasse, ihm einen Sack
anlege und mit dergleichen ihn zur Tortur präpariere, könne ohne Sund und
aus guter Meinung wohl geschehen; auch damit er kein verbottene Such oder
Kunststück bei ihm verborgen halte und die Verbundnuß mit dem bösen Geist
leichtlicher entdecket werde, wird diese Ceremoni in Iribuua1ihn8 für gut erkant ;
wenn aber einer glauben sollte, der Rhus müsse nach abgeschnittenen Haaren
gleich bekennen, so sei dies „ein Mißglaub" und solle zu diesem Ende acht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/137>, abgerufen am 24.07.2024.