Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.Ameri?awa"deruiigen eines Deutschen amerikanischen Einfluß ausgesetzt sind, und die deutsche Seeschiffahrt mit Nord-, Außerdem muß streng unterschieden werden zwischen den Republiken, die Unsre amtlichen Vertreter in Amerika haben mit wenigen Ausnahmen nicht Ameri?awa»deruiigen eines Deutschen amerikanischen Einfluß ausgesetzt sind, und die deutsche Seeschiffahrt mit Nord-, Außerdem muß streng unterschieden werden zwischen den Republiken, die Unsre amtlichen Vertreter in Amerika haben mit wenigen Ausnahmen nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311155"/> <fw type="header" place="top"> Ameri?awa»deruiigen eines Deutschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_288" prev="#ID_287"> amerikanischen Einfluß ausgesetzt sind, und die deutsche Seeschiffahrt mit Nord-,<lb/> Mittel- und Südamerika hat einen Aufschwung ohnegleichen genommen. Wilda<lb/> ist auch nicht immer genau von den neueren Tatsachen unterrichtet. So findet<lb/> er es zum Beispiel betrübend, daß die Filiale der Deutschen Überseeischen Bank<lb/> in Mexiko im Verein mit nordamerikanischen und mexikanischen Firmen in eine<lb/> mexikanische Aktienbank umgewandelt worden ist, erwähnt aber nicht, daß un¬<lb/> mittelbar darauf von dem deutschen Bankier Hugo Scherer unter Mitwirkung<lb/> der Dresdner Bankgruppe eine Filiale der Deutsch-Südamerikanischen Bank in<lb/> Mexiko errichtet wurde, die ausschließlich deutsche Interessen vertritt, sodaß<lb/> keinerlei Veränderungen in den Machtverhältnissen zwischen deutschem und nord-<lb/> amerikanischen Bankkapital in Mexiko eingetreten ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_289"> Außerdem muß streng unterschieden werden zwischen den Republiken, die<lb/> schon jetzt oder nach Eröffnung des Panamakanals in den geographische» Rayon<lb/> der Union fallen, und denen, die außerhalb dieses liegen. Gewiß werden sich<lb/> die Vereinigten Staaten alle zentralamerikanischen Freistaaten in irgendeiner<lb/> Form angliedern, sobald es ihnen beliebt, und sich Kolumbien, Ecuador und<lb/> Peru botmäßig machen können, aber bei dem Fehlen eines Landheeres würde<lb/> ein Krieg der Union mit dem benachbarten gutgerüsteten Mexiko, dem nach<lb/> preußischem Muster militärisch gedrillten Chile oder auch mit Venezuela,<lb/> Brasilien oder Argentinien für sie ein Wagnis bedeuten, dessen tatsächlicher Er¬<lb/> folg denn doch mehr als zweifelhaft wäre. Alle diese zuletzt genannten Länder<lb/> gravitieren aber mehr zu Europa als zu der großen nordischen Schwesterrepublik<lb/> und werden, wenn Europa aufpaßt und am Platze ist, aller Voraussicht nach<lb/> so eurvpafreundlich wie jetzt bleiben und deshalb wirtschaftlich kaum in nähere<lb/> Beziehungen zu Nordamerika treten.</p><lb/> <p xml:id="ID_290" next="#ID_291"> Unsre amtlichen Vertreter in Amerika haben mit wenigen Ausnahmen nicht<lb/> den ungeteilten Beifall Wildas gefunden. Lobend spricht er eigentlich nur von<lb/> den Diplomaten von Waldthausen in Buenos Aires, von Flöckher in Mexiko<lb/> und von Reichenau in Chile, die er wegen ihrer guten Beziehungen zur Landes¬<lb/> regierung und ihrer Kenntnis der Landessprache lobend erwähnt. Das fast überall<lb/> noch herrschende System der deutschen Wahlkonsnln hat ihm gründlich mißfallen.<lb/> Er verlangt dringend den Ersatz der ungenügenden Wahlkonsuln durch Berufs¬<lb/> konsuln, die aber keine Bureaukraten sein dürften. Über unsre damalige Ver¬<lb/> tretung in Rio de Janeiro sagt er: „Nicht nur amtliche Tüchtigkeit, sondern<lb/> auch die Eigenschaft menschlich einfacher Zugünglichkeit sollte bei Besetzung von<lb/> Posten, die nationale Interessen im Auslande wahrzunehmen haben, recht hoch<lb/> veranschlagt werden." Das spricht Bünde, ist aber noch verhältnismüßig ein<lb/> mildes Urteil, wenn man bedenkt, wie die vorzügliche Stellung, die Deutsch¬<lb/> land vor sieben Jahren noch in Brasilien einnahm, durch gewisse Ungeschicklich¬<lb/> keiten gerade in das Gegenteil verwandelt ist. So ist es gekommen, daß die<lb/> Nordamerikaner, die zur Zeit der berüchtigten Wilmington-Expedition auf dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
Ameri?awa»deruiigen eines Deutschen
amerikanischen Einfluß ausgesetzt sind, und die deutsche Seeschiffahrt mit Nord-,
Mittel- und Südamerika hat einen Aufschwung ohnegleichen genommen. Wilda
ist auch nicht immer genau von den neueren Tatsachen unterrichtet. So findet
er es zum Beispiel betrübend, daß die Filiale der Deutschen Überseeischen Bank
in Mexiko im Verein mit nordamerikanischen und mexikanischen Firmen in eine
mexikanische Aktienbank umgewandelt worden ist, erwähnt aber nicht, daß un¬
mittelbar darauf von dem deutschen Bankier Hugo Scherer unter Mitwirkung
der Dresdner Bankgruppe eine Filiale der Deutsch-Südamerikanischen Bank in
Mexiko errichtet wurde, die ausschließlich deutsche Interessen vertritt, sodaß
keinerlei Veränderungen in den Machtverhältnissen zwischen deutschem und nord-
amerikanischen Bankkapital in Mexiko eingetreten ist.
Außerdem muß streng unterschieden werden zwischen den Republiken, die
schon jetzt oder nach Eröffnung des Panamakanals in den geographische» Rayon
der Union fallen, und denen, die außerhalb dieses liegen. Gewiß werden sich
die Vereinigten Staaten alle zentralamerikanischen Freistaaten in irgendeiner
Form angliedern, sobald es ihnen beliebt, und sich Kolumbien, Ecuador und
Peru botmäßig machen können, aber bei dem Fehlen eines Landheeres würde
ein Krieg der Union mit dem benachbarten gutgerüsteten Mexiko, dem nach
preußischem Muster militärisch gedrillten Chile oder auch mit Venezuela,
Brasilien oder Argentinien für sie ein Wagnis bedeuten, dessen tatsächlicher Er¬
folg denn doch mehr als zweifelhaft wäre. Alle diese zuletzt genannten Länder
gravitieren aber mehr zu Europa als zu der großen nordischen Schwesterrepublik
und werden, wenn Europa aufpaßt und am Platze ist, aller Voraussicht nach
so eurvpafreundlich wie jetzt bleiben und deshalb wirtschaftlich kaum in nähere
Beziehungen zu Nordamerika treten.
Unsre amtlichen Vertreter in Amerika haben mit wenigen Ausnahmen nicht
den ungeteilten Beifall Wildas gefunden. Lobend spricht er eigentlich nur von
den Diplomaten von Waldthausen in Buenos Aires, von Flöckher in Mexiko
und von Reichenau in Chile, die er wegen ihrer guten Beziehungen zur Landes¬
regierung und ihrer Kenntnis der Landessprache lobend erwähnt. Das fast überall
noch herrschende System der deutschen Wahlkonsnln hat ihm gründlich mißfallen.
Er verlangt dringend den Ersatz der ungenügenden Wahlkonsuln durch Berufs¬
konsuln, die aber keine Bureaukraten sein dürften. Über unsre damalige Ver¬
tretung in Rio de Janeiro sagt er: „Nicht nur amtliche Tüchtigkeit, sondern
auch die Eigenschaft menschlich einfacher Zugünglichkeit sollte bei Besetzung von
Posten, die nationale Interessen im Auslande wahrzunehmen haben, recht hoch
veranschlagt werden." Das spricht Bünde, ist aber noch verhältnismüßig ein
mildes Urteil, wenn man bedenkt, wie die vorzügliche Stellung, die Deutsch¬
land vor sieben Jahren noch in Brasilien einnahm, durch gewisse Ungeschicklich¬
keiten gerade in das Gegenteil verwandelt ist. So ist es gekommen, daß die
Nordamerikaner, die zur Zeit der berüchtigten Wilmington-Expedition auf dem
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