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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Aoloiliall! Lingeboriieilpolitik und ArKeiterfragc

Seiten müßte streng überwacht werden, vielleicht durch Kontrollierung an den
Lohntagen durch besondre Beamte,

Eine wichtige Rolle bei der Erziehung der Eingebornen spielt die Besteuerung,
Vorwiegend von diesem Standpunkt aus, erst in zweiter Linie aus fiskalischen
Gründen ist in einem Teil der Kolonien eine tzüttenstener eingeführt worden,
Sie erfüllt aber diese Aufgabe nur unvollkommen, weil sie die Steuerkraft der
Eingebornen nur zum Teil erfaßt und von faulen Elementen leicht umgangen
werden kann. Gerechter und einträglicher und von größerer erzieherischer Wirkung
wäre eine Kopfsteuer für alle arbeitsfähigen männlichen Eingebornen, Übrigens
kann auch die indirekte Besteuerung dem Zweck der Erziehung zur Arbeit dienst¬
bar gemacht werden. Wenn notwendige Verbrauchsartikel besteuert werden, so
werden auch die Stämme davon betroffen, bei denen aus irgendeinem Grunde
eine direkte Steuer noch nicht eingeführt werden kann. Ein solcher Artikel ist
z. B. das Salz. Ceylon mit seinen vier Millionen Einwohnern zieht aus dem
Einfuhrzoll für Salz jährlich fast zwei Millionen Mark oder 45 Pfennige pro
Kopf der Bevölkerung. Unsern Negern würde eine solche kleine Verteuerung
auch nichts schaden.

Man muß übrigens die Schwarzen nur richtig zu nehmen wissen, so findet
man für alles Verständnis. Zum Zweck der Steuerkontrolle hatte zum Beispiel
der obenerwähnte Hauptmann A. Forel im Bezirk Moschi eine dnrchlvchte Messing¬
marke eingeführt, die jeder Neger bestündig bei sich führen mußte. Sie war
mit laufender Nummer, Jahreszahl und Stationsstempel versehen und trug durch
ihr Aussehen zugleich dem Schmuckbedürfnis des Negers Rechnung, deun sie konnte
um den Hals, im Ohr, in der Nase usw. getragen werden. Der Eingeborne ge¬
wann diesem Steuermodus denn auch gleich die ihm verständliche Seite ab und
sagte nicht: "ich zahle Steuer", sondern "ich kaufe eine Stenermarke". Der Ertrag
der Steuer stieg dadurch in einem Jahre von 44000 auf 85000 Rupien,

Dieser kleine Zug zeigt deutlich, wieviel sich bei der Eingebornenerziehung
durch geschickte Benutzung der Eigenart des Negers erreichen läßt. Dazu
brauchen wir aber Beamte, die Land und Leute genau kennen, die mit Lust
und Liebe bei der Sache sind und das Vertrauen der Eingebornen gewonnen
haben. Die Kolonialverwaltung wird es sich in der Folge ganz besonders an¬
gelegen sein lassen müssen, den in letzter Zeit stark verminderten Stamm alter
bewährter Afrikaner zu erhalten oder wieder zu ergänzen, denn diese Männer
sind die Träger unsrer Macht und unsers Ansehens in den Kolonien. In
welchem Grade, hat der letzte Aufstand in Ostafrika gezeigt. Gerade in den
Bezirken, wo solche alte Beamte saßen, oder kurz vorher gewesen waren, blieb
alles ruhig. Dies gibt einen deutlichen Fingerzeig, wie wichtig es ist, daß die
Bezirksämter nicht Durchgangsstellen für höhere Posten sind, sondern daß be¬
währte Beamte diese Posten als Lebensaufgabe betrachten können und dem¬
entsprechend wirtschaftlich sichergestellt werden. Ebenso wichtig ist es, daß
Maßnahmen aller Art, namentlich soweit sie sich auf Eingebornenangelegenheiten


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Seiten müßte streng überwacht werden, vielleicht durch Kontrollierung an den
Lohntagen durch besondre Beamte,

Eine wichtige Rolle bei der Erziehung der Eingebornen spielt die Besteuerung,
Vorwiegend von diesem Standpunkt aus, erst in zweiter Linie aus fiskalischen
Gründen ist in einem Teil der Kolonien eine tzüttenstener eingeführt worden,
Sie erfüllt aber diese Aufgabe nur unvollkommen, weil sie die Steuerkraft der
Eingebornen nur zum Teil erfaßt und von faulen Elementen leicht umgangen
werden kann. Gerechter und einträglicher und von größerer erzieherischer Wirkung
wäre eine Kopfsteuer für alle arbeitsfähigen männlichen Eingebornen, Übrigens
kann auch die indirekte Besteuerung dem Zweck der Erziehung zur Arbeit dienst¬
bar gemacht werden. Wenn notwendige Verbrauchsartikel besteuert werden, so
werden auch die Stämme davon betroffen, bei denen aus irgendeinem Grunde
eine direkte Steuer noch nicht eingeführt werden kann. Ein solcher Artikel ist
z. B. das Salz. Ceylon mit seinen vier Millionen Einwohnern zieht aus dem
Einfuhrzoll für Salz jährlich fast zwei Millionen Mark oder 45 Pfennige pro
Kopf der Bevölkerung. Unsern Negern würde eine solche kleine Verteuerung
auch nichts schaden.

Man muß übrigens die Schwarzen nur richtig zu nehmen wissen, so findet
man für alles Verständnis. Zum Zweck der Steuerkontrolle hatte zum Beispiel
der obenerwähnte Hauptmann A. Forel im Bezirk Moschi eine dnrchlvchte Messing¬
marke eingeführt, die jeder Neger bestündig bei sich führen mußte. Sie war
mit laufender Nummer, Jahreszahl und Stationsstempel versehen und trug durch
ihr Aussehen zugleich dem Schmuckbedürfnis des Negers Rechnung, deun sie konnte
um den Hals, im Ohr, in der Nase usw. getragen werden. Der Eingeborne ge¬
wann diesem Steuermodus denn auch gleich die ihm verständliche Seite ab und
sagte nicht: „ich zahle Steuer", sondern „ich kaufe eine Stenermarke". Der Ertrag
der Steuer stieg dadurch in einem Jahre von 44000 auf 85000 Rupien,

Dieser kleine Zug zeigt deutlich, wieviel sich bei der Eingebornenerziehung
durch geschickte Benutzung der Eigenart des Negers erreichen läßt. Dazu
brauchen wir aber Beamte, die Land und Leute genau kennen, die mit Lust
und Liebe bei der Sache sind und das Vertrauen der Eingebornen gewonnen
haben. Die Kolonialverwaltung wird es sich in der Folge ganz besonders an¬
gelegen sein lassen müssen, den in letzter Zeit stark verminderten Stamm alter
bewährter Afrikaner zu erhalten oder wieder zu ergänzen, denn diese Männer
sind die Träger unsrer Macht und unsers Ansehens in den Kolonien. In
welchem Grade, hat der letzte Aufstand in Ostafrika gezeigt. Gerade in den
Bezirken, wo solche alte Beamte saßen, oder kurz vorher gewesen waren, blieb
alles ruhig. Dies gibt einen deutlichen Fingerzeig, wie wichtig es ist, daß die
Bezirksämter nicht Durchgangsstellen für höhere Posten sind, sondern daß be¬
währte Beamte diese Posten als Lebensaufgabe betrachten können und dem¬
entsprechend wirtschaftlich sichergestellt werden. Ebenso wichtig ist es, daß
Maßnahmen aller Art, namentlich soweit sie sich auf Eingebornenangelegenheiten


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[0411] Aoloiliall! Lingeboriieilpolitik und ArKeiterfragc Seiten müßte streng überwacht werden, vielleicht durch Kontrollierung an den Lohntagen durch besondre Beamte, Eine wichtige Rolle bei der Erziehung der Eingebornen spielt die Besteuerung, Vorwiegend von diesem Standpunkt aus, erst in zweiter Linie aus fiskalischen Gründen ist in einem Teil der Kolonien eine tzüttenstener eingeführt worden, Sie erfüllt aber diese Aufgabe nur unvollkommen, weil sie die Steuerkraft der Eingebornen nur zum Teil erfaßt und von faulen Elementen leicht umgangen werden kann. Gerechter und einträglicher und von größerer erzieherischer Wirkung wäre eine Kopfsteuer für alle arbeitsfähigen männlichen Eingebornen, Übrigens kann auch die indirekte Besteuerung dem Zweck der Erziehung zur Arbeit dienst¬ bar gemacht werden. Wenn notwendige Verbrauchsartikel besteuert werden, so werden auch die Stämme davon betroffen, bei denen aus irgendeinem Grunde eine direkte Steuer noch nicht eingeführt werden kann. Ein solcher Artikel ist z. B. das Salz. Ceylon mit seinen vier Millionen Einwohnern zieht aus dem Einfuhrzoll für Salz jährlich fast zwei Millionen Mark oder 45 Pfennige pro Kopf der Bevölkerung. Unsern Negern würde eine solche kleine Verteuerung auch nichts schaden. Man muß übrigens die Schwarzen nur richtig zu nehmen wissen, so findet man für alles Verständnis. Zum Zweck der Steuerkontrolle hatte zum Beispiel der obenerwähnte Hauptmann A. Forel im Bezirk Moschi eine dnrchlvchte Messing¬ marke eingeführt, die jeder Neger bestündig bei sich führen mußte. Sie war mit laufender Nummer, Jahreszahl und Stationsstempel versehen und trug durch ihr Aussehen zugleich dem Schmuckbedürfnis des Negers Rechnung, deun sie konnte um den Hals, im Ohr, in der Nase usw. getragen werden. Der Eingeborne ge¬ wann diesem Steuermodus denn auch gleich die ihm verständliche Seite ab und sagte nicht: „ich zahle Steuer", sondern „ich kaufe eine Stenermarke". Der Ertrag der Steuer stieg dadurch in einem Jahre von 44000 auf 85000 Rupien, Dieser kleine Zug zeigt deutlich, wieviel sich bei der Eingebornenerziehung durch geschickte Benutzung der Eigenart des Negers erreichen läßt. Dazu brauchen wir aber Beamte, die Land und Leute genau kennen, die mit Lust und Liebe bei der Sache sind und das Vertrauen der Eingebornen gewonnen haben. Die Kolonialverwaltung wird es sich in der Folge ganz besonders an¬ gelegen sein lassen müssen, den in letzter Zeit stark verminderten Stamm alter bewährter Afrikaner zu erhalten oder wieder zu ergänzen, denn diese Männer sind die Träger unsrer Macht und unsers Ansehens in den Kolonien. In welchem Grade, hat der letzte Aufstand in Ostafrika gezeigt. Gerade in den Bezirken, wo solche alte Beamte saßen, oder kurz vorher gewesen waren, blieb alles ruhig. Dies gibt einen deutlichen Fingerzeig, wie wichtig es ist, daß die Bezirksämter nicht Durchgangsstellen für höhere Posten sind, sondern daß be¬ währte Beamte diese Posten als Lebensaufgabe betrachten können und dem¬ entsprechend wirtschaftlich sichergestellt werden. Ebenso wichtig ist es, daß Maßnahmen aller Art, namentlich soweit sie sich auf Eingebornenangelegenheiten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/411>, abgerufen am 04.07.2024.