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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

einer so komplizierten Natur wie Harden. Wenn jetzt seine Freunde sagen werden,
gerade die Unvorsichtigkeit, mit der er ohne genügendes Material vorgegangen sei,
bürge für seinen guten Glauben und seine edle Absicht, so wird psychologische Er¬
fahrung demi entgegenhalten können, daß diese Sicherheit auch ebensowohl das Er¬
gebnis eines Selbstbetrugs sein kann, der bei eiteln Naturen durch fortgesetzte Er¬
folge auf einem bestimmten Gebiete sich sehr leicht einstellt und die Schärfe der
Urteilskraft mindert. Indessen wie sich das mich verhalten mag, der verruchte
Bösewicht, über dessen Unschädlichmachung jetzt plötzlich alles frohlockt, ist Harden
ebensowenig wie der schwer verkannte Vaterlandsretter, als der er von seinen
Freunden beklagt wird. Wir haben es schon einmal gesagt und möchten es jetzt
gerade nach der vollständigen Klärung, die der zweite Prozeß gebracht hat, noch
einmal wiederholen: Harden ist ein Produkt und ein Typus unsrer Zeit, und weniger
seine Person als die Zeitkrankheiten sind es, die in ihm an den Pranger gestellt
werden. Dieser begabte Publizist ist auf den Weg, den er genommen hat, haupt¬
sächlich dadurch geraten, daß sein Streben, sich aus engen und widrigen Verhält¬
nissen herauszuarbeiten, ihn der Versuchung erliegen ließ, die Schwächen und Un¬
arten des Nationalcharakters und unsrer Zeit als Mittel zum Erfolge zu benutzen.
Das hat ihn emporgetragen, aber man darf dabei nicht übersehen, daß eben dadurch
ein großer Teil des deutschen Volks zum Mitschuldigen Harders geworden ist.

Die natürlichen Rückschläge, die nach dem Scheiden Bismarcks aus seinen
Andern in der politischen Stimmung eintreten mußten, sind der Nährboden für
Harders Tätigkeit geworden. Diese Tätigkeit war niemals die einer sachlichen
Opposition gegen bestimmte Grundsätze und Maßnahmen des neuen Kurses, sondern
Stimmungsmache, Erhaltung einer grundsätzlichen Verdrossenheit gegen alle, die es
wagten, nach dem März 1890 noch deutsche Politik zu machen. Die ziellose Nörgel-
sncht der Zeit kam ihm zu Hilfe. Der deutsche Philister, der sich unter Bismarcks
Kanzlerschaft wahrhaftig nicht in Unkosten gestürzt hatte, sondern im Grunde nur
froh war, daß die große Politik ohne Anstrengung und Nachdenken von seiner
Seite so ausgezeichnet besorgt wurde, glaubte uun außerordentlich viel zu tun, wenn
er im Gegensatz zur vergangnen Zeit alles durch ein Verkleinerungsglas betrachtete.
Bei dem Darniederliegen des politischen Verständnisses und Pflichtgefühls vermochte
er aber für all das Kleine und Fehlerhafte, was nach seiner Meinung ringsum
geschah, keine andre Erklärung zu finden als die Histörchen, die ihm das Hintertreppen¬
geschwätz bot. Solche Zeit war allerdings wie geschaffen für das Emporkommen
eines Publizisten, der -- unter lebhaft zur Schau getragner Bismarckbegeisterung,
im übrigen aber ohne feste politische Gesichtspunkte -- immer eine interessante
Wissenschaft von allem, was hinter den Schlüssellöchern, in den Alkoven und auf
den Hintertreppen vorging oder gesprochen wurde, verriet und in jedem Fall, es
mochte geschehen, was da wollte, mit pikanter Bosheit festzustellen verstand, daß
man wieder einmal das Falsche getan habe. Aber, wie schon erwähnt, der einzige
Schuldige ist Harden nicht. Jeder Publizist und Parlamentarier wird bestätigen
können, daß diese kleinliche und häßliche Methode politischen Denkens bis heute
beinahe die Regel geworden ist. Das normale Denken in politischen Fragen ist über¬
wuchert durch anekdotischen Kleinkram und Klatsch, und als der am besten unter¬
richtete Politiker gilt nicht der, der die besten Erfahrungen und Kenntnisse in einer
Sache hat, sondern der am besten Bescheid weiß in dem persönlichen Klatsch, der
zufällig mit der Frage verknüpft worden ist. Ein typisches Beispiel für die heute
besonders beliebte politische Methode ist das neuliche Vorgehn des Abgeordneten
or. Paasche gegen den Kriegsminister. Das Bewußtsein, durch zufällige persönliche
Beziehungen in einem bestimmten Augenblick über einige Nebendinge besser unter¬
richtet zu sein als der Minister -- was für die Sache völlig gleichgiltig war --,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

einer so komplizierten Natur wie Harden. Wenn jetzt seine Freunde sagen werden,
gerade die Unvorsichtigkeit, mit der er ohne genügendes Material vorgegangen sei,
bürge für seinen guten Glauben und seine edle Absicht, so wird psychologische Er¬
fahrung demi entgegenhalten können, daß diese Sicherheit auch ebensowohl das Er¬
gebnis eines Selbstbetrugs sein kann, der bei eiteln Naturen durch fortgesetzte Er¬
folge auf einem bestimmten Gebiete sich sehr leicht einstellt und die Schärfe der
Urteilskraft mindert. Indessen wie sich das mich verhalten mag, der verruchte
Bösewicht, über dessen Unschädlichmachung jetzt plötzlich alles frohlockt, ist Harden
ebensowenig wie der schwer verkannte Vaterlandsretter, als der er von seinen
Freunden beklagt wird. Wir haben es schon einmal gesagt und möchten es jetzt
gerade nach der vollständigen Klärung, die der zweite Prozeß gebracht hat, noch
einmal wiederholen: Harden ist ein Produkt und ein Typus unsrer Zeit, und weniger
seine Person als die Zeitkrankheiten sind es, die in ihm an den Pranger gestellt
werden. Dieser begabte Publizist ist auf den Weg, den er genommen hat, haupt¬
sächlich dadurch geraten, daß sein Streben, sich aus engen und widrigen Verhält¬
nissen herauszuarbeiten, ihn der Versuchung erliegen ließ, die Schwächen und Un¬
arten des Nationalcharakters und unsrer Zeit als Mittel zum Erfolge zu benutzen.
Das hat ihn emporgetragen, aber man darf dabei nicht übersehen, daß eben dadurch
ein großer Teil des deutschen Volks zum Mitschuldigen Harders geworden ist.

Die natürlichen Rückschläge, die nach dem Scheiden Bismarcks aus seinen
Andern in der politischen Stimmung eintreten mußten, sind der Nährboden für
Harders Tätigkeit geworden. Diese Tätigkeit war niemals die einer sachlichen
Opposition gegen bestimmte Grundsätze und Maßnahmen des neuen Kurses, sondern
Stimmungsmache, Erhaltung einer grundsätzlichen Verdrossenheit gegen alle, die es
wagten, nach dem März 1890 noch deutsche Politik zu machen. Die ziellose Nörgel-
sncht der Zeit kam ihm zu Hilfe. Der deutsche Philister, der sich unter Bismarcks
Kanzlerschaft wahrhaftig nicht in Unkosten gestürzt hatte, sondern im Grunde nur
froh war, daß die große Politik ohne Anstrengung und Nachdenken von seiner
Seite so ausgezeichnet besorgt wurde, glaubte uun außerordentlich viel zu tun, wenn
er im Gegensatz zur vergangnen Zeit alles durch ein Verkleinerungsglas betrachtete.
Bei dem Darniederliegen des politischen Verständnisses und Pflichtgefühls vermochte
er aber für all das Kleine und Fehlerhafte, was nach seiner Meinung ringsum
geschah, keine andre Erklärung zu finden als die Histörchen, die ihm das Hintertreppen¬
geschwätz bot. Solche Zeit war allerdings wie geschaffen für das Emporkommen
eines Publizisten, der — unter lebhaft zur Schau getragner Bismarckbegeisterung,
im übrigen aber ohne feste politische Gesichtspunkte — immer eine interessante
Wissenschaft von allem, was hinter den Schlüssellöchern, in den Alkoven und auf
den Hintertreppen vorging oder gesprochen wurde, verriet und in jedem Fall, es
mochte geschehen, was da wollte, mit pikanter Bosheit festzustellen verstand, daß
man wieder einmal das Falsche getan habe. Aber, wie schon erwähnt, der einzige
Schuldige ist Harden nicht. Jeder Publizist und Parlamentarier wird bestätigen
können, daß diese kleinliche und häßliche Methode politischen Denkens bis heute
beinahe die Regel geworden ist. Das normale Denken in politischen Fragen ist über¬
wuchert durch anekdotischen Kleinkram und Klatsch, und als der am besten unter¬
richtete Politiker gilt nicht der, der die besten Erfahrungen und Kenntnisse in einer
Sache hat, sondern der am besten Bescheid weiß in dem persönlichen Klatsch, der
zufällig mit der Frage verknüpft worden ist. Ein typisches Beispiel für die heute
besonders beliebte politische Methode ist das neuliche Vorgehn des Abgeordneten
or. Paasche gegen den Kriegsminister. Das Bewußtsein, durch zufällige persönliche
Beziehungen in einem bestimmten Augenblick über einige Nebendinge besser unter¬
richtet zu sein als der Minister — was für die Sache völlig gleichgiltig war —,


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[0107] Maßgebliches und Unmaßgebliches einer so komplizierten Natur wie Harden. Wenn jetzt seine Freunde sagen werden, gerade die Unvorsichtigkeit, mit der er ohne genügendes Material vorgegangen sei, bürge für seinen guten Glauben und seine edle Absicht, so wird psychologische Er¬ fahrung demi entgegenhalten können, daß diese Sicherheit auch ebensowohl das Er¬ gebnis eines Selbstbetrugs sein kann, der bei eiteln Naturen durch fortgesetzte Er¬ folge auf einem bestimmten Gebiete sich sehr leicht einstellt und die Schärfe der Urteilskraft mindert. Indessen wie sich das mich verhalten mag, der verruchte Bösewicht, über dessen Unschädlichmachung jetzt plötzlich alles frohlockt, ist Harden ebensowenig wie der schwer verkannte Vaterlandsretter, als der er von seinen Freunden beklagt wird. Wir haben es schon einmal gesagt und möchten es jetzt gerade nach der vollständigen Klärung, die der zweite Prozeß gebracht hat, noch einmal wiederholen: Harden ist ein Produkt und ein Typus unsrer Zeit, und weniger seine Person als die Zeitkrankheiten sind es, die in ihm an den Pranger gestellt werden. Dieser begabte Publizist ist auf den Weg, den er genommen hat, haupt¬ sächlich dadurch geraten, daß sein Streben, sich aus engen und widrigen Verhält¬ nissen herauszuarbeiten, ihn der Versuchung erliegen ließ, die Schwächen und Un¬ arten des Nationalcharakters und unsrer Zeit als Mittel zum Erfolge zu benutzen. Das hat ihn emporgetragen, aber man darf dabei nicht übersehen, daß eben dadurch ein großer Teil des deutschen Volks zum Mitschuldigen Harders geworden ist. Die natürlichen Rückschläge, die nach dem Scheiden Bismarcks aus seinen Andern in der politischen Stimmung eintreten mußten, sind der Nährboden für Harders Tätigkeit geworden. Diese Tätigkeit war niemals die einer sachlichen Opposition gegen bestimmte Grundsätze und Maßnahmen des neuen Kurses, sondern Stimmungsmache, Erhaltung einer grundsätzlichen Verdrossenheit gegen alle, die es wagten, nach dem März 1890 noch deutsche Politik zu machen. Die ziellose Nörgel- sncht der Zeit kam ihm zu Hilfe. Der deutsche Philister, der sich unter Bismarcks Kanzlerschaft wahrhaftig nicht in Unkosten gestürzt hatte, sondern im Grunde nur froh war, daß die große Politik ohne Anstrengung und Nachdenken von seiner Seite so ausgezeichnet besorgt wurde, glaubte uun außerordentlich viel zu tun, wenn er im Gegensatz zur vergangnen Zeit alles durch ein Verkleinerungsglas betrachtete. Bei dem Darniederliegen des politischen Verständnisses und Pflichtgefühls vermochte er aber für all das Kleine und Fehlerhafte, was nach seiner Meinung ringsum geschah, keine andre Erklärung zu finden als die Histörchen, die ihm das Hintertreppen¬ geschwätz bot. Solche Zeit war allerdings wie geschaffen für das Emporkommen eines Publizisten, der — unter lebhaft zur Schau getragner Bismarckbegeisterung, im übrigen aber ohne feste politische Gesichtspunkte — immer eine interessante Wissenschaft von allem, was hinter den Schlüssellöchern, in den Alkoven und auf den Hintertreppen vorging oder gesprochen wurde, verriet und in jedem Fall, es mochte geschehen, was da wollte, mit pikanter Bosheit festzustellen verstand, daß man wieder einmal das Falsche getan habe. Aber, wie schon erwähnt, der einzige Schuldige ist Harden nicht. Jeder Publizist und Parlamentarier wird bestätigen können, daß diese kleinliche und häßliche Methode politischen Denkens bis heute beinahe die Regel geworden ist. Das normale Denken in politischen Fragen ist über¬ wuchert durch anekdotischen Kleinkram und Klatsch, und als der am besten unter¬ richtete Politiker gilt nicht der, der die besten Erfahrungen und Kenntnisse in einer Sache hat, sondern der am besten Bescheid weiß in dem persönlichen Klatsch, der zufällig mit der Frage verknüpft worden ist. Ein typisches Beispiel für die heute besonders beliebte politische Methode ist das neuliche Vorgehn des Abgeordneten or. Paasche gegen den Kriegsminister. Das Bewußtsein, durch zufällige persönliche Beziehungen in einem bestimmten Augenblick über einige Nebendinge besser unter¬ richtet zu sein als der Minister — was für die Sache völlig gleichgiltig war —,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/107>, abgerufen am 01.07.2024.