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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

war dem sonst so gescheiten Politiker und Parteiführer so zu Kopfe gestiegen und
raubte ihm so das Unterscheidungsvermögen, daß er gar nicht merkte, einen wie
schlimmen Fehler, der für die Politik seiner Partei verhängnisvoll werden konnte,
er eigentlich machte. Wenn irgendwo heute ein guter Zeitungsartikel erscheint,
wird sicherlich erst ganz zuletzt gefragt, was darin steht, und was er sachlich wert
ist; vorher zerbricht sich alles den Kopf, wer den Artikel vielleicht "lanciert" haben
könnte, und in welcher möglichst weit hergeholten Absicht es geschehen ist.

Diese ganze Richtung des heutigen politischen Denkens, die immer die Neben¬
dinge, persönliche Motive, das sensationelle, die unwahrscheinlichsten Kombinationen
aufsucht und in den Vordergrund schiebt, ist die Hauptursache der für unser skep¬
tisches Zeitalter sonst beinahe unerklärlichen und mitunter an das Kindische strei¬
fenden Leichtgläubigkeit in politischen Dingen. Ein vernünftiges Urteil, das aus
der Sache selbst geschöpft ist, wird mitleidig belächelt, aber das Dümmste wird un¬
besehen geglaubt, wenn der, der es behauptet, den Eindruck zu erwecken weiß, daß
er über besondre Verbindungen verfügt. Es ist von Wert, daß diese Art, Politik
zu machen, durch den Prozeß Harden einmal in ihrer ganzen Hohlheit und Wert-
losigkett offen dargelegt worden ist. Es wird zwar dadurch noch keine endgiltige
Heilung eintreten, aber einen starken Stoß wird die Politik des Flüsterns, Raumers,
Klatschens und Nörgelns doch hoffentlich erhallen.

Bald geht es nun wieder an ernstere Arbeit, denn die Weihnachtspause der
Parlamente nähert sich ihrem Ende. Im Reichstag wird voraussichtlich die Reichs¬
finanzreform die Frage aller Fragen werden; alles spitzt sich darauf zu. Die
Gegensätze, die es dabei zu versöhnen gilt, sind an dieser Stelle schon einigemal
gekennzeichnet worden. Weshalb die Forderung direkter Reichssteuern vorläufig als
unerfüllbar gelten muß, ist hier auch schon angedeutet worden. Es würde das
einen zu tiefen Eingriff in die verfassungsmäßigen Grundlagen des Reichs be¬
deuten. Vorläufig muß man also bei den Mitteln bleiben, die die Reichsverfassung
an die Hand gibt. Zunächst handelt es sich dabei um den Ausbau der indirekten
Verbrauchssteuern, unter möglichster Berücksichtigung der liberalen Wünsche, weil
bei der grundsätzlichen Gegnerschaft der Liberalen gegen indirekte Steuern von dieser
Seite ohnehin Zugeständnisse gemacht werden müssen. Die einzigen vernünftigen
Steuern dieser Art sind die Steuern auf Gegenstände des Massenkonsums, soweit
dieser Konsum mehr auf den Lebensgewohnheiten und Neigungen der Bevölkerung
als auf absoluter Notwendigkeit zum Zweck des Lebensunterhalts beruht. Denn
diese Steuern sind die einzigen, die schon bei einer kaum merkbaren Mehrbelastung
des Verbrauchers, die dieser willig auf sich nimmt, recht bedeutende Erträge geben.
Für unsre deutschen Verhältnisse würden in erster Linie Bier und Tabak in Be¬
tracht kommen. Aber da in Steuerfragen nicht die Vernunft und Wahrheit, sondern
die agitatorische Phrase das letzte Wort zu sprechen pflegt, und der deutsche Volks¬
vertreter den Ärger des kannegießernden Biertrinkers mehr zu fürchten hat als
alles andre in der Welt, so wagt man mit der Bierbesteuerung nicht so weit zu
gehn, wie es im Interesse der Neichsfinanzen geboten wäre. Was aber den Tabak
betrifft, so ist die Reichsfinanzverwaltung bisher durch den Reichstag genötigt
worden, selbst auf die bescheidensten Pläne zur bessern Ausnutzung dieser Steuer¬
quelle zu verzichten, weil es nicht gelungen war, die hier besonders stark ausein-
anderstrebenden Interessen gleichmäßig zu berücksichtigen. Die Vorschläge, mit denen
sich Tabakindustrie und Tabakhandel allenfalls befreundet hätten, galten dem
Tabakbau als ruinös, und umgekehrt. Jetzt will man es noch einmal versuchen
mit der Zigarren-Banderolesteuer. Es ist die einzige Form der Besteuerung, bei
der die Last mit einiger Sicherheit dem Verbraucher auferlegt werden kann, und die
zugleich eine Abstufung der Belastung nach dem Wert der fertigen Ware gestattet.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

war dem sonst so gescheiten Politiker und Parteiführer so zu Kopfe gestiegen und
raubte ihm so das Unterscheidungsvermögen, daß er gar nicht merkte, einen wie
schlimmen Fehler, der für die Politik seiner Partei verhängnisvoll werden konnte,
er eigentlich machte. Wenn irgendwo heute ein guter Zeitungsartikel erscheint,
wird sicherlich erst ganz zuletzt gefragt, was darin steht, und was er sachlich wert
ist; vorher zerbricht sich alles den Kopf, wer den Artikel vielleicht „lanciert" haben
könnte, und in welcher möglichst weit hergeholten Absicht es geschehen ist.

Diese ganze Richtung des heutigen politischen Denkens, die immer die Neben¬
dinge, persönliche Motive, das sensationelle, die unwahrscheinlichsten Kombinationen
aufsucht und in den Vordergrund schiebt, ist die Hauptursache der für unser skep¬
tisches Zeitalter sonst beinahe unerklärlichen und mitunter an das Kindische strei¬
fenden Leichtgläubigkeit in politischen Dingen. Ein vernünftiges Urteil, das aus
der Sache selbst geschöpft ist, wird mitleidig belächelt, aber das Dümmste wird un¬
besehen geglaubt, wenn der, der es behauptet, den Eindruck zu erwecken weiß, daß
er über besondre Verbindungen verfügt. Es ist von Wert, daß diese Art, Politik
zu machen, durch den Prozeß Harden einmal in ihrer ganzen Hohlheit und Wert-
losigkett offen dargelegt worden ist. Es wird zwar dadurch noch keine endgiltige
Heilung eintreten, aber einen starken Stoß wird die Politik des Flüsterns, Raumers,
Klatschens und Nörgelns doch hoffentlich erhallen.

Bald geht es nun wieder an ernstere Arbeit, denn die Weihnachtspause der
Parlamente nähert sich ihrem Ende. Im Reichstag wird voraussichtlich die Reichs¬
finanzreform die Frage aller Fragen werden; alles spitzt sich darauf zu. Die
Gegensätze, die es dabei zu versöhnen gilt, sind an dieser Stelle schon einigemal
gekennzeichnet worden. Weshalb die Forderung direkter Reichssteuern vorläufig als
unerfüllbar gelten muß, ist hier auch schon angedeutet worden. Es würde das
einen zu tiefen Eingriff in die verfassungsmäßigen Grundlagen des Reichs be¬
deuten. Vorläufig muß man also bei den Mitteln bleiben, die die Reichsverfassung
an die Hand gibt. Zunächst handelt es sich dabei um den Ausbau der indirekten
Verbrauchssteuern, unter möglichster Berücksichtigung der liberalen Wünsche, weil
bei der grundsätzlichen Gegnerschaft der Liberalen gegen indirekte Steuern von dieser
Seite ohnehin Zugeständnisse gemacht werden müssen. Die einzigen vernünftigen
Steuern dieser Art sind die Steuern auf Gegenstände des Massenkonsums, soweit
dieser Konsum mehr auf den Lebensgewohnheiten und Neigungen der Bevölkerung
als auf absoluter Notwendigkeit zum Zweck des Lebensunterhalts beruht. Denn
diese Steuern sind die einzigen, die schon bei einer kaum merkbaren Mehrbelastung
des Verbrauchers, die dieser willig auf sich nimmt, recht bedeutende Erträge geben.
Für unsre deutschen Verhältnisse würden in erster Linie Bier und Tabak in Be¬
tracht kommen. Aber da in Steuerfragen nicht die Vernunft und Wahrheit, sondern
die agitatorische Phrase das letzte Wort zu sprechen pflegt, und der deutsche Volks¬
vertreter den Ärger des kannegießernden Biertrinkers mehr zu fürchten hat als
alles andre in der Welt, so wagt man mit der Bierbesteuerung nicht so weit zu
gehn, wie es im Interesse der Neichsfinanzen geboten wäre. Was aber den Tabak
betrifft, so ist die Reichsfinanzverwaltung bisher durch den Reichstag genötigt
worden, selbst auf die bescheidensten Pläne zur bessern Ausnutzung dieser Steuer¬
quelle zu verzichten, weil es nicht gelungen war, die hier besonders stark ausein-
anderstrebenden Interessen gleichmäßig zu berücksichtigen. Die Vorschläge, mit denen
sich Tabakindustrie und Tabakhandel allenfalls befreundet hätten, galten dem
Tabakbau als ruinös, und umgekehrt. Jetzt will man es noch einmal versuchen
mit der Zigarren-Banderolesteuer. Es ist die einzige Form der Besteuerung, bei
der die Last mit einiger Sicherheit dem Verbraucher auferlegt werden kann, und die
zugleich eine Abstufung der Belastung nach dem Wert der fertigen Ware gestattet.


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[0108] Maßgebliches und Unmaßgebliches war dem sonst so gescheiten Politiker und Parteiführer so zu Kopfe gestiegen und raubte ihm so das Unterscheidungsvermögen, daß er gar nicht merkte, einen wie schlimmen Fehler, der für die Politik seiner Partei verhängnisvoll werden konnte, er eigentlich machte. Wenn irgendwo heute ein guter Zeitungsartikel erscheint, wird sicherlich erst ganz zuletzt gefragt, was darin steht, und was er sachlich wert ist; vorher zerbricht sich alles den Kopf, wer den Artikel vielleicht „lanciert" haben könnte, und in welcher möglichst weit hergeholten Absicht es geschehen ist. Diese ganze Richtung des heutigen politischen Denkens, die immer die Neben¬ dinge, persönliche Motive, das sensationelle, die unwahrscheinlichsten Kombinationen aufsucht und in den Vordergrund schiebt, ist die Hauptursache der für unser skep¬ tisches Zeitalter sonst beinahe unerklärlichen und mitunter an das Kindische strei¬ fenden Leichtgläubigkeit in politischen Dingen. Ein vernünftiges Urteil, das aus der Sache selbst geschöpft ist, wird mitleidig belächelt, aber das Dümmste wird un¬ besehen geglaubt, wenn der, der es behauptet, den Eindruck zu erwecken weiß, daß er über besondre Verbindungen verfügt. Es ist von Wert, daß diese Art, Politik zu machen, durch den Prozeß Harden einmal in ihrer ganzen Hohlheit und Wert- losigkett offen dargelegt worden ist. Es wird zwar dadurch noch keine endgiltige Heilung eintreten, aber einen starken Stoß wird die Politik des Flüsterns, Raumers, Klatschens und Nörgelns doch hoffentlich erhallen. Bald geht es nun wieder an ernstere Arbeit, denn die Weihnachtspause der Parlamente nähert sich ihrem Ende. Im Reichstag wird voraussichtlich die Reichs¬ finanzreform die Frage aller Fragen werden; alles spitzt sich darauf zu. Die Gegensätze, die es dabei zu versöhnen gilt, sind an dieser Stelle schon einigemal gekennzeichnet worden. Weshalb die Forderung direkter Reichssteuern vorläufig als unerfüllbar gelten muß, ist hier auch schon angedeutet worden. Es würde das einen zu tiefen Eingriff in die verfassungsmäßigen Grundlagen des Reichs be¬ deuten. Vorläufig muß man also bei den Mitteln bleiben, die die Reichsverfassung an die Hand gibt. Zunächst handelt es sich dabei um den Ausbau der indirekten Verbrauchssteuern, unter möglichster Berücksichtigung der liberalen Wünsche, weil bei der grundsätzlichen Gegnerschaft der Liberalen gegen indirekte Steuern von dieser Seite ohnehin Zugeständnisse gemacht werden müssen. Die einzigen vernünftigen Steuern dieser Art sind die Steuern auf Gegenstände des Massenkonsums, soweit dieser Konsum mehr auf den Lebensgewohnheiten und Neigungen der Bevölkerung als auf absoluter Notwendigkeit zum Zweck des Lebensunterhalts beruht. Denn diese Steuern sind die einzigen, die schon bei einer kaum merkbaren Mehrbelastung des Verbrauchers, die dieser willig auf sich nimmt, recht bedeutende Erträge geben. Für unsre deutschen Verhältnisse würden in erster Linie Bier und Tabak in Be¬ tracht kommen. Aber da in Steuerfragen nicht die Vernunft und Wahrheit, sondern die agitatorische Phrase das letzte Wort zu sprechen pflegt, und der deutsche Volks¬ vertreter den Ärger des kannegießernden Biertrinkers mehr zu fürchten hat als alles andre in der Welt, so wagt man mit der Bierbesteuerung nicht so weit zu gehn, wie es im Interesse der Neichsfinanzen geboten wäre. Was aber den Tabak betrifft, so ist die Reichsfinanzverwaltung bisher durch den Reichstag genötigt worden, selbst auf die bescheidensten Pläne zur bessern Ausnutzung dieser Steuer¬ quelle zu verzichten, weil es nicht gelungen war, die hier besonders stark ausein- anderstrebenden Interessen gleichmäßig zu berücksichtigen. Die Vorschläge, mit denen sich Tabakindustrie und Tabakhandel allenfalls befreundet hätten, galten dem Tabakbau als ruinös, und umgekehrt. Jetzt will man es noch einmal versuchen mit der Zigarren-Banderolesteuer. Es ist die einzige Form der Besteuerung, bei der die Last mit einiger Sicherheit dem Verbraucher auferlegt werden kann, und die zugleich eine Abstufung der Belastung nach dem Wert der fertigen Ware gestattet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/108>, abgerufen am 04.07.2024.