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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Die Reform der inner" Verwaltung in Preußen

bis in die neuere Zeit schlagend hervorgeht. Wenn ich von technischen
Dezernaten spreche, so bezeichne ich damit solche, die einen technischen Gegen¬
stand betreffen, mit dessen Vorbereitung, Ausführung oder Herstellung selbst¬
verständlich nationalökonomische, finanzielle, hygienische, auch wohl soziale
und politische Erwägungen Hand in Hand gehn. Diese Erwägungen sind
nur zutreffend anzustellen, wenn der Dezernent die technische Seite der Sache
völlig beherrscht. Dies kann aber nur der Techniker, der Verwaltungsbeamte
bleibt in technischen Sachen ein Dilettant, wenn er sich anch das Ansehen
gibt, ungemein viel von der Technik zu verstehn.

Ich bin deshalb der Meinung, daß die sogenannten technischen Dezernate
bei den Königlichen Regierungen, wie beispielsweise die in Deich-, Wasserbau-,
Melioratious-, Eisenbahn-, Wasscrversorgungs- und Städtereinignngssachen, in
denen zurzeit Verwaltungsbeamte Dezernenten sind, späterhin unbedingt und
ausschließlich den Technikern zugewiesen werden, und zwar durch das zu er¬
wartende neue Organisationsgesetz. Daß dies sehr wohl anginge, habe ich
während meiner langjährigen Tätigkeit bei der Regierung genügend zu be¬
obachten Gelegenheit gehabt. Tatsache ist zwar, daß an einigen Regierungen,
soviel ich in Erfahrung gebracht habe, hier und da ein Dezernat, das sonst
ein Verwaltungsbeamter beanspruchte, einem Techniker übertragen worden ist.
Ein solches Verfahren liegt aber ausschließlich in der Hand des Regierungs¬
präsidenten, der das Dezernat ohne weiteres wieder einem Verwaltungs¬
beamten übertragen kann, denn der Techniker hat nach Lage der Gesetz¬
gebung kein Recht oder Anspruch darauf. Es sind ja wohl ab und zu
von der Ministerialinstanz ans Versuche gemacht worden, die Stellung der
Regierungs- und Bauräte zu verbessern, jedoch ohne sichtbaren und durch¬
greifenden Erfolg.

Deshalb muß man verlangen, daß die alte Regierungsinstruktion vom
23. Oktober 1317 und zugleich gewisse ältere Erlasse, zum Beispiel der viel-
umstrittne und vielbekämpfte vom 25. März 1836*), ganz aufgehoben werden,
die erste zum mindesten so weit, wie sie die Stellung und Tätigkeit der Regierungs¬
und Baurüte betrifft.

In ähnlicher Weise wären die Geschäfte im Ministerium der öffentlichen
Arbeiten zu verteilen, wo ebenso wie bei den Regierungen die um zehn bis zwanzig



Welche merkwürdige Stellung damals die Regierungs- und Bauräte bei den Re¬
gierungen einnahmen, geht aus dem Zirkularreskript der Königlichen Verwaltung für Handel,
Fabriken und Bauwesen vom 25. März 1836 hervor; es weist die Regierungspräsidien an,
darauf zu achten, daß die Regierungsbauräte nicht mit der Bearbeitung des nicht technischen
Teils der Bausachen und der die Bauten betreffenden Kassensachen beauftragt werden. ... Das
Königliche Regierungspräsidium wird darum veranlaßt . . . darauf zu halten, daß sich die
Bauräte nicht mit Geschäften befassen, die nicht ihres Amtes sind, und daß ihnen der¬
gleichen nicht von andern Mitgliedern des Kollegii aufgebürdet werden. C>1
(Rönne a. a. O.)
Die Reform der inner» Verwaltung in Preußen

bis in die neuere Zeit schlagend hervorgeht. Wenn ich von technischen
Dezernaten spreche, so bezeichne ich damit solche, die einen technischen Gegen¬
stand betreffen, mit dessen Vorbereitung, Ausführung oder Herstellung selbst¬
verständlich nationalökonomische, finanzielle, hygienische, auch wohl soziale
und politische Erwägungen Hand in Hand gehn. Diese Erwägungen sind
nur zutreffend anzustellen, wenn der Dezernent die technische Seite der Sache
völlig beherrscht. Dies kann aber nur der Techniker, der Verwaltungsbeamte
bleibt in technischen Sachen ein Dilettant, wenn er sich anch das Ansehen
gibt, ungemein viel von der Technik zu verstehn.

Ich bin deshalb der Meinung, daß die sogenannten technischen Dezernate
bei den Königlichen Regierungen, wie beispielsweise die in Deich-, Wasserbau-,
Melioratious-, Eisenbahn-, Wasscrversorgungs- und Städtereinignngssachen, in
denen zurzeit Verwaltungsbeamte Dezernenten sind, späterhin unbedingt und
ausschließlich den Technikern zugewiesen werden, und zwar durch das zu er¬
wartende neue Organisationsgesetz. Daß dies sehr wohl anginge, habe ich
während meiner langjährigen Tätigkeit bei der Regierung genügend zu be¬
obachten Gelegenheit gehabt. Tatsache ist zwar, daß an einigen Regierungen,
soviel ich in Erfahrung gebracht habe, hier und da ein Dezernat, das sonst
ein Verwaltungsbeamter beanspruchte, einem Techniker übertragen worden ist.
Ein solches Verfahren liegt aber ausschließlich in der Hand des Regierungs¬
präsidenten, der das Dezernat ohne weiteres wieder einem Verwaltungs¬
beamten übertragen kann, denn der Techniker hat nach Lage der Gesetz¬
gebung kein Recht oder Anspruch darauf. Es sind ja wohl ab und zu
von der Ministerialinstanz ans Versuche gemacht worden, die Stellung der
Regierungs- und Bauräte zu verbessern, jedoch ohne sichtbaren und durch¬
greifenden Erfolg.

Deshalb muß man verlangen, daß die alte Regierungsinstruktion vom
23. Oktober 1317 und zugleich gewisse ältere Erlasse, zum Beispiel der viel-
umstrittne und vielbekämpfte vom 25. März 1836*), ganz aufgehoben werden,
die erste zum mindesten so weit, wie sie die Stellung und Tätigkeit der Regierungs¬
und Baurüte betrifft.

In ähnlicher Weise wären die Geschäfte im Ministerium der öffentlichen
Arbeiten zu verteilen, wo ebenso wie bei den Regierungen die um zehn bis zwanzig



Welche merkwürdige Stellung damals die Regierungs- und Bauräte bei den Re¬
gierungen einnahmen, geht aus dem Zirkularreskript der Königlichen Verwaltung für Handel,
Fabriken und Bauwesen vom 25. März 1836 hervor; es weist die Regierungspräsidien an,
darauf zu achten, daß die Regierungsbauräte nicht mit der Bearbeitung des nicht technischen
Teils der Bausachen und der die Bauten betreffenden Kassensachen beauftragt werden. ... Das
Königliche Regierungspräsidium wird darum veranlaßt . . . darauf zu halten, daß sich die
Bauräte nicht mit Geschäften befassen, die nicht ihres Amtes sind, und daß ihnen der¬
gleichen nicht von andern Mitgliedern des Kollegii aufgebürdet werden. C>1
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[0380] Die Reform der inner» Verwaltung in Preußen bis in die neuere Zeit schlagend hervorgeht. Wenn ich von technischen Dezernaten spreche, so bezeichne ich damit solche, die einen technischen Gegen¬ stand betreffen, mit dessen Vorbereitung, Ausführung oder Herstellung selbst¬ verständlich nationalökonomische, finanzielle, hygienische, auch wohl soziale und politische Erwägungen Hand in Hand gehn. Diese Erwägungen sind nur zutreffend anzustellen, wenn der Dezernent die technische Seite der Sache völlig beherrscht. Dies kann aber nur der Techniker, der Verwaltungsbeamte bleibt in technischen Sachen ein Dilettant, wenn er sich anch das Ansehen gibt, ungemein viel von der Technik zu verstehn. Ich bin deshalb der Meinung, daß die sogenannten technischen Dezernate bei den Königlichen Regierungen, wie beispielsweise die in Deich-, Wasserbau-, Melioratious-, Eisenbahn-, Wasscrversorgungs- und Städtereinignngssachen, in denen zurzeit Verwaltungsbeamte Dezernenten sind, späterhin unbedingt und ausschließlich den Technikern zugewiesen werden, und zwar durch das zu er¬ wartende neue Organisationsgesetz. Daß dies sehr wohl anginge, habe ich während meiner langjährigen Tätigkeit bei der Regierung genügend zu be¬ obachten Gelegenheit gehabt. Tatsache ist zwar, daß an einigen Regierungen, soviel ich in Erfahrung gebracht habe, hier und da ein Dezernat, das sonst ein Verwaltungsbeamter beanspruchte, einem Techniker übertragen worden ist. Ein solches Verfahren liegt aber ausschließlich in der Hand des Regierungs¬ präsidenten, der das Dezernat ohne weiteres wieder einem Verwaltungs¬ beamten übertragen kann, denn der Techniker hat nach Lage der Gesetz¬ gebung kein Recht oder Anspruch darauf. Es sind ja wohl ab und zu von der Ministerialinstanz ans Versuche gemacht worden, die Stellung der Regierungs- und Bauräte zu verbessern, jedoch ohne sichtbaren und durch¬ greifenden Erfolg. Deshalb muß man verlangen, daß die alte Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1317 und zugleich gewisse ältere Erlasse, zum Beispiel der viel- umstrittne und vielbekämpfte vom 25. März 1836*), ganz aufgehoben werden, die erste zum mindesten so weit, wie sie die Stellung und Tätigkeit der Regierungs¬ und Baurüte betrifft. In ähnlicher Weise wären die Geschäfte im Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu verteilen, wo ebenso wie bei den Regierungen die um zehn bis zwanzig Welche merkwürdige Stellung damals die Regierungs- und Bauräte bei den Re¬ gierungen einnahmen, geht aus dem Zirkularreskript der Königlichen Verwaltung für Handel, Fabriken und Bauwesen vom 25. März 1836 hervor; es weist die Regierungspräsidien an, darauf zu achten, daß die Regierungsbauräte nicht mit der Bearbeitung des nicht technischen Teils der Bausachen und der die Bauten betreffenden Kassensachen beauftragt werden. ... Das Königliche Regierungspräsidium wird darum veranlaßt . . . darauf zu halten, daß sich die Bauräte nicht mit Geschäften befassen, die nicht ihres Amtes sind, und daß ihnen der¬ gleichen nicht von andern Mitgliedern des Kollegii aufgebürdet werden. C>1 (Rönne a. a. O.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/380>, abgerufen am 22.07.2024.