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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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fvrtigem Verzicht des Kanzlers führen müßte. Es ist durchaus wahr, daß des Fürsten
Bülow Feinde versuchten, den Kaiser gegen ihn einzunehmen, aber Seine Majestät war
viel zu loyal gegen seinen ersten Minister, als daß er solche Ratschläge beachtet hätte;
und dieser Minister machte zweifellos seinen Einfluß auf seinen lebhaften Herrn im
Sinne des Friedens geltend -- natürlich "des Friedens mit Ehren", und -- so¬
weit möglich -- der Sicherheit für Deutschland. Als die Franzosen erklärten, zur
Algeciraskonferenz gehn zu wollen, und infolgedessen Herr Delcasse zurücktrat, ver¬
schwand die akute Trübung, und Deutschland vergaß allmählich seinen Ärger und
seine Unruhe. Aber einer Sache bin ich sehr sicher: wird je die ganze und wahre
Geschichte des Marokkozwischenfalls enthüllt, dann wird Fürst Bülow eher als
Friedensschöpfer denn als Friedensbrecher erscheinen. Die Anstrengungen jener
Zeit griffen seine durch Überarbeitung schon geschwächte Gesundheit an. Es ist be¬
zeichnend für ihn, daß er darauf bestand, bei einer Verhandlung des Reichstags
über eine auswärtige Angelegenheit seine Politik persönlich zu vertreten. Der da¬
durch herbeigeführte Unfall zwang ihn zu einer Unterbrechung der ihn überbürdenden
Arbeitslast.

Nach langer Abwesenheit, die keineswegs nur Ruhezeit für ihn war, kehrte er
nach Berlin zurück und zeigte sich in seiner alten Kampfesart während der kurzen,
stürmischen Sitzungszeit, die der dramatischen Auflösung der Volksvertretung voran¬
ging. In der Tat, die große Rede über die auswärtigen Beziehungen Deutschlands
im Reichstage am 14. November 1906 war eine der glänzendsten, die je in dieser
Versammlung gehört worden sind. Aber die mächtige katholische Zentrumspartei,
die ihn solange in nationalen Fragen unterstützt hatte -- und besonders bet den
Gesetzen über die Sozialreform, eine der bemerkenswertesten Leistungen seiner
Politik --, versagte plötzlich ihre Gefolgschaft, zweifellos weniger aus Mißvergnügen
über die Kolonialvoranschläge der Regierung (die zur Schau getragne Ursache des
Streites) als wegen ihres Angriffs auf den neuen Kolonialsekretär, Herrn Dern-
burg -- eines Angriffs, der, wie man glaubte, seinen plötzlichen Rücktritt zur Folge
haben werde. Fürst Bülow war jedoch nicht der Mann, einen seiner Minister¬
kollegen auf Bitten weniger Parteiführer fallen zu lassen, obgleich sie zu seinen
einflußreichsten Stützen gehörten. Er ist "napoleonisch" in seiner Disziplin genannt
worden, aber unwandelbar gütig und rücksichtsvoll gegen seine Untergebnen und
loyal zu seinen Ministerkollegen. Da er von ihnen dieselbe Hingebung zu ihrer
Arbeit verlangt, die er selbst hat, suchte er lange nach einem geeigneten Leiter des
Kolonialamts. In Herrn Dernburg hatte er endlich einen gefunden, und ihn zu
opfern, wäre deshalb sowohl eine Beleidigung für das Reich als auch eine Un¬
möglichkeit für die ritterliche Art des Kanzlers gewesen. Ich meine, genug gesagt
zu haben, um zu zeigen, daß, obgleich der Zusammenstoß mit dem Zentrum tief zu
bedauern ist, er doch zu der Zeit eine politische Notwendigkeit ebenso wie ein per¬
sönlicher Ehrenpunkt war. Denn die Kolonialfrage war für Deutschland von solcher
Tragweite geworden, daß die Duldung eines Eingreifens durch eine wenn auch be¬
deutende Gruppe des Reichstags eine Handlung verbrecherischer Schwäche des Ver¬
antwortlicher Staatsmannes gewesen wäre. Die Auflösung und die Ergebnisse der
folgenden Wahlen bedürfen, als zu bekannt, keiner Wiedergabe. Der liberal-kon¬
servative "Block", der jetzt die Regierungsmehrheit bildet, scheint nur ein gebrech¬
liches Bollwerk zum Besten Deutschlands zu sein, denn daß es Deutschland zum
besten dient, wenn der jetzige Kanzler im Amte bleibt, glaube ich ganz fest. Neue
Fragen, wie die Polenvorlage, die von Gefühlsmenschen, ohne Kenntnis der ver¬
wickelten Beziehungen zu den unbotmäßigen polnischen Staatsangehörigen, zu rasch
bekrittelt wurde, und die dringendere Schwierigkeit des preußischen Wahlrechts


maßgebliches uiid Unmaßgebliches

fvrtigem Verzicht des Kanzlers führen müßte. Es ist durchaus wahr, daß des Fürsten
Bülow Feinde versuchten, den Kaiser gegen ihn einzunehmen, aber Seine Majestät war
viel zu loyal gegen seinen ersten Minister, als daß er solche Ratschläge beachtet hätte;
und dieser Minister machte zweifellos seinen Einfluß auf seinen lebhaften Herrn im
Sinne des Friedens geltend — natürlich „des Friedens mit Ehren", und — so¬
weit möglich — der Sicherheit für Deutschland. Als die Franzosen erklärten, zur
Algeciraskonferenz gehn zu wollen, und infolgedessen Herr Delcasse zurücktrat, ver¬
schwand die akute Trübung, und Deutschland vergaß allmählich seinen Ärger und
seine Unruhe. Aber einer Sache bin ich sehr sicher: wird je die ganze und wahre
Geschichte des Marokkozwischenfalls enthüllt, dann wird Fürst Bülow eher als
Friedensschöpfer denn als Friedensbrecher erscheinen. Die Anstrengungen jener
Zeit griffen seine durch Überarbeitung schon geschwächte Gesundheit an. Es ist be¬
zeichnend für ihn, daß er darauf bestand, bei einer Verhandlung des Reichstags
über eine auswärtige Angelegenheit seine Politik persönlich zu vertreten. Der da¬
durch herbeigeführte Unfall zwang ihn zu einer Unterbrechung der ihn überbürdenden
Arbeitslast.

Nach langer Abwesenheit, die keineswegs nur Ruhezeit für ihn war, kehrte er
nach Berlin zurück und zeigte sich in seiner alten Kampfesart während der kurzen,
stürmischen Sitzungszeit, die der dramatischen Auflösung der Volksvertretung voran¬
ging. In der Tat, die große Rede über die auswärtigen Beziehungen Deutschlands
im Reichstage am 14. November 1906 war eine der glänzendsten, die je in dieser
Versammlung gehört worden sind. Aber die mächtige katholische Zentrumspartei,
die ihn solange in nationalen Fragen unterstützt hatte — und besonders bet den
Gesetzen über die Sozialreform, eine der bemerkenswertesten Leistungen seiner
Politik —, versagte plötzlich ihre Gefolgschaft, zweifellos weniger aus Mißvergnügen
über die Kolonialvoranschläge der Regierung (die zur Schau getragne Ursache des
Streites) als wegen ihres Angriffs auf den neuen Kolonialsekretär, Herrn Dern-
burg — eines Angriffs, der, wie man glaubte, seinen plötzlichen Rücktritt zur Folge
haben werde. Fürst Bülow war jedoch nicht der Mann, einen seiner Minister¬
kollegen auf Bitten weniger Parteiführer fallen zu lassen, obgleich sie zu seinen
einflußreichsten Stützen gehörten. Er ist „napoleonisch" in seiner Disziplin genannt
worden, aber unwandelbar gütig und rücksichtsvoll gegen seine Untergebnen und
loyal zu seinen Ministerkollegen. Da er von ihnen dieselbe Hingebung zu ihrer
Arbeit verlangt, die er selbst hat, suchte er lange nach einem geeigneten Leiter des
Kolonialamts. In Herrn Dernburg hatte er endlich einen gefunden, und ihn zu
opfern, wäre deshalb sowohl eine Beleidigung für das Reich als auch eine Un¬
möglichkeit für die ritterliche Art des Kanzlers gewesen. Ich meine, genug gesagt
zu haben, um zu zeigen, daß, obgleich der Zusammenstoß mit dem Zentrum tief zu
bedauern ist, er doch zu der Zeit eine politische Notwendigkeit ebenso wie ein per¬
sönlicher Ehrenpunkt war. Denn die Kolonialfrage war für Deutschland von solcher
Tragweite geworden, daß die Duldung eines Eingreifens durch eine wenn auch be¬
deutende Gruppe des Reichstags eine Handlung verbrecherischer Schwäche des Ver¬
antwortlicher Staatsmannes gewesen wäre. Die Auflösung und die Ergebnisse der
folgenden Wahlen bedürfen, als zu bekannt, keiner Wiedergabe. Der liberal-kon¬
servative „Block", der jetzt die Regierungsmehrheit bildet, scheint nur ein gebrech¬
liches Bollwerk zum Besten Deutschlands zu sein, denn daß es Deutschland zum
besten dient, wenn der jetzige Kanzler im Amte bleibt, glaube ich ganz fest. Neue
Fragen, wie die Polenvorlage, die von Gefühlsmenschen, ohne Kenntnis der ver¬
wickelten Beziehungen zu den unbotmäßigen polnischen Staatsangehörigen, zu rasch
bekrittelt wurde, und die dringendere Schwierigkeit des preußischen Wahlrechts


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[0261] maßgebliches uiid Unmaßgebliches fvrtigem Verzicht des Kanzlers führen müßte. Es ist durchaus wahr, daß des Fürsten Bülow Feinde versuchten, den Kaiser gegen ihn einzunehmen, aber Seine Majestät war viel zu loyal gegen seinen ersten Minister, als daß er solche Ratschläge beachtet hätte; und dieser Minister machte zweifellos seinen Einfluß auf seinen lebhaften Herrn im Sinne des Friedens geltend — natürlich „des Friedens mit Ehren", und — so¬ weit möglich — der Sicherheit für Deutschland. Als die Franzosen erklärten, zur Algeciraskonferenz gehn zu wollen, und infolgedessen Herr Delcasse zurücktrat, ver¬ schwand die akute Trübung, und Deutschland vergaß allmählich seinen Ärger und seine Unruhe. Aber einer Sache bin ich sehr sicher: wird je die ganze und wahre Geschichte des Marokkozwischenfalls enthüllt, dann wird Fürst Bülow eher als Friedensschöpfer denn als Friedensbrecher erscheinen. Die Anstrengungen jener Zeit griffen seine durch Überarbeitung schon geschwächte Gesundheit an. Es ist be¬ zeichnend für ihn, daß er darauf bestand, bei einer Verhandlung des Reichstags über eine auswärtige Angelegenheit seine Politik persönlich zu vertreten. Der da¬ durch herbeigeführte Unfall zwang ihn zu einer Unterbrechung der ihn überbürdenden Arbeitslast. Nach langer Abwesenheit, die keineswegs nur Ruhezeit für ihn war, kehrte er nach Berlin zurück und zeigte sich in seiner alten Kampfesart während der kurzen, stürmischen Sitzungszeit, die der dramatischen Auflösung der Volksvertretung voran¬ ging. In der Tat, die große Rede über die auswärtigen Beziehungen Deutschlands im Reichstage am 14. November 1906 war eine der glänzendsten, die je in dieser Versammlung gehört worden sind. Aber die mächtige katholische Zentrumspartei, die ihn solange in nationalen Fragen unterstützt hatte — und besonders bet den Gesetzen über die Sozialreform, eine der bemerkenswertesten Leistungen seiner Politik —, versagte plötzlich ihre Gefolgschaft, zweifellos weniger aus Mißvergnügen über die Kolonialvoranschläge der Regierung (die zur Schau getragne Ursache des Streites) als wegen ihres Angriffs auf den neuen Kolonialsekretär, Herrn Dern- burg — eines Angriffs, der, wie man glaubte, seinen plötzlichen Rücktritt zur Folge haben werde. Fürst Bülow war jedoch nicht der Mann, einen seiner Minister¬ kollegen auf Bitten weniger Parteiführer fallen zu lassen, obgleich sie zu seinen einflußreichsten Stützen gehörten. Er ist „napoleonisch" in seiner Disziplin genannt worden, aber unwandelbar gütig und rücksichtsvoll gegen seine Untergebnen und loyal zu seinen Ministerkollegen. Da er von ihnen dieselbe Hingebung zu ihrer Arbeit verlangt, die er selbst hat, suchte er lange nach einem geeigneten Leiter des Kolonialamts. In Herrn Dernburg hatte er endlich einen gefunden, und ihn zu opfern, wäre deshalb sowohl eine Beleidigung für das Reich als auch eine Un¬ möglichkeit für die ritterliche Art des Kanzlers gewesen. Ich meine, genug gesagt zu haben, um zu zeigen, daß, obgleich der Zusammenstoß mit dem Zentrum tief zu bedauern ist, er doch zu der Zeit eine politische Notwendigkeit ebenso wie ein per¬ sönlicher Ehrenpunkt war. Denn die Kolonialfrage war für Deutschland von solcher Tragweite geworden, daß die Duldung eines Eingreifens durch eine wenn auch be¬ deutende Gruppe des Reichstags eine Handlung verbrecherischer Schwäche des Ver¬ antwortlicher Staatsmannes gewesen wäre. Die Auflösung und die Ergebnisse der folgenden Wahlen bedürfen, als zu bekannt, keiner Wiedergabe. Der liberal-kon¬ servative „Block", der jetzt die Regierungsmehrheit bildet, scheint nur ein gebrech¬ liches Bollwerk zum Besten Deutschlands zu sein, denn daß es Deutschland zum besten dient, wenn der jetzige Kanzler im Amte bleibt, glaube ich ganz fest. Neue Fragen, wie die Polenvorlage, die von Gefühlsmenschen, ohne Kenntnis der ver¬ wickelten Beziehungen zu den unbotmäßigen polnischen Staatsangehörigen, zu rasch bekrittelt wurde, und die dringendere Schwierigkeit des preußischen Wahlrechts

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/261>, abgerufen am 22.07.2024.