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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen

sie haben also, solange sie im Amte sind, viel geringere Ausgaben als der
Lehrer, der Frau und Kinder zu ernähren hat. Vor allem aber ist auch für
die Volksschullehrerin zu fordern, daß sie früher, als dies bisher geschieht, in
das Maximum ihres Dicnsteinkommens gelangt; denn auch für sie, die Lehrerin,
beginnt, wie für den Lehrer, mit den vierziger Lebensjahren die teure Lebens¬
periode. Früher als die männliche Lehrkraft verbraucht sich die weibliche,
weil die schweren Forderungen des Unterrichts ihre Lebenskräfte, ihre Frische,
ihre Elastizität früher erschöpfen. In dieser Zeit, etwa mit der Mitte der
vierziger oder spätestens mit dem Anfange der fünfziger Jahre wird sie müde,
oft kränklich und früh alternd. Dann muß ihr Diensteinkommen derart be¬
messen sein, daß sie durch Badereisen ihre Kräfte erfrischen, durch Annahme
einer Haushälterin ihr äußeres Leben bequemer einrichten kann.

Einer besondern Prüfung verdient die Frage, ob nicht dem Einzellehrer
auf dem Lande mit Rücksicht auf die größere Anstrengung, die der Unterricht
in der einklassigen Schule fordert und auch, um ihn in seiner schwierigen
Stellung möglichst lange festzuhalten, eine besondre Funktionszulage zu ge¬
währen sei. Allgemein dürften 150 bis 200 Mark hierfür genügen.

Der folgende Entwurf stellt einen Versuch dar. die Besoldung der Volks¬
schullehrer und -lehrerinnen in Preußen nach den vorstehenden Forderungen
zu ordnen.

I

Alle Volksschullehrer und -lehrerinnen in den Städten und ans dem
Lande in Preußen erhalten ein gleiches pensionsfähiges Diensteinkommen, das
sich aus einem Grundgehalt und Alterszulagen zusammensetzt, und eine Dienst¬
wohnung in naturg. oder eine Mietentschädigung, deren beider Wert nicht
pensionsfähig ist.


II

Die Städte und die Landgemeinden mit städtischem Charakter können
ihren Volksschullehreru und -lehrerinnen Orts- oder Teuerungszulagen ge¬
währen, die nicht widerruflich, nicht pensionsfähig und in ihrem Maximum
zu limitieren sind.


Zu I (Lehrer)

a) Grundgehalt. Der Grundgehalt eines Volksschullehrcrs beträgt
1200 Mark, bis zur endgiltigen Anstellung aber nur 1000 Mark. Wenn der
Lehrer einen Haushalt führt, erhält er schon vor seiner endgiltigen Anstellung
das volle Grundgehalt.

v) Alters zu lagen. Die Alterszulagen zerfallen in zwei Ordnungen.
Die erste Ordnung umfaßt fünf Stufen von je drei Jahren, die zweite Ord¬
nung fünf Stufen von je zwei Jahren. Die Alterszulagen der ersten Ord¬
nung betragen je 150 Mark, die der zweiten Ordnung je 200 Mark. Die
Zahlung der Altcrszulagen beginnt bei dem Lehrer, der seiner Militärpflicht


Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen

sie haben also, solange sie im Amte sind, viel geringere Ausgaben als der
Lehrer, der Frau und Kinder zu ernähren hat. Vor allem aber ist auch für
die Volksschullehrerin zu fordern, daß sie früher, als dies bisher geschieht, in
das Maximum ihres Dicnsteinkommens gelangt; denn auch für sie, die Lehrerin,
beginnt, wie für den Lehrer, mit den vierziger Lebensjahren die teure Lebens¬
periode. Früher als die männliche Lehrkraft verbraucht sich die weibliche,
weil die schweren Forderungen des Unterrichts ihre Lebenskräfte, ihre Frische,
ihre Elastizität früher erschöpfen. In dieser Zeit, etwa mit der Mitte der
vierziger oder spätestens mit dem Anfange der fünfziger Jahre wird sie müde,
oft kränklich und früh alternd. Dann muß ihr Diensteinkommen derart be¬
messen sein, daß sie durch Badereisen ihre Kräfte erfrischen, durch Annahme
einer Haushälterin ihr äußeres Leben bequemer einrichten kann.

Einer besondern Prüfung verdient die Frage, ob nicht dem Einzellehrer
auf dem Lande mit Rücksicht auf die größere Anstrengung, die der Unterricht
in der einklassigen Schule fordert und auch, um ihn in seiner schwierigen
Stellung möglichst lange festzuhalten, eine besondre Funktionszulage zu ge¬
währen sei. Allgemein dürften 150 bis 200 Mark hierfür genügen.

Der folgende Entwurf stellt einen Versuch dar. die Besoldung der Volks¬
schullehrer und -lehrerinnen in Preußen nach den vorstehenden Forderungen
zu ordnen.

I

Alle Volksschullehrer und -lehrerinnen in den Städten und ans dem
Lande in Preußen erhalten ein gleiches pensionsfähiges Diensteinkommen, das
sich aus einem Grundgehalt und Alterszulagen zusammensetzt, und eine Dienst¬
wohnung in naturg. oder eine Mietentschädigung, deren beider Wert nicht
pensionsfähig ist.


II

Die Städte und die Landgemeinden mit städtischem Charakter können
ihren Volksschullehreru und -lehrerinnen Orts- oder Teuerungszulagen ge¬
währen, die nicht widerruflich, nicht pensionsfähig und in ihrem Maximum
zu limitieren sind.


Zu I (Lehrer)

a) Grundgehalt. Der Grundgehalt eines Volksschullehrcrs beträgt
1200 Mark, bis zur endgiltigen Anstellung aber nur 1000 Mark. Wenn der
Lehrer einen Haushalt führt, erhält er schon vor seiner endgiltigen Anstellung
das volle Grundgehalt.

v) Alters zu lagen. Die Alterszulagen zerfallen in zwei Ordnungen.
Die erste Ordnung umfaßt fünf Stufen von je drei Jahren, die zweite Ord¬
nung fünf Stufen von je zwei Jahren. Die Alterszulagen der ersten Ord¬
nung betragen je 150 Mark, die der zweiten Ordnung je 200 Mark. Die
Zahlung der Altcrszulagen beginnt bei dem Lehrer, der seiner Militärpflicht


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[0026] Das Lehrerbesoldungsgesetz in Preußen sie haben also, solange sie im Amte sind, viel geringere Ausgaben als der Lehrer, der Frau und Kinder zu ernähren hat. Vor allem aber ist auch für die Volksschullehrerin zu fordern, daß sie früher, als dies bisher geschieht, in das Maximum ihres Dicnsteinkommens gelangt; denn auch für sie, die Lehrerin, beginnt, wie für den Lehrer, mit den vierziger Lebensjahren die teure Lebens¬ periode. Früher als die männliche Lehrkraft verbraucht sich die weibliche, weil die schweren Forderungen des Unterrichts ihre Lebenskräfte, ihre Frische, ihre Elastizität früher erschöpfen. In dieser Zeit, etwa mit der Mitte der vierziger oder spätestens mit dem Anfange der fünfziger Jahre wird sie müde, oft kränklich und früh alternd. Dann muß ihr Diensteinkommen derart be¬ messen sein, daß sie durch Badereisen ihre Kräfte erfrischen, durch Annahme einer Haushälterin ihr äußeres Leben bequemer einrichten kann. Einer besondern Prüfung verdient die Frage, ob nicht dem Einzellehrer auf dem Lande mit Rücksicht auf die größere Anstrengung, die der Unterricht in der einklassigen Schule fordert und auch, um ihn in seiner schwierigen Stellung möglichst lange festzuhalten, eine besondre Funktionszulage zu ge¬ währen sei. Allgemein dürften 150 bis 200 Mark hierfür genügen. Der folgende Entwurf stellt einen Versuch dar. die Besoldung der Volks¬ schullehrer und -lehrerinnen in Preußen nach den vorstehenden Forderungen zu ordnen. I Alle Volksschullehrer und -lehrerinnen in den Städten und ans dem Lande in Preußen erhalten ein gleiches pensionsfähiges Diensteinkommen, das sich aus einem Grundgehalt und Alterszulagen zusammensetzt, und eine Dienst¬ wohnung in naturg. oder eine Mietentschädigung, deren beider Wert nicht pensionsfähig ist. II Die Städte und die Landgemeinden mit städtischem Charakter können ihren Volksschullehreru und -lehrerinnen Orts- oder Teuerungszulagen ge¬ währen, die nicht widerruflich, nicht pensionsfähig und in ihrem Maximum zu limitieren sind. Zu I (Lehrer) a) Grundgehalt. Der Grundgehalt eines Volksschullehrcrs beträgt 1200 Mark, bis zur endgiltigen Anstellung aber nur 1000 Mark. Wenn der Lehrer einen Haushalt führt, erhält er schon vor seiner endgiltigen Anstellung das volle Grundgehalt. v) Alters zu lagen. Die Alterszulagen zerfallen in zwei Ordnungen. Die erste Ordnung umfaßt fünf Stufen von je drei Jahren, die zweite Ord¬ nung fünf Stufen von je zwei Jahren. Die Alterszulagen der ersten Ord¬ nung betragen je 150 Mark, die der zweiten Ordnung je 200 Mark. Die Zahlung der Altcrszulagen beginnt bei dem Lehrer, der seiner Militärpflicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/26>, abgerufen am 27.06.2024.