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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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N?as interessierte eine" Gebildeten vor hundert Jahren?

Smiths Ids vöSA'tea Viti^o) Aufnahme gefunden haben. Oder Brackcbusch,
den nicht einmal Goedeke aufführt, der Verfasser einer langen, mehrere Seiten
füllenden Idylle Der Sonntagsmorgen in Sectors:

Aus der reichen Fülle seien noch einige Namen genannt: Karl Münster
(1763 bis 1857), vier Gedichte aus der Sammlung Blüten des Helikons,
Leipzig 1789; Stäudlin (1758 bis 1796), Die Missetäterin an ihren Säug¬
ling; Nostitz und Jünkendorf (1765 bis 1836. sächsischer Minister). Allgemeines
Gebet, nach dem Englischen des Pope; Niemeyer (1734 bis 1828, Ober-
konsistorialrat in Halle), Bruchstücke aus Philotas, ein Versuch zur Be¬
lehrung und Beruhigung für Leidende, Leipzig 1779; Neubeck (1765 bis 1850),
Das Zergliederungshaus:

Auf Erzeugnisse dichtender Frauen stoßen wir nur selten. Außer dem
Weihnachtslied an die kleine Magdalene von der Karschin (aus der Zeitung
für die elegante Welt 1811) wäre noch zu erwähnen ein Gedicht auf Mozarts
Tod von Thcone, Pseudonym für Therese von Artner. eine ungarische Dichterin.
Daß es aber auch damals schon Naturdichterinnen gab, beweist Juliane Schubert,
von der es heißt: Eine arme Weberin, sie trat nie aus ihrem Stande heraus,
widmete der Dichtkunst nur die sonntäglichen Mußestunden und blieb eine gute
Mutter und Gattin. Ihr Gedicht erschien in der Zeitung für die elegante
Welt 1812 und beginnt:

Daß unsre Aufzeichnungen von einem Theologen herrühren, macht sich
nur selten bemerkbar, zum Beispiel durch Bruchstücke aus dem Katechismus
des Canisius (de Hort, der erste deutsche Jesuit. 1524 bis 1597). Eine Be¬
rechnung der Einnahmen der englischen Geistlichkeit gab wahrscheinlich zu weh¬
mütigen Vergleichen mit deutschen Verhältnissen Anlaß. Die Kosten eines
Buß-, Fest- oder Feiertags, an dem nicht gearbeitet wird, werden für ein
Land von zwei Millionen auf 25000 Taler berechnet bei einem Tagelohn
von wenigstens einem Groschen. Aus Dantes Fegefeuer wird in deutscher


N?as interessierte eine» Gebildeten vor hundert Jahren?

Smiths Ids vöSA'tea Viti^o) Aufnahme gefunden haben. Oder Brackcbusch,
den nicht einmal Goedeke aufführt, der Verfasser einer langen, mehrere Seiten
füllenden Idylle Der Sonntagsmorgen in Sectors:

Aus der reichen Fülle seien noch einige Namen genannt: Karl Münster
(1763 bis 1857), vier Gedichte aus der Sammlung Blüten des Helikons,
Leipzig 1789; Stäudlin (1758 bis 1796), Die Missetäterin an ihren Säug¬
ling; Nostitz und Jünkendorf (1765 bis 1836. sächsischer Minister). Allgemeines
Gebet, nach dem Englischen des Pope; Niemeyer (1734 bis 1828, Ober-
konsistorialrat in Halle), Bruchstücke aus Philotas, ein Versuch zur Be¬
lehrung und Beruhigung für Leidende, Leipzig 1779; Neubeck (1765 bis 1850),
Das Zergliederungshaus:

Auf Erzeugnisse dichtender Frauen stoßen wir nur selten. Außer dem
Weihnachtslied an die kleine Magdalene von der Karschin (aus der Zeitung
für die elegante Welt 1811) wäre noch zu erwähnen ein Gedicht auf Mozarts
Tod von Thcone, Pseudonym für Therese von Artner. eine ungarische Dichterin.
Daß es aber auch damals schon Naturdichterinnen gab, beweist Juliane Schubert,
von der es heißt: Eine arme Weberin, sie trat nie aus ihrem Stande heraus,
widmete der Dichtkunst nur die sonntäglichen Mußestunden und blieb eine gute
Mutter und Gattin. Ihr Gedicht erschien in der Zeitung für die elegante
Welt 1812 und beginnt:

Daß unsre Aufzeichnungen von einem Theologen herrühren, macht sich
nur selten bemerkbar, zum Beispiel durch Bruchstücke aus dem Katechismus
des Canisius (de Hort, der erste deutsche Jesuit. 1524 bis 1597). Eine Be¬
rechnung der Einnahmen der englischen Geistlichkeit gab wahrscheinlich zu weh¬
mütigen Vergleichen mit deutschen Verhältnissen Anlaß. Die Kosten eines
Buß-, Fest- oder Feiertags, an dem nicht gearbeitet wird, werden für ein
Land von zwei Millionen auf 25000 Taler berechnet bei einem Tagelohn
von wenigstens einem Groschen. Aus Dantes Fegefeuer wird in deutscher


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/141>, abgerufen am 22.07.2024.