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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Der gegenwärtige Stand der Unterwasserbootfrage

bis zu 398 Tonnen haben. Den neusten Typ der letzten Art stellen die schon
lange von der Kammer bewilligten 20 Boote von 398 Tonnen dar, von denen
erst vier in diesem Jahre zur Ablieferung gelangen konnten, weil sich die Probe¬
fahrten mit dem Modellboot Emeraude so lange hingezogen hatten. Nach Fertig¬
stellung der noch übrigen 16 Boote im Jahre 1908 wird die französische Marine
im ganzen 82 Untersee- und Tauchboote zur Verfügung haben. Es werden
dann immer noch 40 Boote im Bau sein, von denen fünf zum Marineetat für
1908 gehören; von diesen werden vier nach ganz neuen Plänen hergestellt,
während alle übrigen den bekannten Laubeufschen Entwürfen folgen sollen.

Große Schwierigkeiten macht den Franzosen augenscheinlich noch immer die
Motorfrage, denn erst kürzlich wurde gemeldet, daß drei neue Boote verschiedner
Bauart wochenlange Reparaturen infolge Zusammenbruchs der Diselmotore vor¬
zunehmen hätten. Dagegen scheint es den französischen Ingenieuren gelungen
zu sein, an dem Periskop durch schärfere Gläser und Verlängerung des Auf¬
satzes wesentliche Verbesserungen angebracht zu haben. Schon Admiral Fournier
hatte diese Fortschritte in seinem Tagesbefehl an die Flotte nach Schluß der
vorjährigen Seemanöver besonders hervorgehoben, und in diesem Jahre hat
Admiral Touchard dieselbe Anerkennung ausgesprochen. Daß aber die Franzosen,
wie einzelne Berichterstatter wissen wollen, in Zukunft nur noch Tauchboote bauen
werden, erscheint nach den Resultaten der letzten Flottenmanöver kaum glaub¬
haft. Die glänzenden Erfolge, die hier beim Angriffe der vereinten Geschwader
auf Marseille errungen sein sollen, kommen nämlich ausschließlich auf Rechnung
der acht beteiligten sous-wai-ins, indem berichtet wird, daß es ihnen durch ge¬
schicktes Manövrieren gelungen sei, den großen Schiffen zusammen 41 mehr oder
weniger schwere Beschädigungen beizubringen.

Nach Frankreich ist es die englische Marine, die sich mit dem Bau und
der Verwendung von Unterseebooten am eifrigsten beschäftigt. Bis jetzt steht
jedoch nur das reine Unterseeboot in Frage, mit der Bestimmung, an Stelle
der Minen- und Torpedoverteidigung den Küsten- und Hafenschutz zu übernehmen.
In ganz systematischer Weise sind deshalb Unterseebootdepots in Portsmouth,
Devonport und Nore eingerichtet worden, die sämtlich dem Inspektor ok 8uo-
warins boots in Portsmouth unterstehn werden und aus einer Anzahl Depot¬
schiffe (Kreuzer) und je nach der Wichtigkeit der Station aus 5 bis 10 Unter¬
seebooten bestehn. So sind die ältesten Hollandboote (1 bis 5) und sämtliche
^-Boote in Portsmouth, die L-Boote in Dcvonport und die OBoote in Nore
stationiert worden. Dover, das auch als Depotstation bezeichnet worden war,
ist neuerdings wieder aufgegeben worden, dagegen soll noch ein vierter solcher
Platz an der OMste Englands in Aussicht genommen sein. Von den seit dem
Jahre 1901/02 vom Parlament bewilligten Booten sind die 5 alten Holland¬
boote, ferner die 13 der ^-Klasse. 11 der L-Klasse und 11 der OKlasse schon
in Dienst gestellt worden. Sie wurden sämtlich bei Vickers in Barrow gebaut.
Das letzte Boot v 11 gelangte Ende August dieses Jahres zur Ablieferung.


Der gegenwärtige Stand der Unterwasserbootfrage

bis zu 398 Tonnen haben. Den neusten Typ der letzten Art stellen die schon
lange von der Kammer bewilligten 20 Boote von 398 Tonnen dar, von denen
erst vier in diesem Jahre zur Ablieferung gelangen konnten, weil sich die Probe¬
fahrten mit dem Modellboot Emeraude so lange hingezogen hatten. Nach Fertig¬
stellung der noch übrigen 16 Boote im Jahre 1908 wird die französische Marine
im ganzen 82 Untersee- und Tauchboote zur Verfügung haben. Es werden
dann immer noch 40 Boote im Bau sein, von denen fünf zum Marineetat für
1908 gehören; von diesen werden vier nach ganz neuen Plänen hergestellt,
während alle übrigen den bekannten Laubeufschen Entwürfen folgen sollen.

Große Schwierigkeiten macht den Franzosen augenscheinlich noch immer die
Motorfrage, denn erst kürzlich wurde gemeldet, daß drei neue Boote verschiedner
Bauart wochenlange Reparaturen infolge Zusammenbruchs der Diselmotore vor¬
zunehmen hätten. Dagegen scheint es den französischen Ingenieuren gelungen
zu sein, an dem Periskop durch schärfere Gläser und Verlängerung des Auf¬
satzes wesentliche Verbesserungen angebracht zu haben. Schon Admiral Fournier
hatte diese Fortschritte in seinem Tagesbefehl an die Flotte nach Schluß der
vorjährigen Seemanöver besonders hervorgehoben, und in diesem Jahre hat
Admiral Touchard dieselbe Anerkennung ausgesprochen. Daß aber die Franzosen,
wie einzelne Berichterstatter wissen wollen, in Zukunft nur noch Tauchboote bauen
werden, erscheint nach den Resultaten der letzten Flottenmanöver kaum glaub¬
haft. Die glänzenden Erfolge, die hier beim Angriffe der vereinten Geschwader
auf Marseille errungen sein sollen, kommen nämlich ausschließlich auf Rechnung
der acht beteiligten sous-wai-ins, indem berichtet wird, daß es ihnen durch ge¬
schicktes Manövrieren gelungen sei, den großen Schiffen zusammen 41 mehr oder
weniger schwere Beschädigungen beizubringen.

Nach Frankreich ist es die englische Marine, die sich mit dem Bau und
der Verwendung von Unterseebooten am eifrigsten beschäftigt. Bis jetzt steht
jedoch nur das reine Unterseeboot in Frage, mit der Bestimmung, an Stelle
der Minen- und Torpedoverteidigung den Küsten- und Hafenschutz zu übernehmen.
In ganz systematischer Weise sind deshalb Unterseebootdepots in Portsmouth,
Devonport und Nore eingerichtet worden, die sämtlich dem Inspektor ok 8uo-
warins boots in Portsmouth unterstehn werden und aus einer Anzahl Depot¬
schiffe (Kreuzer) und je nach der Wichtigkeit der Station aus 5 bis 10 Unter¬
seebooten bestehn. So sind die ältesten Hollandboote (1 bis 5) und sämtliche
^-Boote in Portsmouth, die L-Boote in Dcvonport und die OBoote in Nore
stationiert worden. Dover, das auch als Depotstation bezeichnet worden war,
ist neuerdings wieder aufgegeben worden, dagegen soll noch ein vierter solcher
Platz an der OMste Englands in Aussicht genommen sein. Von den seit dem
Jahre 1901/02 vom Parlament bewilligten Booten sind die 5 alten Holland¬
boote, ferner die 13 der ^-Klasse. 11 der L-Klasse und 11 der OKlasse schon
in Dienst gestellt worden. Sie wurden sämtlich bei Vickers in Barrow gebaut.
Das letzte Boot v 11 gelangte Ende August dieses Jahres zur Ablieferung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/457>, abgerufen am 28.09.2024.