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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Betrachtungen zu den Uaisermanövern von ^9^?

Kolonne" setzte sich aus vier Benzinwagen mit je drei Anhängewagen, aus drei
Benzinwagen mit je zwei, aus einem Benzinwagen mit einem und aus zwei
Dampfwagen mit je einem Anhängewagen zusammen. An ihrer Spitze stand
der neue Daimlerzug. Der Motorwagen, der erste, der in Türkheim für die
Verkehrstruppen gebaut worden ist, hat sowohl Vorder- wie Hinterradantrieb.
Ferner war dieser Kolonne noch ein Büssingomnibus beigegeben, der haupt¬
sächlich zur Beförderung des Bureaupersonals dienen sollte. Die "schwere
Kolonne" bestand aus einem ^. ^. (?.-Wagen mit zwei, einem Siemens-
Schuckertwagen mit fünf, drei Dampfstraßenlokomotiven mit je zwei Anhänge¬
wagen und einer solchen mit einem Anhänger. Es heißt, daß als Ergebnis
der Versuche mit diesen Lastzügen eine allmähliche Einführung von Automobil¬
proviantkolonnen beabsichtigt sei, die den Truppen schneller folgen können und
ihnen darum die Verpflegungsbedürfnisse rascher nachführen werden, als es
heute vermittelst der Trainfahrzeuge mit tierischem Zug der Fall ist. Hand
in Hand würde naturgemäß mit dieser Umformung eine Reorganisation
des gesamten Trainwesens gehn, eine Folge, die allseitig nur mit Freuden
begrüßt werden dürfte, denn unser Train genügt in vielem den heutigen An¬
forderungen schon lange nicht mehr und würde im Ernstfall einen schweren
Stand haben.

Lehrreich für uns sind auch auf diesem Gebiete die praktischen Manöver¬
erfahrungen, die bei andern Armeen gemacht worden sind. Obenan steht
Frankreich, das sich ja auch am längsten des mechanischen Zuges für mili¬
tärische Zwecke bedient und nicht nur Personenautomobile, sondern auch solche
für Lasten schon seit einigen Jahren in bedeutender Zahl in Dienst gestellt
hat. In diesem Jahre standen Versuche mit Automobillastzügen für die
Truppenverpflegung im Vordergrunde. Wie schon so häufig, hatte sich auch
diesesmal wieder das Kriegsministerium in einem Rundschreiben an die Auto¬
mobilbesitzer und Konstrukteure gewandt und sie um Überlassung geeigneter
Wagen ersucht. Das Resultat war durchaus zufriedenstellend, denn siebzehn
Firmen fanden sich mit 34 schweren Fahrzeugen ein und stellten sich für die
großen Armecmanöver in Bordeaux zur Verfügung. Die Stadt war als Ver¬
pflegungszentrale eingerichtet. Jeden Abend zwischen fünf und sechs Uhr ging
hier vom Manöverfelde die telegraphische Benachrichtigung ein, wieviel Vor¬
räte am nächstfolgenden Tage für die Truppen des achtzehnten Armeekorps
notwendig seien. Alsdann wurden die Wagen beladen und fuhren bei Morgen¬
grauen, in verschiedne Kolonnen, geteilt nach den ihnen bezeichneten Ver¬
pflegungsstationen ab, wo sie von der Intendantur oder den Truppenkommandos
in Empfang genommen und abgeladen wurden. In seinen Berichten spricht
sich der Manöverleiter, General Millet, dahin aus, daß sich die Verteilung
der Lebensmittel und der Fourage an die Truppen sehr schnell und ohne
irgendwelche Störung vollzogen habe. Die Automobillastzüge Hütten täglich
Entfernungen von 100 bis 150 Kilometer zurückgelegt und wären meist lange


Grenzboten IV 1S07 zg
Betrachtungen zu den Uaisermanövern von ^9^?

Kolonne" setzte sich aus vier Benzinwagen mit je drei Anhängewagen, aus drei
Benzinwagen mit je zwei, aus einem Benzinwagen mit einem und aus zwei
Dampfwagen mit je einem Anhängewagen zusammen. An ihrer Spitze stand
der neue Daimlerzug. Der Motorwagen, der erste, der in Türkheim für die
Verkehrstruppen gebaut worden ist, hat sowohl Vorder- wie Hinterradantrieb.
Ferner war dieser Kolonne noch ein Büssingomnibus beigegeben, der haupt¬
sächlich zur Beförderung des Bureaupersonals dienen sollte. Die „schwere
Kolonne" bestand aus einem ^. ^. (?.-Wagen mit zwei, einem Siemens-
Schuckertwagen mit fünf, drei Dampfstraßenlokomotiven mit je zwei Anhänge¬
wagen und einer solchen mit einem Anhänger. Es heißt, daß als Ergebnis
der Versuche mit diesen Lastzügen eine allmähliche Einführung von Automobil¬
proviantkolonnen beabsichtigt sei, die den Truppen schneller folgen können und
ihnen darum die Verpflegungsbedürfnisse rascher nachführen werden, als es
heute vermittelst der Trainfahrzeuge mit tierischem Zug der Fall ist. Hand
in Hand würde naturgemäß mit dieser Umformung eine Reorganisation
des gesamten Trainwesens gehn, eine Folge, die allseitig nur mit Freuden
begrüßt werden dürfte, denn unser Train genügt in vielem den heutigen An¬
forderungen schon lange nicht mehr und würde im Ernstfall einen schweren
Stand haben.

Lehrreich für uns sind auch auf diesem Gebiete die praktischen Manöver¬
erfahrungen, die bei andern Armeen gemacht worden sind. Obenan steht
Frankreich, das sich ja auch am längsten des mechanischen Zuges für mili¬
tärische Zwecke bedient und nicht nur Personenautomobile, sondern auch solche
für Lasten schon seit einigen Jahren in bedeutender Zahl in Dienst gestellt
hat. In diesem Jahre standen Versuche mit Automobillastzügen für die
Truppenverpflegung im Vordergrunde. Wie schon so häufig, hatte sich auch
diesesmal wieder das Kriegsministerium in einem Rundschreiben an die Auto¬
mobilbesitzer und Konstrukteure gewandt und sie um Überlassung geeigneter
Wagen ersucht. Das Resultat war durchaus zufriedenstellend, denn siebzehn
Firmen fanden sich mit 34 schweren Fahrzeugen ein und stellten sich für die
großen Armecmanöver in Bordeaux zur Verfügung. Die Stadt war als Ver¬
pflegungszentrale eingerichtet. Jeden Abend zwischen fünf und sechs Uhr ging
hier vom Manöverfelde die telegraphische Benachrichtigung ein, wieviel Vor¬
räte am nächstfolgenden Tage für die Truppen des achtzehnten Armeekorps
notwendig seien. Alsdann wurden die Wagen beladen und fuhren bei Morgen¬
grauen, in verschiedne Kolonnen, geteilt nach den ihnen bezeichneten Ver¬
pflegungsstationen ab, wo sie von der Intendantur oder den Truppenkommandos
in Empfang genommen und abgeladen wurden. In seinen Berichten spricht
sich der Manöverleiter, General Millet, dahin aus, daß sich die Verteilung
der Lebensmittel und der Fourage an die Truppen sehr schnell und ohne
irgendwelche Störung vollzogen habe. Die Automobillastzüge Hütten täglich
Entfernungen von 100 bis 150 Kilometer zurückgelegt und wären meist lange


Grenzboten IV 1S07 zg
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[0237] Betrachtungen zu den Uaisermanövern von ^9^? Kolonne" setzte sich aus vier Benzinwagen mit je drei Anhängewagen, aus drei Benzinwagen mit je zwei, aus einem Benzinwagen mit einem und aus zwei Dampfwagen mit je einem Anhängewagen zusammen. An ihrer Spitze stand der neue Daimlerzug. Der Motorwagen, der erste, der in Türkheim für die Verkehrstruppen gebaut worden ist, hat sowohl Vorder- wie Hinterradantrieb. Ferner war dieser Kolonne noch ein Büssingomnibus beigegeben, der haupt¬ sächlich zur Beförderung des Bureaupersonals dienen sollte. Die „schwere Kolonne" bestand aus einem ^. ^. (?.-Wagen mit zwei, einem Siemens- Schuckertwagen mit fünf, drei Dampfstraßenlokomotiven mit je zwei Anhänge¬ wagen und einer solchen mit einem Anhänger. Es heißt, daß als Ergebnis der Versuche mit diesen Lastzügen eine allmähliche Einführung von Automobil¬ proviantkolonnen beabsichtigt sei, die den Truppen schneller folgen können und ihnen darum die Verpflegungsbedürfnisse rascher nachführen werden, als es heute vermittelst der Trainfahrzeuge mit tierischem Zug der Fall ist. Hand in Hand würde naturgemäß mit dieser Umformung eine Reorganisation des gesamten Trainwesens gehn, eine Folge, die allseitig nur mit Freuden begrüßt werden dürfte, denn unser Train genügt in vielem den heutigen An¬ forderungen schon lange nicht mehr und würde im Ernstfall einen schweren Stand haben. Lehrreich für uns sind auch auf diesem Gebiete die praktischen Manöver¬ erfahrungen, die bei andern Armeen gemacht worden sind. Obenan steht Frankreich, das sich ja auch am längsten des mechanischen Zuges für mili¬ tärische Zwecke bedient und nicht nur Personenautomobile, sondern auch solche für Lasten schon seit einigen Jahren in bedeutender Zahl in Dienst gestellt hat. In diesem Jahre standen Versuche mit Automobillastzügen für die Truppenverpflegung im Vordergrunde. Wie schon so häufig, hatte sich auch diesesmal wieder das Kriegsministerium in einem Rundschreiben an die Auto¬ mobilbesitzer und Konstrukteure gewandt und sie um Überlassung geeigneter Wagen ersucht. Das Resultat war durchaus zufriedenstellend, denn siebzehn Firmen fanden sich mit 34 schweren Fahrzeugen ein und stellten sich für die großen Armecmanöver in Bordeaux zur Verfügung. Die Stadt war als Ver¬ pflegungszentrale eingerichtet. Jeden Abend zwischen fünf und sechs Uhr ging hier vom Manöverfelde die telegraphische Benachrichtigung ein, wieviel Vor¬ räte am nächstfolgenden Tage für die Truppen des achtzehnten Armeekorps notwendig seien. Alsdann wurden die Wagen beladen und fuhren bei Morgen¬ grauen, in verschiedne Kolonnen, geteilt nach den ihnen bezeichneten Ver¬ pflegungsstationen ab, wo sie von der Intendantur oder den Truppenkommandos in Empfang genommen und abgeladen wurden. In seinen Berichten spricht sich der Manöverleiter, General Millet, dahin aus, daß sich die Verteilung der Lebensmittel und der Fourage an die Truppen sehr schnell und ohne irgendwelche Störung vollzogen habe. Die Automobillastzüge Hütten täglich Entfernungen von 100 bis 150 Kilometer zurückgelegt und wären meist lange Grenzboten IV 1S07 zg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/237>, abgerufen am 29.06.2024.