Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.England und Indien und die Bewegung, die in Bengalen ihren Anfang nahm, hat sich dann nach Es ist bekannt, welches die Anzeichen waren, die vor der großen indischen Der Verfasser beschuldigt dann weiter nochmals die Regierung zu weit¬ Zum Schluß wird in dem angezognen Artikel des Londoner Blattes der England und Indien und die Bewegung, die in Bengalen ihren Anfang nahm, hat sich dann nach Es ist bekannt, welches die Anzeichen waren, die vor der großen indischen Der Verfasser beschuldigt dann weiter nochmals die Regierung zu weit¬ Zum Schluß wird in dem angezognen Artikel des Londoner Blattes der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0016" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303432"/> <fw type="header" place="top"> England und Indien</fw><lb/> <p xml:id="ID_28" prev="#ID_27"> und die Bewegung, die in Bengalen ihren Anfang nahm, hat sich dann nach<lb/> dem Punjab weiter ausgebreitet— Man könnte leicht geneigt sein, die Bedeutung<lb/> dieser Symptome, die für sich selbst sprechen, zu übertreiben, aber andrerseits würde<lb/> es sehr falsch sein, darüber hinwegzusehn, daß tatsächlich in der Lage der Verhält¬<lb/> nisse uns gegenüber eine Änderung eingetreten ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_29"> Es ist bekannt, welches die Anzeichen waren, die vor der großen indischen<lb/> Revolution wenigen Beobachtern auffielen, und jetzt haben wieder britische<lb/> Militärs wie auch Nichtmilitürs in gewissen Beziehungen einen Umschwung wahr¬<lb/> genommen, den sie auch unsers Wissens, obgleich wenig darüber verlautete, zur<lb/> Kenntnis der Behörden gebracht haben. Die Eingebornen behandeln die Eng¬<lb/> länder nicht mehr mit der Ehrerbietung und dem Respekt, wie man es bisher<lb/> gewohnt gewesen ist, und dies ist nicht bloß in Bengalen, sondern auch in vielen<lb/> andern Teilen Indiens der Fall. Allgemein macht sich die Empfindung geltend,<lb/> daß unser Prestige nicht mehr dasselbe wie früher ist, und zweifellos tun<lb/> bengalische Advokaten und Hinduschriftsteller alles, was in ihren Kräften steht,<lb/> um es zu untergraben. Sie haben bereits erkannt, daß sie beinahe ungestraft<lb/> alles sprechen und schreiben dürfen. Die Empörung hat tatsächlich ihr Haupt<lb/> erhoben, und während indische Blätter, die britische Offiziere verleumderisch der<lb/> Anregung zum Morde beschuldigen, hinsichtlich der ihnen erwachsenden Kosten<lb/> durch politische Verbände gedeckt sind, werden die Europäer öffentlich insultiert..."</p><lb/> <p xml:id="ID_30"> Der Verfasser beschuldigt dann weiter nochmals die Regierung zu weit¬<lb/> gehender Milde, die von den Indern nur als Schwäche ausgelegt werde, und<lb/> empfiehlt dringend, den Revolutionsschreibern unverzüglich eine heilsame Lehre zu<lb/> geben und gegen die eingeborne Presse, wenn man sie nicht ganz mundtot machen<lb/> könne, auf das strengste vorzugehn; vor allem aber müsse man mit rücksichtsloser<lb/> Energie gegen die Schulen und höhern Bildungsanstalten einschreiten als die<lb/> Brutstätten der revolutionären Bewegung. Fürwahr eine etwas seltsam an¬<lb/> mutende Forderung aus der Feder eines ^rseborn Lriton, der sonst doch die<lb/> größte persönliche Freiheit und Straflosigkeit in Wort und Schrift als eins der<lb/> britischen Grundrechte anzusehn und andern gegenüber zu betonen liebt — sie<lb/> zeigt aber andrerseits, mit welcher praktischen Rücksichtslosigkeit diese Nation<lb/> denkt, wenn die Staatsraison oder das politische Interesse des Mutterlandes ein<lb/> energisches Vorgehn verlangt — gegen Fremde!</p><lb/> <p xml:id="ID_31" next="#ID_32"> Zum Schluß wird in dem angezognen Artikel des Londoner Blattes der<lb/> vielfach aufgetauchte Gedanke, man solle den Eingebornen dadurch entgegen¬<lb/> kommen, daß man ihnen einen größern Anteil an der Regierung des Reichs<lb/> zugestehe als bisher, für absurd und völlig verfehlt erklärt, nur geeignet, die<lb/> Mehrzahl der Engländer mit der größten Besorgnis zu erfüllen. „Indien ist<lb/> durch das Schwert gewonnen worden und wird durch das Schwert behalten<lb/> werden." Glücklicherweise, so tröstet der Berichterstatter, haben Lord Kitchener<lb/> und sein Stab die Situation erkannt, und wenn sich auch das bedeutungsvolle<lb/> Reformwerk, das von ihm eingeleitet und großenteils schon vollendet sei,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
England und Indien
und die Bewegung, die in Bengalen ihren Anfang nahm, hat sich dann nach
dem Punjab weiter ausgebreitet— Man könnte leicht geneigt sein, die Bedeutung
dieser Symptome, die für sich selbst sprechen, zu übertreiben, aber andrerseits würde
es sehr falsch sein, darüber hinwegzusehn, daß tatsächlich in der Lage der Verhält¬
nisse uns gegenüber eine Änderung eingetreten ist.
Es ist bekannt, welches die Anzeichen waren, die vor der großen indischen
Revolution wenigen Beobachtern auffielen, und jetzt haben wieder britische
Militärs wie auch Nichtmilitürs in gewissen Beziehungen einen Umschwung wahr¬
genommen, den sie auch unsers Wissens, obgleich wenig darüber verlautete, zur
Kenntnis der Behörden gebracht haben. Die Eingebornen behandeln die Eng¬
länder nicht mehr mit der Ehrerbietung und dem Respekt, wie man es bisher
gewohnt gewesen ist, und dies ist nicht bloß in Bengalen, sondern auch in vielen
andern Teilen Indiens der Fall. Allgemein macht sich die Empfindung geltend,
daß unser Prestige nicht mehr dasselbe wie früher ist, und zweifellos tun
bengalische Advokaten und Hinduschriftsteller alles, was in ihren Kräften steht,
um es zu untergraben. Sie haben bereits erkannt, daß sie beinahe ungestraft
alles sprechen und schreiben dürfen. Die Empörung hat tatsächlich ihr Haupt
erhoben, und während indische Blätter, die britische Offiziere verleumderisch der
Anregung zum Morde beschuldigen, hinsichtlich der ihnen erwachsenden Kosten
durch politische Verbände gedeckt sind, werden die Europäer öffentlich insultiert..."
Der Verfasser beschuldigt dann weiter nochmals die Regierung zu weit¬
gehender Milde, die von den Indern nur als Schwäche ausgelegt werde, und
empfiehlt dringend, den Revolutionsschreibern unverzüglich eine heilsame Lehre zu
geben und gegen die eingeborne Presse, wenn man sie nicht ganz mundtot machen
könne, auf das strengste vorzugehn; vor allem aber müsse man mit rücksichtsloser
Energie gegen die Schulen und höhern Bildungsanstalten einschreiten als die
Brutstätten der revolutionären Bewegung. Fürwahr eine etwas seltsam an¬
mutende Forderung aus der Feder eines ^rseborn Lriton, der sonst doch die
größte persönliche Freiheit und Straflosigkeit in Wort und Schrift als eins der
britischen Grundrechte anzusehn und andern gegenüber zu betonen liebt — sie
zeigt aber andrerseits, mit welcher praktischen Rücksichtslosigkeit diese Nation
denkt, wenn die Staatsraison oder das politische Interesse des Mutterlandes ein
energisches Vorgehn verlangt — gegen Fremde!
Zum Schluß wird in dem angezognen Artikel des Londoner Blattes der
vielfach aufgetauchte Gedanke, man solle den Eingebornen dadurch entgegen¬
kommen, daß man ihnen einen größern Anteil an der Regierung des Reichs
zugestehe als bisher, für absurd und völlig verfehlt erklärt, nur geeignet, die
Mehrzahl der Engländer mit der größten Besorgnis zu erfüllen. „Indien ist
durch das Schwert gewonnen worden und wird durch das Schwert behalten
werden." Glücklicherweise, so tröstet der Berichterstatter, haben Lord Kitchener
und sein Stab die Situation erkannt, und wenn sich auch das bedeutungsvolle
Reformwerk, das von ihm eingeleitet und großenteils schon vollendet sei,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |