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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Der Antiquar

nicht übernehmen wollte, sei es, weil ihr weder die eine noch die andre ihrer
präsumtiven Tanten so recht gefiel. Als sie weg war -- draußen in Licht, Luft und
Freiheit! --verfiel der Onkel auf einen Ausweg, der nach feiner Überzeugung mit
absoluter Gewißheit aus dem Labyrinth des Zweifels zu einem endgiltigen Entschlüsse
führen mußte: er nahm, wenn die Damen auf ihrem Nachmittagsstammplatz hinter
dem breiten Stehpult saßen, jeden Kunden, der in den Laden trat, und bei dem
er einigen Geschmack voraussetzen durfte, beiseite, machte ihm kurze Andeutungen
über seine verzwickte Lage und bat ihn, einen Blick über das Pult zu werfen und
ihm dann ohne Rückhalt zu sagen, welche er an seiner Stelle heiraten würde. Die
Antworten, die er erhielt, lauteten in bunter Abwechslung: "die blonde", "die
dunkle", "die dürre", "die dicke", "die vergnügte", "die ernste", und so stellte sich
denn aus der Praxis die Notwendigkeit heraus, eine Liste mit zwei Rubriken an¬
zulegen, in deren erster unter dem Kopfe "M" alle Stimmen verbunst wurden, die
auf die blonde, die dicke und die vergnügte fielen, während die zweite mit dem
Kopfe "R" die Vota vereinigte, die zugunsten der dunkeln, der dürren und der
ernsten gesprochen wurden. Seyler hatte sich vorgenommen, dieses Verfahren bis zum
Ende des Monats fortzusetzen und dann auf Grund seiner Statistik seinen längst
formulierten Antrag an die zu richten, die aus der kleinen Wahlkampagne mit ein¬
facher Stimmenmehrheit hervorgehen würde. Als nun der einunddreißigste gekommen
war, holte er die Liste hervor, addierte beide Kolumnen und fand -- daß jede
achtundfunfzig Stimmen auf sich vereinigte.

Nun war er wieder so klug wie zuvor. Er tröstete sich damit, daß eine von
beiden endlich die Geduld verlieren und von selbst wegbleiben werde. Aber er hatte
dabei weder mit der Ausdauer heiratslustiger Damen noch mit der Wirksamkeit
seines Zaubermittels gerechnet, das mit seiner wunderbaren magnetischen Kraft nicht
nur Bücher, Geld und Kunden, sondern auch die beiden Heiratskandidatinnen in das
Lädchen zog. Wie stark dieses Mittel war, das hätte ihm zum Bewußtsein kommen
müssen, als kaum acht Tage nach ihrer Abreise auch die Nichte wieder anlangte und
reuigen Sinnes erklärte, sie habe es da draußen in dem geräumigen, kahlen Herren¬
hause, auf den sonnenbeschienenen Stoppelfeldern und in der schrecklichen Untätigkeit
nicht länger aushalten können und wäre vor Sehnsucht nach dem gemütlichen engen
Gewölbe, dem anheimelnden Dämmerlicht und dem geliebten Zettelkatalog beinahe
gestorben.

Während Katheders Abwesenheit hatte Seyler die beiden Damen nicht mit
Kaffee bewirtet, sondern mit Rüdesheimer, den er sich aus einer benachbarten Wein¬
handlung hatte schicken lassen. Die Flasche kostete fünf Mark, aber was wollte das
sagen, wo sich die Ladenkasse gleichsam immer wieder von selbst füllte! Nun blieb
man beim Wein, denn es hatte sich herausgestellt, daß er den Lerneifer und das
Auffassungsvermögen der Schülerinnen in geradezu wunderbarer Weise beeinflußte.
Oder kam es dem Manne nur so vor, der verklärten Antlitzes an seinem Stehpult
lehnte und mit echt dichterischer Begeisterung die großen Poeten des Altertums
verdeutschte, während seine ZuHörerinnen schweigend dasaßen, sich verstohlne Blicke
zuwarfen oder über den Rand des grünen Römers, in dem der edle Wein perlte
und duftete, den seltsamen Rhapsoden halb belustigt, halb gelangweilt betrachteten?

Bei alledem verschloß sich Herr Polykarp Seyler keineswegs der Erkenntnis,
daß er so nicht zum Ziele komme. Die beiden Göttinnen mußten um den Paris¬
apfel ringen, nicht im Pentathlon körperlicher Stärke und Geschicklichkeit, sondern
im Wettkampf geistiger Kräfte. Eines Tages fanden sie auf ihrem Stammtische im
Ladenwinkel neben den Römern zwei antiquarische Exemplare einer lateinischen
Schulgrammatik und vernahmen aus Seylers Munde, in den Geist der klassischen


Der Antiquar

nicht übernehmen wollte, sei es, weil ihr weder die eine noch die andre ihrer
präsumtiven Tanten so recht gefiel. Als sie weg war — draußen in Licht, Luft und
Freiheit! —verfiel der Onkel auf einen Ausweg, der nach feiner Überzeugung mit
absoluter Gewißheit aus dem Labyrinth des Zweifels zu einem endgiltigen Entschlüsse
führen mußte: er nahm, wenn die Damen auf ihrem Nachmittagsstammplatz hinter
dem breiten Stehpult saßen, jeden Kunden, der in den Laden trat, und bei dem
er einigen Geschmack voraussetzen durfte, beiseite, machte ihm kurze Andeutungen
über seine verzwickte Lage und bat ihn, einen Blick über das Pult zu werfen und
ihm dann ohne Rückhalt zu sagen, welche er an seiner Stelle heiraten würde. Die
Antworten, die er erhielt, lauteten in bunter Abwechslung: „die blonde", „die
dunkle", „die dürre", „die dicke", „die vergnügte", „die ernste", und so stellte sich
denn aus der Praxis die Notwendigkeit heraus, eine Liste mit zwei Rubriken an¬
zulegen, in deren erster unter dem Kopfe „M" alle Stimmen verbunst wurden, die
auf die blonde, die dicke und die vergnügte fielen, während die zweite mit dem
Kopfe „R" die Vota vereinigte, die zugunsten der dunkeln, der dürren und der
ernsten gesprochen wurden. Seyler hatte sich vorgenommen, dieses Verfahren bis zum
Ende des Monats fortzusetzen und dann auf Grund seiner Statistik seinen längst
formulierten Antrag an die zu richten, die aus der kleinen Wahlkampagne mit ein¬
facher Stimmenmehrheit hervorgehen würde. Als nun der einunddreißigste gekommen
war, holte er die Liste hervor, addierte beide Kolumnen und fand — daß jede
achtundfunfzig Stimmen auf sich vereinigte.

Nun war er wieder so klug wie zuvor. Er tröstete sich damit, daß eine von
beiden endlich die Geduld verlieren und von selbst wegbleiben werde. Aber er hatte
dabei weder mit der Ausdauer heiratslustiger Damen noch mit der Wirksamkeit
seines Zaubermittels gerechnet, das mit seiner wunderbaren magnetischen Kraft nicht
nur Bücher, Geld und Kunden, sondern auch die beiden Heiratskandidatinnen in das
Lädchen zog. Wie stark dieses Mittel war, das hätte ihm zum Bewußtsein kommen
müssen, als kaum acht Tage nach ihrer Abreise auch die Nichte wieder anlangte und
reuigen Sinnes erklärte, sie habe es da draußen in dem geräumigen, kahlen Herren¬
hause, auf den sonnenbeschienenen Stoppelfeldern und in der schrecklichen Untätigkeit
nicht länger aushalten können und wäre vor Sehnsucht nach dem gemütlichen engen
Gewölbe, dem anheimelnden Dämmerlicht und dem geliebten Zettelkatalog beinahe
gestorben.

Während Katheders Abwesenheit hatte Seyler die beiden Damen nicht mit
Kaffee bewirtet, sondern mit Rüdesheimer, den er sich aus einer benachbarten Wein¬
handlung hatte schicken lassen. Die Flasche kostete fünf Mark, aber was wollte das
sagen, wo sich die Ladenkasse gleichsam immer wieder von selbst füllte! Nun blieb
man beim Wein, denn es hatte sich herausgestellt, daß er den Lerneifer und das
Auffassungsvermögen der Schülerinnen in geradezu wunderbarer Weise beeinflußte.
Oder kam es dem Manne nur so vor, der verklärten Antlitzes an seinem Stehpult
lehnte und mit echt dichterischer Begeisterung die großen Poeten des Altertums
verdeutschte, während seine ZuHörerinnen schweigend dasaßen, sich verstohlne Blicke
zuwarfen oder über den Rand des grünen Römers, in dem der edle Wein perlte
und duftete, den seltsamen Rhapsoden halb belustigt, halb gelangweilt betrachteten?

Bei alledem verschloß sich Herr Polykarp Seyler keineswegs der Erkenntnis,
daß er so nicht zum Ziele komme. Die beiden Göttinnen mußten um den Paris¬
apfel ringen, nicht im Pentathlon körperlicher Stärke und Geschicklichkeit, sondern
im Wettkampf geistiger Kräfte. Eines Tages fanden sie auf ihrem Stammtische im
Ladenwinkel neben den Römern zwei antiquarische Exemplare einer lateinischen
Schulgrammatik und vernahmen aus Seylers Munde, in den Geist der klassischen


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[0488] Der Antiquar nicht übernehmen wollte, sei es, weil ihr weder die eine noch die andre ihrer präsumtiven Tanten so recht gefiel. Als sie weg war — draußen in Licht, Luft und Freiheit! —verfiel der Onkel auf einen Ausweg, der nach feiner Überzeugung mit absoluter Gewißheit aus dem Labyrinth des Zweifels zu einem endgiltigen Entschlüsse führen mußte: er nahm, wenn die Damen auf ihrem Nachmittagsstammplatz hinter dem breiten Stehpult saßen, jeden Kunden, der in den Laden trat, und bei dem er einigen Geschmack voraussetzen durfte, beiseite, machte ihm kurze Andeutungen über seine verzwickte Lage und bat ihn, einen Blick über das Pult zu werfen und ihm dann ohne Rückhalt zu sagen, welche er an seiner Stelle heiraten würde. Die Antworten, die er erhielt, lauteten in bunter Abwechslung: „die blonde", „die dunkle", „die dürre", „die dicke", „die vergnügte", „die ernste", und so stellte sich denn aus der Praxis die Notwendigkeit heraus, eine Liste mit zwei Rubriken an¬ zulegen, in deren erster unter dem Kopfe „M" alle Stimmen verbunst wurden, die auf die blonde, die dicke und die vergnügte fielen, während die zweite mit dem Kopfe „R" die Vota vereinigte, die zugunsten der dunkeln, der dürren und der ernsten gesprochen wurden. Seyler hatte sich vorgenommen, dieses Verfahren bis zum Ende des Monats fortzusetzen und dann auf Grund seiner Statistik seinen längst formulierten Antrag an die zu richten, die aus der kleinen Wahlkampagne mit ein¬ facher Stimmenmehrheit hervorgehen würde. Als nun der einunddreißigste gekommen war, holte er die Liste hervor, addierte beide Kolumnen und fand — daß jede achtundfunfzig Stimmen auf sich vereinigte. Nun war er wieder so klug wie zuvor. Er tröstete sich damit, daß eine von beiden endlich die Geduld verlieren und von selbst wegbleiben werde. Aber er hatte dabei weder mit der Ausdauer heiratslustiger Damen noch mit der Wirksamkeit seines Zaubermittels gerechnet, das mit seiner wunderbaren magnetischen Kraft nicht nur Bücher, Geld und Kunden, sondern auch die beiden Heiratskandidatinnen in das Lädchen zog. Wie stark dieses Mittel war, das hätte ihm zum Bewußtsein kommen müssen, als kaum acht Tage nach ihrer Abreise auch die Nichte wieder anlangte und reuigen Sinnes erklärte, sie habe es da draußen in dem geräumigen, kahlen Herren¬ hause, auf den sonnenbeschienenen Stoppelfeldern und in der schrecklichen Untätigkeit nicht länger aushalten können und wäre vor Sehnsucht nach dem gemütlichen engen Gewölbe, dem anheimelnden Dämmerlicht und dem geliebten Zettelkatalog beinahe gestorben. Während Katheders Abwesenheit hatte Seyler die beiden Damen nicht mit Kaffee bewirtet, sondern mit Rüdesheimer, den er sich aus einer benachbarten Wein¬ handlung hatte schicken lassen. Die Flasche kostete fünf Mark, aber was wollte das sagen, wo sich die Ladenkasse gleichsam immer wieder von selbst füllte! Nun blieb man beim Wein, denn es hatte sich herausgestellt, daß er den Lerneifer und das Auffassungsvermögen der Schülerinnen in geradezu wunderbarer Weise beeinflußte. Oder kam es dem Manne nur so vor, der verklärten Antlitzes an seinem Stehpult lehnte und mit echt dichterischer Begeisterung die großen Poeten des Altertums verdeutschte, während seine ZuHörerinnen schweigend dasaßen, sich verstohlne Blicke zuwarfen oder über den Rand des grünen Römers, in dem der edle Wein perlte und duftete, den seltsamen Rhapsoden halb belustigt, halb gelangweilt betrachteten? Bei alledem verschloß sich Herr Polykarp Seyler keineswegs der Erkenntnis, daß er so nicht zum Ziele komme. Die beiden Göttinnen mußten um den Paris¬ apfel ringen, nicht im Pentathlon körperlicher Stärke und Geschicklichkeit, sondern im Wettkampf geistiger Kräfte. Eines Tages fanden sie auf ihrem Stammtische im Ladenwinkel neben den Römern zwei antiquarische Exemplare einer lateinischen Schulgrammatik und vernahmen aus Seylers Munde, in den Geist der klassischen

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/488>, abgerufen am 28.07.2024.