Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Die Zukunft Ägyptens zunehmen, verhinderte es, daß England nicht gezwungen wurde, seinem nicht Dann aber kam der Umschwung im Fernen Osten und in seinem Gefolge Jedoch ist auch der Enderfolg der Konferenz in Algeciras, wenngleich sie So ist die augenblickliche Lage in bezug auf das Verhältnis Englands Sind bis hierher die Möglichkeiten erörtert worden, die eine Neugestaltung Der Islam aber ist, wie keine andre, eine streitbare Religion. Sein Haupt¬ Die Zukunft Ägyptens zunehmen, verhinderte es, daß England nicht gezwungen wurde, seinem nicht Dann aber kam der Umschwung im Fernen Osten und in seinem Gefolge Jedoch ist auch der Enderfolg der Konferenz in Algeciras, wenngleich sie So ist die augenblickliche Lage in bezug auf das Verhältnis Englands Sind bis hierher die Möglichkeiten erörtert worden, die eine Neugestaltung Der Islam aber ist, wie keine andre, eine streitbare Religion. Sein Haupt¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0663" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302651"/> <fw type="header" place="top"> Die Zukunft Ägyptens</fw><lb/> <p xml:id="ID_2895" prev="#ID_2894"> zunehmen, verhinderte es, daß England nicht gezwungen wurde, seinem nicht<lb/> offen zugestandnen Protektorat ein Ende zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2896"> Dann aber kam der Umschwung im Fernen Osten und in seinem Gefolge<lb/> die englisch-französische Annäherung. So ist für die nächste Zeit die Mög¬<lb/> lichkeit des Zusammentritts einer kontinentalen Koalition gegen die dauernde<lb/> Besetzung Ägyptens ausgeschlossen. Keine andre Nation hat zurzeit ein tief¬<lb/> gehendes Interesse an einer Änderung der Verhältnisse im Nillande. Unter<lb/> der britischen Leitung, die die Politik der offnen Tür in Ägypten immer durch¬<lb/> geführt hat, steht das Land fremden Händlern und fremden Forschern alle¬<lb/> zeit offen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2897"> Jedoch ist auch der Enderfolg der Konferenz in Algeciras, wenngleich sie<lb/> sich mit der marokkanischen Frage beschäftigte, für England und seine Be¬<lb/> ziehungen zu Ägypten von grundlegender Bedeutung geworden. Hier wurde<lb/> auf Veranlassung Deutschlands der Grundsatz anerkannt, daß kein privates Ab¬<lb/> kommen zwischen zwei europäischen Mächten in bezug auf einen Staat, worin<lb/> andre Mächte Handels- oder politische Interessen haben, für dritte als bindend<lb/> erachtet werden könne, ehe es nicht einer internationalen Konferenz vorgelegen<lb/> und deren Billigung gefunden habe. Dieser Grundsatz aber schloß die Vor¬<lb/> nahme durchgreifender Änderungen auf ägyptischem Boden, die zur Zeit der<lb/> Konferenz von Algeciras geplant worden waren, ohne weiteres aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_2898"> So ist die augenblickliche Lage in bezug auf das Verhältnis Englands<lb/> zu Ägypten am besten durch eine wenig wohlwollende Neutralität der führenden<lb/> Kontinentalmächte gekennzeichnet. Ausschlaggebend sind die Beziehungen Deutsch¬<lb/> lands zu England. Erleben diese keine Störung, so behält England freie Hand<lb/> in Ägypten. Sollte aber die Kuwuts czoräialö bei Deutschland ernsten Anstoß<lb/> erregen, so liegt es in seiner Macht, die einstimmige Entscheidung der Konferenz<lb/> von Algeciras auch auf Ägypten in Anwendung zu bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2899"> Sind bis hierher die Möglichkeiten erörtert worden, die eine Neugestaltung<lb/> der Lösung der ägyptischen Frage auf dem Gebiete der Politik herbeizuführen<lb/> vermögen, so muß noch eine andre, aber ebenfalls äußerst wichtige Seite der<lb/> ganzen Angelegenheit Erwähnung finden, nämlich die bedeutende und tief ein¬<lb/> schneidende Rolle, die der Islam im Leben und im Denken des ägyptischen<lb/> Volkes spielt. Von den 12 Millionen Bewohnern Ägyptens sind 90 vom Hundert<lb/> Anhänger des Islam. Man muß also Ägypten als ein muselmanisches Land<lb/> bezeichnen, dessen Bewohner Verehrer Allahs, Anhänger des Propheten sind<lb/> und an den Koran glauben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2900" next="#ID_2901"> Der Islam aber ist, wie keine andre, eine streitbare Religion. Sein Haupt¬<lb/> lehrsatz ist und bleibt der Krieg gegen die Ungläubigen. Aller paar Jahre<lb/> erscheint an irgendeinem Ende der mohammedanischen Welt ein Mahdi, der<lb/> behauptet, von oben gesandt zu sein, der zum Kampf gegen den Unglauben<lb/> auffordert, und der immer Anhänger findet. In der Regel nehmen die von ihm<lb/> angeregten Bewegungen keine allzu bedeutende Ausdehnung an. Doch erscheinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0663]
Die Zukunft Ägyptens
zunehmen, verhinderte es, daß England nicht gezwungen wurde, seinem nicht
offen zugestandnen Protektorat ein Ende zu machen.
Dann aber kam der Umschwung im Fernen Osten und in seinem Gefolge
die englisch-französische Annäherung. So ist für die nächste Zeit die Mög¬
lichkeit des Zusammentritts einer kontinentalen Koalition gegen die dauernde
Besetzung Ägyptens ausgeschlossen. Keine andre Nation hat zurzeit ein tief¬
gehendes Interesse an einer Änderung der Verhältnisse im Nillande. Unter
der britischen Leitung, die die Politik der offnen Tür in Ägypten immer durch¬
geführt hat, steht das Land fremden Händlern und fremden Forschern alle¬
zeit offen.
Jedoch ist auch der Enderfolg der Konferenz in Algeciras, wenngleich sie
sich mit der marokkanischen Frage beschäftigte, für England und seine Be¬
ziehungen zu Ägypten von grundlegender Bedeutung geworden. Hier wurde
auf Veranlassung Deutschlands der Grundsatz anerkannt, daß kein privates Ab¬
kommen zwischen zwei europäischen Mächten in bezug auf einen Staat, worin
andre Mächte Handels- oder politische Interessen haben, für dritte als bindend
erachtet werden könne, ehe es nicht einer internationalen Konferenz vorgelegen
und deren Billigung gefunden habe. Dieser Grundsatz aber schloß die Vor¬
nahme durchgreifender Änderungen auf ägyptischem Boden, die zur Zeit der
Konferenz von Algeciras geplant worden waren, ohne weiteres aus.
So ist die augenblickliche Lage in bezug auf das Verhältnis Englands
zu Ägypten am besten durch eine wenig wohlwollende Neutralität der führenden
Kontinentalmächte gekennzeichnet. Ausschlaggebend sind die Beziehungen Deutsch¬
lands zu England. Erleben diese keine Störung, so behält England freie Hand
in Ägypten. Sollte aber die Kuwuts czoräialö bei Deutschland ernsten Anstoß
erregen, so liegt es in seiner Macht, die einstimmige Entscheidung der Konferenz
von Algeciras auch auf Ägypten in Anwendung zu bringen.
Sind bis hierher die Möglichkeiten erörtert worden, die eine Neugestaltung
der Lösung der ägyptischen Frage auf dem Gebiete der Politik herbeizuführen
vermögen, so muß noch eine andre, aber ebenfalls äußerst wichtige Seite der
ganzen Angelegenheit Erwähnung finden, nämlich die bedeutende und tief ein¬
schneidende Rolle, die der Islam im Leben und im Denken des ägyptischen
Volkes spielt. Von den 12 Millionen Bewohnern Ägyptens sind 90 vom Hundert
Anhänger des Islam. Man muß also Ägypten als ein muselmanisches Land
bezeichnen, dessen Bewohner Verehrer Allahs, Anhänger des Propheten sind
und an den Koran glauben.
Der Islam aber ist, wie keine andre, eine streitbare Religion. Sein Haupt¬
lehrsatz ist und bleibt der Krieg gegen die Ungläubigen. Aller paar Jahre
erscheint an irgendeinem Ende der mohammedanischen Welt ein Mahdi, der
behauptet, von oben gesandt zu sein, der zum Kampf gegen den Unglauben
auffordert, und der immer Anhänger findet. In der Regel nehmen die von ihm
angeregten Bewegungen keine allzu bedeutende Ausdehnung an. Doch erscheinen
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