Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Im laute Buchara finden und auch zur Personenbeförderung dienen. Sie sind wohl dem Be¬ Eifrig war man bei der Feldarbeit. Die Felder waren genügend durch¬ Die Befruchtung der Felder geschieht, wo wie hier das Gefälle nicht Je mehr man sich Buchara nähert, desto belebter wird die Straße. Die Wo sich die Chaussee dem Eingangstore nähert, läuft sich auch die Eisen¬ Im laute Buchara finden und auch zur Personenbeförderung dienen. Sie sind wohl dem Be¬ Eifrig war man bei der Feldarbeit. Die Felder waren genügend durch¬ Die Befruchtung der Felder geschieht, wo wie hier das Gefälle nicht Je mehr man sich Buchara nähert, desto belebter wird die Straße. Die Wo sich die Chaussee dem Eingangstore nähert, läuft sich auch die Eisen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302030"/> <fw type="header" place="top"> Im laute Buchara</fw><lb/> <p xml:id="ID_100" prev="#ID_99"> finden und auch zur Personenbeförderung dienen. Sie sind wohl dem Be¬<lb/> dürfnis, durch Aryks und Flüsse zu fahren, angepaßt und ermöglichen durch<lb/> den langen Hebelarm der mächtigen Speichen ein leichteres Fortrollen. Der<lb/> Gewinn an Tragfähigkeit geht jedoch durch die große Schwere der verwandten<lb/> Hölzer verloren.</p><lb/> <p xml:id="ID_101"> Eifrig war man bei der Feldarbeit. Die Felder waren genügend durch¬<lb/> tränkt und so weit trocken, daß der Boden bearbeitet werden konnte. Durch die<lb/> unförmigen Schaufeln mit dem mächtig großen kreisrunden Blatt wurden die<lb/> Schollen gelöst und die Felder allmählich in ebne Flächen verwandelt. Reich¬<lb/> lich schien hier das Wasser vorhanden zu sein. Ganz nahe bei der Chaussee<lb/> lagen große Weiher, die das überschüssige Wasser auskauen und das von den<lb/> Feldern geflossene wieder ansammeln. Schön ist es nicht, aber es verhilft der<lb/> Gegend zu der schon gerühmten Fruchtbarkeit. Eine Menge Wasserwild hält<lb/> sich an und auf den Weihern auf, eine Freude der in Buchara wohnenden<lb/> Europäer, die fleißig der Jagd obliegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_102"> Die Befruchtung der Felder geschieht, wo wie hier das Gefälle nicht<lb/> ausreicht, durch primitive Schöpfräder oder durch Begießen mit Hilfe von Ton¬<lb/> gefäßen, die in den Aryks gefüllt werden. Durch Brücken der einfachsten Art<lb/> werden die Felder zugänglich gemacht, es sind Stangen, die man mit Reisig<lb/> und Erde bedeckt. Wirklich in seltsamem Gegensatz steht diese so sorgfältige<lb/> Feldbearbeitung mit der Ungeschicklichkeit, der UnHandlichkeit und der Unzweck¬<lb/> mäßigst der Hilfsmittel, die keinerlei Fortentwicklung erfahren haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_103"> Je mehr man sich Buchara nähert, desto belebter wird die Straße. Die<lb/> Anwesen häufen sich. Auch an ihnen müssen wir feststellen, daß an vielen<lb/> Orten der Mensch anscheinend gar kein Bedürfnis hat, sich zu einem behag¬<lb/> lichem Dnsein emporzuringen. Eng drängt man sich zusammen, sparsam wird<lb/> jeder Raum ausgenutzt, Baum- und Blumenschmuck fehlt. Die Häuser unter<lb/> erst recht nicht freundlich an; staubgelbgrau, rissig, unförmig, aus demselben<lb/> Lößboden hergestellt, der die Feldfrucht üppig gedeihen läßt, kehren sie kein<lb/> Fenster nach der Straße, denn auch der Ärmere will ganz abgeschlossen leben.<lb/> Draußen freilich verschmäht er den Gedankenaustausch keineswegs. An der<lb/> Tankstelle, an der auch unsre Rosselenker ihre geduldigen Tiere, ohne uns zu<lb/> fragen, Wasser nehmen ließen, pflog mancher der Zwiesprache, und ein sogar<lb/> mit drei Reitern belastetes Pferd erregte anscheinend viele Freude.</p><lb/> <p xml:id="ID_104"> Wo sich die Chaussee dem Eingangstore nähert, läuft sich auch die Eisen¬<lb/> bahn in einer Kopfstation dicht unter der Stadtmauer tot. Die Mauer, eine<lb/> Lehmmauer von 9 Meter Höhe und 4 Meter Stärke, umschließt, reichlich<lb/> 12 Kilometer lang, die dicht gebaute Stadt. Zinnengekrönt, mit 131 Türmen<lb/> besetzt und von 11 Toren durchbrochen, ist sie ein sehenswertes, teilweise<lb/> malerisches Bauwerk. Will man sie abreiten, muß man sich freilich eine Jahres¬<lb/> zeit aussuchen, wo man nicht im zähen Boden stecken bleibt. Jetzt hat sie<lb/> ihren Beruf als Verteidigungseinrichtung verfehlt. Aus guter, lieber alter<lb/> Gewohnheit werden trotzdem nachts die Tore geschlossen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Im laute Buchara
finden und auch zur Personenbeförderung dienen. Sie sind wohl dem Be¬
dürfnis, durch Aryks und Flüsse zu fahren, angepaßt und ermöglichen durch
den langen Hebelarm der mächtigen Speichen ein leichteres Fortrollen. Der
Gewinn an Tragfähigkeit geht jedoch durch die große Schwere der verwandten
Hölzer verloren.
Eifrig war man bei der Feldarbeit. Die Felder waren genügend durch¬
tränkt und so weit trocken, daß der Boden bearbeitet werden konnte. Durch die
unförmigen Schaufeln mit dem mächtig großen kreisrunden Blatt wurden die
Schollen gelöst und die Felder allmählich in ebne Flächen verwandelt. Reich¬
lich schien hier das Wasser vorhanden zu sein. Ganz nahe bei der Chaussee
lagen große Weiher, die das überschüssige Wasser auskauen und das von den
Feldern geflossene wieder ansammeln. Schön ist es nicht, aber es verhilft der
Gegend zu der schon gerühmten Fruchtbarkeit. Eine Menge Wasserwild hält
sich an und auf den Weihern auf, eine Freude der in Buchara wohnenden
Europäer, die fleißig der Jagd obliegen.
Die Befruchtung der Felder geschieht, wo wie hier das Gefälle nicht
ausreicht, durch primitive Schöpfräder oder durch Begießen mit Hilfe von Ton¬
gefäßen, die in den Aryks gefüllt werden. Durch Brücken der einfachsten Art
werden die Felder zugänglich gemacht, es sind Stangen, die man mit Reisig
und Erde bedeckt. Wirklich in seltsamem Gegensatz steht diese so sorgfältige
Feldbearbeitung mit der Ungeschicklichkeit, der UnHandlichkeit und der Unzweck¬
mäßigst der Hilfsmittel, die keinerlei Fortentwicklung erfahren haben.
Je mehr man sich Buchara nähert, desto belebter wird die Straße. Die
Anwesen häufen sich. Auch an ihnen müssen wir feststellen, daß an vielen
Orten der Mensch anscheinend gar kein Bedürfnis hat, sich zu einem behag¬
lichem Dnsein emporzuringen. Eng drängt man sich zusammen, sparsam wird
jeder Raum ausgenutzt, Baum- und Blumenschmuck fehlt. Die Häuser unter
erst recht nicht freundlich an; staubgelbgrau, rissig, unförmig, aus demselben
Lößboden hergestellt, der die Feldfrucht üppig gedeihen läßt, kehren sie kein
Fenster nach der Straße, denn auch der Ärmere will ganz abgeschlossen leben.
Draußen freilich verschmäht er den Gedankenaustausch keineswegs. An der
Tankstelle, an der auch unsre Rosselenker ihre geduldigen Tiere, ohne uns zu
fragen, Wasser nehmen ließen, pflog mancher der Zwiesprache, und ein sogar
mit drei Reitern belastetes Pferd erregte anscheinend viele Freude.
Wo sich die Chaussee dem Eingangstore nähert, läuft sich auch die Eisen¬
bahn in einer Kopfstation dicht unter der Stadtmauer tot. Die Mauer, eine
Lehmmauer von 9 Meter Höhe und 4 Meter Stärke, umschließt, reichlich
12 Kilometer lang, die dicht gebaute Stadt. Zinnengekrönt, mit 131 Türmen
besetzt und von 11 Toren durchbrochen, ist sie ein sehenswertes, teilweise
malerisches Bauwerk. Will man sie abreiten, muß man sich freilich eine Jahres¬
zeit aussuchen, wo man nicht im zähen Boden stecken bleibt. Jetzt hat sie
ihren Beruf als Verteidigungseinrichtung verfehlt. Aus guter, lieber alter
Gewohnheit werden trotzdem nachts die Tore geschlossen.
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