Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Der norddeutsche Lloyd untern Elbe abwartete, ehe es sich entschied. Die Annexion Hannovers schuf Unter dem Schutze der nationalen Flagge wuchsen die Unternehmungen Aber noch war die unter diesen Farben aufstrebende Kriegsflotte des Nord¬ ") Eine "preußische Flotte" (S, Lo) gab es seit dein 1. Oktober 1807 nicht mehr.
Der norddeutsche Lloyd untern Elbe abwartete, ehe es sich entschied. Die Annexion Hannovers schuf Unter dem Schutze der nationalen Flagge wuchsen die Unternehmungen Aber noch war die unter diesen Farben aufstrebende Kriegsflotte des Nord¬ ") Eine „preußische Flotte" (S, Lo) gab es seit dein 1. Oktober 1807 nicht mehr.
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Der norddeutsche Lloyd
untern Elbe abwartete, ehe es sich entschied. Die Annexion Hannovers schuf
auch in der unmittelbaren Nachbarschaft Bremens neue und günstigere Verhält¬
nisse. Hoffnungsreich konnte so Hermann Heinrich Meier, der schon 1866 Ver¬
bindungen mit Bismarck angeknüpft hatte, als Vertreter seiner Vaterstadt in den
konstituierenden Norddeutschen Reichstag einziehen, und am 1. Oktober 1867 stieg
auch über den bremischen Schiffen die neue schwarzweißrote Bnndesflagge auf.
Unter dem Schutze der nationalen Flagge wuchsen die Unternehmungen
des Lloyd; er war, was seine Begründer von Anfang an ins Auge gefaßt
hatten, selbst ein deutsch-nationales Unternehmen geworden. Schon am
22. Januar 1867 beschloß er die erste neue Linie, die nach Baltimore, die am
1- März 1868 eröffnet wurde, 1869 trat eine zweite über Havana nach New-
Orlcans hinzu; die Verbindung mit Westindien und Südamerika wurde geplant.
Schon hatte die Gesellschaft elf transatlantische Dampfer in Fahrt; sie übernahm
die Beförderung der Norddeutschen Post nach Newyork, sie erwarb dort 1869
den bisher nnr gemieteten Anlegedamm (xisr), sie baute sich ein eignes Trocken¬
dock in Bremerhaven, sie verteilte auf das Jahr 1869 eine Dividende von
16 Prozent. Weitere Aussichten eröffneten sich durch den im November 1869
feierlich eingeweihten Suezkanal. Und als im Juni desselben Jahres König
Wilhelm als Kriegsherr und Schirmherr des Norddeutschen Bundes den neuen
Kriegshafen Wilhelmshaven einweihte, da erschien er auch in der alten Hansa¬
stadt und setzte seine purpurne Königsstandarte zum erstenmal auf ein deutsches
Handelsschiff, den Lloyddampfer Deutschland. Das werdende deutsche Kaisertum
Woß seinen Bund mit der Hansa, die das alte niemals verstanden hatte, und
bezeichnenderweise entstand die neue Nationalflagge aus der Verbindung der
preußischen und der hanseatischen Farben.
Aber noch war die unter diesen Farben aufstrebende Kriegsflotte des Nord¬
deutschen Bundes*) viel zu schwach, als daß sie den deutschen Seehandel gegen
eine große Seemacht hätte schützen können. Nicht mehr als drei Panzerfregatten
(Linienschiffe) und zwei Panzerfahrzeuge, abgesehen von den ungepanzerten Holz¬
schiffen, zählte das Geschwader, das im Jahre 1870 die Nordseehäfen gegen d,e
weit überlegne französische Panzerflotte deckte; die Blockade vermochte es acht zu
verhindern, und fast vier Monate lang, vom 12. August bis in den November
hineinstand die Schiffahrt still; die unterwegs befindlichen Schiffe mußten in neu¬
tralen Häfen liegen bleiben, die Seezeichen waren aufgenommen, die Leuchtfeuer ge¬
löscht. Aber kaum waren die französischen Panzer aus der stürmischen Nordsee ver¬
schwunden, da nahm der Llohd seine Fahrten wieder auf; mit abgeblendeten
Lichtern gingen die Dampfer aus der Wesermündung und dann, um die Nahe
der französischen Küste zu vermeiden, um Schottland herum, wobei allerdnnzs
°n dessen klippenreicher Ostküste einer, die Union, total verloren ging. So
brachte das zweite Halbjahr 1370 eine Verminderung der Einnahme um fast
") Eine „preußische Flotte" (S, Lo) gab es seit dein 1. Oktober 1807 nicht mehr.
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