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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die amerikanisch-japanischen Beziehungen

gMQ is ÜAlitinss our vÄttlö jubilierten die Jankeeblätter während
des russisch-japanischen Krieges und begrüßten jeden neuen Sieg
des gelben Zwergs über den slawischen Koloß mit frenetischem
Jnbel. Niemand hatte eine solche Volksstimmung voraussehen
können, denn Rußland war seit den Tagen des Alaskaverkaufs
immer beliebt in der Union gewesen, während die Japaner mit den schmutzigen
Chinesen in einen Topf geworfen wurden. Welche Imponderabilien auf die
amerikanische Volksseele damals eingewirkt haben mögen, und ob es tatsächlich,
wie die Jankees behaupten, nnr die Sympathie für den Kleinern im Kampfe
mit dem Großen gewesen ist, kann jetzt dahingestellt bleiben, da die öffentliche
Meinung in den Vereinigten Staaten nach den letzten Vorkommnissen eine
völlige Schwenkung gemacht hat und den Japanern nichts weniger als freundlich
gesinnt ist.

Den ersten Dämpfer erlitt die Begeisterung für Japan schon bei Gelegen¬
heit der Konferenz in Portmouth, N. H., wo der stattliche Graf Witte mit
seinen Begleitern von dem amerikanischen Publikum, das sich wohl doch mehr
mit ihnen stammesverwandt fühlte, begeistert akklamiert wurde, während man die
unansehnlichen Japaner fast nur mit zoologischen Interesse betrachtete. Als
sich dann gar Japan mit dem von Roosevelt vermittelten Frieden so wenig
zufriedengestellt zeigte, hieß es in allen Blättern der Union: "Solchen schnöden
Undank haben wir wirklich nicht verdient, und wenn Japan uns, die wir immer
auf seiner Seite gestanden haben, so behandelt, dann muß es schlimme Absichten
hegen und es auch auf unsre Kolonien abgesehen haben." Hatte man vorher
von der saorsä Mission gefaselt, die Japan gegen Rußland zu erfüllen habe,
um die Völker des fernen Ostens vor der Knute der Kosaken zu schützen, so
kam man jetzt plötzlich zu der Erkenntnis, daß man selbst noch viel schneller
und gründlicher von Japan besiegt werden würde, als es mit der größten Militär¬
macht Europas geschehn war.


Grenzboten 1 1907 86


Die amerikanisch-japanischen Beziehungen

gMQ is ÜAlitinss our vÄttlö jubilierten die Jankeeblätter während
des russisch-japanischen Krieges und begrüßten jeden neuen Sieg
des gelben Zwergs über den slawischen Koloß mit frenetischem
Jnbel. Niemand hatte eine solche Volksstimmung voraussehen
können, denn Rußland war seit den Tagen des Alaskaverkaufs
immer beliebt in der Union gewesen, während die Japaner mit den schmutzigen
Chinesen in einen Topf geworfen wurden. Welche Imponderabilien auf die
amerikanische Volksseele damals eingewirkt haben mögen, und ob es tatsächlich,
wie die Jankees behaupten, nnr die Sympathie für den Kleinern im Kampfe
mit dem Großen gewesen ist, kann jetzt dahingestellt bleiben, da die öffentliche
Meinung in den Vereinigten Staaten nach den letzten Vorkommnissen eine
völlige Schwenkung gemacht hat und den Japanern nichts weniger als freundlich
gesinnt ist.

Den ersten Dämpfer erlitt die Begeisterung für Japan schon bei Gelegen¬
heit der Konferenz in Portmouth, N. H., wo der stattliche Graf Witte mit
seinen Begleitern von dem amerikanischen Publikum, das sich wohl doch mehr
mit ihnen stammesverwandt fühlte, begeistert akklamiert wurde, während man die
unansehnlichen Japaner fast nur mit zoologischen Interesse betrachtete. Als
sich dann gar Japan mit dem von Roosevelt vermittelten Frieden so wenig
zufriedengestellt zeigte, hieß es in allen Blättern der Union: „Solchen schnöden
Undank haben wir wirklich nicht verdient, und wenn Japan uns, die wir immer
auf seiner Seite gestanden haben, so behandelt, dann muß es schlimme Absichten
hegen und es auch auf unsre Kolonien abgesehen haben." Hatte man vorher
von der saorsä Mission gefaselt, die Japan gegen Rußland zu erfüllen habe,
um die Völker des fernen Ostens vor der Knute der Kosaken zu schützen, so
kam man jetzt plötzlich zu der Erkenntnis, daß man selbst noch viel schneller
und gründlicher von Japan besiegt werden würde, als es mit der größten Militär¬
macht Europas geschehn war.


Grenzboten 1 1907 86
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[0673] [Abbildung] Die amerikanisch-japanischen Beziehungen gMQ is ÜAlitinss our vÄttlö jubilierten die Jankeeblätter während des russisch-japanischen Krieges und begrüßten jeden neuen Sieg des gelben Zwergs über den slawischen Koloß mit frenetischem Jnbel. Niemand hatte eine solche Volksstimmung voraussehen können, denn Rußland war seit den Tagen des Alaskaverkaufs immer beliebt in der Union gewesen, während die Japaner mit den schmutzigen Chinesen in einen Topf geworfen wurden. Welche Imponderabilien auf die amerikanische Volksseele damals eingewirkt haben mögen, und ob es tatsächlich, wie die Jankees behaupten, nnr die Sympathie für den Kleinern im Kampfe mit dem Großen gewesen ist, kann jetzt dahingestellt bleiben, da die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten nach den letzten Vorkommnissen eine völlige Schwenkung gemacht hat und den Japanern nichts weniger als freundlich gesinnt ist. Den ersten Dämpfer erlitt die Begeisterung für Japan schon bei Gelegen¬ heit der Konferenz in Portmouth, N. H., wo der stattliche Graf Witte mit seinen Begleitern von dem amerikanischen Publikum, das sich wohl doch mehr mit ihnen stammesverwandt fühlte, begeistert akklamiert wurde, während man die unansehnlichen Japaner fast nur mit zoologischen Interesse betrachtete. Als sich dann gar Japan mit dem von Roosevelt vermittelten Frieden so wenig zufriedengestellt zeigte, hieß es in allen Blättern der Union: „Solchen schnöden Undank haben wir wirklich nicht verdient, und wenn Japan uns, die wir immer auf seiner Seite gestanden haben, so behandelt, dann muß es schlimme Absichten hegen und es auch auf unsre Kolonien abgesehen haben." Hatte man vorher von der saorsä Mission gefaselt, die Japan gegen Rußland zu erfüllen habe, um die Völker des fernen Ostens vor der Knute der Kosaken zu schützen, so kam man jetzt plötzlich zu der Erkenntnis, daß man selbst noch viel schneller und gründlicher von Japan besiegt werden würde, als es mit der größten Militär¬ macht Europas geschehn war. Grenzboten 1 1907 86

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/673>, abgerufen am 04.07.2024.