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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die militärpolitische Tage in den vereinigten Staaten von Nordamerika

angegliederten koreanischen Landen anzubequemen. Er will dorthin, wo er
günstigere Lebensbedingungen findet, wo ihm Klima und die Erwerbsmöglich¬
keiten mehr zusagen, und wo er leichter und schneller zu einigem Wohlstand und
Besitz gelangen kann. Weder Korea, noch Kanada, noch Sibirien, die am
ehesten zu erreichen wären, scheinen ihm hierfür die erstrebenswerten Ziele.
Sein Auge ist mehr als je zuvor nach dem blühenden Kalifornien gerichtet,
wo viele Landsleute schon ihr Glück gefunden haben, guter Verdienst lockt,
reiche Schätze unter der Erde lagern und insbesondre die landwirtschaftlichen
Verhältnisse günstig und voller Aussichten sind. Da macht nun jetzt das neue
amerikanische Einwanderungsgesetz, von dem wir vorhin gesprochen haben, einen
Strich unter die Wünsche der überschießenden japanischen Arbeiterbevölkerung
und legt ein Veto ein, das schwer drücken muß und unfehlbar mit der Zeit
zu Widerspruch reizen wird. Ob dann die japanische Regierung die Kraft und
das Ansehen haben wird, diesen Ansturm großer Massen in Schranken zu
halten und übereilte Schritte zu verhindern, oder ob sie nicht gezwungen
werden wird, den Vereinigten Staaten die Alternative zu stellen, ist eine Frage,
die sich heute nicht mit Ja oder Nein beantworten läßt. Die Entscheidung
steht mit vielen Dingen in engstem Zusammenhang. Sie richtet sich nach dem
dereinstigen Verhältnis zu Rußland, das noch lange nicht geklärt ist, nach dem
Fortschritt der eignen Rüstungen und l^se not lsast nach den Beziehungen zu
dem englischen Verbündeten und dessen Stellung bei einem etwaigen Konflikt
mit Amerika. Ganz ohne Wolken sieht es daher am Horizont im Stillen Ozean
nicht aus. Darüber ist man sich auch im "Weißen Hause" vollkommen klar,
und viele Anzeichen sprechen dafür, daß die Regierung in der Voraussicht
kommender Kricgsmöglichkeiten die nächsten Zeiten benutzen will, um ihre mili¬
tärischen Machtmittel auf allen Gebieten zu vervollkommnen und sie auf eben¬
bürtige Höhe mit den japanischen Waffen zu bringen.

In einer bemerkenswerten Botschaft hat sich deshalb Präsident Roosevelt
an den Kongreß gewandt und ihn im Interesse der Sicherheit des Landes
aufgefordert, die Maßnahmen zur Vervollständigung der Verteidigungs¬
einrichtungen an der Küste zu bewilligen, die von dem Mtioll^l voast vstsnes
Losrä schon im Frühjahr vorigen Jahres in Vorschlag gebracht wurden, aber
noch immer nicht durchbcraten oder genehmigt sind. Diese Küstenverteidigungs¬
kommission war schon im Jahre 1905 auf Anordnung des Präsidenten der
Republik zusammengetreten, um an Stelle des sogenannten Lnäioott Loarä alle
Pläne der Küstenbefestigungsanlagen auf Grund der inzwischen gemachten
Fortschritte der Geschützfabrikation und der neu hinzugetretnen insularen Be¬
sitzungen einer gründlichen Durchsicht zu unterziehen. Der vstknos Loarä
beschloß zunächst den Wegfall einer Reihe schwimmender Batterien, "die bei
der heutigen großen Tragweite der Geschütze nicht mehr zeitgemäß seien", und
ihren Ersatz durch permanente Befestigungen mit moderner Bestückung und
forderte alsdann als eine der dringendsten Maßnahmen die Trennung der


Die militärpolitische Tage in den vereinigten Staaten von Nordamerika

angegliederten koreanischen Landen anzubequemen. Er will dorthin, wo er
günstigere Lebensbedingungen findet, wo ihm Klima und die Erwerbsmöglich¬
keiten mehr zusagen, und wo er leichter und schneller zu einigem Wohlstand und
Besitz gelangen kann. Weder Korea, noch Kanada, noch Sibirien, die am
ehesten zu erreichen wären, scheinen ihm hierfür die erstrebenswerten Ziele.
Sein Auge ist mehr als je zuvor nach dem blühenden Kalifornien gerichtet,
wo viele Landsleute schon ihr Glück gefunden haben, guter Verdienst lockt,
reiche Schätze unter der Erde lagern und insbesondre die landwirtschaftlichen
Verhältnisse günstig und voller Aussichten sind. Da macht nun jetzt das neue
amerikanische Einwanderungsgesetz, von dem wir vorhin gesprochen haben, einen
Strich unter die Wünsche der überschießenden japanischen Arbeiterbevölkerung
und legt ein Veto ein, das schwer drücken muß und unfehlbar mit der Zeit
zu Widerspruch reizen wird. Ob dann die japanische Regierung die Kraft und
das Ansehen haben wird, diesen Ansturm großer Massen in Schranken zu
halten und übereilte Schritte zu verhindern, oder ob sie nicht gezwungen
werden wird, den Vereinigten Staaten die Alternative zu stellen, ist eine Frage,
die sich heute nicht mit Ja oder Nein beantworten läßt. Die Entscheidung
steht mit vielen Dingen in engstem Zusammenhang. Sie richtet sich nach dem
dereinstigen Verhältnis zu Rußland, das noch lange nicht geklärt ist, nach dem
Fortschritt der eignen Rüstungen und l^se not lsast nach den Beziehungen zu
dem englischen Verbündeten und dessen Stellung bei einem etwaigen Konflikt
mit Amerika. Ganz ohne Wolken sieht es daher am Horizont im Stillen Ozean
nicht aus. Darüber ist man sich auch im „Weißen Hause" vollkommen klar,
und viele Anzeichen sprechen dafür, daß die Regierung in der Voraussicht
kommender Kricgsmöglichkeiten die nächsten Zeiten benutzen will, um ihre mili¬
tärischen Machtmittel auf allen Gebieten zu vervollkommnen und sie auf eben¬
bürtige Höhe mit den japanischen Waffen zu bringen.

In einer bemerkenswerten Botschaft hat sich deshalb Präsident Roosevelt
an den Kongreß gewandt und ihn im Interesse der Sicherheit des Landes
aufgefordert, die Maßnahmen zur Vervollständigung der Verteidigungs¬
einrichtungen an der Küste zu bewilligen, die von dem Mtioll^l voast vstsnes
Losrä schon im Frühjahr vorigen Jahres in Vorschlag gebracht wurden, aber
noch immer nicht durchbcraten oder genehmigt sind. Diese Küstenverteidigungs¬
kommission war schon im Jahre 1905 auf Anordnung des Präsidenten der
Republik zusammengetreten, um an Stelle des sogenannten Lnäioott Loarä alle
Pläne der Küstenbefestigungsanlagen auf Grund der inzwischen gemachten
Fortschritte der Geschützfabrikation und der neu hinzugetretnen insularen Be¬
sitzungen einer gründlichen Durchsicht zu unterziehen. Der vstknos Loarä
beschloß zunächst den Wegfall einer Reihe schwimmender Batterien, „die bei
der heutigen großen Tragweite der Geschütze nicht mehr zeitgemäß seien", und
ihren Ersatz durch permanente Befestigungen mit moderner Bestückung und
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/611>, abgerufen am 02.07.2024.