Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.Tänzelfritze Max Grad von H^/ Tänzelfritze Max Grad von H^/ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0491" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301745"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341885_301253/figures/grenzboten_341885_301253_301745_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Tänzelfritze<lb/><note type="byline"> Max Grad</note> von</head><lb/> <div n="2"> <head/><lb/> <p xml:id="ID_1823" next="#ID_1824"> H^/<lb/> MM^/<lb/> W^-^--^M<lb/> RV^eher die Aaleweide hat er Wine Reichhardt gehn sehen. Sie trug<lb/> das schwcirzweisz karierte.Meid, das ihr so gut steht und durch eine<lb/> schwarze Sammeteiufnssung den etwas freigelassenen Hals so recht zur<lb/> Geltung bringt. Wine hat die bliitenweiße Haut der Rothaarigen,<lb/> aber ohne die üblichen Sommersprossen, Wine ist gerade, weit besser<lb/> und schlanker gewachsen als die ländlichen Mädchen des Heiinatortes<lb/> und der Umgebung, Sie kleidet sich auch mit erlesenerem Geschmack und ist frei von<lb/> der plumpen Nachnhmuugssncht der dummen Dinger, die städtische Fräuleins sein<lb/> wollen und sich deren Moden um so vergeblicher, je genauer, anzueignen bemüht sind.<lb/> Wine ist auch klüger und gebildeter. Gerade das ist Fritz Telemann sogar manchmal<lb/> fast unangenehm gewesen. Er hat es nicht gern, wenn er fühlen muß, daß ihm<lb/> eines über ist. Am allerwenigsten mag er das bei Weibern leiden. Die haben erst<lb/> recht zu ihm aufzusehen und ihn zu bewundern. Ein Frauenzimmer Hot für ihn<lb/> vor allem hübsch, sehr hübsch zu sein! Zudem muß es etwas „legeres und adrettes"<lb/> haben. Fritz stellt sich bei diesen Eigenschaften freilich nicht genau das vor, was<lb/> der Franzose darunter versteht. Aber ihm gefallen diese Fremdwörter besonders gut,<lb/> und er wendet sie häufig an. Verbindet er mit den Gedanken an ein Mädchen<lb/> mich den an eine etwaige Heirat, die er sich übrigens noch gar nicht wünscht, dann<lb/> denkt er sich much noch Geld dazu. Am liebsten viel. Endlich mich — denn ohne<lb/> das ist eine Ehe eine unrationelle Sache — möchte er nnr eine fleißige und gute<lb/> Wirtschafterin, wenn, na wem, es mal zur Klappe» käme. Dazu hat es aber noch<lb/> reichlich Zeit. Nein, wenn einer noch jung und dazu so ein feiner Kerl ist, der an<lb/> jedem Finger sechse haben kann, sobald er nur die Hand nach einer ausstreckt!<lb/> Einen biedern Familienvater abzugeben, ist er noch lange nicht in Stimmung.<lb/> Außerdem ist es sehr nett und abwechslungsreich, so ein bißchen Schmetterling sein,<lb/> von Blume zu Blume flattern und Honig naschen zu können. Ihm freilich wäre<lb/> dieser poetische Vergleich nicht eingefallen, obgleich er noch vor einem Jahre bei<lb/> Beendigung seiner Dienstzeit als besonders Heller Kopf gefeiert worden war. Aber<lb/> Wine Reichhnrdt, der kommt dergleichen bisweilen in den Sinn und auf die Zunge.<lb/> Der hängt eben doch das Schulmeisterblut des Vaters etwas an. Sie mag es<lb/> deshalb auch manchmal unlieb verspüren, nun im Hause der Taute Rcmkenswor<lb/> nurmehr platten Stumpfsinn und elende Keiferei um sich zu haben. Aber dafür<lb/> soll sie, wenn sie die Alte zu Tode gepflegt habe, auch deren alleinige Erbin<lb/> werden. Immerhin schon etwas! Das Häuschen der Verwandten ist Schmuck, in gutem<lb/> Lande am Flusse gelegen, und geizig sei die Besitzerin immer gewesen. Gut für<lb/> Wine! Aber schließlich ist diese ausnahmsweise kein Kind aus dem beliebten Schul-<lb/> meisterdntzend und nicht arm. Die Lehrersleute in Hendersried hatten immer nur<lb/> dieses Mädchen gehabt. So gut ist Fritz Telemann unterrichtet über alles, was</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0491]
[Abbildung]
Tänzelfritze
Max Grad von
H^/
MM^/
W^-^--^M
RV^eher die Aaleweide hat er Wine Reichhardt gehn sehen. Sie trug
das schwcirzweisz karierte.Meid, das ihr so gut steht und durch eine
schwarze Sammeteiufnssung den etwas freigelassenen Hals so recht zur
Geltung bringt. Wine hat die bliitenweiße Haut der Rothaarigen,
aber ohne die üblichen Sommersprossen, Wine ist gerade, weit besser
und schlanker gewachsen als die ländlichen Mädchen des Heiinatortes
und der Umgebung, Sie kleidet sich auch mit erlesenerem Geschmack und ist frei von
der plumpen Nachnhmuugssncht der dummen Dinger, die städtische Fräuleins sein
wollen und sich deren Moden um so vergeblicher, je genauer, anzueignen bemüht sind.
Wine ist auch klüger und gebildeter. Gerade das ist Fritz Telemann sogar manchmal
fast unangenehm gewesen. Er hat es nicht gern, wenn er fühlen muß, daß ihm
eines über ist. Am allerwenigsten mag er das bei Weibern leiden. Die haben erst
recht zu ihm aufzusehen und ihn zu bewundern. Ein Frauenzimmer Hot für ihn
vor allem hübsch, sehr hübsch zu sein! Zudem muß es etwas „legeres und adrettes"
haben. Fritz stellt sich bei diesen Eigenschaften freilich nicht genau das vor, was
der Franzose darunter versteht. Aber ihm gefallen diese Fremdwörter besonders gut,
und er wendet sie häufig an. Verbindet er mit den Gedanken an ein Mädchen
mich den an eine etwaige Heirat, die er sich übrigens noch gar nicht wünscht, dann
denkt er sich much noch Geld dazu. Am liebsten viel. Endlich mich — denn ohne
das ist eine Ehe eine unrationelle Sache — möchte er nnr eine fleißige und gute
Wirtschafterin, wenn, na wem, es mal zur Klappe» käme. Dazu hat es aber noch
reichlich Zeit. Nein, wenn einer noch jung und dazu so ein feiner Kerl ist, der an
jedem Finger sechse haben kann, sobald er nur die Hand nach einer ausstreckt!
Einen biedern Familienvater abzugeben, ist er noch lange nicht in Stimmung.
Außerdem ist es sehr nett und abwechslungsreich, so ein bißchen Schmetterling sein,
von Blume zu Blume flattern und Honig naschen zu können. Ihm freilich wäre
dieser poetische Vergleich nicht eingefallen, obgleich er noch vor einem Jahre bei
Beendigung seiner Dienstzeit als besonders Heller Kopf gefeiert worden war. Aber
Wine Reichhnrdt, der kommt dergleichen bisweilen in den Sinn und auf die Zunge.
Der hängt eben doch das Schulmeisterblut des Vaters etwas an. Sie mag es
deshalb auch manchmal unlieb verspüren, nun im Hause der Taute Rcmkenswor
nurmehr platten Stumpfsinn und elende Keiferei um sich zu haben. Aber dafür
soll sie, wenn sie die Alte zu Tode gepflegt habe, auch deren alleinige Erbin
werden. Immerhin schon etwas! Das Häuschen der Verwandten ist Schmuck, in gutem
Lande am Flusse gelegen, und geizig sei die Besitzerin immer gewesen. Gut für
Wine! Aber schließlich ist diese ausnahmsweise kein Kind aus dem beliebten Schul-
meisterdntzend und nicht arm. Die Lehrersleute in Hendersried hatten immer nur
dieses Mädchen gehabt. So gut ist Fritz Telemann unterrichtet über alles, was
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