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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Tänzelfritze

Wine betrifft. Ja! Die hat es ihm doch fast mehr angetan als jede andre, obschon
er so ein Dutzend, die er verehrt, und denen er zum mindesten nachläuft, immer im
Vorrat hat. Wenn er auch nicht im Traume daran denkt, das Mädchen zu heiraten,
so hat er sich doch fest vorgenommen, mit ihm eine Pvussage, wie sie es beim Militär
nannten, anzufangen. Ist es ihre Schönheit, ist es die reine, appetitliche, weiße
Haut und der erregende Duft, wenn Wine sich stark bewegt und erwärmt? Ist
es, daß sie so fein, am besten von all den Mädchen, die er kennt, zu tanzen versteht?
Und er hat doch in Breslau und Umgebung während der Dienstzeit deren gerade
genug im Arme gehalten und gedreht! Keine Stunde Urlaubs, wo Fritz nicht mit
seiner trefflichen Spürnase ausgeschnüffelt hätte, wo es allenfalls etwas zu tanzen
gäbe. Das war sein Leben von klein auf gewesen, so lange er denken kann. So
ist es und wird es auch bleiben! Allein schon die Vorstellung, daß man es einem
Ehemann verübeln mochte, wenn er die Tanzböden besucht, könnte ihn abhalten,
vor den Altar zu treten. Denn was könne eine Frau noch viel zum Tanzen kommen?
Kaum da und dort auf einer Hochzeit! Vielleicht das nicht einmal! Bei einen"
Eheweib ist ja immer irgend etwas los! So schnell wird so eine auch schwerfällig
und alt. Ach und die Kinder! Überhaupt! Mit der eignen tanzen? Da spotten
und lachen sie womöglich, und es ist auch wahr, daß etwas komisches darin liegt.

Ja komisch, sagt Fritz Telemann, der dabei eifrig Toilette macht, ganz laut
und lacht kurz auf. So mit seiner Alten? Nee, nee! Er schüttelt sich. Im Spiegel
sieht er seine blanken, braunen Augen, den starken Schnurrbart über dem gut ge¬
formten Munde, in dem das Prachtgebiß blinkt. Er hat stets eine gewisse Vorliebe
für jenen Lazarettarzt behalten, der, als er ihn bei einer Halsentzündung behandelte,
sich so über Tetcmanns tadellose Zähne geäußert hatte. Ein Stück der nackten,
breiten Brust kann der sich wohlgefällig Beschauende noch in dem kleinen Spiegel
sehen. Die Mutter hätte ihm auch einen größern hinhängen, oder noch besser, ihm
den aus der Prunkstube geben können! 'N volles Stück, nennt er ihn zwar immer,
weil er mit dem weißlackierten, verschnörkelten Rahmen und den wohlgenährten,
feisten kleinen Engelskindern, die eine Wurst, nein, ein Schleiertnch über das Glas
halten, gar so verrückt aussieht! Was sich die Mutter mit dem so hat! Und nicht
mal wegen des guten Spiegels selbst! Er hängt ja so hoch über dem Möbelkram
der Urgroßeltern, daß der Riese Goliath allenfalls seinen äußersten Haarschopf darin
hätte erspähen können. Ihm, dem Fritze, sind derartige pietätvolle Anwandlungen
völlig fremd. Na, alte Frauen haben immer so ihre Mucken und ein bißchen sonder-
liches Getriebe. Vater ist ihr in nichts entgegen. Der ist ohnehin seit seinem
Schlaganfalle nicht mehr so ganz und gar bei der Hand.

Zwei Schwestern sind auswärts in Stellen. Keiner fiel es ein, der Mutter
zu Hause und im Kramlädchen zu helfen, und Geld schicken sie auch nicht. Beide
Mädels haben sich sei" herausgemacht. Ganze Damen sind sie geworden. Auf den
Bildern sehen sie ans wie Gräfinnen, und die eine dient ja auch in einem herr¬
schaftlichen Hause. Gebrannte Locken tragen sie alle beide und einen Haarknoten,
hoch gedreht. Die Ceuta hat über die dünne Taille so was Feines, Gesticktes gezogen,
und die Amalie hat sich sogar "ausgeschnitten" photographieren lassen. Nein, "adrett
und leger" sind die gewiß geworden; das kann man sehen! Die Leute im Orte
sollen aber auch vor Staunen "halb steinig" gewesen sein, als die Mädels die
Eltern besucht hatten, die eine aus Berlin, die andre von einem pommerschen Gute.

Fritz ist heute besonders bedacht auf sein Aussehen und wäscht, bürstet und
kämmt sich aufs gründlichste, bevor er in den Feuchten Krug zum Haushalte mit
Freikaffec geht. Er duldet an sich nie ein Fleckchen, ein Fäserchen oder gar etwas
Zerrissenes. Die alte Mutter weiß oft vor Waschen, Platte" und Nahen für den


Tänzelfritze

Wine betrifft. Ja! Die hat es ihm doch fast mehr angetan als jede andre, obschon
er so ein Dutzend, die er verehrt, und denen er zum mindesten nachläuft, immer im
Vorrat hat. Wenn er auch nicht im Traume daran denkt, das Mädchen zu heiraten,
so hat er sich doch fest vorgenommen, mit ihm eine Pvussage, wie sie es beim Militär
nannten, anzufangen. Ist es ihre Schönheit, ist es die reine, appetitliche, weiße
Haut und der erregende Duft, wenn Wine sich stark bewegt und erwärmt? Ist
es, daß sie so fein, am besten von all den Mädchen, die er kennt, zu tanzen versteht?
Und er hat doch in Breslau und Umgebung während der Dienstzeit deren gerade
genug im Arme gehalten und gedreht! Keine Stunde Urlaubs, wo Fritz nicht mit
seiner trefflichen Spürnase ausgeschnüffelt hätte, wo es allenfalls etwas zu tanzen
gäbe. Das war sein Leben von klein auf gewesen, so lange er denken kann. So
ist es und wird es auch bleiben! Allein schon die Vorstellung, daß man es einem
Ehemann verübeln mochte, wenn er die Tanzböden besucht, könnte ihn abhalten,
vor den Altar zu treten. Denn was könne eine Frau noch viel zum Tanzen kommen?
Kaum da und dort auf einer Hochzeit! Vielleicht das nicht einmal! Bei einen«
Eheweib ist ja immer irgend etwas los! So schnell wird so eine auch schwerfällig
und alt. Ach und die Kinder! Überhaupt! Mit der eignen tanzen? Da spotten
und lachen sie womöglich, und es ist auch wahr, daß etwas komisches darin liegt.

Ja komisch, sagt Fritz Telemann, der dabei eifrig Toilette macht, ganz laut
und lacht kurz auf. So mit seiner Alten? Nee, nee! Er schüttelt sich. Im Spiegel
sieht er seine blanken, braunen Augen, den starken Schnurrbart über dem gut ge¬
formten Munde, in dem das Prachtgebiß blinkt. Er hat stets eine gewisse Vorliebe
für jenen Lazarettarzt behalten, der, als er ihn bei einer Halsentzündung behandelte,
sich so über Tetcmanns tadellose Zähne geäußert hatte. Ein Stück der nackten,
breiten Brust kann der sich wohlgefällig Beschauende noch in dem kleinen Spiegel
sehen. Die Mutter hätte ihm auch einen größern hinhängen, oder noch besser, ihm
den aus der Prunkstube geben können! 'N volles Stück, nennt er ihn zwar immer,
weil er mit dem weißlackierten, verschnörkelten Rahmen und den wohlgenährten,
feisten kleinen Engelskindern, die eine Wurst, nein, ein Schleiertnch über das Glas
halten, gar so verrückt aussieht! Was sich die Mutter mit dem so hat! Und nicht
mal wegen des guten Spiegels selbst! Er hängt ja so hoch über dem Möbelkram
der Urgroßeltern, daß der Riese Goliath allenfalls seinen äußersten Haarschopf darin
hätte erspähen können. Ihm, dem Fritze, sind derartige pietätvolle Anwandlungen
völlig fremd. Na, alte Frauen haben immer so ihre Mucken und ein bißchen sonder-
liches Getriebe. Vater ist ihr in nichts entgegen. Der ist ohnehin seit seinem
Schlaganfalle nicht mehr so ganz und gar bei der Hand.

Zwei Schwestern sind auswärts in Stellen. Keiner fiel es ein, der Mutter
zu Hause und im Kramlädchen zu helfen, und Geld schicken sie auch nicht. Beide
Mädels haben sich sei« herausgemacht. Ganze Damen sind sie geworden. Auf den
Bildern sehen sie ans wie Gräfinnen, und die eine dient ja auch in einem herr¬
schaftlichen Hause. Gebrannte Locken tragen sie alle beide und einen Haarknoten,
hoch gedreht. Die Ceuta hat über die dünne Taille so was Feines, Gesticktes gezogen,
und die Amalie hat sich sogar „ausgeschnitten" photographieren lassen. Nein, „adrett
und leger" sind die gewiß geworden; das kann man sehen! Die Leute im Orte
sollen aber auch vor Staunen „halb steinig" gewesen sein, als die Mädels die
Eltern besucht hatten, die eine aus Berlin, die andre von einem pommerschen Gute.

Fritz ist heute besonders bedacht auf sein Aussehen und wäscht, bürstet und
kämmt sich aufs gründlichste, bevor er in den Feuchten Krug zum Haushalte mit
Freikaffec geht. Er duldet an sich nie ein Fleckchen, ein Fäserchen oder gar etwas
Zerrissenes. Die alte Mutter weiß oft vor Waschen, Platte» und Nahen für den


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[0492] Tänzelfritze Wine betrifft. Ja! Die hat es ihm doch fast mehr angetan als jede andre, obschon er so ein Dutzend, die er verehrt, und denen er zum mindesten nachläuft, immer im Vorrat hat. Wenn er auch nicht im Traume daran denkt, das Mädchen zu heiraten, so hat er sich doch fest vorgenommen, mit ihm eine Pvussage, wie sie es beim Militär nannten, anzufangen. Ist es ihre Schönheit, ist es die reine, appetitliche, weiße Haut und der erregende Duft, wenn Wine sich stark bewegt und erwärmt? Ist es, daß sie so fein, am besten von all den Mädchen, die er kennt, zu tanzen versteht? Und er hat doch in Breslau und Umgebung während der Dienstzeit deren gerade genug im Arme gehalten und gedreht! Keine Stunde Urlaubs, wo Fritz nicht mit seiner trefflichen Spürnase ausgeschnüffelt hätte, wo es allenfalls etwas zu tanzen gäbe. Das war sein Leben von klein auf gewesen, so lange er denken kann. So ist es und wird es auch bleiben! Allein schon die Vorstellung, daß man es einem Ehemann verübeln mochte, wenn er die Tanzböden besucht, könnte ihn abhalten, vor den Altar zu treten. Denn was könne eine Frau noch viel zum Tanzen kommen? Kaum da und dort auf einer Hochzeit! Vielleicht das nicht einmal! Bei einen« Eheweib ist ja immer irgend etwas los! So schnell wird so eine auch schwerfällig und alt. Ach und die Kinder! Überhaupt! Mit der eignen tanzen? Da spotten und lachen sie womöglich, und es ist auch wahr, daß etwas komisches darin liegt. Ja komisch, sagt Fritz Telemann, der dabei eifrig Toilette macht, ganz laut und lacht kurz auf. So mit seiner Alten? Nee, nee! Er schüttelt sich. Im Spiegel sieht er seine blanken, braunen Augen, den starken Schnurrbart über dem gut ge¬ formten Munde, in dem das Prachtgebiß blinkt. Er hat stets eine gewisse Vorliebe für jenen Lazarettarzt behalten, der, als er ihn bei einer Halsentzündung behandelte, sich so über Tetcmanns tadellose Zähne geäußert hatte. Ein Stück der nackten, breiten Brust kann der sich wohlgefällig Beschauende noch in dem kleinen Spiegel sehen. Die Mutter hätte ihm auch einen größern hinhängen, oder noch besser, ihm den aus der Prunkstube geben können! 'N volles Stück, nennt er ihn zwar immer, weil er mit dem weißlackierten, verschnörkelten Rahmen und den wohlgenährten, feisten kleinen Engelskindern, die eine Wurst, nein, ein Schleiertnch über das Glas halten, gar so verrückt aussieht! Was sich die Mutter mit dem so hat! Und nicht mal wegen des guten Spiegels selbst! Er hängt ja so hoch über dem Möbelkram der Urgroßeltern, daß der Riese Goliath allenfalls seinen äußersten Haarschopf darin hätte erspähen können. Ihm, dem Fritze, sind derartige pietätvolle Anwandlungen völlig fremd. Na, alte Frauen haben immer so ihre Mucken und ein bißchen sonder- liches Getriebe. Vater ist ihr in nichts entgegen. Der ist ohnehin seit seinem Schlaganfalle nicht mehr so ganz und gar bei der Hand. Zwei Schwestern sind auswärts in Stellen. Keiner fiel es ein, der Mutter zu Hause und im Kramlädchen zu helfen, und Geld schicken sie auch nicht. Beide Mädels haben sich sei« herausgemacht. Ganze Damen sind sie geworden. Auf den Bildern sehen sie ans wie Gräfinnen, und die eine dient ja auch in einem herr¬ schaftlichen Hause. Gebrannte Locken tragen sie alle beide und einen Haarknoten, hoch gedreht. Die Ceuta hat über die dünne Taille so was Feines, Gesticktes gezogen, und die Amalie hat sich sogar „ausgeschnitten" photographieren lassen. Nein, „adrett und leger" sind die gewiß geworden; das kann man sehen! Die Leute im Orte sollen aber auch vor Staunen „halb steinig" gewesen sein, als die Mädels die Eltern besucht hatten, die eine aus Berlin, die andre von einem pommerschen Gute. Fritz ist heute besonders bedacht auf sein Aussehen und wäscht, bürstet und kämmt sich aufs gründlichste, bevor er in den Feuchten Krug zum Haushalte mit Freikaffec geht. Er duldet an sich nie ein Fleckchen, ein Fäserchen oder gar etwas Zerrissenes. Die alte Mutter weiß oft vor Waschen, Platte» und Nahen für den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/492>, abgerufen am 04.07.2024.