Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.Line ^erienfahrt nach Brasilien Die Kosten werden häufig überschätzt. Der Rückfahrtschein von Hamburg Auch das an sich naheliegende Bedenken, daß sich der, der drüben keine Jeder Leser wird zugestehn müssen, daß die elf Wochen in der Tat gut "Zum erstenmal empfanden wir, welchen lebhaften Eindruck der Anblick Dasselbe kann ich von meinem Aufenthalt in Brasilien und von der ganzen Line ^erienfahrt nach Brasilien Die Kosten werden häufig überschätzt. Der Rückfahrtschein von Hamburg Auch das an sich naheliegende Bedenken, daß sich der, der drüben keine Jeder Leser wird zugestehn müssen, daß die elf Wochen in der Tat gut „Zum erstenmal empfanden wir, welchen lebhaften Eindruck der Anblick Dasselbe kann ich von meinem Aufenthalt in Brasilien und von der ganzen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301744"/> <fw type="header" place="top"> Line ^erienfahrt nach Brasilien</fw><lb/> <p xml:id="ID_1818"> Die Kosten werden häufig überschätzt. Der Rückfahrtschein von Hamburg<lb/> nach Santos kostet 1160 Mark, ein Betrag, den man nicht hoch nennen wird,<lb/> wenn man sich vergegenwärtigt, daß während der dreimidfünfzigtägigen See¬<lb/> fahrt eine vortreffliche Verpflegung gewährt wird. Die Nebenausgaben auf<lb/> dem Schiff sind uur unbedeutend, da auf diesen Strecken ein guter portugiesischer<lb/> Tischwein bei der Hauptmahlzeit zur freien Verfügung steht, und die Preise<lb/> für andre Weine, Mineralwasser und Bier durchaus mäßig sind. Die üblichen<lb/> Trinkgelder bleiben sogar hinter denen zurück, die man beim häufigern Wechsel des<lb/> Aufenthalts auf Landreisen von derselben Länge zu entrichten haben würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1819"> Auch das an sich naheliegende Bedenken, daß sich der, der drüben keine<lb/> persönlichen Beziehungen hat, nur schwer zurechtfinden und wenig sehen wird,<lb/> ist nicht begründet. Man kann mit Bestimmtheit darauf rechnen, auf deu<lb/> deutschen Dampfern, in den Agenturen der deutschen Schiffahrtsgesellschaften<lb/> und in den deutschen Klubs die Bekanntschaft landeskundiger Personen zu<lb/> machen, denen es zum Vergnügen gereicht, fremden Landsleuten mit Rat und<lb/> Tat zur Seite zu stehn. Ebenso wird man die erfreuliche Erfahrung machen,<lb/> daß bei den Dentschbrasilianern die Tugend der Gastfreundschaft weit ver¬<lb/> breitet ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1820"> Jeder Leser wird zugestehn müssen, daß die elf Wochen in der Tat gut<lb/> angewandt worden waren. Ich wenigstens kann versichern, daß ich während<lb/> der ganzen Zeit das Gefühl vollen Behagens und ungetrübten Genusses gehabt<lb/> und niemals eine lohnendere Reise gemacht habe. Alexander von Humboldt<lb/> schildert in seiner „Reise in die Äquinoktialgegcnden des neuen Kontinents"<lb/> die Gefühle, die ihn beim Abschied von Teneriffa beseelten, in folgenden<lb/> Worten:</p><lb/> <p xml:id="ID_1821"> „Zum erstenmal empfanden wir, welchen lebhaften Eindruck der Anblick<lb/> von Ländern an der Grenze des heißen Erdgürtels, wo die Natur so reich, so<lb/> großartig und so wundervoll auftritt, auf unser Gemüt macht. Wir hatten nur<lb/> kurze Zeit auf Teneriffa verweilt, und doch schieden wir von der Insel, als<lb/> hätten wir lange dort gelebt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1822"> Dasselbe kann ich von meinem Aufenthalt in Brasilien und von der ganzen<lb/> Ferienfahrt sagen. Kurz war sie nur, aber der Eindruck ist so tief und nach¬<lb/> haltig, als Hütte sie einen großen Teil meines Lebens in Anspruch ge¬<lb/> nommen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
Line ^erienfahrt nach Brasilien
Die Kosten werden häufig überschätzt. Der Rückfahrtschein von Hamburg
nach Santos kostet 1160 Mark, ein Betrag, den man nicht hoch nennen wird,
wenn man sich vergegenwärtigt, daß während der dreimidfünfzigtägigen See¬
fahrt eine vortreffliche Verpflegung gewährt wird. Die Nebenausgaben auf
dem Schiff sind uur unbedeutend, da auf diesen Strecken ein guter portugiesischer
Tischwein bei der Hauptmahlzeit zur freien Verfügung steht, und die Preise
für andre Weine, Mineralwasser und Bier durchaus mäßig sind. Die üblichen
Trinkgelder bleiben sogar hinter denen zurück, die man beim häufigern Wechsel des
Aufenthalts auf Landreisen von derselben Länge zu entrichten haben würde.
Auch das an sich naheliegende Bedenken, daß sich der, der drüben keine
persönlichen Beziehungen hat, nur schwer zurechtfinden und wenig sehen wird,
ist nicht begründet. Man kann mit Bestimmtheit darauf rechnen, auf deu
deutschen Dampfern, in den Agenturen der deutschen Schiffahrtsgesellschaften
und in den deutschen Klubs die Bekanntschaft landeskundiger Personen zu
machen, denen es zum Vergnügen gereicht, fremden Landsleuten mit Rat und
Tat zur Seite zu stehn. Ebenso wird man die erfreuliche Erfahrung machen,
daß bei den Dentschbrasilianern die Tugend der Gastfreundschaft weit ver¬
breitet ist.
Jeder Leser wird zugestehn müssen, daß die elf Wochen in der Tat gut
angewandt worden waren. Ich wenigstens kann versichern, daß ich während
der ganzen Zeit das Gefühl vollen Behagens und ungetrübten Genusses gehabt
und niemals eine lohnendere Reise gemacht habe. Alexander von Humboldt
schildert in seiner „Reise in die Äquinoktialgegcnden des neuen Kontinents"
die Gefühle, die ihn beim Abschied von Teneriffa beseelten, in folgenden
Worten:
„Zum erstenmal empfanden wir, welchen lebhaften Eindruck der Anblick
von Ländern an der Grenze des heißen Erdgürtels, wo die Natur so reich, so
großartig und so wundervoll auftritt, auf unser Gemüt macht. Wir hatten nur
kurze Zeit auf Teneriffa verweilt, und doch schieden wir von der Insel, als
hätten wir lange dort gelebt."
Dasselbe kann ich von meinem Aufenthalt in Brasilien und von der ganzen
Ferienfahrt sagen. Kurz war sie nur, aber der Eindruck ist so tief und nach¬
haltig, als Hütte sie einen großen Teil meines Lebens in Anspruch ge¬
nommen.
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