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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

bild mindestens zehn Ziffern enthält; tels macht ein halbjährliches Ziffernwerk von
120 Millionen Ziffern, aktenmäßig mit deutscher Gründlichkeit doppelt und dreifach
gebucht; zum Überfluß und um den ganzen Menschen in einer einzigen Ziffer dar¬
zustellen, wird meist noch ein Durchschnitt gezogen, und I ist dann Musterkind, aber
auch nur IV gänzlich unbrauchbar. Soll uns etwa trösten, daß es um chinesisches
Schul-und Prüfungswesen noch schlimmer steht, oder wäre es nicht unser würdiger,
zu erwägen, daß zwar Zahl und Maß gegenwärtig in Wissensgebiete eingedrungen
sind und sie dadurch zu exakten gemacht haben, bei denen wir dies lange für um-
> möglich gehalten haben, daß Versuche sogar einer mathematischen Psychologie bis auf
Herbart zurückreichen, und gewisse Gebiete, in denen physische und psychische Vorgänge
korrespondieren, mit Erfolg experimentell und messend behandelt worden sind, daß aber
wohl niemals eine exakte Methode erfunden werden wird, auch ethische Werte wie
Wohlverhalten und Fleiß oder rein geistige Leistungen, die auf dem Vermögen des
Sprachsinns oder Raumsinns beruhen, oder gar künstlerische Beleidigung in Zahlen
auszudrücken. Damit sind aber die oben erwähnten 120 Millionen Ziffern in ihrer
Korrektheit als bedenklich angreifbar gekennzeichnet, ja sie könnten von dem Stand¬
punkt eines empfindlichern Gewissens aus gar leicht als willkürliche und damit
auch bedeutungslose Urteile augesehen werden. So könnte man es wohl minder
radikal als den jetzt häufiger ertönender Ruf "Weg mit allen Prüfungen" finden,
wenn man zu dem für das Bestehen des Staats weniger gefährlichen Schlüsse ge¬
langte: "Weg mit diesem ganzen Zahlenwerk." Wir gehn aber so weit nicht, und
zwar auf Grund unsrer Erfahrung, nach der in der Tat die Abschätzung von
Schülerleistungen durch Lehrer, die sich länger im Zensieren geübt haben, mit einer
oft staunenswerten Präzision und Sicherheit geschieht und eine wenigstens relative
Richtigkeit nicht selten durch eine nahezu vollständige Übereinstimmung des Urteils
mehrerer Lehrer bei demselben Schüler gewährleistet erscheint. Wenn aber dann
von sachkundiger Seite zur weitern Rechtfertigung einer solchen Zensierung etwa
geltend gemacht wird, daß die meisten dieser Zensuren, wie sie insbesondre am Ende
einer längern oder kürzern Unterrichtsperiode gegeben werden, auf der sorgfältigsten
Durchschnittsberechnung aus einer Menge Einzelzensuren beruhen, so möchten wir
uus gerade gegen diesen ganzen Mechanismus der Zensierung mit aller Entschiedenheit
wenden, und zwar ans folgenden Erwägungen. Abgesehen davon, daß die Brauchbar¬
keit solcher Durchschnittsrechnungen vollständig abhängig ist von der Richtigkeit der
zugrunde liegenden Zahlen, und daß, wenn diese hinfällig sind, auch den Resultaten
nur der Schein einer Richtigkeit anhaftet, ist auch das ganze Prinzip des arithmetischen
Mittels überhaupt völlig anfechtbar. Wir stellen, um dies zu beweisen, zwei extreme
aber durchaus nicht selten vertretne Zensuren gegenüber, eine nach dem heutigen
Zensieruugsmodus hervorragend gute Zensur, bei der sich der überwiegende Teil
der Einzelzensuren um den Durchschnitt Ib bewegt, und eine nach demselben Modus
sehr schlechte Zensur, bei der sich der überwiegende Teil der Einzelzensuren um den
Durchschnitt Illb bewegt. Nach einem vom Mechanismus der Durchschnittsrechnerei
nicht beeinflußten Urteil verdient hier sicher der eine Schüler als Gesamtzensur die I,
der andre als Gesamtzensur die IV ; jede andre, wenn anch noch so genau ermittelte,
resultierende oder Gesamtzensur spricht im ersten Falle nicht mit genügender Ent¬
schiedenheit das verdiente Lob, im zweiten Falle nicht den verdienten Tadel mit
allen daran zu knüpfenden Konsequenzen aus. Wem aber diese Erwägungen im
ersten Falle unangebracht erscheinen sollten, weil reichliches Lob in Anbetracht der
menschlichen Natur nur zu leicht zu Eitelkeit und Selbstgenügsamkeit verleite, damit
aber das Streben nach weiterer Vervollkommnung lähme, der möge immerhin er¬
wägen, was es heutzutage heißen will, in den verschiednen Fächern schon unsrer
Volksschulen und nun vollends der höhern Schulen gleich vorzügliche Leistungen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

bild mindestens zehn Ziffern enthält; tels macht ein halbjährliches Ziffernwerk von
120 Millionen Ziffern, aktenmäßig mit deutscher Gründlichkeit doppelt und dreifach
gebucht; zum Überfluß und um den ganzen Menschen in einer einzigen Ziffer dar¬
zustellen, wird meist noch ein Durchschnitt gezogen, und I ist dann Musterkind, aber
auch nur IV gänzlich unbrauchbar. Soll uns etwa trösten, daß es um chinesisches
Schul-und Prüfungswesen noch schlimmer steht, oder wäre es nicht unser würdiger,
zu erwägen, daß zwar Zahl und Maß gegenwärtig in Wissensgebiete eingedrungen
sind und sie dadurch zu exakten gemacht haben, bei denen wir dies lange für um-
> möglich gehalten haben, daß Versuche sogar einer mathematischen Psychologie bis auf
Herbart zurückreichen, und gewisse Gebiete, in denen physische und psychische Vorgänge
korrespondieren, mit Erfolg experimentell und messend behandelt worden sind, daß aber
wohl niemals eine exakte Methode erfunden werden wird, auch ethische Werte wie
Wohlverhalten und Fleiß oder rein geistige Leistungen, die auf dem Vermögen des
Sprachsinns oder Raumsinns beruhen, oder gar künstlerische Beleidigung in Zahlen
auszudrücken. Damit sind aber die oben erwähnten 120 Millionen Ziffern in ihrer
Korrektheit als bedenklich angreifbar gekennzeichnet, ja sie könnten von dem Stand¬
punkt eines empfindlichern Gewissens aus gar leicht als willkürliche und damit
auch bedeutungslose Urteile augesehen werden. So könnte man es wohl minder
radikal als den jetzt häufiger ertönender Ruf „Weg mit allen Prüfungen" finden,
wenn man zu dem für das Bestehen des Staats weniger gefährlichen Schlüsse ge¬
langte: „Weg mit diesem ganzen Zahlenwerk." Wir gehn aber so weit nicht, und
zwar auf Grund unsrer Erfahrung, nach der in der Tat die Abschätzung von
Schülerleistungen durch Lehrer, die sich länger im Zensieren geübt haben, mit einer
oft staunenswerten Präzision und Sicherheit geschieht und eine wenigstens relative
Richtigkeit nicht selten durch eine nahezu vollständige Übereinstimmung des Urteils
mehrerer Lehrer bei demselben Schüler gewährleistet erscheint. Wenn aber dann
von sachkundiger Seite zur weitern Rechtfertigung einer solchen Zensierung etwa
geltend gemacht wird, daß die meisten dieser Zensuren, wie sie insbesondre am Ende
einer längern oder kürzern Unterrichtsperiode gegeben werden, auf der sorgfältigsten
Durchschnittsberechnung aus einer Menge Einzelzensuren beruhen, so möchten wir
uus gerade gegen diesen ganzen Mechanismus der Zensierung mit aller Entschiedenheit
wenden, und zwar ans folgenden Erwägungen. Abgesehen davon, daß die Brauchbar¬
keit solcher Durchschnittsrechnungen vollständig abhängig ist von der Richtigkeit der
zugrunde liegenden Zahlen, und daß, wenn diese hinfällig sind, auch den Resultaten
nur der Schein einer Richtigkeit anhaftet, ist auch das ganze Prinzip des arithmetischen
Mittels überhaupt völlig anfechtbar. Wir stellen, um dies zu beweisen, zwei extreme
aber durchaus nicht selten vertretne Zensuren gegenüber, eine nach dem heutigen
Zensieruugsmodus hervorragend gute Zensur, bei der sich der überwiegende Teil
der Einzelzensuren um den Durchschnitt Ib bewegt, und eine nach demselben Modus
sehr schlechte Zensur, bei der sich der überwiegende Teil der Einzelzensuren um den
Durchschnitt Illb bewegt. Nach einem vom Mechanismus der Durchschnittsrechnerei
nicht beeinflußten Urteil verdient hier sicher der eine Schüler als Gesamtzensur die I,
der andre als Gesamtzensur die IV ; jede andre, wenn anch noch so genau ermittelte,
resultierende oder Gesamtzensur spricht im ersten Falle nicht mit genügender Ent¬
schiedenheit das verdiente Lob, im zweiten Falle nicht den verdienten Tadel mit
allen daran zu knüpfenden Konsequenzen aus. Wem aber diese Erwägungen im
ersten Falle unangebracht erscheinen sollten, weil reichliches Lob in Anbetracht der
menschlichen Natur nur zu leicht zu Eitelkeit und Selbstgenügsamkeit verleite, damit
aber das Streben nach weiterer Vervollkommnung lähme, der möge immerhin er¬
wägen, was es heutzutage heißen will, in den verschiednen Fächern schon unsrer
Volksschulen und nun vollends der höhern Schulen gleich vorzügliche Leistungen


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[0446] Maßgebliches und Unmaßgebliches bild mindestens zehn Ziffern enthält; tels macht ein halbjährliches Ziffernwerk von 120 Millionen Ziffern, aktenmäßig mit deutscher Gründlichkeit doppelt und dreifach gebucht; zum Überfluß und um den ganzen Menschen in einer einzigen Ziffer dar¬ zustellen, wird meist noch ein Durchschnitt gezogen, und I ist dann Musterkind, aber auch nur IV gänzlich unbrauchbar. Soll uns etwa trösten, daß es um chinesisches Schul-und Prüfungswesen noch schlimmer steht, oder wäre es nicht unser würdiger, zu erwägen, daß zwar Zahl und Maß gegenwärtig in Wissensgebiete eingedrungen sind und sie dadurch zu exakten gemacht haben, bei denen wir dies lange für um- > möglich gehalten haben, daß Versuche sogar einer mathematischen Psychologie bis auf Herbart zurückreichen, und gewisse Gebiete, in denen physische und psychische Vorgänge korrespondieren, mit Erfolg experimentell und messend behandelt worden sind, daß aber wohl niemals eine exakte Methode erfunden werden wird, auch ethische Werte wie Wohlverhalten und Fleiß oder rein geistige Leistungen, die auf dem Vermögen des Sprachsinns oder Raumsinns beruhen, oder gar künstlerische Beleidigung in Zahlen auszudrücken. Damit sind aber die oben erwähnten 120 Millionen Ziffern in ihrer Korrektheit als bedenklich angreifbar gekennzeichnet, ja sie könnten von dem Stand¬ punkt eines empfindlichern Gewissens aus gar leicht als willkürliche und damit auch bedeutungslose Urteile augesehen werden. So könnte man es wohl minder radikal als den jetzt häufiger ertönender Ruf „Weg mit allen Prüfungen" finden, wenn man zu dem für das Bestehen des Staats weniger gefährlichen Schlüsse ge¬ langte: „Weg mit diesem ganzen Zahlenwerk." Wir gehn aber so weit nicht, und zwar auf Grund unsrer Erfahrung, nach der in der Tat die Abschätzung von Schülerleistungen durch Lehrer, die sich länger im Zensieren geübt haben, mit einer oft staunenswerten Präzision und Sicherheit geschieht und eine wenigstens relative Richtigkeit nicht selten durch eine nahezu vollständige Übereinstimmung des Urteils mehrerer Lehrer bei demselben Schüler gewährleistet erscheint. Wenn aber dann von sachkundiger Seite zur weitern Rechtfertigung einer solchen Zensierung etwa geltend gemacht wird, daß die meisten dieser Zensuren, wie sie insbesondre am Ende einer längern oder kürzern Unterrichtsperiode gegeben werden, auf der sorgfältigsten Durchschnittsberechnung aus einer Menge Einzelzensuren beruhen, so möchten wir uus gerade gegen diesen ganzen Mechanismus der Zensierung mit aller Entschiedenheit wenden, und zwar ans folgenden Erwägungen. Abgesehen davon, daß die Brauchbar¬ keit solcher Durchschnittsrechnungen vollständig abhängig ist von der Richtigkeit der zugrunde liegenden Zahlen, und daß, wenn diese hinfällig sind, auch den Resultaten nur der Schein einer Richtigkeit anhaftet, ist auch das ganze Prinzip des arithmetischen Mittels überhaupt völlig anfechtbar. Wir stellen, um dies zu beweisen, zwei extreme aber durchaus nicht selten vertretne Zensuren gegenüber, eine nach dem heutigen Zensieruugsmodus hervorragend gute Zensur, bei der sich der überwiegende Teil der Einzelzensuren um den Durchschnitt Ib bewegt, und eine nach demselben Modus sehr schlechte Zensur, bei der sich der überwiegende Teil der Einzelzensuren um den Durchschnitt Illb bewegt. Nach einem vom Mechanismus der Durchschnittsrechnerei nicht beeinflußten Urteil verdient hier sicher der eine Schüler als Gesamtzensur die I, der andre als Gesamtzensur die IV ; jede andre, wenn anch noch so genau ermittelte, resultierende oder Gesamtzensur spricht im ersten Falle nicht mit genügender Ent¬ schiedenheit das verdiente Lob, im zweiten Falle nicht den verdienten Tadel mit allen daran zu knüpfenden Konsequenzen aus. Wem aber diese Erwägungen im ersten Falle unangebracht erscheinen sollten, weil reichliches Lob in Anbetracht der menschlichen Natur nur zu leicht zu Eitelkeit und Selbstgenügsamkeit verleite, damit aber das Streben nach weiterer Vervollkommnung lähme, der möge immerhin er¬ wägen, was es heutzutage heißen will, in den verschiednen Fächern schon unsrer Volksschulen und nun vollends der höhern Schulen gleich vorzügliche Leistungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/446>, abgerufen am 02.07.2024.