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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die militärischen Machtmittel der Japaner

konnten. In die zuerst genannte Kategorie gehören allein 10 Schiffe mit
einem Deplacement von 80154 Tonnen, darunter 2 Schlachtschiffe neuer Bau¬
art und 2 Küstenpanzerschiffe von leidlich militärischem Wert, zu der andern
Kategorie zählen 14 Schiffe von zusammen 75017 Tonnen, davon allein
4 Schlachtschiffe und 4 Panzerkreuzer. Über diese während der Belagerung
von Port Arthur teils von den Russen versenkten, teils durch das Feuer der
Japaner vom 203-Meterhügel aus in den Grund gebohrten Schiffe sind hin¬
sichtlich ihrer Hebungsversuche viel widersprechende Nachrichten verbreitet worden.
Tatsache ist, daß es den Japanern gelungen ist, sie sämtlich wieder flott zu
machen und zum Teil sogar unter eignem Dampf nach ihrer Heimat fahren
zu lassen.

Ob die wieder aufgebrachten vierzehn Schiffe ihre volle Leistungsfähigkeit
nach beendeter Reparatur wiedererlangen und sämtlich in den aktiven Bestand
der japanischen Kriegsflotte eingereiht werden können, darüber ist man sich an
entscheidender Stelle in Japan heute selbst noch nicht klar. Die aus französischen
Blättern auch in die deutsche Presse übernommne Nachricht, daß die Japaner
nur vier von den eroberten feindlichen Schiffen für die eigne Flotte verwenden
könnten, ist inzwischen schon in japanischen Berichten als unrichtig bezeichnet
worden. Tatsächlich waren ja auch schon bis Ende Dezember 1906 fünf der
beschädigten ehemalig russischen Schiffe auf japanischer Seite in Dienst gestellt.
Die andern Schiffe sind noch in der Ausbesserung begriffen, die zum Teil recht
langwierig ist. Dazu sind die Werften durch Neubauten außerordentlich in An¬
spruch genommen, und endlich fehlt es mich an Geldmitteln, um jene Reparaturen
hintereinander auszuführen. Nimmt man aber die eroberten 24 russischen Schiffe
in japanischem Besitz sämtlich als wieder gebrauchsfähig an, so steigt schon damit
der Materialbestand der heutigen japanischen Flotte auf 165 Schiffe mit einem
Deplacement von 280625 Tonnen.

Es zeugt aber von der weisen Umsicht und Klugheit, mit der die japanische
Regierung alle Situationen vorbedacht hat, daß sie, ganz unabhängig von einem
glücklichen oder unglücklichen Ausgange des Krieges mit Rußland, in jedem
Falle eine Vergrößerung ihrer Flotte ins Auge gefaßt hatte. So waren schon
vor Beginn der Feindseligkeiten in England 2 Schlachtschiffe (Katori und
Kashima) von je 19150 Tonnen Deplacement in Auftrag gegeben worden, und
auf den heimischen Werften lagen 25 Torpedobootzerstörer von je 350 Tonnen
auf Stapel. Während die beiden zuerst genannten Schiffe modernster Bauart
und Ausrüstung fertig und schon vor einiger Zeit an die japanischen Behörden
abgeliefert worden sind, haben von den 25 Torpedobootszerstörern schon 20 ihre
Probefahrten erledigt und sind in Dienst gestellt. Aber nicht zufrieden mit
dieser Vermehrung, hat die japanische Admiralität die bisher auch von ein¬
geweihten Leuten bestrittne Möglichkeit zustande gebracht, durch Vergrößerung
der eignen Werften sogar während des Krieges im Lande selbst die größten
Schiffe in Arbeit zu nehmen. So wissen wir jetzt, daß in Uvkosilka ein Schlacht-


Grenzboten I 1907 52
Die militärischen Machtmittel der Japaner

konnten. In die zuerst genannte Kategorie gehören allein 10 Schiffe mit
einem Deplacement von 80154 Tonnen, darunter 2 Schlachtschiffe neuer Bau¬
art und 2 Küstenpanzerschiffe von leidlich militärischem Wert, zu der andern
Kategorie zählen 14 Schiffe von zusammen 75017 Tonnen, davon allein
4 Schlachtschiffe und 4 Panzerkreuzer. Über diese während der Belagerung
von Port Arthur teils von den Russen versenkten, teils durch das Feuer der
Japaner vom 203-Meterhügel aus in den Grund gebohrten Schiffe sind hin¬
sichtlich ihrer Hebungsversuche viel widersprechende Nachrichten verbreitet worden.
Tatsache ist, daß es den Japanern gelungen ist, sie sämtlich wieder flott zu
machen und zum Teil sogar unter eignem Dampf nach ihrer Heimat fahren
zu lassen.

Ob die wieder aufgebrachten vierzehn Schiffe ihre volle Leistungsfähigkeit
nach beendeter Reparatur wiedererlangen und sämtlich in den aktiven Bestand
der japanischen Kriegsflotte eingereiht werden können, darüber ist man sich an
entscheidender Stelle in Japan heute selbst noch nicht klar. Die aus französischen
Blättern auch in die deutsche Presse übernommne Nachricht, daß die Japaner
nur vier von den eroberten feindlichen Schiffen für die eigne Flotte verwenden
könnten, ist inzwischen schon in japanischen Berichten als unrichtig bezeichnet
worden. Tatsächlich waren ja auch schon bis Ende Dezember 1906 fünf der
beschädigten ehemalig russischen Schiffe auf japanischer Seite in Dienst gestellt.
Die andern Schiffe sind noch in der Ausbesserung begriffen, die zum Teil recht
langwierig ist. Dazu sind die Werften durch Neubauten außerordentlich in An¬
spruch genommen, und endlich fehlt es mich an Geldmitteln, um jene Reparaturen
hintereinander auszuführen. Nimmt man aber die eroberten 24 russischen Schiffe
in japanischem Besitz sämtlich als wieder gebrauchsfähig an, so steigt schon damit
der Materialbestand der heutigen japanischen Flotte auf 165 Schiffe mit einem
Deplacement von 280625 Tonnen.

Es zeugt aber von der weisen Umsicht und Klugheit, mit der die japanische
Regierung alle Situationen vorbedacht hat, daß sie, ganz unabhängig von einem
glücklichen oder unglücklichen Ausgange des Krieges mit Rußland, in jedem
Falle eine Vergrößerung ihrer Flotte ins Auge gefaßt hatte. So waren schon
vor Beginn der Feindseligkeiten in England 2 Schlachtschiffe (Katori und
Kashima) von je 19150 Tonnen Deplacement in Auftrag gegeben worden, und
auf den heimischen Werften lagen 25 Torpedobootzerstörer von je 350 Tonnen
auf Stapel. Während die beiden zuerst genannten Schiffe modernster Bauart
und Ausrüstung fertig und schon vor einiger Zeit an die japanischen Behörden
abgeliefert worden sind, haben von den 25 Torpedobootszerstörern schon 20 ihre
Probefahrten erledigt und sind in Dienst gestellt. Aber nicht zufrieden mit
dieser Vermehrung, hat die japanische Admiralität die bisher auch von ein¬
geweihten Leuten bestrittne Möglichkeit zustande gebracht, durch Vergrößerung
der eignen Werften sogar während des Krieges im Lande selbst die größten
Schiffe in Arbeit zu nehmen. So wissen wir jetzt, daß in Uvkosilka ein Schlacht-


Grenzboten I 1907 52
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[0401] Die militärischen Machtmittel der Japaner konnten. In die zuerst genannte Kategorie gehören allein 10 Schiffe mit einem Deplacement von 80154 Tonnen, darunter 2 Schlachtschiffe neuer Bau¬ art und 2 Küstenpanzerschiffe von leidlich militärischem Wert, zu der andern Kategorie zählen 14 Schiffe von zusammen 75017 Tonnen, davon allein 4 Schlachtschiffe und 4 Panzerkreuzer. Über diese während der Belagerung von Port Arthur teils von den Russen versenkten, teils durch das Feuer der Japaner vom 203-Meterhügel aus in den Grund gebohrten Schiffe sind hin¬ sichtlich ihrer Hebungsversuche viel widersprechende Nachrichten verbreitet worden. Tatsache ist, daß es den Japanern gelungen ist, sie sämtlich wieder flott zu machen und zum Teil sogar unter eignem Dampf nach ihrer Heimat fahren zu lassen. Ob die wieder aufgebrachten vierzehn Schiffe ihre volle Leistungsfähigkeit nach beendeter Reparatur wiedererlangen und sämtlich in den aktiven Bestand der japanischen Kriegsflotte eingereiht werden können, darüber ist man sich an entscheidender Stelle in Japan heute selbst noch nicht klar. Die aus französischen Blättern auch in die deutsche Presse übernommne Nachricht, daß die Japaner nur vier von den eroberten feindlichen Schiffen für die eigne Flotte verwenden könnten, ist inzwischen schon in japanischen Berichten als unrichtig bezeichnet worden. Tatsächlich waren ja auch schon bis Ende Dezember 1906 fünf der beschädigten ehemalig russischen Schiffe auf japanischer Seite in Dienst gestellt. Die andern Schiffe sind noch in der Ausbesserung begriffen, die zum Teil recht langwierig ist. Dazu sind die Werften durch Neubauten außerordentlich in An¬ spruch genommen, und endlich fehlt es mich an Geldmitteln, um jene Reparaturen hintereinander auszuführen. Nimmt man aber die eroberten 24 russischen Schiffe in japanischem Besitz sämtlich als wieder gebrauchsfähig an, so steigt schon damit der Materialbestand der heutigen japanischen Flotte auf 165 Schiffe mit einem Deplacement von 280625 Tonnen. Es zeugt aber von der weisen Umsicht und Klugheit, mit der die japanische Regierung alle Situationen vorbedacht hat, daß sie, ganz unabhängig von einem glücklichen oder unglücklichen Ausgange des Krieges mit Rußland, in jedem Falle eine Vergrößerung ihrer Flotte ins Auge gefaßt hatte. So waren schon vor Beginn der Feindseligkeiten in England 2 Schlachtschiffe (Katori und Kashima) von je 19150 Tonnen Deplacement in Auftrag gegeben worden, und auf den heimischen Werften lagen 25 Torpedobootzerstörer von je 350 Tonnen auf Stapel. Während die beiden zuerst genannten Schiffe modernster Bauart und Ausrüstung fertig und schon vor einiger Zeit an die japanischen Behörden abgeliefert worden sind, haben von den 25 Torpedobootszerstörern schon 20 ihre Probefahrten erledigt und sind in Dienst gestellt. Aber nicht zufrieden mit dieser Vermehrung, hat die japanische Admiralität die bisher auch von ein¬ geweihten Leuten bestrittne Möglichkeit zustande gebracht, durch Vergrößerung der eignen Werften sogar während des Krieges im Lande selbst die größten Schiffe in Arbeit zu nehmen. So wissen wir jetzt, daß in Uvkosilka ein Schlacht- Grenzboten I 1907 52

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/401>, abgerufen am 24.07.2024.