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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die militärischen Nachtmittel der Japaner

Wehrpflicht und dreijährige Dienstzeit im stehenden Heere. Infolge wirt¬
schaftlicher Rücksichten überschreitet jedoch die Stärke des stehenden Heeres
nicht 200000 Mann, und obgleich jeder Jahrgang 400000 Wehrpflichtige
umfaßt, sind bei dem jetzigen System kaum 70000 jährlich zur Einstellung
gelangt. Die Anzahl der ausgebildeten Mannschaften, die alljährlich zur Reserve
und schließlich zur Territorialarmee übergeführt werden, war darum ziemlich
gering. Um sie zu steigern, ohne das Budget zu sehr zu belasten, hat der
Kriegsminister die Einführung der zweijährigen Dienstzeit im Frieden, aber
nur bei der Infanterie, als das einzige Mittel erkannt. Das Jahresrekruten¬
kontingent soll damit auf mehr als 100000 Mann gebracht werden, während
die Kriegsstärke jeder Division jährlich um 800 Mann erhöht wird.

Das neue Heeresbudget für 1907 fordert 95300000 Yen (1 Yen ^ 2 Mary,
und zwar 46000000 für ordentliche und 49300000 Yen für außerordentliche
Ausgaben. Die ordentlichen Ausgaben sind gegen das vorige Jahr um eine Million
gestiegen. Die außerordentlichen setzen sich aus folgenden Summen zusammen:
20 Millionen Yen für die vier Divisionen in Korea und in der Mandschurei,
25 Millionen für die Wiederherstellung des Kriegsmaterials, 700 000 Yen für
die Unterbringung der Garnisonen von Sachalin und andre militärische Ein¬
richtungen in dem neuen Besitz und endlich 36000 000 Yen für die Herab¬
setzung der Dienstzeit von drei Jahren auf zwei. Aus dem neuen Budget geht
ferner hervor, daß sich das Kriegsministerium entschlossen hat, die koreanischen
und die mandschurischen Divisionen, die 13., 14., 15. und 16., durch gemischte
zu ersetzen, die aus Abgaben sämtlicher übrigen Divisionen gebildet werden
sollen. Damit soll dann der Anfang gemacht werden zur Erhöhung der Friedens-
Prnsenzstärke des Heeres um zunächst vier Divisionen (Ur. 17 bis 20), von
denen eingangs die Rede war. Die koreanischen und die mandschurischen
Divisionen werden später folgende Divisionsstabsquartiere in Japan erhalten:
13. Jamagatci, 14. Matsuje, 15. Kagoschimci, 16. Sapporo (Hokkaido). Um
Grundstückspekulationen fernzuhalten, wird über die künftigen Garnisonen der
Brigaden und Regimenter der vier zurückkehrende" Divisionen vorläufig nichts
bekannt gegeben. Damit sind die Hauptänderungen angegeben, die die japanische
^trace in der kürzesten Zeit erfahren wird.

Im Zusammenhange mit diesen Ausführungen und zur Vervollständigung
unsrer Angaben über die zukünftige Zusammensetzung der japanischen Armee
erscheint noch der Hinweis auf einen kürzlich im "Rußkij Invalid" veröffentlichten
Aufsatz des russischen Obersten im Generalstab Linda am Platze, der die Über¬
schrift: "Die Streitkräfte Japans" trägt. Oberst Linda gibt zunächst die be¬
kannte Friedensorganisation der japanischen Divisionen, wie sie vor dem Kriege
war und auch jetzt noch nach Aufstellung von vier neuen Divisionen beibehalte,?
worden ist, und berechnet dann die Gesamtstürke dieser siebzehn Divisionen (ein¬
schließlich der Garde) im Frieden auf 220000 bis 250000 Mann. Alsdann
auf die Kriegsstarke der Armee übergehend nimmt Oberst Linda die Formationen


Die militärischen Nachtmittel der Japaner

Wehrpflicht und dreijährige Dienstzeit im stehenden Heere. Infolge wirt¬
schaftlicher Rücksichten überschreitet jedoch die Stärke des stehenden Heeres
nicht 200000 Mann, und obgleich jeder Jahrgang 400000 Wehrpflichtige
umfaßt, sind bei dem jetzigen System kaum 70000 jährlich zur Einstellung
gelangt. Die Anzahl der ausgebildeten Mannschaften, die alljährlich zur Reserve
und schließlich zur Territorialarmee übergeführt werden, war darum ziemlich
gering. Um sie zu steigern, ohne das Budget zu sehr zu belasten, hat der
Kriegsminister die Einführung der zweijährigen Dienstzeit im Frieden, aber
nur bei der Infanterie, als das einzige Mittel erkannt. Das Jahresrekruten¬
kontingent soll damit auf mehr als 100000 Mann gebracht werden, während
die Kriegsstärke jeder Division jährlich um 800 Mann erhöht wird.

Das neue Heeresbudget für 1907 fordert 95300000 Yen (1 Yen ^ 2 Mary,
und zwar 46000000 für ordentliche und 49300000 Yen für außerordentliche
Ausgaben. Die ordentlichen Ausgaben sind gegen das vorige Jahr um eine Million
gestiegen. Die außerordentlichen setzen sich aus folgenden Summen zusammen:
20 Millionen Yen für die vier Divisionen in Korea und in der Mandschurei,
25 Millionen für die Wiederherstellung des Kriegsmaterials, 700 000 Yen für
die Unterbringung der Garnisonen von Sachalin und andre militärische Ein¬
richtungen in dem neuen Besitz und endlich 36000 000 Yen für die Herab¬
setzung der Dienstzeit von drei Jahren auf zwei. Aus dem neuen Budget geht
ferner hervor, daß sich das Kriegsministerium entschlossen hat, die koreanischen
und die mandschurischen Divisionen, die 13., 14., 15. und 16., durch gemischte
zu ersetzen, die aus Abgaben sämtlicher übrigen Divisionen gebildet werden
sollen. Damit soll dann der Anfang gemacht werden zur Erhöhung der Friedens-
Prnsenzstärke des Heeres um zunächst vier Divisionen (Ur. 17 bis 20), von
denen eingangs die Rede war. Die koreanischen und die mandschurischen
Divisionen werden später folgende Divisionsstabsquartiere in Japan erhalten:
13. Jamagatci, 14. Matsuje, 15. Kagoschimci, 16. Sapporo (Hokkaido). Um
Grundstückspekulationen fernzuhalten, wird über die künftigen Garnisonen der
Brigaden und Regimenter der vier zurückkehrende» Divisionen vorläufig nichts
bekannt gegeben. Damit sind die Hauptänderungen angegeben, die die japanische
^trace in der kürzesten Zeit erfahren wird.

Im Zusammenhange mit diesen Ausführungen und zur Vervollständigung
unsrer Angaben über die zukünftige Zusammensetzung der japanischen Armee
erscheint noch der Hinweis auf einen kürzlich im „Rußkij Invalid" veröffentlichten
Aufsatz des russischen Obersten im Generalstab Linda am Platze, der die Über¬
schrift: „Die Streitkräfte Japans" trägt. Oberst Linda gibt zunächst die be¬
kannte Friedensorganisation der japanischen Divisionen, wie sie vor dem Kriege
war und auch jetzt noch nach Aufstellung von vier neuen Divisionen beibehalte,?
worden ist, und berechnet dann die Gesamtstürke dieser siebzehn Divisionen (ein¬
schließlich der Garde) im Frieden auf 220000 bis 250000 Mann. Alsdann
auf die Kriegsstarke der Armee übergehend nimmt Oberst Linda die Formationen


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[0399] Die militärischen Nachtmittel der Japaner Wehrpflicht und dreijährige Dienstzeit im stehenden Heere. Infolge wirt¬ schaftlicher Rücksichten überschreitet jedoch die Stärke des stehenden Heeres nicht 200000 Mann, und obgleich jeder Jahrgang 400000 Wehrpflichtige umfaßt, sind bei dem jetzigen System kaum 70000 jährlich zur Einstellung gelangt. Die Anzahl der ausgebildeten Mannschaften, die alljährlich zur Reserve und schließlich zur Territorialarmee übergeführt werden, war darum ziemlich gering. Um sie zu steigern, ohne das Budget zu sehr zu belasten, hat der Kriegsminister die Einführung der zweijährigen Dienstzeit im Frieden, aber nur bei der Infanterie, als das einzige Mittel erkannt. Das Jahresrekruten¬ kontingent soll damit auf mehr als 100000 Mann gebracht werden, während die Kriegsstärke jeder Division jährlich um 800 Mann erhöht wird. Das neue Heeresbudget für 1907 fordert 95300000 Yen (1 Yen ^ 2 Mary, und zwar 46000000 für ordentliche und 49300000 Yen für außerordentliche Ausgaben. Die ordentlichen Ausgaben sind gegen das vorige Jahr um eine Million gestiegen. Die außerordentlichen setzen sich aus folgenden Summen zusammen: 20 Millionen Yen für die vier Divisionen in Korea und in der Mandschurei, 25 Millionen für die Wiederherstellung des Kriegsmaterials, 700 000 Yen für die Unterbringung der Garnisonen von Sachalin und andre militärische Ein¬ richtungen in dem neuen Besitz und endlich 36000 000 Yen für die Herab¬ setzung der Dienstzeit von drei Jahren auf zwei. Aus dem neuen Budget geht ferner hervor, daß sich das Kriegsministerium entschlossen hat, die koreanischen und die mandschurischen Divisionen, die 13., 14., 15. und 16., durch gemischte zu ersetzen, die aus Abgaben sämtlicher übrigen Divisionen gebildet werden sollen. Damit soll dann der Anfang gemacht werden zur Erhöhung der Friedens- Prnsenzstärke des Heeres um zunächst vier Divisionen (Ur. 17 bis 20), von denen eingangs die Rede war. Die koreanischen und die mandschurischen Divisionen werden später folgende Divisionsstabsquartiere in Japan erhalten: 13. Jamagatci, 14. Matsuje, 15. Kagoschimci, 16. Sapporo (Hokkaido). Um Grundstückspekulationen fernzuhalten, wird über die künftigen Garnisonen der Brigaden und Regimenter der vier zurückkehrende» Divisionen vorläufig nichts bekannt gegeben. Damit sind die Hauptänderungen angegeben, die die japanische ^trace in der kürzesten Zeit erfahren wird. Im Zusammenhange mit diesen Ausführungen und zur Vervollständigung unsrer Angaben über die zukünftige Zusammensetzung der japanischen Armee erscheint noch der Hinweis auf einen kürzlich im „Rußkij Invalid" veröffentlichten Aufsatz des russischen Obersten im Generalstab Linda am Platze, der die Über¬ schrift: „Die Streitkräfte Japans" trägt. Oberst Linda gibt zunächst die be¬ kannte Friedensorganisation der japanischen Divisionen, wie sie vor dem Kriege war und auch jetzt noch nach Aufstellung von vier neuen Divisionen beibehalte,? worden ist, und berechnet dann die Gesamtstürke dieser siebzehn Divisionen (ein¬ schließlich der Garde) im Frieden auf 220000 bis 250000 Mann. Alsdann auf die Kriegsstarke der Armee übergehend nimmt Oberst Linda die Formationen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/399>, abgerufen am 24.07.2024.