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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die militärischen Machtmittel der Japaner

stätigung, denn das Arsenal in Tokio arbeitet nach wie vor am Ersatz der un¬
brauchbar gewordnen 6,5 Millimeter Arisaka-Gewehre. Auch für Herstellung
des Jnfanteriegewehrs bezieht die Regierung von Krupp die Stangen von ge¬
walztem und gepreßtem Bessemer-Silberstnhl, die in der Gewehrfabrik Tokio
gebohrt und gedreht werden. Da Kavallerie, Train, Pioniere einen Karabiner
gleichen Kalibers führen, so erkennt man hieraus den Wert, den Japan auf
die Gleichheit der Munition für Handfeuerwaffen und Geschütze legt.

Durchgeführt ist auch die Errichtung einer Luftschifferabteilung. Sie besteht
aus 170 Mann, die aus allen Divisionen abkommandiert worden sind, unter
dem Kommando des Pionierhauptmanns Nomura und hat in Nakcmv in der
Nähe von Tokio ihren Standort. Die Kasernen, die neben denen des Tele-
graphcnbataillons eingerichtet werden, sind aber noch im Bau. Die Abteilung
soll mit der Zeit zu einem selbständigen Bataillon erweitert werden. Nur khaki¬
farbige Ballons in der Form eines langen Darms -- eine Erfindung des
Ingenieurs Iamada -- werden verwandt. Das größte Verdienst an der Ein¬
führung der Ballons in die japanische Armee gebührt dem Pioniermajor Tvkumaga.
Er hatte sich vor dem Kriege gegen Nußland zum Studium des Luftschiffer¬
wesens in Deutschland aufgehalten, wurde dann infolge des Krieges zurück¬
berufen und ist jetzt zu seiner weitern Ausbildung wieder bei uns eingetroffen.

Nebenbei gesagt, haben die beiden russischen Ballons, die während des
Krieges von der japanischen Armee erobert worden sind, je einen Inhalt von
450 Kubikmetern, Platz für eine Person, Flughöhe bis 1000 Meter, sind kugel¬
förmig und von weißer Farbe.

Einstimmig hat sich die Armeekommission für die Einführung berittner
Infanterie entschieden. Doch sind auch nach dem neuen Etat noch keine
Formationen dieser Art organisiert worden. Es erscheint jedoch nicht un¬
interessant, einige Sätze aus der Begründung wiederzugeben, mit denen die
Kommission ihr Votum für die neue Waffengattung abgegeben hat: "Mit der
stetig fortschreitenden Verbesserung der Feuerwaffen wird die Kavallerieattacke
allmählich verschwinden; die Ermüdung der Pferde nach einer solchen Attacke
ist zudem immer sehr groß, worunter natürlich eine energische Verfolgung leiden
>"uß. Bei der berittnen Infanterie können dagegen die Pferde während der
Schlacht ausruhen, um dann bei der Verfolgung mit frischen Kräften zur Hand
Zu sein. Ein weiterer Vorteil der berittnen Infanterie ist der. daß sie sich
ebensogut zur Verteidigung wie zum Angriff eignet, was man von der
Kavallerie nicht sagen kann; auch nimmt die Neitausbildung der Leute nicht
viel Zeit in Anspruch, sodaß mehr Gewicht auf gute Schießausbildung gelegt
werden kann. Schließlich ist auch noch hervorzuheben, daß die Ergänzung von
Mann und Pferd bei der berittnen Infanterie sehr einfach ist, was in öko¬
nomischer Hinsicht von großer Bedeutung erscheint. Es ist aber nicht etwa be¬
absichtigt, ° mit Einführung der berittnen Infanterie eine Verringerung der
Kavallerie eintreten zu lassen."


Die militärischen Machtmittel der Japaner

stätigung, denn das Arsenal in Tokio arbeitet nach wie vor am Ersatz der un¬
brauchbar gewordnen 6,5 Millimeter Arisaka-Gewehre. Auch für Herstellung
des Jnfanteriegewehrs bezieht die Regierung von Krupp die Stangen von ge¬
walztem und gepreßtem Bessemer-Silberstnhl, die in der Gewehrfabrik Tokio
gebohrt und gedreht werden. Da Kavallerie, Train, Pioniere einen Karabiner
gleichen Kalibers führen, so erkennt man hieraus den Wert, den Japan auf
die Gleichheit der Munition für Handfeuerwaffen und Geschütze legt.

Durchgeführt ist auch die Errichtung einer Luftschifferabteilung. Sie besteht
aus 170 Mann, die aus allen Divisionen abkommandiert worden sind, unter
dem Kommando des Pionierhauptmanns Nomura und hat in Nakcmv in der
Nähe von Tokio ihren Standort. Die Kasernen, die neben denen des Tele-
graphcnbataillons eingerichtet werden, sind aber noch im Bau. Die Abteilung
soll mit der Zeit zu einem selbständigen Bataillon erweitert werden. Nur khaki¬
farbige Ballons in der Form eines langen Darms — eine Erfindung des
Ingenieurs Iamada — werden verwandt. Das größte Verdienst an der Ein¬
führung der Ballons in die japanische Armee gebührt dem Pioniermajor Tvkumaga.
Er hatte sich vor dem Kriege gegen Nußland zum Studium des Luftschiffer¬
wesens in Deutschland aufgehalten, wurde dann infolge des Krieges zurück¬
berufen und ist jetzt zu seiner weitern Ausbildung wieder bei uns eingetroffen.

Nebenbei gesagt, haben die beiden russischen Ballons, die während des
Krieges von der japanischen Armee erobert worden sind, je einen Inhalt von
450 Kubikmetern, Platz für eine Person, Flughöhe bis 1000 Meter, sind kugel¬
förmig und von weißer Farbe.

Einstimmig hat sich die Armeekommission für die Einführung berittner
Infanterie entschieden. Doch sind auch nach dem neuen Etat noch keine
Formationen dieser Art organisiert worden. Es erscheint jedoch nicht un¬
interessant, einige Sätze aus der Begründung wiederzugeben, mit denen die
Kommission ihr Votum für die neue Waffengattung abgegeben hat: „Mit der
stetig fortschreitenden Verbesserung der Feuerwaffen wird die Kavallerieattacke
allmählich verschwinden; die Ermüdung der Pferde nach einer solchen Attacke
ist zudem immer sehr groß, worunter natürlich eine energische Verfolgung leiden
>"uß. Bei der berittnen Infanterie können dagegen die Pferde während der
Schlacht ausruhen, um dann bei der Verfolgung mit frischen Kräften zur Hand
Zu sein. Ein weiterer Vorteil der berittnen Infanterie ist der. daß sie sich
ebensogut zur Verteidigung wie zum Angriff eignet, was man von der
Kavallerie nicht sagen kann; auch nimmt die Neitausbildung der Leute nicht
viel Zeit in Anspruch, sodaß mehr Gewicht auf gute Schießausbildung gelegt
werden kann. Schließlich ist auch noch hervorzuheben, daß die Ergänzung von
Mann und Pferd bei der berittnen Infanterie sehr einfach ist, was in öko¬
nomischer Hinsicht von großer Bedeutung erscheint. Es ist aber nicht etwa be¬
absichtigt, ° mit Einführung der berittnen Infanterie eine Verringerung der
Kavallerie eintreten zu lassen."


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[0397] Die militärischen Machtmittel der Japaner stätigung, denn das Arsenal in Tokio arbeitet nach wie vor am Ersatz der un¬ brauchbar gewordnen 6,5 Millimeter Arisaka-Gewehre. Auch für Herstellung des Jnfanteriegewehrs bezieht die Regierung von Krupp die Stangen von ge¬ walztem und gepreßtem Bessemer-Silberstnhl, die in der Gewehrfabrik Tokio gebohrt und gedreht werden. Da Kavallerie, Train, Pioniere einen Karabiner gleichen Kalibers führen, so erkennt man hieraus den Wert, den Japan auf die Gleichheit der Munition für Handfeuerwaffen und Geschütze legt. Durchgeführt ist auch die Errichtung einer Luftschifferabteilung. Sie besteht aus 170 Mann, die aus allen Divisionen abkommandiert worden sind, unter dem Kommando des Pionierhauptmanns Nomura und hat in Nakcmv in der Nähe von Tokio ihren Standort. Die Kasernen, die neben denen des Tele- graphcnbataillons eingerichtet werden, sind aber noch im Bau. Die Abteilung soll mit der Zeit zu einem selbständigen Bataillon erweitert werden. Nur khaki¬ farbige Ballons in der Form eines langen Darms — eine Erfindung des Ingenieurs Iamada — werden verwandt. Das größte Verdienst an der Ein¬ führung der Ballons in die japanische Armee gebührt dem Pioniermajor Tvkumaga. Er hatte sich vor dem Kriege gegen Nußland zum Studium des Luftschiffer¬ wesens in Deutschland aufgehalten, wurde dann infolge des Krieges zurück¬ berufen und ist jetzt zu seiner weitern Ausbildung wieder bei uns eingetroffen. Nebenbei gesagt, haben die beiden russischen Ballons, die während des Krieges von der japanischen Armee erobert worden sind, je einen Inhalt von 450 Kubikmetern, Platz für eine Person, Flughöhe bis 1000 Meter, sind kugel¬ förmig und von weißer Farbe. Einstimmig hat sich die Armeekommission für die Einführung berittner Infanterie entschieden. Doch sind auch nach dem neuen Etat noch keine Formationen dieser Art organisiert worden. Es erscheint jedoch nicht un¬ interessant, einige Sätze aus der Begründung wiederzugeben, mit denen die Kommission ihr Votum für die neue Waffengattung abgegeben hat: „Mit der stetig fortschreitenden Verbesserung der Feuerwaffen wird die Kavallerieattacke allmählich verschwinden; die Ermüdung der Pferde nach einer solchen Attacke ist zudem immer sehr groß, worunter natürlich eine energische Verfolgung leiden >"uß. Bei der berittnen Infanterie können dagegen die Pferde während der Schlacht ausruhen, um dann bei der Verfolgung mit frischen Kräften zur Hand Zu sein. Ein weiterer Vorteil der berittnen Infanterie ist der. daß sie sich ebensogut zur Verteidigung wie zum Angriff eignet, was man von der Kavallerie nicht sagen kann; auch nimmt die Neitausbildung der Leute nicht viel Zeit in Anspruch, sodaß mehr Gewicht auf gute Schießausbildung gelegt werden kann. Schließlich ist auch noch hervorzuheben, daß die Ergänzung von Mann und Pferd bei der berittnen Infanterie sehr einfach ist, was in öko¬ nomischer Hinsicht von großer Bedeutung erscheint. Es ist aber nicht etwa be¬ absichtigt, ° mit Einführung der berittnen Infanterie eine Verringerung der Kavallerie eintreten zu lassen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/397>, abgerufen am 24.07.2024.