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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Militärische Jugenderziehung

auf den Dienst in den Rekrutenschulen vorbereitet werde, und daß die Übungen
vor allem Rücksicht zu nehmen hätten auf die hauptsächlichsten militärischen
Tätigkeiten: Marschieren, Überwinden von Hindernissen und Schießen. In Kraft
getreten sind diese neue Bestimmungen erst am 1. Januar 1907. Aus dein
lehrreichen und beachtenswerten Inhalt der neuen Verordnung seien besonders
die Grundsätze hervorgehoben, die sich mit der Organisation und den Unterrichts-
statnten beschäftigen. Es sollen Jünglinge vom siebzehnten bis neunzehnten
Lebensjahr sowie Zurückgestellte bei der Aufnahme zu den Kursen in erster
Linie berücksichtigt werden. Kräftigen Leuten kann jedoch die Teilnahme schon
im sechzehnten Altersjahr bewilligt werden.

Der militärische Vorunterricht wird in gemeindeweise zu bildenden Sektionen
erteilt, deren Stärke nicht unter acht Mann betragen soll. Bei geringer Teilnehmer¬
zahl oder bei Mangel an Lehrpersonal können sich auch mehrere Gemeinden
zu einer Sektion vereinigen. An der Spitze der Sektion steht der Sektionschef,
der für richtige Erteilung des Unterrichts und die Führung der administrativen
Geschäfte verantwortlich ist. Im Interesse eines intensiven individuellen Unter¬
richts soll auf etwa acht Schüler ein Lehrer fallen. In jedem Kanton ist
ein kantonaler Verband vorhanden, an dessen Spitze ein kantonales Komitee
steht, das den Verkehr mit dem schweizerischen Militürdepartement vermittelt
und diesem für die Durchführung des Vorunterrichts im Kanton verantwortlich
ist. Ferner können in größern Kantonen eine Anzahl Sektionen zweckmäßig
einem Kreischef unterstellt werden, der den Unterricht und die administrativen
Geschäfte der Sektionen überwacht. Mit Vorunterrichtsschülern, die schon einen
oder mehrere Jahreskurse bestanden haben, können bei genügender Zahl besondre
Unterrichtsklassen gebildet werden. Diese arbeiten nach einem Unterrichtspro¬
gramm mit erhöhten Anforderungen.

Die Teilnehmer an militärische" Vorunterrichtskursen werden vom Bunde
durch Vermittlung der kantonalen Zeughäuser ausgerüstet mit: einem Jn-
fcmteriegewehr, Modell 1389/96, mit vrdonnanzmäßigem Zubehör, einem
Patrontaschenpaar gegenwärtiger Ordonnanz mit Leibgurt, eiuer Patronen¬
schlaufe, einer Exerzierbluse. Für diese Gegenstünde sind die Verbcmds-
leitungen verantwortlich. Diesen gegenüber haftet jeder Schüler für seine
Ausrüstung. Mit Bewilligung des schweizerischen Militürdepartements kann
der militärische Vorunterricht, wo sich Chargen der Armee nicht zur Verfügung
stellen, auch von Turnverbünden durchgeführt werdeu. Zu diesen" Zwecke sind
besondre Vorunterrichtsklassen Riegen) zu bilden, an deren Spitze geeignete
Vorturner stehen. sämtlicher Unterricht ist möglichst individuell zu erteilen.
Er umfaßt: Turnen, Soldatenschule, Gewehrkenntnis (Zerlegen, Zusammensetzen,
Reinigen und Jnstandhalten des Gewehrs), Schießlehre (Visiereinrichtung,
Anleitung zum Zielen), Schießen, Entfernungschätzen und die Zngschnle, die
jedoch auf das Bilden der Marschkolonne und das Wiederhersteller der Linie
zu beschränken ist.


Militärische Jugenderziehung

auf den Dienst in den Rekrutenschulen vorbereitet werde, und daß die Übungen
vor allem Rücksicht zu nehmen hätten auf die hauptsächlichsten militärischen
Tätigkeiten: Marschieren, Überwinden von Hindernissen und Schießen. In Kraft
getreten sind diese neue Bestimmungen erst am 1. Januar 1907. Aus dein
lehrreichen und beachtenswerten Inhalt der neuen Verordnung seien besonders
die Grundsätze hervorgehoben, die sich mit der Organisation und den Unterrichts-
statnten beschäftigen. Es sollen Jünglinge vom siebzehnten bis neunzehnten
Lebensjahr sowie Zurückgestellte bei der Aufnahme zu den Kursen in erster
Linie berücksichtigt werden. Kräftigen Leuten kann jedoch die Teilnahme schon
im sechzehnten Altersjahr bewilligt werden.

Der militärische Vorunterricht wird in gemeindeweise zu bildenden Sektionen
erteilt, deren Stärke nicht unter acht Mann betragen soll. Bei geringer Teilnehmer¬
zahl oder bei Mangel an Lehrpersonal können sich auch mehrere Gemeinden
zu einer Sektion vereinigen. An der Spitze der Sektion steht der Sektionschef,
der für richtige Erteilung des Unterrichts und die Führung der administrativen
Geschäfte verantwortlich ist. Im Interesse eines intensiven individuellen Unter¬
richts soll auf etwa acht Schüler ein Lehrer fallen. In jedem Kanton ist
ein kantonaler Verband vorhanden, an dessen Spitze ein kantonales Komitee
steht, das den Verkehr mit dem schweizerischen Militürdepartement vermittelt
und diesem für die Durchführung des Vorunterrichts im Kanton verantwortlich
ist. Ferner können in größern Kantonen eine Anzahl Sektionen zweckmäßig
einem Kreischef unterstellt werden, der den Unterricht und die administrativen
Geschäfte der Sektionen überwacht. Mit Vorunterrichtsschülern, die schon einen
oder mehrere Jahreskurse bestanden haben, können bei genügender Zahl besondre
Unterrichtsklassen gebildet werden. Diese arbeiten nach einem Unterrichtspro¬
gramm mit erhöhten Anforderungen.

Die Teilnehmer an militärische» Vorunterrichtskursen werden vom Bunde
durch Vermittlung der kantonalen Zeughäuser ausgerüstet mit: einem Jn-
fcmteriegewehr, Modell 1389/96, mit vrdonnanzmäßigem Zubehör, einem
Patrontaschenpaar gegenwärtiger Ordonnanz mit Leibgurt, eiuer Patronen¬
schlaufe, einer Exerzierbluse. Für diese Gegenstünde sind die Verbcmds-
leitungen verantwortlich. Diesen gegenüber haftet jeder Schüler für seine
Ausrüstung. Mit Bewilligung des schweizerischen Militürdepartements kann
der militärische Vorunterricht, wo sich Chargen der Armee nicht zur Verfügung
stellen, auch von Turnverbünden durchgeführt werdeu. Zu diesen« Zwecke sind
besondre Vorunterrichtsklassen Riegen) zu bilden, an deren Spitze geeignete
Vorturner stehen. sämtlicher Unterricht ist möglichst individuell zu erteilen.
Er umfaßt: Turnen, Soldatenschule, Gewehrkenntnis (Zerlegen, Zusammensetzen,
Reinigen und Jnstandhalten des Gewehrs), Schießlehre (Visiereinrichtung,
Anleitung zum Zielen), Schießen, Entfernungschätzen und die Zngschnle, die
jedoch auf das Bilden der Marschkolonne und das Wiederhersteller der Linie
zu beschränken ist.


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[0352] Militärische Jugenderziehung auf den Dienst in den Rekrutenschulen vorbereitet werde, und daß die Übungen vor allem Rücksicht zu nehmen hätten auf die hauptsächlichsten militärischen Tätigkeiten: Marschieren, Überwinden von Hindernissen und Schießen. In Kraft getreten sind diese neue Bestimmungen erst am 1. Januar 1907. Aus dein lehrreichen und beachtenswerten Inhalt der neuen Verordnung seien besonders die Grundsätze hervorgehoben, die sich mit der Organisation und den Unterrichts- statnten beschäftigen. Es sollen Jünglinge vom siebzehnten bis neunzehnten Lebensjahr sowie Zurückgestellte bei der Aufnahme zu den Kursen in erster Linie berücksichtigt werden. Kräftigen Leuten kann jedoch die Teilnahme schon im sechzehnten Altersjahr bewilligt werden. Der militärische Vorunterricht wird in gemeindeweise zu bildenden Sektionen erteilt, deren Stärke nicht unter acht Mann betragen soll. Bei geringer Teilnehmer¬ zahl oder bei Mangel an Lehrpersonal können sich auch mehrere Gemeinden zu einer Sektion vereinigen. An der Spitze der Sektion steht der Sektionschef, der für richtige Erteilung des Unterrichts und die Führung der administrativen Geschäfte verantwortlich ist. Im Interesse eines intensiven individuellen Unter¬ richts soll auf etwa acht Schüler ein Lehrer fallen. In jedem Kanton ist ein kantonaler Verband vorhanden, an dessen Spitze ein kantonales Komitee steht, das den Verkehr mit dem schweizerischen Militürdepartement vermittelt und diesem für die Durchführung des Vorunterrichts im Kanton verantwortlich ist. Ferner können in größern Kantonen eine Anzahl Sektionen zweckmäßig einem Kreischef unterstellt werden, der den Unterricht und die administrativen Geschäfte der Sektionen überwacht. Mit Vorunterrichtsschülern, die schon einen oder mehrere Jahreskurse bestanden haben, können bei genügender Zahl besondre Unterrichtsklassen gebildet werden. Diese arbeiten nach einem Unterrichtspro¬ gramm mit erhöhten Anforderungen. Die Teilnehmer an militärische» Vorunterrichtskursen werden vom Bunde durch Vermittlung der kantonalen Zeughäuser ausgerüstet mit: einem Jn- fcmteriegewehr, Modell 1389/96, mit vrdonnanzmäßigem Zubehör, einem Patrontaschenpaar gegenwärtiger Ordonnanz mit Leibgurt, eiuer Patronen¬ schlaufe, einer Exerzierbluse. Für diese Gegenstünde sind die Verbcmds- leitungen verantwortlich. Diesen gegenüber haftet jeder Schüler für seine Ausrüstung. Mit Bewilligung des schweizerischen Militürdepartements kann der militärische Vorunterricht, wo sich Chargen der Armee nicht zur Verfügung stellen, auch von Turnverbünden durchgeführt werdeu. Zu diesen« Zwecke sind besondre Vorunterrichtsklassen Riegen) zu bilden, an deren Spitze geeignete Vorturner stehen. sämtlicher Unterricht ist möglichst individuell zu erteilen. Er umfaßt: Turnen, Soldatenschule, Gewehrkenntnis (Zerlegen, Zusammensetzen, Reinigen und Jnstandhalten des Gewehrs), Schießlehre (Visiereinrichtung, Anleitung zum Zielen), Schießen, Entfernungschätzen und die Zngschnle, die jedoch auf das Bilden der Marschkolonne und das Wiederhersteller der Linie zu beschränken ist.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/352>, abgerufen am 24.07.2024.