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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Der geflügelte Sieger

sondern sie war spornstreichs zu Rosas Mutter hinübergegangen und hatte nicht
eher geruht, bis diese aus ihren mehr oder weniger verblümten Andeutungen ver¬
standen hatte, was in nlleu Einzelheiten zu schildern ihr das Herz abdrückte. Da
es unter den Umständen unmöglich war, Rosa sofort zu befragen, so war es zwischen
den beiden Damen zu einem mit ebenso scharfen wie feinen Waffen geführten Ge¬
fecht gekommen, das Tante Anna -- ein beklagenswerter Erfolg drahtloser Tele-
graphie -- die erste Synkope gekostet hatte. Wie der Tiger nie beutegieriger ist,
als wenn er Blut geleckt hat, so konnte Tante Mcilwine, wenn es bei einem Wort¬
gefechte nicht zu einem eigentlichen Ausbruch gekommen war, nicht rasten, bis sie
ihr Mütchen an einem andern, sich weniger auf vorsichtige Paraden verstehenden
Gegner gekühlt und sich gegen diesen nach Herzenslust ausgekrcischt und ausge¬
weint hatte. Wilhelm, dem Pferdeknechte, das fiel ihr jetzt ein, war sie noch ziem¬
lich spat abends auf dem Gange begegnet. Da er wie ein Dieb ans Socken
einhergeschlichen war und sich auf dem nur spärlich erleuchteten Gange ihren
Blicken scheu zu entziehen gesucht hatte, so war er ohne Zweifel der Überbringer
des ihre Nichte zu einem Stelldichein auffordernden Bolzens gewesen, und daß so
etwas in Leudeck vorkommen konnte, daran war niemand anders schuld als "der
gute Bernhard", der sich "offenbar wider Vernunft und Recht" die Oberaufsicht
über das mcinuliche Personal angemaßt hatte und die "unverschämten Bengels"
auch noch in Schutz nahm, wenn sie sich -- "mit Fug und Recht" -- das Ver¬
gnügen machen wollte, ihnen die Leviten zu lesen. Aus Wohlwolle" für die, deren
er sich in solchen Fällen annahm, tat dies Onkel Bernhard allerdings nicht, sondern
aus Widerspruchsgeist und um, wie er sich ausdrückte, der wie ein Olfleck um sich
greifenden Anmaßung der herrschsüchttgen "Peronelle" ein Paroli zu biegen. Bei
ihm war Tante Malwine auch am heutigen Abend ganz an den rechten gekommen,
sie hatte nicht lange zu knuffen und zu sticheln gebraucht, bis ihr Wunsch, sich
zu tummeln und auszuschreien, in Erfüllung gegangen war. Warum es bet solchen
Gelegenheiten nicht zu einem Handgemenge kam? Tätlichkeiten verbot die Familien¬
tradition, die verträgliche Liebe und gegenseitiges Entgegenkommen heischte. Als
Onkel Franz und Hans die Treppe heraufkamen, klang es, als ob es oben auf
dem Gange -- der war hergebrachtermaßen die Arena -- "Mord und Totschlag"
gäbe, aber auch dieses Gewitter zog, wie so viele ähnliche, von deren Donner und
Blitz die "friedlichen" Räume des lieben, guten Lembeck widergehallt hatten,
vorüber, nachdem es sich ausgetobt hatte, und um zehn Uhr -- nach Onkel Bern¬
hards unfehlbarer Uhr -- lag alles in den Betten und schlief.

Onkel Franz hatte sich ein wenig vor der Notwendigkeit gegrault, Tante
Minna eine Mitteilung zu machen, die ihrem Herzen peinlich sein mußte. Er hatte
deshalb deu netten kleinen Leutnant mitgebracht, der das Erlebnis des gestrigen
Abends mit ihm geteilt hatte und ihm, wenn es nötig war, die Richtigkeit seiner
Angaben bezeugen konnte. Er hatte sich jedoch in dieser Beziehung unnötige Sorge
gemacht, denn die kluge Frau stimmte auch nicht das leiseste Klagelied an. Sie
war im Gegenteil, wie es ihre Art war, sofort, als sie den Bericht ihres Vetters
vernommen hatte, mit einem bis ins kleinste ausgearbeiteten Plane da, vor dem
jeder Diplomat den Hut abnehmen konnte. Unbehilfliches Zögern, wie es schwachen
und unentschiednen Naturen eigen ist, war ihr völlig fremd. Natürlich, meinte sie,
müsse man dem liebenden Paare so rasch wie möglich aus der Patsche helfen, in
die sie durch beiderseitige Unerfahrenheit geraten seien, und dazu sei es vor allen
Dingen nötig, daß man den Rittmeister von Löwenhaupt, der diskret und ein
Ehrenmann sei, und den man zum tausendsten Glücke zur Hand habe, ins Ver¬
trauen ziehe, um von ihm, der als Herzbergs unmittelbarer Vorgesetzter die sicherste


Der geflügelte Sieger

sondern sie war spornstreichs zu Rosas Mutter hinübergegangen und hatte nicht
eher geruht, bis diese aus ihren mehr oder weniger verblümten Andeutungen ver¬
standen hatte, was in nlleu Einzelheiten zu schildern ihr das Herz abdrückte. Da
es unter den Umständen unmöglich war, Rosa sofort zu befragen, so war es zwischen
den beiden Damen zu einem mit ebenso scharfen wie feinen Waffen geführten Ge¬
fecht gekommen, das Tante Anna — ein beklagenswerter Erfolg drahtloser Tele-
graphie — die erste Synkope gekostet hatte. Wie der Tiger nie beutegieriger ist,
als wenn er Blut geleckt hat, so konnte Tante Mcilwine, wenn es bei einem Wort¬
gefechte nicht zu einem eigentlichen Ausbruch gekommen war, nicht rasten, bis sie
ihr Mütchen an einem andern, sich weniger auf vorsichtige Paraden verstehenden
Gegner gekühlt und sich gegen diesen nach Herzenslust ausgekrcischt und ausge¬
weint hatte. Wilhelm, dem Pferdeknechte, das fiel ihr jetzt ein, war sie noch ziem¬
lich spat abends auf dem Gange begegnet. Da er wie ein Dieb ans Socken
einhergeschlichen war und sich auf dem nur spärlich erleuchteten Gange ihren
Blicken scheu zu entziehen gesucht hatte, so war er ohne Zweifel der Überbringer
des ihre Nichte zu einem Stelldichein auffordernden Bolzens gewesen, und daß so
etwas in Leudeck vorkommen konnte, daran war niemand anders schuld als „der
gute Bernhard", der sich „offenbar wider Vernunft und Recht" die Oberaufsicht
über das mcinuliche Personal angemaßt hatte und die „unverschämten Bengels"
auch noch in Schutz nahm, wenn sie sich — „mit Fug und Recht" — das Ver¬
gnügen machen wollte, ihnen die Leviten zu lesen. Aus Wohlwolle» für die, deren
er sich in solchen Fällen annahm, tat dies Onkel Bernhard allerdings nicht, sondern
aus Widerspruchsgeist und um, wie er sich ausdrückte, der wie ein Olfleck um sich
greifenden Anmaßung der herrschsüchttgen „Peronelle" ein Paroli zu biegen. Bei
ihm war Tante Malwine auch am heutigen Abend ganz an den rechten gekommen,
sie hatte nicht lange zu knuffen und zu sticheln gebraucht, bis ihr Wunsch, sich
zu tummeln und auszuschreien, in Erfüllung gegangen war. Warum es bet solchen
Gelegenheiten nicht zu einem Handgemenge kam? Tätlichkeiten verbot die Familien¬
tradition, die verträgliche Liebe und gegenseitiges Entgegenkommen heischte. Als
Onkel Franz und Hans die Treppe heraufkamen, klang es, als ob es oben auf
dem Gange — der war hergebrachtermaßen die Arena — „Mord und Totschlag"
gäbe, aber auch dieses Gewitter zog, wie so viele ähnliche, von deren Donner und
Blitz die „friedlichen" Räume des lieben, guten Lembeck widergehallt hatten,
vorüber, nachdem es sich ausgetobt hatte, und um zehn Uhr — nach Onkel Bern¬
hards unfehlbarer Uhr — lag alles in den Betten und schlief.

Onkel Franz hatte sich ein wenig vor der Notwendigkeit gegrault, Tante
Minna eine Mitteilung zu machen, die ihrem Herzen peinlich sein mußte. Er hatte
deshalb deu netten kleinen Leutnant mitgebracht, der das Erlebnis des gestrigen
Abends mit ihm geteilt hatte und ihm, wenn es nötig war, die Richtigkeit seiner
Angaben bezeugen konnte. Er hatte sich jedoch in dieser Beziehung unnötige Sorge
gemacht, denn die kluge Frau stimmte auch nicht das leiseste Klagelied an. Sie
war im Gegenteil, wie es ihre Art war, sofort, als sie den Bericht ihres Vetters
vernommen hatte, mit einem bis ins kleinste ausgearbeiteten Plane da, vor dem
jeder Diplomat den Hut abnehmen konnte. Unbehilfliches Zögern, wie es schwachen
und unentschiednen Naturen eigen ist, war ihr völlig fremd. Natürlich, meinte sie,
müsse man dem liebenden Paare so rasch wie möglich aus der Patsche helfen, in
die sie durch beiderseitige Unerfahrenheit geraten seien, und dazu sei es vor allen
Dingen nötig, daß man den Rittmeister von Löwenhaupt, der diskret und ein
Ehrenmann sei, und den man zum tausendsten Glücke zur Hand habe, ins Ver¬
trauen ziehe, um von ihm, der als Herzbergs unmittelbarer Vorgesetzter die sicherste


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/275>, abgerufen am 02.07.2024.