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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Lrstrverke der Hochrenaissance-Architektur

durchquert und all den Bauten an den kleiner" Orten nachgespürt zu einer
festern Begründung und erneuten Vertiefung, zu einer größern Vervollständigung
der Tatbestände, soweit sie sich noch aus den Resten feststellen ließen. Leider
war ich für die bekannten wie für die neuaufgefuudnen Werke diesmal nicht so
glücklich, weder im Schatze der Urzeichnungeu in den Uffizien zu Florenz noch
in andern Archiven Urkundliches über ihren baulicher Werdegang aufzufinden."
Und die baulichen Bestände selbst lieferten nur eine geringe Ausbeute. Die Orts-
umwallungen und die Burgenreste, die auf Federigos Zeit zurückgeführt werden
dürfen, sind dem Francesco ti Giorgio zuzusprechen, der zweiundzwanzig Jahre
lang (1477 bis 1499) vornehmlich als Festungsbaumeister, aber auch als Bildhauer
und Maler den Herrschern von Urbino Dienste geleistet hat. Sie sind zudem
in formaler Hinsicht für die behandelte Frage ohne Belang. Dasselbe gilt für
die Bauten kleinern Umfanges. "Bedauerlicherweise sind die wertvollern Bauten
zweiten Ranges nicht in ihrer Ursprünglichkeit auf uus gekommen. Der Palast
zu Pergola ist beispielsweise nicht der alte, der zu Fossombrvne zum großen
Teil verfallen und der Architekturteile beraubt, der zu Cagli hat seine einstige
Säulenhalle an der Platzseite verloren. . . . Der Palast zu Mercatello scheint
bis zur Unkenntlichkeit umgebaut; Pietrarubbia ist fast ganz zerstört; Pietra-
colora nicht zu finde", Sau Jppvlito vernichtet, und wenn Sasso ti Monte-
feltro -- Sasfofeltrio ist, so ist mich nichts mehr von der alten Bergbefestigung
vorhanden."

Trotz diesem im ganzen negativen Ergebnisse hat Hofmann in seinem Werke
mit einer großen Menge von Bildern und registrierendem Text eine Art von
Inventar aller Gebäudereste des ehemaligen Herzogtums zusammengestellt, die
irgendwie mit der fraglichen Zeit und den am Urbiuer Hofe endigen Meistern in
Beziehung gebracht werden könnten. Manche hübsche Einzelheiten, da ein Portal,
dort eine Holzdecke, ein Marmorkamiu usw., finden sich unter dem Aufge"venenum,
auch ein paar kleine Privatpaläste mit guten Fassaden und einige Befestigungs¬
bauten von trotziger Monumentalität (runder Wehrturm in Cagli!); auch mögen
die malerische" Gesamtansichten der kleinen Orte und der Burgruinen auf aus¬
sichtsreichen Bergeshöhen wohl den Wunsch erwecke", gleich dem Verfasser
einmal jene landschaftlich so reizvollen Gegenden mit Muße zu durchstreifen.
Für die stilkritische Untersuchung aber, der doch eigentlich das Werk gewidmet
ist, sind diese vielen Bildchen von baulichen Resten, die "nichts mehr über
Federigo, uoch weniger über Laurann zu sagen haben", ""wesentlich; sie mache"
die Verfolgung des Hauptthemas etwas umständlich.

Von Lauranas berühmtester Schöpfung, dem Schlosse zu Urbino, gibt Hof¬
manns Werk eine genaue, eingehende Beschreibung des Äußern und des Innern
mit sorgfältiger Abschätzung der Entstehungszeit der einzelnen Teile. Grund¬
risse, ein Querschnitt durch den Hof und eine große Zahl vorzüglicher Licht¬
druckbilder geben von der ganze" Anlage wie von allen noch erhaltnen künst¬
lerisch wertvollen Einzelheiten eine vollkommen klare Vorstellung, wie es nach


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durchquert und all den Bauten an den kleiner» Orten nachgespürt zu einer
festern Begründung und erneuten Vertiefung, zu einer größern Vervollständigung
der Tatbestände, soweit sie sich noch aus den Resten feststellen ließen. Leider
war ich für die bekannten wie für die neuaufgefuudnen Werke diesmal nicht so
glücklich, weder im Schatze der Urzeichnungeu in den Uffizien zu Florenz noch
in andern Archiven Urkundliches über ihren baulicher Werdegang aufzufinden."
Und die baulichen Bestände selbst lieferten nur eine geringe Ausbeute. Die Orts-
umwallungen und die Burgenreste, die auf Federigos Zeit zurückgeführt werden
dürfen, sind dem Francesco ti Giorgio zuzusprechen, der zweiundzwanzig Jahre
lang (1477 bis 1499) vornehmlich als Festungsbaumeister, aber auch als Bildhauer
und Maler den Herrschern von Urbino Dienste geleistet hat. Sie sind zudem
in formaler Hinsicht für die behandelte Frage ohne Belang. Dasselbe gilt für
die Bauten kleinern Umfanges. „Bedauerlicherweise sind die wertvollern Bauten
zweiten Ranges nicht in ihrer Ursprünglichkeit auf uus gekommen. Der Palast
zu Pergola ist beispielsweise nicht der alte, der zu Fossombrvne zum großen
Teil verfallen und der Architekturteile beraubt, der zu Cagli hat seine einstige
Säulenhalle an der Platzseite verloren. . . . Der Palast zu Mercatello scheint
bis zur Unkenntlichkeit umgebaut; Pietrarubbia ist fast ganz zerstört; Pietra-
colora nicht zu finde», Sau Jppvlito vernichtet, und wenn Sasso ti Monte-
feltro — Sasfofeltrio ist, so ist mich nichts mehr von der alten Bergbefestigung
vorhanden."

Trotz diesem im ganzen negativen Ergebnisse hat Hofmann in seinem Werke
mit einer großen Menge von Bildern und registrierendem Text eine Art von
Inventar aller Gebäudereste des ehemaligen Herzogtums zusammengestellt, die
irgendwie mit der fraglichen Zeit und den am Urbiuer Hofe endigen Meistern in
Beziehung gebracht werden könnten. Manche hübsche Einzelheiten, da ein Portal,
dort eine Holzdecke, ein Marmorkamiu usw., finden sich unter dem Aufge»venenum,
auch ein paar kleine Privatpaläste mit guten Fassaden und einige Befestigungs¬
bauten von trotziger Monumentalität (runder Wehrturm in Cagli!); auch mögen
die malerische» Gesamtansichten der kleinen Orte und der Burgruinen auf aus¬
sichtsreichen Bergeshöhen wohl den Wunsch erwecke», gleich dem Verfasser
einmal jene landschaftlich so reizvollen Gegenden mit Muße zu durchstreifen.
Für die stilkritische Untersuchung aber, der doch eigentlich das Werk gewidmet
ist, sind diese vielen Bildchen von baulichen Resten, die „nichts mehr über
Federigo, uoch weniger über Laurann zu sagen haben", »»wesentlich; sie mache»
die Verfolgung des Hauptthemas etwas umständlich.

Von Lauranas berühmtester Schöpfung, dem Schlosse zu Urbino, gibt Hof¬
manns Werk eine genaue, eingehende Beschreibung des Äußern und des Innern
mit sorgfältiger Abschätzung der Entstehungszeit der einzelnen Teile. Grund¬
risse, ein Querschnitt durch den Hof und eine große Zahl vorzüglicher Licht¬
druckbilder geben von der ganze» Anlage wie von allen noch erhaltnen künst¬
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[0204] Lrstrverke der Hochrenaissance-Architektur durchquert und all den Bauten an den kleiner» Orten nachgespürt zu einer festern Begründung und erneuten Vertiefung, zu einer größern Vervollständigung der Tatbestände, soweit sie sich noch aus den Resten feststellen ließen. Leider war ich für die bekannten wie für die neuaufgefuudnen Werke diesmal nicht so glücklich, weder im Schatze der Urzeichnungeu in den Uffizien zu Florenz noch in andern Archiven Urkundliches über ihren baulicher Werdegang aufzufinden." Und die baulichen Bestände selbst lieferten nur eine geringe Ausbeute. Die Orts- umwallungen und die Burgenreste, die auf Federigos Zeit zurückgeführt werden dürfen, sind dem Francesco ti Giorgio zuzusprechen, der zweiundzwanzig Jahre lang (1477 bis 1499) vornehmlich als Festungsbaumeister, aber auch als Bildhauer und Maler den Herrschern von Urbino Dienste geleistet hat. Sie sind zudem in formaler Hinsicht für die behandelte Frage ohne Belang. Dasselbe gilt für die Bauten kleinern Umfanges. „Bedauerlicherweise sind die wertvollern Bauten zweiten Ranges nicht in ihrer Ursprünglichkeit auf uus gekommen. Der Palast zu Pergola ist beispielsweise nicht der alte, der zu Fossombrvne zum großen Teil verfallen und der Architekturteile beraubt, der zu Cagli hat seine einstige Säulenhalle an der Platzseite verloren. . . . Der Palast zu Mercatello scheint bis zur Unkenntlichkeit umgebaut; Pietrarubbia ist fast ganz zerstört; Pietra- colora nicht zu finde», Sau Jppvlito vernichtet, und wenn Sasso ti Monte- feltro — Sasfofeltrio ist, so ist mich nichts mehr von der alten Bergbefestigung vorhanden." Trotz diesem im ganzen negativen Ergebnisse hat Hofmann in seinem Werke mit einer großen Menge von Bildern und registrierendem Text eine Art von Inventar aller Gebäudereste des ehemaligen Herzogtums zusammengestellt, die irgendwie mit der fraglichen Zeit und den am Urbiuer Hofe endigen Meistern in Beziehung gebracht werden könnten. Manche hübsche Einzelheiten, da ein Portal, dort eine Holzdecke, ein Marmorkamiu usw., finden sich unter dem Aufge»venenum, auch ein paar kleine Privatpaläste mit guten Fassaden und einige Befestigungs¬ bauten von trotziger Monumentalität (runder Wehrturm in Cagli!); auch mögen die malerische» Gesamtansichten der kleinen Orte und der Burgruinen auf aus¬ sichtsreichen Bergeshöhen wohl den Wunsch erwecke», gleich dem Verfasser einmal jene landschaftlich so reizvollen Gegenden mit Muße zu durchstreifen. Für die stilkritische Untersuchung aber, der doch eigentlich das Werk gewidmet ist, sind diese vielen Bildchen von baulichen Resten, die „nichts mehr über Federigo, uoch weniger über Laurann zu sagen haben", »»wesentlich; sie mache» die Verfolgung des Hauptthemas etwas umständlich. Von Lauranas berühmtester Schöpfung, dem Schlosse zu Urbino, gibt Hof¬ manns Werk eine genaue, eingehende Beschreibung des Äußern und des Innern mit sorgfältiger Abschätzung der Entstehungszeit der einzelnen Teile. Grund¬ risse, ein Querschnitt durch den Hof und eine große Zahl vorzüglicher Licht¬ druckbilder geben von der ganze» Anlage wie von allen noch erhaltnen künst¬ lerisch wertvollen Einzelheiten eine vollkommen klare Vorstellung, wie es nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/204>, abgerufen am 24.07.2024.