Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lrstwerke der Hochrenaissance-Architektur

Der Schwerpunkt des vornehmen Werkes liegt in den Abbildungen, sowohl
nach der Zahl wie nach der Güte. Die Lichtdrucke, nach vorzüglichen photo¬
graphischen Aufnahmen auf dickes, mattes Kupferdruckpapier gedruckt, sind von
großer Schärfe und feiner "Tonigkeit". Nicht ganz einwandfrei ist manchmal
die Zusammenordnung einer größern Anzahl von Bildchen auf einem Blatte
(schräg gelegte, über die Ecken der nächsten übergreifende Bildchen!).

Text und Abbildungen geben Zeugnis von einer mit außergewöhnlicher
Hingebung und Gründlichkeit unternommnen Forschung, deren Ergebnisse nur
leider die aufgewandten Mühen nicht in dem erhofften Maße gelohnt haben.
Neue urkundliche Daten und Belege von Wichtigkeit vermochte Hofmann nicht
beizubringen. Seine Angaben über Federigo ti Montefeltro, der Urbino zu
einem der glänzendsten Musensitze in Italien erhob, und über die von ihm be¬
schäftigten Meister (Luciano da Laurana, Francesco ti Giorgio, Vciccio Pon-
telli) sind aus denselben literarischen Quellen geschöpft, die auch Reder benutzt
hat. Insbesondre die sehr dürftigen Nachrichten über Luciano, den Bruder des
Bildhauers Francesco Laurana, die Reder sichtend und kombinierend zu einem
knappen Lebensabriß vereinigt hat, konnten nicht vermehrt werden. Nur der
Urspruugsort der Künstlerbrüder, der zugleich ihren Namen erklärt, ist nun
Wohl mit Sicherheit in dem Städtchen Vrana bei Zaravecchia in Dalmatien
erkannt worden. (Vrana -- tat. ^urava, nat. Laurana) Die Zuteilung des
gegen die Picizza gekehrten Flügels vom Palcizzo Prefettizio in Pesaro an
Laurana als eines "sicher von ihm vor 1465 ausgeführten Baues" gibt Hof¬
mann ohne Beleg. "Was unser Meister vorher in Italien geschaffen hat, be¬
darf ebenso wie die Ergründung seiner ersten Ausbildung noch der eingehendsten
Erforschung." Das Hauptdokument bleibt nach wie vor jener Erlaß Federigos
vom 10. Juni 1468, durch den mit höchst ehrenden Worten Lauranas Stellung
als Oberarchitekt des Urbiner Schloßbaues beglaubigt und befestigt wurde. Nach
einem Brieffragment vom 19. September 1483 hat der Meister um diese Zeit
in San Sepolcro, einer Vorstadt von Pesaro, den Seinigen sein Vermögen
testiert. Damit ist zwar nicht das Todesjahr festgelegt, aber es darf wohl auch
nicht sehr viel später angenommen werden.

Die über die Frührenaissance hinauswachsende künstlerische Art Lucianos
hatte Reder an dem Schloßbau in Urbino, namentlich an dem edeln Süulenhof
und an dem ganz ähnlichen Hofe des kleinen Schlosses in Gubbio erläutert.
Die unersättliche Baulust Federigos aber -- das Lobgedicht von Giovanni Scuti
(Raffaels Vater) auf Federigo spricht von hundertunddreißig Plätzen, an denen
der Fürst gebaut haben soll -- ließ ihn die Erwartung hegen, daß eine spätere
Forschung wohl in der Lage sein werde, in den Palästen zu Mercatello, Fossom-
brone, Castel Durante und an etwa sechs andern Orten, die als Schauplatz
von Federigos Bautätigkeit genannt werden, den noch nicht gesuchten Anteil
Lucianos nachzuweisen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. "Viele Jahre
lang -- so berichtet Hofmann -- habe ich nach allen Richtungen das Gebiet


Lrstwerke der Hochrenaissance-Architektur

Der Schwerpunkt des vornehmen Werkes liegt in den Abbildungen, sowohl
nach der Zahl wie nach der Güte. Die Lichtdrucke, nach vorzüglichen photo¬
graphischen Aufnahmen auf dickes, mattes Kupferdruckpapier gedruckt, sind von
großer Schärfe und feiner „Tonigkeit". Nicht ganz einwandfrei ist manchmal
die Zusammenordnung einer größern Anzahl von Bildchen auf einem Blatte
(schräg gelegte, über die Ecken der nächsten übergreifende Bildchen!).

Text und Abbildungen geben Zeugnis von einer mit außergewöhnlicher
Hingebung und Gründlichkeit unternommnen Forschung, deren Ergebnisse nur
leider die aufgewandten Mühen nicht in dem erhofften Maße gelohnt haben.
Neue urkundliche Daten und Belege von Wichtigkeit vermochte Hofmann nicht
beizubringen. Seine Angaben über Federigo ti Montefeltro, der Urbino zu
einem der glänzendsten Musensitze in Italien erhob, und über die von ihm be¬
schäftigten Meister (Luciano da Laurana, Francesco ti Giorgio, Vciccio Pon-
telli) sind aus denselben literarischen Quellen geschöpft, die auch Reder benutzt
hat. Insbesondre die sehr dürftigen Nachrichten über Luciano, den Bruder des
Bildhauers Francesco Laurana, die Reder sichtend und kombinierend zu einem
knappen Lebensabriß vereinigt hat, konnten nicht vermehrt werden. Nur der
Urspruugsort der Künstlerbrüder, der zugleich ihren Namen erklärt, ist nun
Wohl mit Sicherheit in dem Städtchen Vrana bei Zaravecchia in Dalmatien
erkannt worden. (Vrana — tat. ^urava, nat. Laurana) Die Zuteilung des
gegen die Picizza gekehrten Flügels vom Palcizzo Prefettizio in Pesaro an
Laurana als eines „sicher von ihm vor 1465 ausgeführten Baues" gibt Hof¬
mann ohne Beleg. „Was unser Meister vorher in Italien geschaffen hat, be¬
darf ebenso wie die Ergründung seiner ersten Ausbildung noch der eingehendsten
Erforschung." Das Hauptdokument bleibt nach wie vor jener Erlaß Federigos
vom 10. Juni 1468, durch den mit höchst ehrenden Worten Lauranas Stellung
als Oberarchitekt des Urbiner Schloßbaues beglaubigt und befestigt wurde. Nach
einem Brieffragment vom 19. September 1483 hat der Meister um diese Zeit
in San Sepolcro, einer Vorstadt von Pesaro, den Seinigen sein Vermögen
testiert. Damit ist zwar nicht das Todesjahr festgelegt, aber es darf wohl auch
nicht sehr viel später angenommen werden.

Die über die Frührenaissance hinauswachsende künstlerische Art Lucianos
hatte Reder an dem Schloßbau in Urbino, namentlich an dem edeln Süulenhof
und an dem ganz ähnlichen Hofe des kleinen Schlosses in Gubbio erläutert.
Die unersättliche Baulust Federigos aber — das Lobgedicht von Giovanni Scuti
(Raffaels Vater) auf Federigo spricht von hundertunddreißig Plätzen, an denen
der Fürst gebaut haben soll — ließ ihn die Erwartung hegen, daß eine spätere
Forschung wohl in der Lage sein werde, in den Palästen zu Mercatello, Fossom-
brone, Castel Durante und an etwa sechs andern Orten, die als Schauplatz
von Federigos Bautätigkeit genannt werden, den noch nicht gesuchten Anteil
Lucianos nachzuweisen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. „Viele Jahre
lang — so berichtet Hofmann — habe ich nach allen Richtungen das Gebiet


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301457"/>
          <fw type="header" place="top"> Lrstwerke der Hochrenaissance-Architektur</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_703"> Der Schwerpunkt des vornehmen Werkes liegt in den Abbildungen, sowohl<lb/>
nach der Zahl wie nach der Güte. Die Lichtdrucke, nach vorzüglichen photo¬<lb/>
graphischen Aufnahmen auf dickes, mattes Kupferdruckpapier gedruckt, sind von<lb/>
großer Schärfe und feiner &#x201E;Tonigkeit". Nicht ganz einwandfrei ist manchmal<lb/>
die Zusammenordnung einer größern Anzahl von Bildchen auf einem Blatte<lb/>
(schräg gelegte, über die Ecken der nächsten übergreifende Bildchen!).</p><lb/>
          <p xml:id="ID_704"> Text und Abbildungen geben Zeugnis von einer mit außergewöhnlicher<lb/>
Hingebung und Gründlichkeit unternommnen Forschung, deren Ergebnisse nur<lb/>
leider die aufgewandten Mühen nicht in dem erhofften Maße gelohnt haben.<lb/>
Neue urkundliche Daten und Belege von Wichtigkeit vermochte Hofmann nicht<lb/>
beizubringen. Seine Angaben über Federigo ti Montefeltro, der Urbino zu<lb/>
einem der glänzendsten Musensitze in Italien erhob, und über die von ihm be¬<lb/>
schäftigten Meister (Luciano da Laurana, Francesco ti Giorgio, Vciccio Pon-<lb/>
telli) sind aus denselben literarischen Quellen geschöpft, die auch Reder benutzt<lb/>
hat. Insbesondre die sehr dürftigen Nachrichten über Luciano, den Bruder des<lb/>
Bildhauers Francesco Laurana, die Reder sichtend und kombinierend zu einem<lb/>
knappen Lebensabriß vereinigt hat, konnten nicht vermehrt werden. Nur der<lb/>
Urspruugsort der Künstlerbrüder, der zugleich ihren Namen erklärt, ist nun<lb/>
Wohl mit Sicherheit in dem Städtchen Vrana bei Zaravecchia in Dalmatien<lb/>
erkannt worden. (Vrana &#x2014; tat. ^urava, nat. Laurana) Die Zuteilung des<lb/>
gegen die Picizza gekehrten Flügels vom Palcizzo Prefettizio in Pesaro an<lb/>
Laurana als eines &#x201E;sicher von ihm vor 1465 ausgeführten Baues" gibt Hof¬<lb/>
mann ohne Beleg. &#x201E;Was unser Meister vorher in Italien geschaffen hat, be¬<lb/>
darf ebenso wie die Ergründung seiner ersten Ausbildung noch der eingehendsten<lb/>
Erforschung." Das Hauptdokument bleibt nach wie vor jener Erlaß Federigos<lb/>
vom 10. Juni 1468, durch den mit höchst ehrenden Worten Lauranas Stellung<lb/>
als Oberarchitekt des Urbiner Schloßbaues beglaubigt und befestigt wurde. Nach<lb/>
einem Brieffragment vom 19. September 1483 hat der Meister um diese Zeit<lb/>
in San Sepolcro, einer Vorstadt von Pesaro, den Seinigen sein Vermögen<lb/>
testiert. Damit ist zwar nicht das Todesjahr festgelegt, aber es darf wohl auch<lb/>
nicht sehr viel später angenommen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_705" next="#ID_706"> Die über die Frührenaissance hinauswachsende künstlerische Art Lucianos<lb/>
hatte Reder an dem Schloßbau in Urbino, namentlich an dem edeln Süulenhof<lb/>
und an dem ganz ähnlichen Hofe des kleinen Schlosses in Gubbio erläutert.<lb/>
Die unersättliche Baulust Federigos aber &#x2014; das Lobgedicht von Giovanni Scuti<lb/>
(Raffaels Vater) auf Federigo spricht von hundertunddreißig Plätzen, an denen<lb/>
der Fürst gebaut haben soll &#x2014; ließ ihn die Erwartung hegen, daß eine spätere<lb/>
Forschung wohl in der Lage sein werde, in den Palästen zu Mercatello, Fossom-<lb/>
brone, Castel Durante und an etwa sechs andern Orten, die als Schauplatz<lb/>
von Federigos Bautätigkeit genannt werden, den noch nicht gesuchten Anteil<lb/>
Lucianos nachzuweisen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. &#x201E;Viele Jahre<lb/>
lang &#x2014; so berichtet Hofmann &#x2014; habe ich nach allen Richtungen das Gebiet</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0203] Lrstwerke der Hochrenaissance-Architektur Der Schwerpunkt des vornehmen Werkes liegt in den Abbildungen, sowohl nach der Zahl wie nach der Güte. Die Lichtdrucke, nach vorzüglichen photo¬ graphischen Aufnahmen auf dickes, mattes Kupferdruckpapier gedruckt, sind von großer Schärfe und feiner „Tonigkeit". Nicht ganz einwandfrei ist manchmal die Zusammenordnung einer größern Anzahl von Bildchen auf einem Blatte (schräg gelegte, über die Ecken der nächsten übergreifende Bildchen!). Text und Abbildungen geben Zeugnis von einer mit außergewöhnlicher Hingebung und Gründlichkeit unternommnen Forschung, deren Ergebnisse nur leider die aufgewandten Mühen nicht in dem erhofften Maße gelohnt haben. Neue urkundliche Daten und Belege von Wichtigkeit vermochte Hofmann nicht beizubringen. Seine Angaben über Federigo ti Montefeltro, der Urbino zu einem der glänzendsten Musensitze in Italien erhob, und über die von ihm be¬ schäftigten Meister (Luciano da Laurana, Francesco ti Giorgio, Vciccio Pon- telli) sind aus denselben literarischen Quellen geschöpft, die auch Reder benutzt hat. Insbesondre die sehr dürftigen Nachrichten über Luciano, den Bruder des Bildhauers Francesco Laurana, die Reder sichtend und kombinierend zu einem knappen Lebensabriß vereinigt hat, konnten nicht vermehrt werden. Nur der Urspruugsort der Künstlerbrüder, der zugleich ihren Namen erklärt, ist nun Wohl mit Sicherheit in dem Städtchen Vrana bei Zaravecchia in Dalmatien erkannt worden. (Vrana — tat. ^urava, nat. Laurana) Die Zuteilung des gegen die Picizza gekehrten Flügels vom Palcizzo Prefettizio in Pesaro an Laurana als eines „sicher von ihm vor 1465 ausgeführten Baues" gibt Hof¬ mann ohne Beleg. „Was unser Meister vorher in Italien geschaffen hat, be¬ darf ebenso wie die Ergründung seiner ersten Ausbildung noch der eingehendsten Erforschung." Das Hauptdokument bleibt nach wie vor jener Erlaß Federigos vom 10. Juni 1468, durch den mit höchst ehrenden Worten Lauranas Stellung als Oberarchitekt des Urbiner Schloßbaues beglaubigt und befestigt wurde. Nach einem Brieffragment vom 19. September 1483 hat der Meister um diese Zeit in San Sepolcro, einer Vorstadt von Pesaro, den Seinigen sein Vermögen testiert. Damit ist zwar nicht das Todesjahr festgelegt, aber es darf wohl auch nicht sehr viel später angenommen werden. Die über die Frührenaissance hinauswachsende künstlerische Art Lucianos hatte Reder an dem Schloßbau in Urbino, namentlich an dem edeln Süulenhof und an dem ganz ähnlichen Hofe des kleinen Schlosses in Gubbio erläutert. Die unersättliche Baulust Federigos aber — das Lobgedicht von Giovanni Scuti (Raffaels Vater) auf Federigo spricht von hundertunddreißig Plätzen, an denen der Fürst gebaut haben soll — ließ ihn die Erwartung hegen, daß eine spätere Forschung wohl in der Lage sein werde, in den Palästen zu Mercatello, Fossom- brone, Castel Durante und an etwa sechs andern Orten, die als Schauplatz von Federigos Bautätigkeit genannt werden, den noch nicht gesuchten Anteil Lucianos nachzuweisen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. „Viele Jahre lang — so berichtet Hofmann — habe ich nach allen Richtungen das Gebiet

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/203
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/203>, abgerufen am 26.07.2024.