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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Vit! kougolesischeü DainpfvcrkehlSlvege

Port einer Tvime von Antwerpen bis Stanlehville auf 250 bis 260 Franken
zu stehn.

Die Strecke von Stanleyville bis Ponthierville ist 127 Kilometer lang und
folgt im allgemeinen der Sehne des Kongobogens an dieser Stelle. Es waren
ziemlich bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, da Urwald durchquert und
tiefe Einschnitte der Zuflüsse des Kongo überbrückt werden mußten. Die Bahn
beginnt bei Stanleyville in einer Meereshöhe von 428 Metern, erhebt sich bis
zu 533 Meter und senkt sich dann wieder nach Ponthierville, das 470 Meter
hoch liegt. Das Terrain bestand größtenteils ans Alluvialboden, sodaß es an
sich leicht zu bearbeiten war, aber der Urwald verursachte sehr bedeutende Mühe,
da es mit Rücksicht auf die Trockenheit des Bahndammes und die Sicherheit
der Züge und der Telephondrähte gegen Baumstürze notwendig war, den Wald
in einer sehr breiten Fläche auszuroden. Bei den Arbeiten standen die Ein-
gebornen in Gruppen von je zwanzig bis dreißig nnter einem Vorarbeiter oder
Nyampara und zu je hundert unter dein Befehl eines europäischen Ingenieurs.
Bon den zehn Brücken wurden nur drei aus Stahl, die andern dagegen ans
Holz hergestellt. Das Material zu den Schwellen lieferte eine kongolesische
Zedernart, die dort Bombali genannt wird.

Durch deu Bahnbau sind auch verschiedne Industrien ins Leben gerufen
worden. Es wäre bequemer und jedenfalls mit Rücksicht auf die schnellste
Lieferung vorteilhafter gewesen, das Material ohne Ausnahme aus Europa
konnneu zu lasse", aber der Kongostaat hat es in Erfüllung der erzieherischen
Mission, die er übernommen hat, für richtig gehalten, die natürlichen Hilfsmittel
des Landes möglichst auszunutzen und durch Errichtung von industriellen Be¬
trieben eingeborne Handwerker und Industriearbeiter heranzubilden. Insbesondre
bot hierfür die Bearbeitung des Holzes ein reiches Feld der Tätigkeit. Ju
Dampfsägewerken, Tischlerwerkstätten und auf Zimmerplätzen haben sich die
Eingebornen nnter europäischer Leitung zu brauchbaren Arbeitern entwickelt.
Der Bau der Gebäude gab deu Anlaß zur Schaffung von Kalköfen und
Ziegeleien. Für die spätere Entwicklung der kongolesischen Städte, hauptsächlich
Stanleyvilles, wird dieser jetzt herangezogne Stamm gelernter Bauhandwerker
jedenfalls noch von großer Bedeutung sein.

Die Zahl der Arbeiter betrug bei Beginn des Baues am 31. Januar 1903
im gauzeu 1157 Personen, ist jetzt bis auf 4058 gestiegen und wird sich auf
5000 vermehren, sobald die Linie von Kindu bis Bull begonnen werden wird.
Man war gezwungen, mit einer verhältnismäßig geringen Zahl von Arbeitern
einzufangen, weil man weder mehr unterbringen noch verpflegen konnte, und
weil die Mangelhaftigkeit der lokalen Hilfsquellen, die große Entfernung der
Küste und die Schwierigkeit der Transporte den Bau der Arbeitcrwvhnstütten
ungemein verzögerten. Sodann forderte es wieder geraume Zeit, bis die neuen
Arbeiter die nötige Übung erlangt hatten, sodaß ihre Leistungen lange nnter
den jetzigen Nvrmalleistnngen blieben. Um so bewundernswerter ist es, daß


Vit! kougolesischeü DainpfvcrkehlSlvege

Port einer Tvime von Antwerpen bis Stanlehville auf 250 bis 260 Franken
zu stehn.

Die Strecke von Stanleyville bis Ponthierville ist 127 Kilometer lang und
folgt im allgemeinen der Sehne des Kongobogens an dieser Stelle. Es waren
ziemlich bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, da Urwald durchquert und
tiefe Einschnitte der Zuflüsse des Kongo überbrückt werden mußten. Die Bahn
beginnt bei Stanleyville in einer Meereshöhe von 428 Metern, erhebt sich bis
zu 533 Meter und senkt sich dann wieder nach Ponthierville, das 470 Meter
hoch liegt. Das Terrain bestand größtenteils ans Alluvialboden, sodaß es an
sich leicht zu bearbeiten war, aber der Urwald verursachte sehr bedeutende Mühe,
da es mit Rücksicht auf die Trockenheit des Bahndammes und die Sicherheit
der Züge und der Telephondrähte gegen Baumstürze notwendig war, den Wald
in einer sehr breiten Fläche auszuroden. Bei den Arbeiten standen die Ein-
gebornen in Gruppen von je zwanzig bis dreißig nnter einem Vorarbeiter oder
Nyampara und zu je hundert unter dein Befehl eines europäischen Ingenieurs.
Bon den zehn Brücken wurden nur drei aus Stahl, die andern dagegen ans
Holz hergestellt. Das Material zu den Schwellen lieferte eine kongolesische
Zedernart, die dort Bombali genannt wird.

Durch deu Bahnbau sind auch verschiedne Industrien ins Leben gerufen
worden. Es wäre bequemer und jedenfalls mit Rücksicht auf die schnellste
Lieferung vorteilhafter gewesen, das Material ohne Ausnahme aus Europa
konnneu zu lasse», aber der Kongostaat hat es in Erfüllung der erzieherischen
Mission, die er übernommen hat, für richtig gehalten, die natürlichen Hilfsmittel
des Landes möglichst auszunutzen und durch Errichtung von industriellen Be¬
trieben eingeborne Handwerker und Industriearbeiter heranzubilden. Insbesondre
bot hierfür die Bearbeitung des Holzes ein reiches Feld der Tätigkeit. Ju
Dampfsägewerken, Tischlerwerkstätten und auf Zimmerplätzen haben sich die
Eingebornen nnter europäischer Leitung zu brauchbaren Arbeitern entwickelt.
Der Bau der Gebäude gab deu Anlaß zur Schaffung von Kalköfen und
Ziegeleien. Für die spätere Entwicklung der kongolesischen Städte, hauptsächlich
Stanleyvilles, wird dieser jetzt herangezogne Stamm gelernter Bauhandwerker
jedenfalls noch von großer Bedeutung sein.

Die Zahl der Arbeiter betrug bei Beginn des Baues am 31. Januar 1903
im gauzeu 1157 Personen, ist jetzt bis auf 4058 gestiegen und wird sich auf
5000 vermehren, sobald die Linie von Kindu bis Bull begonnen werden wird.
Man war gezwungen, mit einer verhältnismäßig geringen Zahl von Arbeitern
einzufangen, weil man weder mehr unterbringen noch verpflegen konnte, und
weil die Mangelhaftigkeit der lokalen Hilfsquellen, die große Entfernung der
Küste und die Schwierigkeit der Transporte den Bau der Arbeitcrwvhnstütten
ungemein verzögerten. Sodann forderte es wieder geraume Zeit, bis die neuen
Arbeiter die nötige Übung erlangt hatten, sodaß ihre Leistungen lange nnter
den jetzigen Nvrmalleistnngen blieben. Um so bewundernswerter ist es, daß


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[0301] Vit! kougolesischeü DainpfvcrkehlSlvege Port einer Tvime von Antwerpen bis Stanlehville auf 250 bis 260 Franken zu stehn. Die Strecke von Stanleyville bis Ponthierville ist 127 Kilometer lang und folgt im allgemeinen der Sehne des Kongobogens an dieser Stelle. Es waren ziemlich bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, da Urwald durchquert und tiefe Einschnitte der Zuflüsse des Kongo überbrückt werden mußten. Die Bahn beginnt bei Stanleyville in einer Meereshöhe von 428 Metern, erhebt sich bis zu 533 Meter und senkt sich dann wieder nach Ponthierville, das 470 Meter hoch liegt. Das Terrain bestand größtenteils ans Alluvialboden, sodaß es an sich leicht zu bearbeiten war, aber der Urwald verursachte sehr bedeutende Mühe, da es mit Rücksicht auf die Trockenheit des Bahndammes und die Sicherheit der Züge und der Telephondrähte gegen Baumstürze notwendig war, den Wald in einer sehr breiten Fläche auszuroden. Bei den Arbeiten standen die Ein- gebornen in Gruppen von je zwanzig bis dreißig nnter einem Vorarbeiter oder Nyampara und zu je hundert unter dein Befehl eines europäischen Ingenieurs. Bon den zehn Brücken wurden nur drei aus Stahl, die andern dagegen ans Holz hergestellt. Das Material zu den Schwellen lieferte eine kongolesische Zedernart, die dort Bombali genannt wird. Durch deu Bahnbau sind auch verschiedne Industrien ins Leben gerufen worden. Es wäre bequemer und jedenfalls mit Rücksicht auf die schnellste Lieferung vorteilhafter gewesen, das Material ohne Ausnahme aus Europa konnneu zu lasse», aber der Kongostaat hat es in Erfüllung der erzieherischen Mission, die er übernommen hat, für richtig gehalten, die natürlichen Hilfsmittel des Landes möglichst auszunutzen und durch Errichtung von industriellen Be¬ trieben eingeborne Handwerker und Industriearbeiter heranzubilden. Insbesondre bot hierfür die Bearbeitung des Holzes ein reiches Feld der Tätigkeit. Ju Dampfsägewerken, Tischlerwerkstätten und auf Zimmerplätzen haben sich die Eingebornen nnter europäischer Leitung zu brauchbaren Arbeitern entwickelt. Der Bau der Gebäude gab deu Anlaß zur Schaffung von Kalköfen und Ziegeleien. Für die spätere Entwicklung der kongolesischen Städte, hauptsächlich Stanleyvilles, wird dieser jetzt herangezogne Stamm gelernter Bauhandwerker jedenfalls noch von großer Bedeutung sein. Die Zahl der Arbeiter betrug bei Beginn des Baues am 31. Januar 1903 im gauzeu 1157 Personen, ist jetzt bis auf 4058 gestiegen und wird sich auf 5000 vermehren, sobald die Linie von Kindu bis Bull begonnen werden wird. Man war gezwungen, mit einer verhältnismäßig geringen Zahl von Arbeitern einzufangen, weil man weder mehr unterbringen noch verpflegen konnte, und weil die Mangelhaftigkeit der lokalen Hilfsquellen, die große Entfernung der Küste und die Schwierigkeit der Transporte den Bau der Arbeitcrwvhnstütten ungemein verzögerten. Sodann forderte es wieder geraume Zeit, bis die neuen Arbeiter die nötige Übung erlangt hatten, sodaß ihre Leistungen lange nnter den jetzigen Nvrmalleistnngen blieben. Um so bewundernswerter ist es, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/301>, abgerufen am 23.07.2024.