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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Großherzog Friedrich von Baden in Versailles

reger fürstlicher Familienverkehr, bei dem der König wiederholt sein Bedauern
aussprach, gegen Baden so zurückhaltend sein zu müssen. Außerdem wurden
von der badischen Seite durch Roggenbach und Gelzer persönlich und schrift¬
lich eine größere Menge von Beziehungen in Berlin unterhalten. Im Winter
1869/70 war Gelzer -- wie auch in den nächsten Jahren wiederholt -- vom
König in aller Stille nach Rom gesandt worden, um als Vertrauensmann des
Monarchen und zu dessen Information die Vorgänge beim vatikanischen Konzil
ZU beobachten? in den Folgejahren die Situation im Vatikan selbst. Er hat
dann 1872 dem Kaiser in Gegenwart des Großherzogs und des Kronprinzen
eine Reihe von Vorträgen über die "Entwicklung der katholischen Frage :in
Laufe des Jahrhunderts" gehalten. Für Kaiser Wilhelms gewissenhafte Methode
w der Regierung ist auch dieser Umstand charakteristisch.

Als die große Sturmflut im Juli 1870 heranbrauste, stand der Süden
Deutschlands dem Norden gegenüber politisch noch auf dem alten Fleck.
Militärisch war jedoch manches geschehen, den Schutz- und Trutzbündnissen auch
von süddeutscher Seite Inhalt zu verleihen, namentlich auch durch zahlreiche
Kommandierungen nach Berlin. Am weitesten in der militärischen Bereitschaft
war Baden Als nach dem ersten Drittel des Julis die Ereignisse eine drohende
Gestalt annahmen, begann die badische Regierung schon vom 12. Juli ab das
Herannahen der Mobilmachung vorbereitend ins Auge zu fassen. Ergingen
d°es schon am 10 und 11. Juli von Ems aus die ersten königlichen Be¬
fehle wegen der Sicherung von Mainz, am Nachmittag des wurde
Moltke aus dem Urlaub nach Berlin zurückbeordert, während das Knegs-
'ministerium seine gesamten Mobilmachungsvorschriften einer nochmaligen Durch¬
sicht und Prüfung unterzog. Da wird denn auch wohl ein Wink nach Karls¬
ruhe gegangen sein. Am 15. Juli Nachmittags erhielten die Garnisonen
Freiburg und Konstanz den Befehl, nach Rastatt abzurücken. Abends 9 /, Uhr
War von Berlin an alle Generalkommandos die telegraphische Mitteilung er¬
gangen, daß in wenig Stunden der Mobilmachungsbefehl eintreffen werde.
Demgemäß hatte der Großherzog Abends 11^ Uhr die Mobilmachung be¬
fohlen, nachdem schon ewige Stunden vorher der Befehl nach Rastatt ergangen
war. den Rhein durch Kavallerie beobachten zu lassen und sich in der Nach
mit der qrößten Vorsicht sichern. Nach Erlaß des Mobilmachungsbefehls traf
bei dem Vreu^ in Karlsruhe die um 11 Uhr 35 Mieter vom
Bundeskanzler abgesandte Depesche ein. die die Mobtlnmchung des n°^deutschen Heeres meldete und das Ersuchen aussprach. >e adffche Ser ^kr°ste zur Verteidigung Deutschlands auszurüsten". Der Großherzog ha ces
schon am 13. Juli dem Könige brieflich nach Ems hin 5" led r^sur Verfügung gestellt, am 14. Juli war von preumscher Se e das Erstich n
eingetroffen, sogleich das Festungsartilleriebata lion nach Nasta zu nehm
alle Vorbereitungen gegen den gewaltsamen Angriff auch ^r
Kehler Brücke an. am Rhein zu treffen; ..mehr vorerst nicht-. Graf Flemnung


Großherzog Friedrich von Baden in Versailles

reger fürstlicher Familienverkehr, bei dem der König wiederholt sein Bedauern
aussprach, gegen Baden so zurückhaltend sein zu müssen. Außerdem wurden
von der badischen Seite durch Roggenbach und Gelzer persönlich und schrift¬
lich eine größere Menge von Beziehungen in Berlin unterhalten. Im Winter
1869/70 war Gelzer — wie auch in den nächsten Jahren wiederholt — vom
König in aller Stille nach Rom gesandt worden, um als Vertrauensmann des
Monarchen und zu dessen Information die Vorgänge beim vatikanischen Konzil
ZU beobachten? in den Folgejahren die Situation im Vatikan selbst. Er hat
dann 1872 dem Kaiser in Gegenwart des Großherzogs und des Kronprinzen
eine Reihe von Vorträgen über die „Entwicklung der katholischen Frage :in
Laufe des Jahrhunderts" gehalten. Für Kaiser Wilhelms gewissenhafte Methode
w der Regierung ist auch dieser Umstand charakteristisch.

Als die große Sturmflut im Juli 1870 heranbrauste, stand der Süden
Deutschlands dem Norden gegenüber politisch noch auf dem alten Fleck.
Militärisch war jedoch manches geschehen, den Schutz- und Trutzbündnissen auch
von süddeutscher Seite Inhalt zu verleihen, namentlich auch durch zahlreiche
Kommandierungen nach Berlin. Am weitesten in der militärischen Bereitschaft
war Baden Als nach dem ersten Drittel des Julis die Ereignisse eine drohende
Gestalt annahmen, begann die badische Regierung schon vom 12. Juli ab das
Herannahen der Mobilmachung vorbereitend ins Auge zu fassen. Ergingen
d°es schon am 10 und 11. Juli von Ems aus die ersten königlichen Be¬
fehle wegen der Sicherung von Mainz, am Nachmittag des wurde
Moltke aus dem Urlaub nach Berlin zurückbeordert, während das Knegs-
'ministerium seine gesamten Mobilmachungsvorschriften einer nochmaligen Durch¬
sicht und Prüfung unterzog. Da wird denn auch wohl ein Wink nach Karls¬
ruhe gegangen sein. Am 15. Juli Nachmittags erhielten die Garnisonen
Freiburg und Konstanz den Befehl, nach Rastatt abzurücken. Abends 9 /, Uhr
War von Berlin an alle Generalkommandos die telegraphische Mitteilung er¬
gangen, daß in wenig Stunden der Mobilmachungsbefehl eintreffen werde.
Demgemäß hatte der Großherzog Abends 11^ Uhr die Mobilmachung be¬
fohlen, nachdem schon ewige Stunden vorher der Befehl nach Rastatt ergangen
war. den Rhein durch Kavallerie beobachten zu lassen und sich in der Nach
mit der qrößten Vorsicht sichern. Nach Erlaß des Mobilmachungsbefehls traf
bei dem Vreu^ in Karlsruhe die um 11 Uhr 35 Mieter vom
Bundeskanzler abgesandte Depesche ein. die die Mobtlnmchung des n°^deutschen Heeres meldete und das Ersuchen aussprach. >e adffche Ser ^kr°ste zur Verteidigung Deutschlands auszurüsten". Der Großherzog ha ces
schon am 13. Juli dem Könige brieflich nach Ems hin 5» led r^sur Verfügung gestellt, am 14. Juli war von preumscher Se e das Erstich n
eingetroffen, sogleich das Festungsartilleriebata lion nach Nasta zu nehm
alle Vorbereitungen gegen den gewaltsamen Angriff auch ^r
Kehler Brücke an. am Rhein zu treffen; ..mehr vorerst nicht-. Graf Flemnung


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[0605] Großherzog Friedrich von Baden in Versailles reger fürstlicher Familienverkehr, bei dem der König wiederholt sein Bedauern aussprach, gegen Baden so zurückhaltend sein zu müssen. Außerdem wurden von der badischen Seite durch Roggenbach und Gelzer persönlich und schrift¬ lich eine größere Menge von Beziehungen in Berlin unterhalten. Im Winter 1869/70 war Gelzer — wie auch in den nächsten Jahren wiederholt — vom König in aller Stille nach Rom gesandt worden, um als Vertrauensmann des Monarchen und zu dessen Information die Vorgänge beim vatikanischen Konzil ZU beobachten? in den Folgejahren die Situation im Vatikan selbst. Er hat dann 1872 dem Kaiser in Gegenwart des Großherzogs und des Kronprinzen eine Reihe von Vorträgen über die „Entwicklung der katholischen Frage :in Laufe des Jahrhunderts" gehalten. Für Kaiser Wilhelms gewissenhafte Methode w der Regierung ist auch dieser Umstand charakteristisch. Als die große Sturmflut im Juli 1870 heranbrauste, stand der Süden Deutschlands dem Norden gegenüber politisch noch auf dem alten Fleck. Militärisch war jedoch manches geschehen, den Schutz- und Trutzbündnissen auch von süddeutscher Seite Inhalt zu verleihen, namentlich auch durch zahlreiche Kommandierungen nach Berlin. Am weitesten in der militärischen Bereitschaft war Baden Als nach dem ersten Drittel des Julis die Ereignisse eine drohende Gestalt annahmen, begann die badische Regierung schon vom 12. Juli ab das Herannahen der Mobilmachung vorbereitend ins Auge zu fassen. Ergingen d°es schon am 10 und 11. Juli von Ems aus die ersten königlichen Be¬ fehle wegen der Sicherung von Mainz, am Nachmittag des wurde Moltke aus dem Urlaub nach Berlin zurückbeordert, während das Knegs- 'ministerium seine gesamten Mobilmachungsvorschriften einer nochmaligen Durch¬ sicht und Prüfung unterzog. Da wird denn auch wohl ein Wink nach Karls¬ ruhe gegangen sein. Am 15. Juli Nachmittags erhielten die Garnisonen Freiburg und Konstanz den Befehl, nach Rastatt abzurücken. Abends 9 /, Uhr War von Berlin an alle Generalkommandos die telegraphische Mitteilung er¬ gangen, daß in wenig Stunden der Mobilmachungsbefehl eintreffen werde. Demgemäß hatte der Großherzog Abends 11^ Uhr die Mobilmachung be¬ fohlen, nachdem schon ewige Stunden vorher der Befehl nach Rastatt ergangen war. den Rhein durch Kavallerie beobachten zu lassen und sich in der Nach mit der qrößten Vorsicht sichern. Nach Erlaß des Mobilmachungsbefehls traf bei dem Vreu^ in Karlsruhe die um 11 Uhr 35 Mieter vom Bundeskanzler abgesandte Depesche ein. die die Mobtlnmchung des n°^deutschen Heeres meldete und das Ersuchen aussprach. >e adffche Ser ^kr°ste zur Verteidigung Deutschlands auszurüsten". Der Großherzog ha ces schon am 13. Juli dem Könige brieflich nach Ems hin 5» led r^sur Verfügung gestellt, am 14. Juli war von preumscher Se e das Erstich n eingetroffen, sogleich das Festungsartilleriebata lion nach Nasta zu nehm alle Vorbereitungen gegen den gewaltsamen Angriff auch ^r Kehler Brücke an. am Rhein zu treffen; ..mehr vorerst nicht-. Graf Flemnung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/605>, abgerufen am 27.12.2024.